Give Peace a Change!

Give Peace a Change!

Tagungsbericht: 25 Jahre Plattform Zivile Konfliktbearbeitung

von Ute Finckh-Krämer

Als die Einladungen zur Jubiläumsveranstaltung verschickt worden waren, kamen prompt einige Rückmeldungen der Form „Ihr habt einen Tippfehler in der Einladung, es soll doch sicher heißen: Give Peace a Chance!“ Nein, sollte es nicht: Bewusst sollte in der Jubiläumsveranstaltung der Blick darauf gerichtet werden, wie sich Friedensarbeit und der Umgang mit Konflikten ändern müssen, wenn Gewalt als akzeptiertes Mittel der Politik wieder zunimmt und in großen Teilen der Welt nicht ab-, sondern aufgerüstet wird. Ebenso ungewöhnlich wie der Titel war das Veranstaltungsformat: vor der eigentlichen Jubiläumsfeier fand eine zweistündige Friedenswerkstatt mit drei parallelen Workshops statt. Schon hierfür kamen etwa 40 Personen zusammen, die neugierig auf diese Werkstatt geworden waren. Die drei Themen der Workshops waren:

  • Im Fokus: Aktuelle (für ZKB bzw. Friedensförderung relevante) politische Prozesse
  • Machtstrukturen in der Friedensarbeit herausfordern: zwischen Feminismus und Rassismuskritik
  • Innen und Außen zusammen denken

Den Workshops wurden jeweils dieselben vier Leitfragen mitgegeben:

  • Was sind äußere Einflüsse und innere Dynamiken, die Veränderung erfordern?
  • Wie können wir auf diese Herausforderungen bzw. den Handlungsdruck reagieren?
  • Welche Veränderung werden wir (d.h. in der Friedensförderung Aktive) aktiv gestalten?
  • Was bedeutet das für unsere Strukturen und Prozesse?

In der ersten Gruppe zu aktuellen Prozessen wurde eine ganze Reihe zunächst vielversprechend klingender politischer Entwicklungen gesammelt, die aber bei genauerem Hinsehen wohl nicht halten, was sie versprechen. Das reichte von der feministischen bzw. wertegeleiteten Außenpolitik, die bei konkreten Entscheidungen (etwa zur Energieversorgung) keine Rolle mehr spielt, über die Frage, wie stringent in verschiedenen Konfliktregionen die Einhaltung des humanitären Völkerrechts eingefordert wird, bis hin zu der Beobachtung, dass die gravierenden Folgen der Klimakrise nur partiell in außenpolitischen Strategien berücksichtigt werden. Nach Ansicht der Teilnehmenden dominiert »Sicherheit« als Leitbegriff in all diesen Entwicklungen. Dadurch werden verschiedene Strategiepapiere (bspw. Nationale Sicherheitsstrategie und Leitlinien Zivile Krisenprävention) inkongruent und es zeigen sich gleichartige Muster. Insbesondere werden Zielkonflikte nicht benannt, Anspruch und Umsetzung klaffen auseinander, die bürokratische Umsetzung in der Projektförderung nimmt der Zivilgesellschaft den für erfolgreiches Arbeiten notwendigen Freiraum, Zahl und Intensität der Krisen überfordern Personal und Budgets.

Was kann dem nach Ansicht der Teilnehmenden Abhilfe verschaffen? Hier in Kürze: Konkrete zivile Planziele, inklusivere Prozesse, Wirksamkeit schon in laufenden Maßnahmen zur Friedensförderung oder Konfliktbearbeitung zu untersuchen und Ergebnisse in den weiteren Prozess einfließen zu lassen (»adaptive peacebuilding«), genauer zu verstehen, was der Stellenwert staatlicher Strategiepapiere ist und wie sie genutzt/beeinflusst werden können. Und: als Zivilgesellschaft angemessene Ressourcen einzufordern.

Die zweite Gruppe sah unter anderem den Glaubwürdigkeitsverlust der Akteure aus den wirtschaftlich und politisch dominanten Staaten und »shrinking spaces« für zivilgesellschaftliches Handeln in vielen Ländern als die drängenden Entwicklungen, die Veränderungen erfordern. An einer Reflexion der eigenen Einstellungen zu Rassismus und der Reflexion der eigenen Rolle in der Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen führe kein Weg vorbei. Eine feministische und rassismuskritische Perspektive könne zu echter Beziehung und Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle und der der Partnerorganisationen führen. Doch die Gruppe betonte auch: Vorsicht vor der »Komplexitätsfalle«!

Die dritte Arbeitsgruppe sammelte eine große Zahl von innergesellschaftlichen Veränderungen, die für Friedensförderung und Konfliktbearbeitung (nicht nur im Außen) relevant sind. Das reichte von der Dynamik sozialer Medien über Radikalisierungsprozesse und gesellschaftliche sowie ökologische Kipppunkte bis hin zu Ohnmachtsgefühlen angesichts tatsächlicher oder vermeintlicher Krisen. Der Gruppe war es wichtig zu betonen, dass »Innen« und »Außen« politisch und in den Konfliktdynamiken oft nicht mehr voneinander zu trennen seien. Die Förderstrukturen müssten an diese Entwicklung angepasst werden.

Die Workshopergebnisse wurden in einer Kaffeepause eifrig diskutiert, viele Anwesende genossen es, sich bei dieser Gelegenheit nach vielen Videokonferenzen mal wieder persönlich zu begegnen.

Zur eigentlichen Jubiläumsfeier kamen dann über 70 Personen in den repräsentativen Räumen der Robert-Bosch-Stiftung in Berlin zusammen. Stella Voutta, Leiterin des Fachbereichs »Frieden«, begrüßte als Gastgeberin die Anwesenden und erläuterte, warum aus ihrer Sicht das Thema Zivile Konfliktbearbeitung aktueller sei denn je: Gerade weil wieder mehr Konflikte mit Gewalt ausgetragen würden.

Ginger Schmitz, die Geschäftsführerin der Plattform ZKB, erinnerte in ihrem Beitrag an das Ziel der Plattform, die im Netzwerk Beteiligten bei ihrer gewaltmindernden Arbeit zu unterstützen, miteinander zu verbinden und in ihrer Arbeit vor Ort effektiver zu machen (siehe Schmitz, umseitig). Dieses Ziel sei genauso aktuell wie bei der Gründung 1998. Gleichzeitig habe die Plattform aber auch immer nach außen gewirkt, um die Strukturen und Rahmenbedingungen für Zivile Konfliktbearbeitung und Friedensförderung zu stärken, um zu informieren und sich konstruktiv an Diskussionen im politischen Raum zu beteiligen. Ginger Schmitz wies auf aktuelle Projekte der Plattform hin, zu denen die Entwicklung ziviler Planziele, die Reform des Zuwendungsrechts für Auslandsprojekte und die Stärkung der Konfliktbearbeitung im Inland gehören.

In einem als Video eingespielten Grußwort wies die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze, darauf hin, wie wichtig aus ihrer Sicht Friedensengagement und Zivile Konfliktbearbeitung seien, und dankte den Mitgliedern der Plattform ZKB für ihr Engagement. Wörtlich sagte sie: „Lassen Sie uns gemeinsam an einer Welt arbeiten, in der wir keine Kriegsrhetorik mehr brauchen, weil Frieden unsere gemeinsame Sprache ist.

Auf das Grußwort folgte eine Paneldiskussion, an der Dr. Tobias Bunde (Münchner Sicherheitskonferenz MSC), Dr. Martina Fischer (Brot für die Welt/Plattform ZKB), Staatsminister Tobias Lindner (AA), und Hiba Qasas (Principles for Peace Foundation) teilnahmen, moderiert von Christoph Bongard (forumZFD/Plattform ZKB). Die Leitfrage dieser Diskussion war: Wie hat sich der Kontext von Friedensförderung in den letzten 25 Jahren verändert und wie müssen wir alle unsere Arbeit verändern, um den Herausforderungen von heute gerecht zu werden?

Zunächst sprach Christoph Bongard jedoch die gewaltvolle Realität der andauernden Kriege an, die diejenigen, die die Jubiläumsveranstaltung vorbereitet hatten, nicht ausblenden konnten und wollten. „Denn diese Realität, die trifft Menschen, mit denen wir in der Friedensarbeit, mit denen viele von Euch und Ihnen eng zusammenarbeiten, mit denen wir uns verbunden fühlen.“ Er bat daher um eine Schweigeminute für diese Menschen. Anschließend begann das Podiumsgespräch mit Fragen zu den jeweiligen Erfahrungen der Teilnehmenden mit Ziviler Konfliktbearbeitung.

Tobias Bunde erklärte, dass das Team der Münchner Sicherheitskonferenz in den letzten 10 Jahren festgestellt habe, dass die zivile Krisenprävention in Deutschland weitgehend institutionalisiert sei und sich zu einem wesentlichen Teil deutscher Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt habe und daher zusätzlich zur klassischen »harten« Sicherheitspolitik betrachtet werden müsse.

Hiba Qasas betonte, wie wichtig Konflikttransformation auch und gerade in Nachkriegsgesellschaften ist. Sie berichtete, dass ihr im Lauf ihrer Arbeit im Irak jedoch klar geworden sei, dass es zwar völkerrechtlich verbindliche Regelungen für die Kriegsführung und für humanitäre Hilfe gebe, aber nicht für Friedensprozesse. In diesem Zusammenhang stellte sie die Frage, wie in Stabilisierungs- und Friedenseinsätzen eigentlich die Verantwortlichkeiten für das, was durch externe Akteure getan oder unterlassen wird, geregelt seien. Sie beschrieb, dass es während ihrer Zeit im Irak eine Vielzahl von Akteuren gegeben habe, die über keinen gemeinsamen Referenzrahmen verfügten. Dadurch hätten sich für sie weitere Fragen gestellt, z.B. wie überhaupt über gemeinsame Maßnahmen entschieden werden könne.

Martina Fischer schilderte ähnliche Erfahrungen und Beobachtungen aus den Balkankriegen in den neunziger Jahren. Rückblickend gesehen sei damals viel versäumt worden, sowohl in der Prävention als auch in der Deeskalation der Konflikte. Am ehesten hilfreich seien die damaligen zivilgesellschaftlichen Versuche gewesen, Kontakte über die Frontlinien hinweg aufrechtzuerhalten, die später Ansatzpunkte für Versöhnungs- und Aufarbeitungsprozesse boten. Aus diesen Erfahrungen heraus wurde damals das Konzept des Zivilen Friedensdienstes entwickelt. Sie verwies zusätzlich darauf, wie wichtig die wissenschaftliche Begleitung von Aktivitäten in Konfliktgebieten im Sinne einer Wirkungsanalyse sei, um herauszufinden, welche Aktivitäten zum Frieden beitragen würden und welche nicht. Eine spannende Frage sei dabei, wie sich Wirkungen messen lassen.

Deutlich wurde in der Diskussion allerdings auch, dass die Rückwirkungen der Kriege in der Ukraine und in Gaza aktuell dazu führen, dass Zivile Konfliktbearbeitung und Friedensförderung in der öffentlichen Diskussion verdrängt und in Frage gestellt werden und die Haushaltsmittel für ziviles Handeln – anders als die für das Militärische – gekürzt werden. Nur ein kleiner Trost war in diesem Kontext, dass von Tobias Lindner eine Reform im Bereich des Zuwendungsrechtes für aus dem AA geförderte Projekte in Aussicht gestellt wurde.

Einig waren sich alle vier Panelist*innen, dass mehr Augenmerk auf Expertise und Einschätzungen aus Konfliktregionen gerichtet werden müsse und dass geschützte Räume notwendig seien, in denen mit Vertreter*innen aus Konfliktländern über Gewaltminderung und Friedensförderung gesprochen werden könne. Dabei sei auch ein Denken in Prozessen statt in Strukturen wichtig – Hiba Qasas fand dafür ein anschauliches Bild: Es müsse weniger Architekten des Friedens und mehr Hebammen für Friedensprozesse geben. Martina Fischer wies darauf hin, dass die Coronapandemie den positiven Nebeneffekt hatte, dass alles auf virtuelle Treffen umgestellt werden musste. So konnte man auf einmal mit viel mehr Partnern aus dem globalen Süden direkt Workshops machen und häufiger mit politischen Akteuren in Kontakt treten bzw. direkte Kontakte zwischen Projektpartnern und politischen Akteuren hier in Deutschland herstellen. Sie wies mit Blick auf die Einbindung lokaler Expertise darauf hin, dass auch bei deutschen Strategieentwicklungsprojekten der direkte Kontakt zu Akteuren aus den Partnerländern wichtig sei. So würden Partner von Brot für die Welt in den Ländern der Sahel-Region immer wieder fragen, wieso die Bundesregierung »Sahel-Strategien« erstellen würde, obwohl die Länder und ihre Probleme sich sehr unterschieden. Differenzierte Länderstrategien seien da aus ihrer Sicht erfolgversprechender.

Einig waren sich alle Panel-Teilnehmer*innen auch bei der Einschätzung, dass die Einbeziehung möglichst vieler Perspektiven auf Konfliktregionen bzw. auf Konfliktdynamiken hilfreich sei, von der Projektzusammenarbeit über die Entwicklung oder Fortschreibung von Strategiedokumenten bis hin zu internationalen Abstimmungsprozessen. Nicht auflösen, aber immerhin deutlich benennen ließ sich das Dilemma, dass steigende Militärausgaben zu Kürzungen in zivilen Etats führen, solange die Randbedingungen für den Haushalt nicht verändert werden (Schuldenbremse, Steuerpolitik).

Zum Abschluss beschrieb Dr. Jörn Grävingholt, seit Sommer 2023 Abteilungsleiter bei Brot für die Welt und vorher lange wissenschaftlich im Bereich Ziviler Konfliktbearbeitung und Friedensförderung tätig, welche zum Teil dramatischen Entwicklungen hin zu mehr Gewalt und Rechtfertigung von Gewalt es in den letzten 10 Jahren gegeben habe. Er wies auf weltweit sichtbare ideologische Polarisierungsprozesse und das wachsende Selbstbewusstsein derer hin, die Gewalt als legitimes Mittel zu Erreichung ihrer Ziele ansähen. Entscheidend für das friedliche Zusammenleben in und von Gemeinschaften sei, dass Frieden und Gerechtigkeit im Kleinen wie im Großen zusammengesehen würden (siehe Grävingholt, umseitig).

Insgesamt hat die Veranstaltung sowohl einen Rückblick geboten, wie sich Zivile Konfliktbearbeitung und Friedensförderung in den letzten 25 Jahren entwickelt haben, als auch aufgezeigt, welchen Veränderungsbedarf, aber auch welche neuen Ansätze es für die Arbeit auf diesem Gebiet es in einer sich schnell verändernden Welt gibt. Für die PZKB und ihre Mitglieder waren insbesondere die Blicke von außen auf ihre Arbeit spannend und ermutigend.

Ute Finckh-Krämer ist MdB a.D. der SPD und langjähriges aktives Mitglied der PZKB. Seit 2018 ist sie Co-Vorsitzende des SprecherInnenrates der Plattform.

Give Peace a Change!

Give Peace a Change!

Ein persönlicher Blick auf das 25. Jubiläum der PZKB

von Ginger Schmitz

Ein paar Tage vor der Jubiläumsveranstaltung der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung wurde Ende 2023 »Krisenmodus« zum Wort des Jahres erklärt. Angesichts der krisenhaften Eskalationen weltweit, aber auch der Angriffe auf Demokratie und Zusammenleben im eigenen Land, kann wohl mit Fug und Recht festgestellt werden, dass viele Mitglieder der Plattform, Partner*innen und Engagierte in Ziviler Konfliktbearbeitung (ZKB) und Friedensförderung im wörtlichsten Sinne in eben so einem Krisenmodus und unter hoher emotionaler Belastung arbeiten. Es stellt sich darüber hinaus die Frage, ob auch ZKB und Friedensarbeit als Arbeitsfelder mit ihren Ansätzen, Instrumenten und Handlungsprinzipien selbst aktuell im »Krisenmodus« sind. Da hierfür einiges spricht, muss sich für »uns« zwangsläufig die Anschlussfrage stellen, wie wir sie aus dem Modus wieder herausholen und »politisch wirkmächtiger« machen können. „How to give peace a change?“

Die schrecklichen Ereignisse im Nahen Osten, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, aber auch die Erfahrungen aus Afghanistan und Mali werfen aktuell – sowohl im guten Sinne als Teil selbstkritischer Reflexion als auch als Ausdruck von Unverständnis und Fundamentalopposition gegenüber solidarischem internationalem Engagement – Fragen nach der Wirksamkeit Ziviler Konfliktbearbeitung und Friedensförderung und den Grenzen zivilen Engagements auf. In besonderem Maße lassen sich diese Angriffe im Moment an den populistisch getriebenen Attacken auf Entwicklungszusammenarbeit beobachten. Gleichzeitig tragen die Kontextveränderungen zu einer wieder zunehmend spürbaren Spannung zwischen friedenspolitischem Selbstverständnis der ZKB und sicherheitspolitischen Prioritäten bei. Eine Spannung, die die »Nationale Sicherheitsstrategie« nicht auflösen konnte, die aber auch nicht zu einem Rückfall in eine »Frieden vs. Sicherheit«-Dichotomie führen darf.

In der öffentlichen Wahrnehmung und Berichterstattung über gewaltsam eskalierte Konflikte und Kriege, in der Zivile Konfliktbearbeitung sich schon vor den Veränderungen der jüngeren Vergangenheit nur schwer gegenüber eher sicherheitspolitischen Perspektiven behaupten konnte, scheint ZKB nun kaum mehr eine Rolle zu spielen. Trotz scheinbar hohen Zustimmungsraten in der Bevölkerung für außenpolitisches Engagement. Dennoch – oder gerade deshalb – braucht es sie mehr denn je. Mit dieser Haltung und diesem Selbstverständnis blicke ich auch auf die Plattform ZKB, die ich einen kleinen Teil ihrer langen Geschichte begleiten darf; es braucht auch sie heute, 25 Jahre nach ihrer Gründung (leider) mehr denn je.

Als die Plattform 1998 in Bad Honnef vor dem Eindruck eines „unerträglichen Ausmaßes an Gewalt“ gegründet wurde, hat sie sich in ihrer Charta das Ziel gesetzt, die im Netzwerk „Beteiligten bei ihrer gewaltmindernden Arbeit zu unterstützen, miteinander zu verbinden und in ihrer Arbeit vor Ort effektiver zu machen“. Seitdem unterstützt sie die in ihr Beteiligten bei ihrem Bemühen, eine konstruktive, Frieden fördernde Transformation von Konflikten voranzubringen.

Die Plattform hat es zur Erreichung dieses Ziels von Anfang an als ihre zen­trale Aufgabe verstanden, Menschen und Organisationen zusammenzubringen: Um zusammenzuarbeiten, vorhandene Kapazitäten und Erfahrungen intensiver zu nutzen und letztlich um zivilgesellschaftliche friedenspolitische Wirkung zu entfalten und zu stärken.

Gleichzeitig hat die Plattform aber auch immer nach außen gewirkt, um die Strukturen und Rahmenbedingungen für ZKB und Friedensförderung zu stärken, über diese Arbeit zu informieren und sich konstruktiv an Diskussionen im politischen Raum zu beteiligen. Das hat sie in den Gründungsjahren beispielsweise getan, indem sie maßgeblich zur Entwicklung und Etablierung der friedenspolitischen Infrastruktur beigetragen hat, deren Teil sie noch heute ist (Beirat Zivile Krisenprävention, Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt), u.a.). Auch für den »Aktionsplan Zivile Krisenprävention« der Bundesregierung hat die Plattform kritische Impulse gesetzt und ihn in seiner Entwicklung und Umsetzung kritisch begleitet. Heute versuchen wir uns im gleichen Geist und mit dem gleichen Anliegen, ZKB und Friedensförderung zu stärken, in die Weiterentwicklung des Nachfolgedokuments einzubringen, der Überarbeitung der »Leitlinien Zivile Krisenprävention«, die sich die Bundesregierung für dieses Jahr vorgenommen hat.

Für das, was die Plattform in den 25 Jahren ihres Bestehens auf den Weg gebracht und möglich gemacht hat, für die Räume die sie geschaffen und Diskurse, die sie angestoßen hat, gebührt vielen Menschen Dank. Ein Dank denen, die die Plattform in dieser Zeit geprägt und getragen haben und die zu ihrer Entwicklung beigetragen haben. Sei es als Gründungsmitglied, Teilhabende, AG-Mitglied, Gremienmitglied, Hauptamtliche oder Partner*in. Eines habe ich bei der Plattform schnell gelernt: »Die Plattform«, das sind die Menschen, die sie bilden und tragen. Mit Engagement, Lust am kritischen, konstruktiven Diskurs, und dem Willen etwas zu verändern. Das macht unser Netzwerk stark, macht uns stark und gibt Kraft für die Aufgaben, die wir noch vor uns, und die Ziele, die wir uns gesetzt haben.

Ein signifikanter Teil dieser Aufgaben wird es sein, dass wir uns als Netzwerk in Zukunft weiter selbstkritisch damit auseinandersetzen, wie wir uns selbst als Teil von Friedensarbeit verändern müssen. Mit welcher Haltung tun wir das, was wir tun? Welches Verständnis von Partnerschaft haben wir und wie kann und muss Friedensarbeit konfliktsensibel, macht- und rassismuskritisch gestaltet werden? Mit ihrem internen Veränderungsprozess ist die Plattform erste Schritte auf diesem Weg gegangen. Give Peace a Change!

Ginger Schmitz ist seit April 2018 Geschäftsführerin der Plattform ZKB und in dieser Funktion Mitglied des Beirats für Zivile Krisenprävention und Friedensförderung.

Komplexe Transformationen voraus

Komplexe Transformationen voraus

Gedanken zur Zivilen Konfliktbearbeitung nach 25 Jahren Plattform Zivile Konfliktbearbeitung

von Jörn Grävingholt

Herzlichen Dank für die freundliche und erwartungsschürende Einführung. Als erstes darf ich der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung im Namen von Brot für die Welt ganz herzliche Gratulationen aussprechen. Auch wenn ich hierbei auf den Schultern anderer stehe, da insbesondere Martina Fischer als Kollegin von Brot für die Welt für die Plattform weitaus mehr getan hat und weiter tun wird, als ich das je in meinem Leben werde schaffen können. Doch damit möchte ich jetzt auch den institutionellen Hut ablegen. Denn was mich mit dem Thema der Zivilen Konfliktbearbeitung und Friedensförderung verbindet, hat mit den wenigen Monaten, die ich erst bei Brot für die Welt bin, naturgemäß viel weniger zu tun, als mit den knapp zwei Jahrzehnten, die ich vorher aus wissenschaftlicher Perspektive das Feld beobachten, begleiten und an der einen oder anderen Stelle auch ein bisschen mitbearbeiten durfte. Daher ist was ich jetzt sage, sicherlich mehr Jörn Grävingholt als Brot für die Welt.

25 Jahre Plattform Zivile Konfliktbearbeitung: Zum Glück, sagte ich mir, als ich angefragt wurde, wollen sie nicht, dass ich nur weitere Blumensträuße überbringe, sondern haben sich sehr mutig, wie ich finde, als Frage über diese Veranstaltung geschrieben: „Was muss sich verändern?“ Das finde ich erst mal großartig, auch wenn wir vielleicht alle in diesem Raum – auch nach den Diskussionen, die wir gerade gehört haben, und den Diskussionen, die es früher am Tag gab – das Gefühl haben, dass es ein »Weiter so« ohnehin nicht wird sein können.

Daher habe ich mich zunächst gefragt: Welche Entwicklungen ereignen sich gerade vor unseren Augen, die Veränderungen erfordern? Ich habe mich dabei zunehmend gefragt, ob ich mich jetzt gerade in eine ganz furchtbare Welt hineindenke – und war nun sehr erleichtert, der Paneldiskussion vorhin zu folgen und festzustellen: „Ja, diese Fragen, die ich mir stelle, die stellen sich andere auch“.

Die Rahmenbedingungen, wenn wir in die Welt schauen, sind – glaube ich – allen klar: Gewalt, kriegerische Gewalt hat in den letzten rund zehn Jahren dramatisch zugenommen. Die Zahlen, die uns zur Verfügung stehen, sagen uns, dass wir im letzten Jahrzehnt mehr als doppelt so viele Kriegstote zu beklagen hatten wie in den rund zehn Jahren vorher. Also eine völlig dramatische Entwicklung.

Diese Zahlen sind nicht nur ein statistischer Trend. Ganz abgesehen von dem immensen menschlichen Leid, das hinter diesen Zahlen nur erahnt werden kann – und von dem die meisten in diesem Raum durchaus eine Vorstellung haben dürften –, ganz abgesehen von diesem Leid geht die internationale Gewalteskalation spätestens seit dem 7. Oktober 2023 und der militärischen Reaktion Israels im Gazastreifen auch mit einer Polarisierung öffentlicher Diskurse einher, die wir in dieser Form seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Vielleicht am ehesten noch vergleichbar mit dem Bruch, den der 11. September 2001 bedeutet hat.

Befördert durch diese Polarisierung beobachten wir auch eine neue Legitimierung von Gewalt als Mittel der Konfliktlösung. Eine höchst beunruhigende Entwicklung, in der Gewalt nicht nur als Mittel der Verteidigung, sondern tatsächlich in vielerlei Hinsicht als ein Mittel der Wahl eingesetzt wird, um angestrebte Ziele zu erreichen. Die Fähigkeit von Gewaltakteuren, Gefolgschaft zu finden für ihr Modell des Kampfes um jeden Preis, hat offensichtlich zugenommen.

Die Polarisierung des politischen Spektrums, die wir seit Jahren mit wachsender Sorge beobachten, wirkt sich auch an dieser Stelle aus: Am extremistischen Ende dieses Spektrums steht ein im Kern zutiefst chauvinistisches Weltbild, wie Sabine Fischer es in brillanter Weise an der Fundierung des Putin’schen Gewaltregimes in Russland analysiert hat, das aber keineswegs auf die Geisteswelt des russischen Präsidenten begrenzt ist.1 Wir beobachten diesen Chauvinismus – in seiner Kombination aus aggressivem Nationalismus, autokratischem Herrschaftsverständnis und tief verwurzelter Misogynie und in seiner mit allen drei Strömungen eng verbundenen maßlosen Gewaltbereitschaft – in vielen populistischen Herrscherfiguren und Herrschaftskasten über den Globus verteilt: in seiner terroristischen Version von den Taliban über den Islamischen Staat bis zur Hamas, in seiner finster diktatorischen Variante von Nordkorea bis Teheran, in seiner »transformativ autoritären« Version bei Erdogan, Modi, Bolsonaro und Xi, in einer noch vom Rechtsstaat eingehegten Variante bei Trump über Kaczynski und Orban bis Netanjahu.

In allen Varianten spielen Mischungen von Gewaltbereitschaft, von aggressivem Nationalismus und oft von einer überraschenden Frauenfeindlichkeit eine große Rolle. Und einzig bei der letztgenannten Variante spielen die rechtsstaatlichen Korrektive noch eine maßgebliche Rolle, wie zuletzt in Warschau beobachtet werden konnte. Aber auch dort sehen wir eben schwere Verheerungen in der politischen Kultur, die diese Entwicklung nach sich zieht. Wir wären blind, würden wir diese Tendenzen in Deutschland nicht auch beobachten. Putschpläne von sogenannten Reichsbürger*innen sind nur ein Beispiel. Gewalt ist in diesem Weltbild nicht der Verrat an den zivilisatorischen Errungenschaften der Menschheit und einzig zur Verhinderung noch größerer Übel, also noch schlimmerer Gewalt legitimiert. Gewalt ist hier vielmehr ein normales Mittel der Zielerreichung und wer sich ihrer nicht bedient, solange er der Stärkere ist, gilt praktisch als »Dummkopf«. Wer sich ihrer nicht bedient, tut dies nur aus taktischen Gründen, weil er sich noch nicht stark genug fühlt und wartet, bis er stark genug geworden ist, um seine Ziele am Ende doch mit Gewalt durchsetzen zu können. (Wenn ich an dieser Stelle oft die maskuline Form verwendet habe, dann ist das kein Zufall.)

Trotzdem ist das sozusagen die einfache Variante. Eine Variante, mit der wir uns politisch-ideologisch relativ einfach auseinandersetzen können.

Doch das Ideal der friedlichen, auf Kooperation statt Gewalt gegründeten Welt, das wir hier in diesem Raum vermutlich alle in der einen oder anderen Form unterstützen – geprägt durch Humanismus, durch das »Nie wieder!« der europäischen Nachkriegszeit, geprägt durch die Aporien des Kalten Krieges und die irgendwie buchstäblich wundersame Erfahrung seiner Überwindung, vielleicht auch geprägt durch eine moderne christliche oder andere religiös kolorierte Ethik –, dieses Ideal wird zunehmend auch aus einer anderen Richtung infrage gestellt. Aus einer Richtung, die wir lange oder eigentlich bis heute in gewissem Sinne als unsere natürlichen Verbündeten wahrgenommen haben und als deren Verbündete wir uns vermutlich alle bis heute betrachten: emanzipatorische soziale Bewegungen, Menschenrechtsorganisationen und andere Netzwerke von Aktivist*innen im sogenannten Globalen Süden, die, ohne das unbedingt mit diesen Worten zu sagen, uns den Spiegel vorhalten, uns in gewisser Weise der kollektiven Heuchelei bezichtigen. In gewissem Sinne fragen sie uns letztlich, ob der Boden, auf dem wir stehen, wenn wir dieses Ideal der Kooperation vor uns hertragen, nicht eigentlich durch unseren Wohlstand und durch eine gewisse globale Dominanz charakterisiert ist, die im Grunde nur durch Jahrhunderte des Kolonialismus und des Imperialismus ermöglicht – und bis heute nicht wirklich überwunden – worden sind.

Der Frieden im Kleinen hängt sehr an den Strukturen im Großen. Ein Zusammenhang der zunehmend gesehen wird. Diese Diskussionen werden als Diskussionen über Gerechtigkeit geführt. In gewissem Sinne sind die Debatten, die wir vielleicht noch aus den späten 1960er bzw. 1970er Jahren kennen, über strukturellen Imperialismus, strukturelle Gewalt, »Dependencia«, wieder zurück auf der Tagesordnung und stehen wieder groß und laut im Raum. Dass bitte kein Missverständnis aufkommt: das ist eine vollkommen andere Fragestellung, als sie der aggressive Chauvinismus, von dem ich gerade gesprochen habe, darstellt. Auch wenn wir uns vielleicht nicht jeden dieser antikolonialen oder postkolonialen Anwürfe zu eigen machen müssen, so müssen wir doch die Fragen, die gestellt werden, unbedingt ernst nehmen.

Es reicht nur ein Blick auf die verheerende Halbzeitbilanz der Agenda 2030 und das Drama der jährlichen Klimaverhandlungen, um zu sehen, dass Vorwürfe, der Westen schaue kollektiv noch immer aus einer Komfortzone auf die Dinge dieser Welt, nicht völlig aus der Luft gegriffen sind. Das Fatale daran ist: Die Chauvinisten von heute zögern keinen Moment, sich auch des antikolonialen Aktivismus zu bedienen, wenn es ihnen opportun erscheint und ihrer Argumentation nützlich ist. So und nur so ist zu erklären, dass Putin manchen als Freiheitskämpfer gegen den Westen gilt oder emanzipatorische Bewegungen zur Befreiung von Frauen aus patriarchalen Unterdrückungsstrukturen Verständnis für den Terror einer radikal antifeministischen Bewegung wie der Hamas äußern.

Trotzdem ist diese antikoloniale Infragestellung eine, der wir uns aussetzen und mit der wir uns unbedingt auseinandersetzen müssen. Weil Frieden eben nicht nur die Abwesenheit von Gewalt ist – das wissen wir alle – sondern weil es am Ende um Frieden und Gerechtigkeit geht. Dieser Aspekt scheint mir der zentrale zu sein, den wir wieder viel mehr in den Blick nehmen müssen. Auch da will ich nicht missverstanden werden: Ich glaube nicht, dass wir sagen können, alle Ungerechtigkeiten in irgendwelchen Konflikten dieser Welt lassen sich auf Kolonialismus zurückführen und dass wir diese hier von unserer Seite beseitigen könnten. Aber die Wahrnehmung, dass der »Westen« in einer Welt massiver globaler Ungerechtigkeit auch in Fragen von Krieg und Frieden eher Teil des Problems als Teil der Lösung ist, ist weit verbreitet. Aus ihr spricht die Klage über globale Ungerechtigkeit und ein weit verbreiteter Hunger nach Gerechtigkeit.

Die Frage ist daher für mich schon noch mal neu: Wie hängt das Kleine – wie hängt die Friedensförderung vor Ort, die Friedensförderung dort, wo es konkret um Menschen geht, um das Zusammenleben von Gemeinschaften – mit dem Großen zusammen? Wir kennen alle Adornos Frage nach dem „richtigen Leben im Falschen“. Ein Stück weit ist das auch hier die Frage, um die es gehen wird: Hat zivile Krisenprävention wirklich die Kraft, transformierend nicht nur im Hinblick auf die Wahl der Mittel, sondern auch im Hinblick auf strukturell ungerechte Zustände zu wirken? Oder drohen am Ende zivile Mittel doch nur bestehende, vielerorts zunehmend als ungerecht empfundene Zustände zu stabilisieren? Das wäre fatal. Indem ich diese Frage stelle, behaupte ich nicht, dass wir darauf überhaupt keine Antwort geben könnten. Ich bin überzeugt, dass wir das können, aber vor allen Dingen, dass wir das viel umfassender als bisher auch wirklich tun müssen, dass wir diese Diskussion viel offener, viel stärker führen müssen, allerorten und auch gerade öffentlich. Ich meine, wir müssen viel mehr über das »Wozu« des Friedens, der Gewaltlosigkeit, der zivilen Friedensarbeit reden, auch streiten und mit unseren Gesprächspartner*innen in aller Welt dabei das Thema Gerechtigkeit viel stärker in den Vordergrund stellen.

Vielerorts wird ein »legitimacy deficit« von Nachkriegsordnungen empfunden, weil nichts ankommt bei den Menschen oder oftmals nichts ankommt, wenn irgendwo ein scheinbarer Friede erreicht worden ist. Die Gerechtigkeitsfrage, die dahintersteht, muss noch zentraler werden. Und wir müssen uns dann fragen: „Welche Angebote können wir machen?“ Auch in den politischen Raum müssen wir wieder stärker hineinwirken. Dort müssen wir deutlich machen, dass wir als Gesellschaft, als Staat, als Europa viel glaubwürdigere Angebote machen müssen, dass wir diese Gerechtigkeitsfragen viel ernster nehmen müssen, als das im Moment den Eindruck erweckt.

Für die zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Friedensförderung ist das nicht die Aufforderung, alles neu zu erfinden. Aber es geht darum, die Gründe, den Boden, auf dem wir mit diesen Ansätzen stehen stehen, stärker zur Diskussion zu stellen und auch global mit unseren Partnerinnen und Partnern in die Diskussion zu gehen – ein Stück weit auch mit offenem Ausgang. Es ist dann eine Fahrt hinaus aufs offene Meer und ohne Sicherheiten, aber – um jetzt doch mit einer positiven Note zu enden – auch mit der Chance, an neuen Ufern anzukommen.

Anmerkung

1) Fischer, S. (2023): Die chauvinistische Bedrohung: Russlands Kriege und Europas Antworten. Berlin: Econ/Ullstein.

Jörn Grävingholt ist Politikwissenschaftler und leitet seit Sommer 2023 die Abteilung Politik bei Brot für die Welt. Zuvor forschte er am German Institute of Development and Sustainability (IDOS) in Bonn und war in dieser Zeit viele Jahre im Beirat der Bundesregierung für Zivile Krisenprävention und Friedensförderung tätig, von 2011 bis 2018 als dessen Co-Vorsitzender.

»Friedensarbeit verändern«

Ein Projekt der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung

Logo Projekt Friedensarbeit

Ganz im Sinne des Mottos »Give Peace a Change!« geht die Plattform Zivile Konfliktbearbeitung mit ihrem Projekt »Friedensarbeit verändern« notwendigen Fragen nach strukturellem Rassismus und diesen reproduzierenden kolonialen Kontinuitäten in der Zivilen Konfliktbearbeitung und der Friedensarbeit im Größeren nach.

Bis heute sind Rassismen und Diskriminierungen globale Konfliktgegenstände, -ursachen und -treiber, die ein System von Machtungleichgewichten aufrechterhalten und reproduzieren, das die sozialen Hierarchien lokal und global bestimmt (vgl. Roig 2021, Pötter-Jantzen 2021). Dies zeigt sich sowohl in der Zivilen Konfliktbearbeitung im Ausland – beispielsweise in machtgeprägten Nord-Süd-Partnerschaften – als auch in der Konfliktbearbeitung im Inland, wo systematische postkoloniale, rassismus- und machtkritische sowie intersektionale Perspektiven in institutionellen Selbstverständnissen noch als Querschnittsthema verankert werden müssen. Die Dekolonisierung ist von großer Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der Friedensarbeit sowie für vertrauensvolle Partnerschaften und die Anerkennung multiperspektivischer Expertisen und Erfahrungen. Voraussetzung dafür ist die Anerkennung der Existenz von Rassismus sowie der aus ihm resultierenden andauernden Machtasymmetrien als eines gesellschaftlichen Konfliktverhältnisses.

Mit ihrem gerade erschienen »Glossar für rassismus- und machtkritisches Denken in der Zivilen Konfliktbearbeitung« bündelt die Plattform ZKB daher zentrale Begriffe und Ansätze im Bereich der Rassismus- und Machtkritik, um so die Debatten in der Zivilen Konfliktbearbeitung darüber zu begleiten, wie rassismus- und machtkritisches Denken in Konzepten, Methoden, Selbstverständnissen und Haltungen der Konfliktbearbeitung gestärkt werden kann.

Das Glossar sowie eine Reflexionshilfe für rassismus- und diskriminierungssensible Veranstaltungen finden sich auf der Webseite des Projekts: pzkb.de/friedensarbeit-veraendern.

Ansprechperson ist Cora Bieß, erreichbar unter cora.biess@pzkb.de

Literatur:

Pötter-Jantzen, M. (2021): Das Ende der weißen Retter. Wege zu einer antirassistischen Friedensarbeit. Forum Weltkirche, 7.11.2021. Online verfügbar unter: forumzfd.de/de/das-ende-der-weissen-retter.

Roig, E. (2021): Why we matter. Das Ende der Unterdrückung. Berlin: Aufbau Verlag.

25 Jahre Plattform ZKB

25 Jahre Plattform ZKB

Eine Dokumentation

Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung »Give Peace a Change!« – 25 Jahre Plattform Zivile Konfliktbearbeitung am 12. Dezember 2023 trafen sich langjährige Weggefährt*innen der Plattform ZKB in Berlin. Die Veranstaltung stand nicht nur unter dem Zeichen der Feier eines Vierteljahrhunderts PZKB, sondern ebenso unter der programmatischen Frage nach den Zukunftsaufgaben von Plattform und Ziviler Konfliktbearbeitung insgesamt. Die Reden von Jörn Grävingholt (Brot für die Welt), Ginger Schmitz (Geschäftsführung PZKB, ab S. 48) dokumentiert W&F hier. Ute Finckh-Krämer hat für einen guten Überblick noch einen Tagungsbericht verfasst (ab S. 50).