Ruth Weiss

Ruth Weiss

Der Zeitzeugin und Friedensstifterin zum 100. Geburtstag

von Rita Schäfer

Der überzeugte Einsatz gegen Unrecht und für Frieden prägt das Leben von Ruth Weiss, die als Ruth Löwenthal am 26. Juli 1924 in Fürth geboren wurde. Deshalb ist ihr 100. Geburtstag ein Anlass, die engagierte Zeitzeugin zu porträtieren. Als Journalistin sowie Autorin von Sachbüchern und Romanen zur jüdischen Geschichte und zum südlichen Afrika erhielt sie internationale Anerkennung. Vor den Nazis musste ihre Familie nach Südafrika fliehen, dort prangerte Ruth Weiss Antisemitismus und Rassismus an und geriet in Konflikt mit dem Apartheidregime. Sie scheute auch nicht Kritik an nachkolonialen Eliten, wenn diese Menschenrechtsverbrechen begingen und Versprechen aus anti-kolonialen Kriegen nicht einhielten.

Die Kindheit von Ruth Weiss endete jäh, als die Nazis an die Macht kamen und der aggressive Antisemitismus im Großraum Nürnberg ihre Familie zur Flucht nach Südafrika zwang. Doch bereits kurz nach ihrer Ankunft in Johannesburg im Jahr 1936 wurde der wachsamen zwölfjährigen Ruth nach eigener Aussage klar, dass dort zusätzlich zu antisemitischen Vorurteilen ein ausgeprägter Rassismus gegen die schwarze Bevölkerung in der weißen Gesellschaft vorherrschte.1 Dies erläuterte sie in Interviews und Gesprächen, u.a. mit der Verfasserin dieses Textes. Weiße Frauen sollten keine Mitmenschlichkeit gegenüber ihren Hausangestellten zeigen, auch nicht gegenüber schwarzen Müttern mit Babys. Das würde die gesellschaftliche Ordnung stören, bekam Ruths Mutter rasch von ihren neuen Nachbarinnen zu hören. Ruth beschrieb die verstörenden Maßregelungen durch weiße, das soziale Umfeld kontrollierende Hausfrauen viele Jahre später anschaulich in ihrer Autobiographie »Wege im harten Gras« (2016). Schwarze Putzhilfen und Kindermädchen wurden schon vor der Einführung der Apartheid 1948 herablassend behandelt, ein Kulturschock für die geflohene jüdische Familie. Ruth thematisierte ihre frühen Erfahrungen mit Antisemitismus und Rassismus in ihrem Jugendroman »Meine Schwester Sara« (2004) und in Sachbüchern, wie »Frauen gegen Apartheid« (1986), das sie dem von Apartheidgewalt geprägten Leben schwarzer Frauen im Widerstand widmete.

Rassismus im Alltag

Häufig musste Ruth auf ihrem Schulweg auch beobachten, wie Polizisten schwarze Männer auf dem Weg zur Arbeit schikanierten. Das hinterließ bei der Schülerin einen bleibenden Eindruck und verstärkte ihr Unrechtsbewusstsein. Als junge Frau, die ab 1944 u.a. als Buchhändlerin, Prokuristin und Wirtschaftsjournalistin arbeitete, erkannte Ruth: Das oft aggressive Kontrollieren von Ausweisdokumenten und Arbeitsbescheinigungen war in den Städten sehr verbreitet. Die weiße Minderheitenregierung wollte mit allen Mitteln den Zuzug vieler schwarzer Menschen in die neuen, prosperierenden Industriemetropolen verhindern. Deshalb erhielten nur junge und körperlich sehr belastbare Männer dort eine temporäre Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis. In ihren Südafrikabüchern, etwa »Wir sind alle Südafrikaner« (1986), und in zahlreichen fundierten Zeitungsartikeln erläuterte Ruth Weiss historische und politische Hintergründe der ausbeuterischen Strukturen, auf denen das Wirtschaftswachstum in Südafrika basierte. Die Journalistin scheute insbesondere in den 1980er Jahren keine Kritik an deutschen Konzernen in der Bonner Bundesrepublik, die mit dem Apartheidregime und südafrikanischen Firmen gute Geschäfte machten.

Rassismus war eingeprägt in die frühere Siedlerkolonie am Kap der guten Hoffnung, die über mehrere Jahrhunderte von der Sklavenhaltung profitierte: Die ­Sklav*innen waren von der »Vereinigten Ostindischen Kompanie« vor allem aus der Inselwelt des Indischen Ozeans »importiert« worden. Auch die durch jahrelange brutale Grenzkriege unterworfene, ihres Landes beraubte und nahezu rechtlose schwarze Bevölkerung in der Kapkolonie wurde zur Farmarbeit bei Weißen gezwungen, schlecht behandelt und oft misshandelt, obwohl sie deren Besitz und Wohlstand erwirtschaftete. Unmenschliche Behandlung setzte sich mit der Industrialisierung und Urbanisierung ab Ende des 19. Jahrhunderts fort, fortan musste ein Großteil der Männer in oft unzureichend geschützten Gold- und Kohleminen arbeiten.

Ruth Weiss berichtete über die Misere der Arbeiter*innen in der aufstrebenden Industriemacht Südafrika. Wegen ihrer Kritik, die sie als Journalistin für die »Financial Mail« erhob, stufte das repressive Apartheidregime sie 1966 als persona non grata ein. Nach einem kurzen Zwischenstopp in London kam sie nach (Süd-)Rhodesien, wo sie das Büro der »Financial Mail« leitete. Wegen ihrer Kritik auch an der dortigen rassistischen weißen Siedlerregierung und deren Verstößen gegen UN-Sanktionen und Menschenrechte verwies die (süd-)rhodesische Regierung sie 1968 außer Landes. Das repressive Regime im damaligen Salisbury (ab 1980 Harare) führte bereits gegen anti-koloniale Unabhängigkeitsbewegungen Krieg. Wieder wurde London für Ruth Weiss zum Zwischenstopp, bevor sie 1971 für die »Times of Zambia« in Lusaka tätig wurde.

In Simbabwe nach Kriegsende

1982 kehrte sie in die neue Hauptstadt des kurz zuvor politisch unabhängig gewordenen Simbabwe, dem früheren (Süd-)Rhodesien, zurück. Nun arbeitete sie für die Ausbildung von Wirtschaftsjournalisten und den Aufbau von Medien, die ökonomische Themen in der ganzen Region bearbeiteten. Denn in Südafrika herrschte noch das Apartheidregime, das zerstörerische Grenzkriege in Nachbarländern wie Namibia führte und Mosambik destabilisierte. Ruth Weiss teilte also ihr Wissen über ökonomische, politische und historische Zusammenhänge und ihre jahrzehntelangen journalistischen Erfahrungen. Sie trug zum Aufbau eines professionellen Journalismus und zur kompetenten Berichterstattung im Nachkriegsland Simbabwe bei. Beides war bedeutsam für einen Neubeginn nach jahrzehntelangen militärischen Auseinandersetzungen und angesichts des Ausschlusses von schwarzen Menschen aus Bildung und Medien unter dem Siedlerregime sowie dessen Zensur und Propaganda.

In ihren Sachbüchern über das unabhängige Simbabwe widmete sich Ruth Weiss insbesondere dem Leben schwarzer Frauen – viele waren junge Ex-Kombattantinnen, die traditionelle und koloniale Rollenzuschreibungen durchbrachen und deshalb auf dem Land und in den Städten in der weiterhin patriarchalen Gesellschaft massiv kritisiert wurden. In »Die Frauen von Simbabwe« (2. Auflage 1985) schilderten Ex-Kämpferinnen sehr ehrlich ihre widersprüchlichen Kriegserfahrungen: einerseits die eigene Stärke als trainierte Kombattantinnen und andererseits den Mangel an grundlegender Versorgung, etwa keinen Zugang zu Verhütungsmitteln, sowie die gravierenden Probleme von Schwangeren und jungen Müttern in den militärischen Lagern. Viele wurden nach dem Krieg von den Vätern ihrer Kinder verlassen und als alleinstehende Frauen öffentlich der Prostitution bezichtigt – eine Stigmatisierung, die auch in anderen Nachkriegsgesellschaften anzutreffen ist.

Um so mehr wertschätzte Ruth Weiss das beharrliche Engagement der früheren Unabhängigkeitskämpferinnen für Frauenrechte und Reformen des Familien-, Erb- und Landrechts. Bereits Mitte der 1980er Jahre unterstrich sie in ihrem Buch »Die Frauen von Simbabwe« (1985, S. 8ff.), wie notwendig der Einstellungs- und Verhaltenswandel militarisierter Männer für den Aufbau einer gerechten Nachkriegsgesellschaft sei, zumal die neue Regierung, die aus einer früheren Unabhängigkeitsbewegung hervorgegangen war, mit Versprechen zur Frauenemanzipation junge Mädchen für den Krieg mobilisiert hatte. An der Regierung unter Robert Mugabe übte Ruth Weiss schon früh Kritik, wenn es um schwere Menschenrechtsverletzungen durch Militär und Polizei sowie Defizite in der Demokratisierung ging, beispielhaft dafür ist das Buch »Zimbabwes Diktator« (2016).

Verhandlungen für ein Ende der Apartheid

Ab Ende der 1980er Jahre organisierte Ruth Weiss zusammen mit Moeletsi Mbeki, dem Bruder des späteren südafri­kanischen Präsidenten Thabo Mbeki, in einem Vorort von Harare zahlreiche geheime, vertrauensbildende Gespräche zwischen Vertretern der Apartheidregierung und Anti-Apartheidaktivisten. Diese Dialoge boten eine Basis für spätere offizielle Verhandlungen in Südafrika im Vorfeld der ersten demokratischen Wahlen, die Ende 1994, also vor 30 Jahren, stattfanden. Darüber schrieb Ruth in ihrer Publikation »Geteiltes Land. Krieg und Frieden im südlichen Afrika« (1997). Ruth Weiss hatte Nelson Mandela bereits 1960 kennengelernt und war mit vielen Widerstandskämpfern in Kontakt, die ins Exil nach Sambia oder London geflohen waren. Vertreter des Apartheidregimes kannte sie aus eigener Erfahrung in Südafrika. Über die großen Schwierigkeiten in Verhandlungen zu einer friedlichen Konfliktbeilegung berichtete sie in »Peace in their time. War and peace in Ireland and Southern Africa« (2000).

Am 28. April 2023 verlieh der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa Ruth Weiss in Pretoria den nationalen Orden »Companions of O.R. Tambo« für ihre Beiträge zur Überwindung der Apartheid. Bereits 2005 wurde sie als eine der 1.000 Friedensfrauen für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

Einsatz als Zeitzeugin und Ehrungen

In ihren späteren Lebensjahren setzte sie sich auch in Deutschland für ein friedliches Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion ein; zwischen 2002 und 2015 lebte sie in Nordrhein-Westfalen und berichtete als Zeitzeugin in vielen Schulen, kirchlichen Gemeindezentren und jüdischen Einrichtungen über ihr Leben und die Notwendigkeit, gegen Rassismus, Antisemitismus und jegliche Formen von Feindseligkeit aufzustehen. Am 12. Dezember 2014 – kurz nach dem internationalen Menschenrechtstag – erhielt Ruth Weiss das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Damit wurde sie für ihr jahrzehntelanges Engagement gegen Apartheid und Rassismus geehrt. Auch nach dem Umzug zu ihrem Sohn nach Dänemark 2015 wurde Ruth Weiss wiederholt von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen für Gespräche und Vorträge im gesamten Bundesgebiet eingeladen. Immer wieder betonte Ruth bei solchen Anlässen, ihre Aufgabe als Zeitzeugin sei es, daran zu erinnern, dass die Nazis keine anonyme Gruppe böser Männer waren, sondern gewöhnliche Deutsche. Am 27. Januar 2023, dem Holocaust-Gedenktag, sprach sie im Landtag Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Als Ehrenpräsidentin des PEN Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland erhielt sie 2022 den Ovid-Preis für ihre journalistische Arbeit und ihr schriftstellerisches Lebenswerk; dieses umfasste auch zahlreiche historische Romane, u.a. die mehrbändige jüdische Familiensaga »die Löws«, etliche Bände handelten in Deutschland. Der Ovid-Preis wurde Ruth Weiss im Schwurgerichtssaal 600 verliehen, dort hatten die Nürnberger Prozesse gegen führende Kriegsverbrecher des NS-Regimes stattgefunden – eine sinnbildliche Rückkehr an den Ort, aus dem sie vor vielen Jahrzehnten hatte flüchten müssen.

Zusätzliche Informationen zu Ruth Weiss, ihrem Lebenswerk und ihrer Arbeit finden sich unter: ruth-weiss-gesellschaft.de

Anmerkung

1) Zur Verdeutlichung, dass die Zuschreibung schwarz im Apartheidstaat Südafrika ein politisches und rassistisches Konstrukt war, wird das Wort in diesem Text hervorgehoben. Gender-Sternchen werden gesetzt, wenn mehrere Geschlechter gemeint sind. Aufgrund männlicher Dominanzen wird oft nur das Maskulinum verwendet, da es sich dann ausschließlich um Männer handelt.

Literatur

Weiss, R. (1985): Die Frauen von Simbabwe. 2. Auflage, München: Frauenbuchverlag.

Weiss, R. (1986): Frauen gegen Apartheid. 2. Auflage, Reinbek: Rowohlt Verlag.

Weiss, R. (1986): Wir sind alle Südafrikaner. Hamburg: E.B. Verlag Rissen.

Weiss, R. (1997): Geteiltes Land. Krieg und Frieden im südlichen Afrika. Hamburg: E.B. Verlag.

Weiss, R. (2000): Peace in their time. War and peace in Ireland and Southern Africa. London: I.B. Tauris.

Weiss, R. (2004): Meine Schwester Sara, Jugendroman. München: dtv.

Weiss, R. (2016): Zimbabwes Diktator. Lich: Edition AV.

Weiss, R. (2016): Wege im harten Gras. Autobiographie. Lich: Edition AV.

Dr. Rita Schäfer ist freiberufliche Afrikawissenschaftlerin mit Fokus auf Südafrika. Zu ihren Publikationen zählt das Buch: Migration und Neuanfang in Süd­afrika (2019, Frankfurt a.M.: Brandes und Apsel).

Einfach nur: Zensur

Einfach nur: Zensur

Grenzen der Wissenschaftsfreiheit in Zeiten des Krieges

von Claudia Brunner1

Nicht nur rund um den Konflikt in Israel/Palästina herrschen öffentliche Sprechverbote und Denkgebote. Doch spätestens seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat das Diskreditieren, Intervenieren und Zensurieren unliebsamer Positionen eine neue Qualität und Quantität erreicht. In der im gleichen Atemzug beschworenen offenen Gesellschaft der liberalen Demokratie werden Intellektuelle und Akademiker*innen schnell zu deren Feind*innen erklärt, wenn sich ihre Worte nicht zur „Wissenschaft als Herrschaftsdienst“ (Pappé 2011) eignen.

Im August 2023 erreichte mich eine Anfrage von Deutschlandfunk Nova: Nach einer Hörer*innenbefragung des Wissenschaftspodcasts »Hörsaal« wünsche man sich einen Vortrag zum Thema »Epistemizid«, der organisierten und massenhaften Vernichtung von Wissen, die mit Genoziden und anderen gewaltförmigen Prozessen einhergeht. Selbst ein Fan von Podcasts, sagte ich gern zu und sprach, nach Vereinbarung eines Aufnahmetermins im Landesstudio Kärnten des ORF, Ende September über mein Forschungsthema »epistemische Gewalt«: zu einem nur imaginierten Publikum sowie einem realen Tontechniker, der sich angesichts des unverhofften Crashkurses in post- und dekolonialer feministischer Wissenschaftstheorie durchaus begeistert zeigte. Auf Wunsch einer Hörerin hatte ich die Problematik am Beispiel der sogenannten Hexenverbrennung illustriert, aber auch Bezüge zu anderen Genoziden und Epistemiziden im Verlauf des sogenannten »langen 16. Jahrhunderts« hergestellt und das Konzept der epistemischen Gewalt erklärt. Nach Ende des fast einstündigen Vortrags zeigte sich die akustisch anwesende Redakteurin sehr zufrieden. Ich selbst freute mich über ein – wie mir schien – gelungenes Experiment der Wissenschaftskommunikation und war neugierig auf das fertige Produkt sowie die Resonanz im virtuellen Hörsaal.

(Nicht) hören wollen und sollen

Mitte Oktober 2023 kontaktierte mich die Redakteurin in für mich überraschend reserviertem Ton betreffend die Veröffentlichung des Beitrags. Diese könne nämlich nur erfolgen, wenn ich der Streichung eines Satzes zustimmen würde.

Bei Vorträgen zu verwandten Themen entstehen stets interessante Diskussionen, und natürlich werden kritische Fragen zu Begriffen und Konzepten oder zur Forschungsperspektive und deren politischen Implikationen an mich gerichtet. Als Diskursforscherin ist mir auch durchaus bewusst, was Michel Foucaults »Räume des Sagbaren« bedeuteten, und als Feministin ist mir klar, welche Macht in Begriffen und Konzepten steckt. Bei der redaktionellen Bearbeitung von Publikationen wird bisweilen auch aus politischen Gründen um Formulierungen gerungen. Und selbst Erfahrungen mit Störaktionen bei Konferenzen und diffamierenden Rezensionen sind mir nicht fremd. Doch meine Worte faktisch zensuriert hatte in über 15 Jahren im universitär-akademischen Feld bislang noch niemand.

Da ich im Aufnahmestudio ohne schriftliches Manuskript frei gesprochen hatte, konnte ich mir keinen Reim darauf machen, welche konkrete Formulierung als der Öffentlichkeit dermaßen unzumutbar erachtet wurde, dass ich mich Wochen später von ihr nicht nur distanzieren, sondern ihrer Löschung zustimmen sollte. Also bat ich um die Zusendung der Transkription der als problematisch erachteten Passage.

Sprechverbote, Denkgebote

Es handelte sich um einen Satz, den ich so oder ähnlich schon unzählige Male verwendet und in dem meinen Vorträgen zugrunde liegenden Buch über epistemische Gewalt ausformuliert hatte (Brunner 2020, S. 39): Um den in der akademischen Fachdebatte gängigen Begriff der anhaltenden »Kolonialität« von jenem des historischen »Kolonialismus« abzugrenzen, verwies ich auch im Podcast auf den Historiker Robert Young. Er argumentiert, dass das politische System des Kolonialismus im Allgemeinen zwar als überwunden gelte, diese Lesart jedoch beispielsweise für Angehörige der First Nations in Nordamerika, für Sahrawis in der Westsahara oder für Palästinenser*innen in den von Israel besetzten Gebieten alles andere als plausibel sei (Young 2006, S. 3). Im Konjunktiv und als eines unter mehreren Beispielen hatte ich das vor allem im deutschsprachigen Raum scheinbar Unsagbare ausgesprochen: Israel und Kolonialismus.

Bereits vor dem 7. Oktober 2023 war es wenig opportun, faktisch Offensichtliches und analytisch Plausibles an- und auszusprechen, nämlich die völkerrechtswidrige Besatzung palästinensischer Gebiete. Bis dahin hätte ich mich als Autorin selbst für diese Feststellung rechtfertigen müssen – und können. Nunmehr meinte ausgerechnet die Redaktion eines multidisziplinären Wissenschaftspodcasts, die von ihnen selbst eingeladene – und gar nicht über Israel/Palästina sprechende – Vortragende aktiv zensurieren zu müssen, um nicht selbst die gefürchtetste aller Diskreditierungen auf sich zu ziehen: Antisemitismus.

Ich habe der Zensur nicht zugestimmt und mit offiziellen Dokumenten des Auswärtigen Amts und der Vereinten Nationen sowie mit einigen Verweisen auf die internationale akademische Fachdebatte geantwortet. Darin ist das vermeintliche Unwort »(Siedler-)Kolonialismus« ein analytischer Begriff, um den anhaltenden asymmetrischen Konflikt in Israel/Palästina angemessen zu verstehen.

Zwei Monate später wurde die Sendung schließlich doch noch – wie ich annehme, zähneknirschend – mit Verlinkung zu einem weiteren und diesbezüglich ambivalenzfreien Podcast veröffentlicht.

Unerwünschte Expertise

Massivere Auswirkungen hatte die zugespitzte »Begriffsverbotspolitik« in der Schweiz. Laurent Goetschel, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Basel und Direktor der Forschungseinrichtung »swisspeace«, hatte im vergangenen Herbst in einer Diskussionssendung des Schweizer Fernsehsenders SRF angemerkt, dass die seit Jahrzehnten im Raum stehende Zwei-Staaten-Lösung inzwischen wohl weder für Israel noch für die Palästinenser*innen eine realistische oder wünschenswerte Option sei. Daher wäre es doch angebracht, auch wieder über Modelle einer »Ein-Staaten-Lösung« nachzudenken, die in Forschung und Politik im Übrigen seit langem diskutiert wird. Alternativen zum Status quo zu debattieren halte ich für ein gutes Recht und auch eine sinnvolle Aufgabe der Wissenschaften, um systematisch Wege der Analyse und Transformation von territorialen Konflikten ausloten zu können.

Zu einem dieser Wege der Konfliktbearbeitung zählt die Beteiligung akademischer wie politischer Akteur*innen an Friedensprozessen vor allem auf nicht-öffentlichen diplomatischen Terrains. Um dies aus der Perspektive der neutralen Schweiz weiterhin gewährleisten zu können, ergänzte Goetschel, halte er auch nichts von der geforderten Einstufung der Hamas als terroristischer Organisation, mit deren Vertreter*innen dann nicht einmal gesprochen werden dürfe, und von deren Verbot in der Schweiz. Damit hatte der renommierte Friedensforscher offensichtlich gleich zwei rote Linien des nicht nur in Deutschland zur »Staatsräson« gewordenen, reflexartig pro-zionistischen öffentlichen Diskurses überschritten.

Es folgte eine mediale Schlammschlacht, und im Handumdrehen strich der Landrat des Kantons Basel-Landschaft die bereits vereinbarten Förderbeiträge an die von Goetschel geleitete schweizerische Friedensstiftung (Neue Zürcher Zeitung 2024).

(Un-)Freiheit der Lehre

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt übt sich derweilen die Leitung der Universität Wien in der Einschränkung der Freiheit von Wissenschaft und Lehre in Bezug auf eine multiperspektivische Betrachtung Palästinas und seiner Geschichte, Kultur und Gegenwart. So wurde der Professorin Birgit Englert, die mit ihrer Habilitation über eine an der Universität Wien erlangte Lehrbefugnis – und damit über das dort auch inhaltlich frei auszuübende Recht auf Lehre – verfügt, zu Beginn des Sommersemesters 2024 untersagt, eine Ringvorlesung zum Thema „Palästina in globalen Zusammenhängen. Über Mobilitäten, Solidaritäten und Erinnerungskulturen“ in der von ihr, gemeinsam mit ihrer Kollegin Maya Rinderer, geplanten Form abzuhalten (Statement 2024a). Bereits eine Woche nach Ankündigung im Lehrveranstaltungsverzeichnis hatten sich über 50 Studierende für die Ringvorlesung angemeldet, bei der elf weitere Kolleg*innen zum Thema sprechen sollten.

Über Nacht verschwand das schon online einsehbare Vortragsprogramm von der Website der Universität Wien. Ohne öffentliche Rechtfertigung wurde von der langjährigen Mitarbeiterin der Universität Wien verlangt, zwei palästinensische Vortragende sowie ihre jüdische Co-Organisatorin aufgrund ihrer Beziehung zum antizionistischen jüdischen Kollektiv »Judeobolschewiener*innen« auszuladen. Weiters wurde gefordert, die Zahl der Teilnehmenden im Sinne eines geschlossenen Formats zu reduzieren sowie die sorgfältig geplante Ringvorlesung in kürzester Zeit auf ein Lektüre-Format umzubauen – und somit eine (universitäts-)öffentliche Debatte zu verhindern.

Da sich die Organisatorinnen ebenso wie beteiligte Vortragende gegen diesen unerhörten Eingriff in die Freiheit der Lehre und die Ausladung ihrer Kolleg*innen aussprachen, wurde die Lehrveranstaltung tatsächlich abgesagt. Ebenso beunruhigend wie das autoritäre Vorgehen des Rektorats, exekutiert durch die Vizerektorin für Lehre, scheint mir das weitgehende öffentliche Stillschweigen im Umfeld der beteiligten Institute an der Philosophisch-Kulturwissenschaftlichen sowie der Fakultät für Sozialwissenschaften. Vielen schien es, so mein Eindruck, nur um den »Sonderfall Israel/Palästina« zu gehen, zu dem man sich derzeit nicht unbedingt äußern möchte, und nicht um den deutlich sichtbar werdenden grundlegenden Eingriff in die Freiheit von Wissenschaft und Lehre.

Kurze Zeit später ergriffen auch Student*innen der Universität Wien das Wort und formulierten ein Protestschreiben (Statement 2024b), in dem nicht nur das jüngste Geschehen am Institut für Afrikawissenschaften öffentlich kritisiert wurde. Auch die durch das Rektorat verhinderte öffentliche Vortragsreihe „Against the Present: Past and Future Perspectives on Palestine (Statement 2023), die Kolleg*innen vom Institut für Kultur- und Sozialanthropologie gemeinsam mit der Central European University (CEU) im vergangenen Wintersemester veranstalten wollten, wurde von den Student*innen aufgegriffen. Dem Institut war die Co-Organisation der mit etablierten internationalen Akademiker*innen besetzten Vortragsreihe und die Nutzung von Räumen der Universität Wien untersagt worden, und die Ankündigung – zeitgleich mit einem allgemeinen Statement zur Lage in Israel/Palästina – ebenfalls über Nacht von der Website genommen.

Die an der Organisation beteiligten Kolleg*innen und nunmehr alleinigen Gastgeber*innen an der CEU staunten nicht schlecht, war ihrer politisch unliebsamen Universität doch erst vor wenigen Jahren von Viktor Orbáns Regierung die Verlängerung der Akkreditierung in Ungarn verweigert worden, weshalb sie heute am Standort Wien tätig sind. Vorgestern Gender Studies und Asylpolitik, gestern Ukraine, heute Palästina. An welchem Thema wird sich die inzwischen eingeübte Kultur des Diskreditierens, Intervenierens und Zensurierens als nächstes manifestieren?

Opportunismus und Repression

Wer sich mit Israel/Palästina beschäftigt, weiß schon lange Bescheid über die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit in Zeiten des Krieges. Wenn selbst liberale und linke Stimmen sich als Sprachrohr des ultra-rechten israelischen Kriegskabinetts verstehen und Antisemitismusvorwürfe zur Waffe gegen dissidente Positionen gemacht werden – selbst gegen regierungskritische Israelis und anti-zionistische Juden und Jüdinnen in aller Welt –, wird (nicht nur) Friedensforschung und Friedenspolitik, die diesen Namen verdient, bewusst verunmöglicht. Aber auch wer in den letzten beiden Jahren beobachtet hat, wie selbst auf vermeintlich ergebnisoffenem und differenzierungskompetentem wissenschaftlichem Terrain über den Krieg in der Ukraine gesprochen werden kann, darf und soll, musste ähnliche Phänomene zur Kenntnis nehmen. Die Verengung der Diskursräume sowie die sich selbst an einzelnen Begriffen verdichtenden Sprechverbote und Denkgebote, die sich in immer drastischeren Formen auch im akademischen und universitären Feld in den liberalen Demokratien Deutschland, Österreich und der Schweiz breit machen, sind mehr als nur anlassbezogen beunruhigend.

Je weniger Widerspruch gegen autoritärer werdende (Diskurs-)Politiken wir artikulieren, und je vereinzelter wir uns dabei wähnen, umso wirksamer internalisieren wir die sich verschiebenden Grenzen des (Un-)Sagbaren in unseren Köpfen. Damit werden wir zu Gehilf*innen der vermeintlich alternativlosen Kriegslogik, der spätestens seit der Ausrufung der »Zeitenwende« selbst an Universitäten, Hochschulen und Akademien nicht nur unser Handeln, sondern auch unser Denken und Empfinden untergeordnet werden soll.

Das ebenso freche wie kluge Känguru von Marc-Uwe Kling würde angesichts dieser Entwicklungen wohl von „Opportunismus und Repression“ sprechen (Kling 2009, o. S.) – und sich mit seinen roten Boxhandschuhen an den Kopf greifen.

Anmerkung

1) Danke an Helmut Krieger und die genannten Kolleg*innen für den Austausch zu dieser Thematik.

Literatur

Brunner, C. (2023): Epistemische Gewalt. Die Vernichtung von Wissen. In: Hörsaal – der Wissenschaftspodcast, Deutschlandfunk Nova, 15.12.2023.

Brunner, C. (2020): Epistemische Gewalt. Wissen und Herrschaft in der kolonialen Moderne. Bielefeld: transcript.

Goetschel, L. (im Interview mit Häsler, G.) (2024): Das kommt einem politischen Maulkorb für die Wissenschaft gleich. Neue Zürcher Zeitung, 4.1.2024.

Kling, M.-U. (2009): Die Känguru-Chroniken. Berlin: Ullstein.

Pappé, I. (2011): Wissenschaft als Herrschaftsdienst. Der Kampf und die akademische Freiheit in ­Israel. Hamburg: Laika.

Statement (2023): Letter in Protest of University of Vienna‘s Cancellation of Events on Palestine and Further Censorship. Online abrufbar unter: is.gd/letter_in_protest_vienna_2023.

Statement (2024a): Statement in Protest of the Removal of the »Palestine in Global Contexts« Lecture Course at the University of Vienna. Online abrufbar unter: afrika.univie.ac.at/ueber-uns/rassismuskritische-ag/proteste.

Statement (2024b): Petition zur Beendigung von Zensuren an der Universität und Wiedereinstellung von Kursen über Palästina in unseren Lehrgängen. Online abrufbar unter: is.gd/­petition_lectures_palestine.

Young, R. (2006): Postcolonialism. An Historical Introduction. Malden/Oxford/Carlton: Blackwell.

Claudia Brunner ist Professorin am Zentrum für Friedensforschung und Friedensbildung, Institut für Erziehungswissenschaften und Bildungsforschung, Universität Klagenfurt. Zu Person und Arbeitsschwerpunkten siehe www.epistemicviolence.info.

Vage und tendenziös


Vage und tendenziös

Die IHRA-Arbeitsdefinition Antisemitismus

von Peter Ullrich

Die »Arbeitsdefinition Antisemitismus« der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) ist eine institutionelle Erfolgsgeschichte. Seit 2016 wurde sie von vielen Staaten, internationalen Organisationen und hierzulande auch vom Bundestag, mehreren Bundesländern und großen Kommunen angenommen. Auch verschiedene Institutionen und zivilgesellschaftliche Organisationen haben die Definition übernommen. Doch bleibt die Definition weiter umstritten, zum Teil wegen massiver inhaltlicher und logischer Schwächen, besonders jedoch aufgrund ihrer politischen Implikationen. Insbesondere Kritiker*innen der israelischen Besatzung und Unterstützer*innen der Palästinenser*innen nehmen sie als einseitige Parteinahme im Nahostkonflikt wahr.

Mit der »Arbeitsdefinition Antisemitismus« sollte ein Instrument für die notwendige Erfassung und Bekämpfung von Antisemitismus vorgelegt werden (vgl. Kasten S. 42). In einem Handlungsfeld, das durch hochgradige begriffliche Verunsicherung gekennzeichnet ist (vgl. Kohlstruck und Ullrich 2015; Kohlstruck 2020), verspricht die Definition als praktische Arbeitsgrundlage Orientierung. Tatsächlich stellt die »Arbeitsdefinition« mit ihrer konkreten, ohne Fachterminologie auskommenden Sprache sowie mit überwiegend anschaulichen Beispielen für typische antisemitische Sprache und Handlungen inzwischen eine Grundlage für die Arbeit verschiedener Nutzergruppen dar. Mit der Aufnahme bis dato nur wenig beleuchteter (israelbezogener) Aspekte von Antisemitismus erfolgte eine zum Zeitpunkt der ursprünglichen Formulierung der Definition notwendige Aktualisierung der Diskussion (Anfang der 2000er Jahre im Rahmen der EU und der OSZE). Die Definition und der Prozess ihrer Etablierung waren auch eine Reaktion auf die Welle antijüdischer Gewalt in verschiedenen Ländern Westeuropas, die sich nahostpolitisch zu legitimieren versuchte.

Eine vage Definition…

Eine nähere Untersuchung des Textes fördert gravierende Mängel zutage. Er erfüllt die basalen Anforderungen guten Definierens – eine klare und logische Bestimmung und Abgrenzung des zu Definierenden – nicht. Insbesondere durch »kann«-Formulierungen, Worthülsen („bestimmte Wahrnehmung“, die allerdings unbestimmt bleibt) und die Substitution von Bestimmungen durch Beispiele, deren Funktion aber kaum geklärt wird, ist sie äußerst vage. Die Kerndefinition ist zudem reduktionistisch. Sie hebt einige antisemitische Phänomene und Analyseebenen hervor (besonders negative Emotionen und Gewalt), spart aber andere wesentliche weitgehend aus. Dies gilt insbesondere für ideologische und diskursive Aspekte, beispielsweise den Antisemitismus als verschwörungstheoretisches Weltbild. In der Konsequenz ihrer Konzeptualisierung von Antisemitismus als emotionales und kognitives Phänomen („Wahrnehmung“) finden auch organisations­soziologische Aspekte wie die Mobilisierung in Be­wegungen und Parteien sowie deren Niederschlag in diskriminierenden institutionellen Regelungen und Praktiken nur knappe bis keine Erwähnung, ebensowenig die religiösen Dimensionen des Antisemitismus.

In der Gesamtschau verbleiben drei zentrale Aspekte äußerst vage: Als was Antisemitismus im Kern verstanden wird, welche Phänomene als antisemitisch zu betrachten sind und gegen wen genau diese sich richten. Diese Unschärfe resultiert u.a. aus missverständlichen bzw. widersprüchlichen Objektbestimmungen. Zum Beispiel wird nicht erläutert, inwiefern sich Antisemitismus gegen „jüdische und nicht-jüdische Personen“ richtet (üblich und in der Forschung verbreiteter wäre hier die Formulierung »gegen Personen als Juden«, z.B. bei falschen Zuschreibungen der Zugehörigkeit zum Judentum). Vor allem irritiert ein widersprüchliches sprachliches Alternieren des Definitionstextes zwischen zwingenden und nicht zwingenden Bestimmungen sowie zwischen Aussagen über Wesen und Erscheinungsformen des zu definierenden Begriffs. Diese Unschärfe alleine sollte reichen, den im Namen der »Arbeitsdefinition« anklingenden Auftrag der Weiterentwicklung und Schärfung ernst und von ihrer Verwendung im jetzigen Zustand Abstand zu nehmen. Befürworter*innen wie Kritiker*innen der Definition nehmen diese Probleme zur Kenntnis, doch die Intensität der Debatte um den Gegenstand1 resultiert weniger aus einem breiten gesellschaftlichen Interesse an wissenschaftlichen Gütekriterien und einem darin wurzelnden Ringen um begriffliche Klarheit, sondern aus den Implikationen der Definition und ihrer zunehmenden Verbreitung in der Debatte um den israelisch-palästinensischen Konflikt.

… im Streit um den Nahostkonflikt

Nachvollziehbar aus ihrem Entstehungskontext und zugleich angetrieben von konservativeren nahostpolitischen Interessengruppen legt die Definition großes Augenmerk auf israelbezogenen Antisemitismus. Kenneth Stern, der wichtigste Autor der Definition und aktuell einer der größten Kritiker ihrer missbräuchlichen Verwendung als politisches Zensurinstrument, verweist jedoch noch auf einen anderen wichtigen Hintergrund: Es ging zumindest ihm darum, die falsche Gleichsetzung von Zionismus und Rassismus, die 1975 bis 1991 Beschlusslage der Vereinten Nationen war und mit der UN-Konferenz gegen Rassismus in Durban 2001 neuen Aufwind bekommen hatte, offensiv anzugehen (Stern 2020, S. 153ff.).

Doch was immer damals die entscheidenden Beweggründe waren oder bei der heutigen Propagierung der Definition sein mögen – klar ist, dass die Fokussierung auf nahostkonflikt- oder israelbezogenen Antisemitismus in den Erläuterungen und in sieben der elf Beispiele einen Grundtenor vorgeben. Sie suggerieren, vor allem hier würde Antisemitismus auftreten (während bspw. Antisemitismus von evangelikalen Christ*innen oder der extremen Rechten kaum oder nur sehr knapp vertieft wird). Dabei werden Beispiele, die als solche klare Instanzen von Antisemitismus sind (bspw. Jüdinnen und Juden kollektiv für die israelische Politik in Haftung zu nehmen), mit solchen vermengt, die nicht zwingend antisemitisch sind und angesichts der Mehrdeutigkeiten des Beschriebenen nicht ohne weitere Kontextinformationen als antisemitisch klassifiziert werden können. Antisemitismus tritt nämlich häufig in komplexen, sich überlagernden Konfliktkonstellationen auf, bei denen eine Zuordnung zu einem spezifischen Problemkreis, wie Antisemitismus, oft nicht einfach möglich ist. Ein Beispiel ist das Kriterium der Anwendung »doppelter Standards« bei der Kritik an Israel. Sie sind als solche keinesfalls hinreichendes Kriterium, um eine antisemitische Fokussierung auf Israel von einer solchen zu unterscheiden, die mit den Spezifika israelischer Politik, ihrer weltpolitischen Bedeutung oder persönlicher Betroffenheit zusammenhängen. Doppelte Standards sind quasi universales Kennzeichen von stark involvierten Akteur*innen in antagonistischen Konflikten. Ähnliches gilt für das Beispiel der Aberkennung des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung und „die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen“. Diese Positionierung würden womöglich auch rechte israelfeindliche Antisemit*innen einnehmen können, aber auch ganz andere Motivationen können für solche Positionen maßgeblich sein. Das Beispiel, als bloßes Kriterium missverstanden und (anders als es der Text des Dokuments fordert) ohne weiteren Kontext interpretiert, würde radikale postzionistische, bi- und antinationale oder anarchistische Kritiken an Israel per se unter Antisemitismusverdacht stellen.

Was das bedeutet, erfahren nicht nur vermeintlich feindliche Kritiker*innen Israels von »außen«, sondern immer ­wieder auch progressive Jüd*innen innerhalb und außerhalb des Landes, die als Verräter*innen, selbsthassende Jüd*innen, oder gar als „Kapos“ beschimpft werden (vgl. bspw. Stern 2020, S. 168ff.). Ein aktuelles Beispiel aus dem deutschen Kontext ist die Diffamierung der »School for Unlearning Zionism«. Dieses künstlerische Projekt jüdischer Israelis an der Weißensee Kunsthochschule Berlin diente der kritischen Auseinandersetzung mit dem dominanten zionistischen Geschichtsnarrativ. Massive Angriffe in der deutschen und internationalen Öffentlichkeit mit dem Vorwurf der Nähe zur BDS-Bewegung (»Boykott, Divestment, Sanctions«) und damit des Antisemitismus führten zur zeitweiligen Schließung der Webseite und der öffentlichen Distanzierung der Hochschule.2 Man muss die radikal-kritische Sicht dieses Projektes auf den Staat Israel nicht teilen, um anzuerkennen, dass eine solche Dekonstruktion erstens als Teil eines kritischen demokratischen Diskurses diskutierbar sein muss und zweitens nicht ein Phänomen von »Feindschaft gegen Juden als Juden« ist – denn das wäre Antisemitismus.

Fazit

Diese Darstellungen verdeutlichen, dass die in den Erläuterungen der Definition selbst aufgestellte Maßgabe, immer den übergeordneten Kontext einer Aussage oder Handlung zu beachten, in ihrer Anwendungspraxis allzu oft ignoriert wird. Die »Arbeitsdefinition« begünstigt eine unangemessene und fehleranfällige Anwendungspraxis. In ihrer Unschärfe führt sie zu Einschätzungen von Sachverhalten, die gerade nicht auf klaren Kriterien basieren (die eine Definition eigentlich bereitstellen sollte), sondern eher auf Vorverständnissen derer, die sie anwenden, oder auf unreflektiert übernommenen Deutungsschablonen aus der öffentlichen Debatte. Die Anwendung der »Arbeitsdefinition« simuliert nur kriteriengeleitetes, objektives Beurteilen. Die Definition stellt prozedurale (Schein-)Legitimität für Entscheidungen zur Verfügung, die faktisch auf der Grundlage anderer, implizit bleibender Kriterien getroffen werden, welche weder in der Definition noch in den Beispielen festgelegt sind.

Die Schwächen der »Arbeitsdefinition« sind das Einfallstor für ihre politische Instrumentalisierung, etwa um gegnerische Positionen im Nahostkonflikt durch den Vorwurf des Antisemitismus moralisch zu diskreditieren. Die zunehmende Implementierung der »Arbeitsdefinition« mit quasi-rechtlicher Geltung (vgl. Gould 2018), beispielsweise als Grundlage von Verwaltungshandeln, hat relevante grundrechtliche Implikationen. Sie schafft für Politik und Verwaltung die Fiktion von Orientierung (und bietet zugleich die Gelegenheit, Aktivität im Kampf gegen Antisemitismus symbolisch zur Schau zu stellen). Stattdessen lädt sie als Instrument faktisch geradezu zu Willkür ein. Ein solches Instrument kann im extremen Fall genutzt werden, um Grundrechte, insbesondere die Meinungsfreiheit, in Bezug auf missliebige israelbezogene Positionen zu beschneiden. Wie weit diese Einschnitte gehen können, verdeutlichen auch internationale Entwicklungen, wie ein aktueller Vorstoß des britischen Bildungsministers, der Universitäten Budgetkürzungen androhte, sollten diese die »Arbeitsdefinition Antisemitismus« nicht implementieren (vgl. Adams 2020).

Der Versuch, mittels der »Arbeitsdefinition Antisemitismus« eine allgemeingültige begriffliche Klärung herbeizuführen und die universelle Einsetzbarkeit einer solchen Definition zu garantieren, muss insgesamt als gescheitert angesehen werden. Vor allem aufgrund ihrer handwerklichen Schwächen, ihrer defizitären Anwendungspraxis, ihres trotz gegenteiliger Behauptung („nicht rechtsverbindlich“) zudem in verschiedenen Bereichen doch verbindlichen rechtlichen Status und ihrer politischen Instrumentalisierbarkeit mit problematischen Implikationen für die Meinungsfreiheit, kann die Verwendung der »Arbeitsdefinition Antisemitismus« nicht empfohlen werden.

Wie die Entstehungsgeschichte der »Arbeitsdefinition Antisemitismus« und ihre weite Verbreitung deutlich machen, gibt es – auch angesichts einer weiter bestehenden realen Bedrohung durch gegenwärtigen Antisemitismus, nicht zuletzt antisemitische Gewalt, Enthemmung in den sozialen Medien und, ganz aktuell sichtbar, in der Selbsstilisierung der Coronaleugner*innen mit Judensternen – einen großen Bedarf nach in der Praxis anwendbaren Kriterien zur Identifikation antisemitischer Phänomene. Folglich ist die Entwicklung von klaren und kontextspezifischen Instrumenten für die Praxis dringend zu empfehlen. Dazu laufen derzeit verschiedene Initiativen auf nationaler und internationaler Ebene. Hoffentlich werden diese mehr zur Öffnung der sich aktuell eher schließenden Debattenräume um das vertrackte Spannungsfeld »Nahostkonflikt und Antisemitismus« beitragen.

Dieser Artikel fußt auf einem Gutachten des Autors für die Rosa-Luxemburg-Stiftung und medico international (Ullrich 2019) und stellt dessen wichtigste Ergebnisse komprimiert vor.

»Arbeitsdefinition Antisemitismus« der IHRA (2016)

Am 26. Mai 2016, entschied das Plenum in Bukarest die folgende nicht rechtsverbindlichte Arbeitsdefinition von Antisemitismus anzunehmen:

„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“

Um die IHRA bei ihrer Arbeit zu leiten, können die folgenden Beispiele zur Veranschaulichung dienen:

Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden. Antisemitismus umfasst oft die Anschuldigung, die Juden betrieben eine gegen die Menschheit gerichtete Verschwörung und seien dafür verantwortlich, dass „die Dinge nicht richtig laufen“. Der Antisemitismus manifestiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in anderen Handlungsformen, er benutzt unheilvolle Stereotype und unterstellt negative Charakterzüge.

Aktuelle Beispiele von Antisemitismus im öffentlichen Leben, in den Medien, Schulen, am Arbeitsplatz und in der religiösen Sphäre können unter Berücksichtigung des Gesamtkontexts folgendes Verhalten einschließen, ohne darauf beschränkt zu sein:

  • Der Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Jüdinnen und Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung sowie die Beihilfe zu solchen Taten oder ihre Rechtfertigung.
  • Falsche, entmenschlichende, dämonisierende oder stereotype Anschuldigungen gegen Jüdinnen und Juden oder die Macht der Jüdinnen und Juden als Kollektiv – insbesondere aber nicht ausschließlich die Mythen über eine jüdische Weltverschwörung oder über die Kontrolle der Medien, Wirtschaft, Regierung oder anderer gesellschaftlicher Institutionen durch die Jüdinnen und Juden.
  • Das Verantwortlichmachen der Jüdinnen und Juden als Volk für tatsächliches oder unterstelltes Fehlverhalten einzelner Jüdinnen und Juden, einzelner jüdischer Gruppen oder sogar von Nichtjüdinnen und Nichtjuden.
  • Das Bestreiten der Tatsache, des Ausmaßes, der Mechanismen (z.B. der Gaskammern) oder der Vorsätzlichkeit des Völkermordes an den Jüdinnen und Juden durch das nationalsozialistische Deutschland und seine Unterstützer und Komplizen während des Zweiten Weltkrieges (Holocaust).
  • Der Vorwurf gegenüber den Jüdinnen und Juden als Volk oder dem Staat Israel, den Holocaust zu erfinden oder übertrieben darzustellen.
  • Der Vorwurf gegenüber Jüdinnen und Juden, sie fühlten sich dem Staat Israel oder angeblich bestehenden weltweiten jüdischen Interessen stärker verpflichtet als den Interessen ihrer jeweiligen Heimatländer.
  • Das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.
  • Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet oder gefordert wird.
  • Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.
  • Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.

Das kollektive Verantwortlichmachen von Jüdinnen und Juden für Handlungen des Staates Israel.

Antisemitische Taten sind Straftaten, wenn sie als solche vom Gesetz bestimmt sind (z.B. in einigen Ländern die Leugnung des Holocausts oder die Verbreitung antisemitischer Materialien).

Straftaten sind antisemitisch, wenn die Angriffsziele, seien es Personen oder Sachen – wie Gebäude, Schulen, Gebetsräume und Friedhöfe – deshalb ausgewählt werden, weil sie jüdisch sind, als solche wahrgenommen oder mit Jüdinnen und Juden in Verbindung gebracht werden.

Antisemitische Diskriminierung besteht darin, dass Jüdinnen und Juden Möglichkeiten oder Leistungen vorenthalten werden, die anderen Menschen zur Verfügung stehen. Eine solche Diskriminierung ist in vielen Ländern verboten.

Anmerkungen

1) Vgl. dazu auch den klugen Text von Brian Klug (2018), der neben grundlegenden Fragen vor allem die Diskussion im Vereinigten Königreich im Blick hat.

2) Für weitere aktuelle Fälle der Beschneidung von Meinungsfreiheit in der Nahostdiskussion durch überzogene und falsche Antisemitismusvorwürfe, meist auf Basis von auf die Arbeitsdefinition gestützten Vorwürfen der Nähe zu oder der Unterstützung der BDS-Kampagne, vgl. die Beiträge in Benz (2020) und Hanloser (2020).

Literatur

Adams, R. (2020): Williamson accuses English universities of ignoring antisemitism. The Guardian, 9.10.2020.

Benz, W. (2020): Streitfall Antisemitismus. Anspruch auf Deutungsmacht und politische Interessen. Berlin: Metropol Verlag.

Gould, R.R. (2018): Legal Form and Legal Legitimacy. The IHRA Definition of Antisemitism as a Case Study in Censored Speech. Law, Culture and the Humanities, S. 1-34.

Hanloser, G. (Hrsg.) (2020): Linker Antisemitismus? Kritik & Utopie. Wien: Mandelbaum.

International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) (2016): Arbeitsdefinition von Antisemitismus. Bukarest.

Klug, B. (2018): The left and the Jews. Labour’s summer of discontent. Jewish Quarterly, 29.10.2018.

Kohlstruck, M. (2020): Zur öffentlichen Thematisierung von Antisemitismus. In: Benz, W. (Hrsg.): Streitfall Antisemitismus. Anspruch auf Deutungsmacht und politische Interessen. Berlin: Metropol, S. 119-148.

Kohlstruck, M.; Ullrich, P. (2015): Antisemitismus als Problem und Symbol. Phänomene und Interventionen in Berlin. Berliner Forum Gewaltprävention 52. Berlin.

Stern, K. S. (2020):. The Conflict over the Conflict. The Israel/Palestine Campus Debate. Toronto: New Jewish Press.

Ullrich, P. (2019): Gutachten zur „Arbeitsdefinition Antisemitismus“ der International Holocaust Remembrance Alliance. Herausgegeben von der Rosa Luxemburg Stiftung. Bd. 2/2019. Papers. Berlin: Rosa Luxemburg Stiftung.

Dr. phil. Dr. rer. med. Peter Ullrich ist Soziologe und Kulturwissenschaftler, Senior Researcher am Zentrum Technik und Gesellschaft sowie Fellow am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin.

Stellungnahme von W&F

Stellungnahme von W&F

von Redaktion und W&F-Vorstand

Zur Vergabe des Göttinger Friedenspreises an die »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.« nahm W&F am 22. Februar 2019 wie folgt öffentlich Stellung.

Redaktion und Vorstand der Quartalszeitschrift »Wissenschaft und Frieden« (W&F), ausgezeichnet mit dem Göttinger Friedenspreis 2018, sind bestürzt über den Umgang mit dem designierten Preisträger 2019, dem Verein »Jüdische Stimmte für gerechten Frieden in Nahost e.V.«. Aus unserer Sicht gibt es keine stichhaltigen Belege für die Antisemitismusvorwürfe gegen diese Organisation von Jüdinnen und Juden in Deutschland, wie sie etwa vom Zentralrat der Juden in Deutschland nahe gelegt werden. Um die verdienstvolle Arbeit der »Jüdischen Stimme« zu diskreditieren, wird auf punktuelle
Verbindungen mit der BDS-Bewegung verwiesen, die israelischen Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten entgegentritt.

W&F unterstützt die BDS-Bewegung nicht, hält damit verbundene Antisemitismusvorwürfe gegen die »Jüdische Stimme« jedoch für unangebracht. Wir stimmen hier überein mit Stellungnahmen internationaler jüdischer Intellektueller, die die Vorwürfe zurückweisen und sich für die freie Meinungsäußerung gegen die Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung wenden.

Frieden in Israel und Palästina wird nicht durch Aufrüstung und Besatzung geschaffen, sondern durch Friedensengagement, Verständigung, Versöhnung und den Einsatz für Menschenrechte aller Akteure in der Region. Die »Jüdische Stimme« streitet für einen gerechten Frieden zwischen Palästina und Israel auf der Basis des internationalen Rechts und ist deshalb eine entschiedene Gegnerin der israelischen Besatzungspolitik. Sie ist sich in dieser Position einig mit den Friedensbewegungen in Israel und Palästina. Und sie hat sich seit ihrer Gründung eindeutig von Antisemitismus abgegrenzt.

Ungerechtfertigte Antisemitismusvorwürfe führen nicht nur zu Rissen in der jüdischen Gemeinschaft, sondern auch innerhalb der deutschen Zivilgesellschaft. Sie schwächen die Bekämpfung rechtsextremer Kräfte, die sich den gezielten Antisemitismus und die Diskriminierung von Minderheiten auf die Fahnen geschrieben haben.

Daher ist es problematisch, für die Preisverleihung an die »Jüdische Stimme« Räumlichkeiten, finanzielle Zuschüsse und sonstige Unterstützung zu entziehen, was praktisch einem Boykott einer jüdischen Organisation durch deutsche Institutionen gleichkommt. W&F bittet die beteiligten Institutionen und Personen, die verfügbaren Fakten über den Verein »Jüdische Stimme« zu rezipieren und ihre Haltung zu den Vorwürfen zu überprüfen. Nur in einer sachlichen und fairen Debatte ist es möglich, die eigenen Positionen frei von Ängsten und Vorurteilen zu überprüfen und ggf. zu revidieren.

Genau dafür setzt sich die »Jüdische Stimme« ein und verdient daher unsere volle Unterstützung.

Im Namen von Redaktion und Vorstand von W&F
Regina Hagen, Redaktion und Anne Bieschke, Vorstand

Die Fakten dominieren


Die Fakten dominieren

Göttinger Friedenspreis 2019 für die »Jüdische Stimme«, 9. März 2019, Göttingen

von Regina Hagen

Im März 2019 wurde von der Stiftung Dr. Roland Röhl zum 21. Mal der Göttinger Friedenspreis verliehen. Preisträgerin ist die »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.«. Die Organisation wurde ausgezeichnet für ihr unermüdliches Engagement, eine gerechte Friedenslösung zwischen zwei souveränen Nachbarstaaten, zwischen Israelis und PalästinenserInnen, anstreben und erreichen zu können“ (aus der Jury-Entscheidung). Die Preisvergabe wurde von diversen Seiten allerdings mit dem Vorwurf kritisiert, die »Jüdische Stimme« müsse aufgrund ihrer Nähe zur BDS-Bewegung als antisemitisch eingestuft und die Preisverleihung daher abgesagt werden. Die Universität, die Stadt und die Sparkasse Göttingen zogen daraufhin ihre Unterstützung zurück. Die Preisvergabe fand in einem vollen, kurzfristig von privater Seite zur Verfügung gestellten Raum und in festlichem Rahmen dennoch statt.

Entscheidung und Begründung der Jury (Auszüge)

Die Jury hat entschieden, den Göttinger Friedenspreis 2019 an die Organisation »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.« zu verleihen …

… für ihr unermüdliches Engagement, eine gerechte Friedenslösung zwischen zwei souveränen Nachbarstaaten, zwischen Israelis und PalästinenserInnen, anstreben und erreichen zu können. In Zeiten, in denen für immer weniger Menschen eine solche Friedenslösung überhaupt vorstellbar ist, dominieren die Fakten, die durch die seit über 40 Jahren andauernde völkerrechtswidrige Besatzung und zunehmende Besiedelung palästinensischer Gebiete geschaffen wurden. Menschen und Initiativen jedoch, die sich für eine gerechte Friedenslösung einsetzen, werden in Deutschland zunehmend als antisemitisch bzw. antiisraelisch diffamiert, ihre öffentlichen Auftritte werden verboten und ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit wird verletzt. […]

Die »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« möchte darauf hinwirken, dass die Bundesregierung ihr außenpolitisches und ökonomisches Gewicht in der Europäischen Union, in den Vereinten Nationen sowie in Nahost nachdrücklich und unmissverständlich dafür einsetzt, einen lebensfähigen, souveränen Staat Palästina auf integriertem Hoheitsgebiet und innerhalb sicherer Grenzen zu schaffen und sich damit aktiv an der Verwirklichung eines dauerhaften und für beide Nationen lebensfähigen Friedens zu beteiligen. […]

Laudatio von Nirit Sommerfeld, deutsch-israelische Künstlerin

[…] Menschen erkennt man an ihren Taten, ihren Handlungen, hat Hannah Arendt gesagt. Handeln und sprechen – Tätigkeiten, die im öffentlichen Raum stattfinden – gehören laut Hannah Arendt zusammen, und wenn Menschen sich sprechend und handelnd in die Welt einschalten, sagt sie, dann offenbaren sie, wer sie sind. Lassen Sie uns also gemeinsam sehen und vor allem hören, was die »Jüdische Stimme« öffentlich und in der Welt zu sagen hat.

Im Jahre 2003 wählte eine Gruppe von in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden den schicksalhaften 9. November zum Gründungstag einer neuen Organisation. […] Der 9. November war […] nicht zufällig gewählt. Der 9. November 1938, die Reichspogromnacht, ist für immer in unser Gedächtnis eingebrannt und mahnt uns, die Zeichen von Ausgrenzung, Erniedrigung und Entrechtung von jüdischen Menschen in Deutschland niemals zu vergessen. Am 9. November 1938 wurde aller Welt, zumindest in Deutschland, klar, dass der systematischen und massenhaften Vernichtung von Jüdinnen und Juden Tür und Tor geöffnet wurde, indem sie endgültig ihrer Selbstbestimmung beraubt wurden.

Es darf daher symbolisch verstanden werden, dass die kleine Gruppe von Frauen und Männern der »Jüdischen Stimme« ausgerechnet den 9. November 65 Jahre später wählte, um sich ihr Recht auf Selbstbestimmung als Jüdinnen und Juden hier in Deutschland zurückzuholen. Sie unterschrieben zu zehnt – auch diese Zahl war nicht zufällig gewählt – ein Papier, in dem sie ihr Selbstverständnis als Jüdinnen und Juden ausdrückten, ein Selbstverständnis, das sich aus dem selbst Erlebten in der jüdischen Erfahrungswelt hierzulande und in Israel speist. Die Zahl zehn steht für den Minjan, also die Mindestanzahl an mündigen Menschen, die nach jüdischer Lehre anwesend sein müssen, um einen vollständigen Gottesdienst abhalten zu können. […]

In [ihrem] Manifest distanziert sich die »Jüdische Stimme« eindeutig von jeder Form von Gewalt, von Antisemitismus, Anti-Islamismus und jeder anderen Form von Rassismus. Zum Existenzrecht des Staates Israel schreibt sie, es werde „ […]erst dann zur unangefochtenen und nicht gefährdeten Selbstverständlichkeit werden, wenn seine Regierung versteht, dass dasselbe Existenzrecht und ein Leben in Frieden und Würde auch für den benachbarten palästinensischen Staat und seine Bevölkerung unverzichtbar sind.“

Zuvor gab es keine jüdische Organisation in Deutschland, die vergleichbar gewesen wäre und als Vorbild hätte dienen können. […]

Was also tut die »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost«?

Nu – sie spricht!

Na gut, erst einmal schreibt sie. Sie verfasst Texte, die sie auf ihrer Website veröffentlicht. Damit trägt sie dazu bei, dass mehr Informationen über die Besatzungsrealität in die deutsche Öffentlichkeit gelangen. […] Neben den Originaltexten, die sie verfasst – und zwar aktiv, also nicht immer nur als Reaktion auf etwas, das gerade passiert ist – organisiert sie öffentliche Aktionen. Bereits 2006 sorgte sie jeden Freitag für Demonstrationen am Hacke’schen Markt in Berlin, parallel zu den Demonstrationen gegen die Trennmauer im palästinensischen Städtchen Bil’in. Dort marschieren seit Jahren Freitag für Freitag Palästinenser*innen an die nahe gelegene Sperrmauer, singen Lieder, skandieren „Schluss mit der Besatzung“ und werden von israelischen Soldaten von jenseits der Mauer mit Tränengas und Gummigeschossen beworfen.

Die »Jüdische Stimme« will, dass man in Deutschland davon erfährt. Darum redet sie Tacheles über das, was zwischen Mittelmeer und Jordan passiert. Und wenn es eine Demonstration gegen Antisemitismus gibt, dann beteiligt sich die Jüdische Stimme« und setzt dezidiert ein Zeichen: gegen jede Form von Antisemitismus, so wie sie es in ihrem Selbstverständnis manifestiert hat – Sie können das auf ihrer Website nachlesen -: „Positionen, hinter denen sich antisemitische Einstellungen verbergen, sind mit dem Anliegen der Jüdischen Stimme unvereinbar.“ […]

Die Jüdische Stimme war ihrer Zeit voraus; sie erkannte die Zeichen der Zeit bereits vor über 16 Jahren, darum rief sie damals schon laut und deutlich: „Nicht in unserem Namen!“. Natürlich vertritt auch sie nicht alle Jüdinnen und Juden! Jüdinnen und Juden – das mag Sie überraschen – sind keine homogene Gemeinschaft, weder religiös noch ethnisch! Weder in Israel noch in Deutschland. […] Es eint sie, dass jede*r von ihnen eine jüdische Mutter hat und dass sie die jüngste Geschichte des Judentums kennen. Vor diesem Hintergrund ist es unbegreiflich und unverantwortlich vom Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland Josef Schuster, der »Jüdischen Stimme« in Zusammenhang mit der Verleihung des Göttinger Friedenspreises Antisemitismus vorzuwerfen – ganz gleich in welcher Form und in welchem Wortlaut er dies getan hat. Er hat nicht darüber zu bestimmen, wer Jude und noch dazu ein guter Jude ist. Das haben schon vor ihm andere getan, aber das werden wir nie wieder zulassen. Jüdisch ist, wer eine jüdische Mutter hat. Punkt. Da haben nicht einmal wir Juden selbst eine Wahl.

Die Aussagen des Zentralratspräsidenten haben zur Folge, dass das Ungeheuerliche passiert: Deutsche zeigen mit dem Finger auf Juden und bezichtigen sie des Antisemitismus! Wie absurd, wie anmaßend, im Jahre 2019! Diese Deutschen sind Kinder und Enkel der Täter, und sie sprechen zu Juden, deren Eltern oder Großeltern Naziopfer waren!

Seit es den Göttinger Friedenspreis gibt, findet der Festakt der Verleihung in der Aula der altehrwürdigen Georg-August-­Universität statt, gekrönt von einem anschließenden Empfang der Stadt Göttingen und mitfinanziert von der örtlichen Sparkasse. Bekanntlich haben der Oberbürgermeister, die Universitätspräsidentin und der Vertreter der örtlichen Sparkasse ihre Teilnahme zurückgezogen, um die Neutralität zu wahren“. Die Uni-Präsidentin schrieb mir noch, sie werbe für Verständnis für ihre Entscheidung, schließlich vertrete sie eine große Einrichtung, in der sich Menschen beider Seiten der Kontroverse befänden. „Die Zurverfügungstellung der Aula würde für die Universitätsleitung eine einseitige Parteinahme darstellen.“ Wie unfassbar! Was für eine Schande! sage ich da. […] Die Wahrheit ist: Es gibt keine Neutralität, wenn Menschen – in diesem Fall die Mitglieder der »Jüdische Stimme« – verleumdet und ausgegrenzt werden. […]

Die Verbrechen der Nazis sind unentschuldbar und dürfen nie vergessen werden. Im Gegenteil: Sie müssen uns ermahnen, wachsam zu sein und nie, nie, nie wieder Ausgrenzung, Rassismus, Unterdrückung und all die schrecklichen Folgen davon hinzunehmen. Damit ziehe ich ausdrücklich keinen historischen Vergleich! Er wäre unzulässig und falsch. Dass Jüdinnen und Juden von der »Jüdischen Stimme« sich so vehement für Menschenrechte in Israel und Palästina einsetzen, ist gerade wegen dieser Assoziationen extrem schmerzlich. Können Sie sich vorstellen, wie es sich anfühlt, als Nestbeschmutzer, als selbsthassende Juden, als Verräter beschimpft zu werden? Einige konnten diesem Druck aus ihrem eigenen Umfeld nicht standhalten. Alle anderen ertragen ihn, weil sie jüdischen Werten und Menschenrechten verpflichtet sind. Das hat Konsequenzen, wenn man es ernst meint. Diese Menschen tun ihre Arbeit vielleicht mit Zorn und Wut, aber sie tun sie, weil sie sie qua ihrer Existenz tun müssen. Nicht, weil es so Spaß macht, sich in dieses Spannungsfeld und in die Gefahr der neuerlichen Ausgrenzung zu begeben. […]

Der »Jüdischen Stimme« wünsche ich für ihr weiteres Wirken den Mut, die Kraft und das Widerstandsvermögen, das sie bisher schon ausgezeichnet hat, und dass die Unterstützung anhält, die ihr gerade in den letzten Wochen zuteil wurde. Ihnen und uns allen wünsche ich, dass wir uns anstecken lassen von dem ungebrochenen Friedenswillen, den die »Jüdische Stimme« uns vorlebt, auch wenn wir hin und wieder einen hohen Preis dafür bezahlen müssen. Den Kritikern wünsche ich, dass sie den Worten, Rufen und Warnungen, auch den Erklärungen, Argumenten und Vorschlägen der »Jüdischen Stimme« einfach mal zuhören. Ich bin überzeugt, dass der Klang dieser Töne ihr Herz und ihren Verstand öffnen wird und es Wege zu einem friedlichen Miteinander gibt – hier in Göttingen, in Deutschland und auch in Israel und Palästina. Wenn wir es alle wollen, ist es kein Traum.

Rede der Preisträgerin Iris Hefets, Vorsitzende der »Jüdischen Stimme«

[…] Es ist eine große Ehre, einen Friedenspreis zu erhalten, und eine noch größere, in die ehrwürdige Liste der Träger des Göttinger Friedenspreises aufgenommen zu werden.

Nach diesen turbulenten Tagen sage ich dazu auch: Es ist eine große Errungenschaft. Wir sind wahrscheinlich der einzige Preisträger, der sich bei der Benachrichtigung über die Preisverleihung sehr freute, gleichzeitig aber schon wusste, dass er sich warm anziehen muss. Mit den Angriffen und Verleumdungen war zu rechnen. […]

Schon zum Zeitpunkt der Gründung war uns bewusst, dass wir einen Widerspruch aushalten müssen. Einerseits sind wir nicht besonders dafür qualifiziert, etwas zum Thema Frieden in Nahost zu sagen, nur weil wir Juden sind. Jüdisch sein ist ein Identitätsmerkmal und bedeutet keine Qualifikation für politisches Engagement oder spezielles Wissen. Die große und fundierte Unterstützung, die uns in den letzten Tagen nicht zuletzt von Nichtjuden erreichte, ist ein Beleg dafür.

Andererseits nehmen uns die israelischen Regierungen in Geiselhaft, wenn sie behaupten, für alle Juden der Welt zu sprechen. Deshalb sagen wir laut: „Nicht in unserem Namen!“. […]

In Deutschland erleben wir wiederholt einen Ablauf nach folgendem Muster: die Rechte der Palästinenser werden verletzt, es findet ein politischer Protest dagegen statt, die deutsche Presse findet – oder erfindet, wie erst jüngst durch »fake news« geschehen – einen antisemitischen Vorfall und am Ende wird von Antisemitismus geredet und diesbezüglich agiert, womit der ursprüngliche Protest erstickt ist. Trump entscheidet zum Beispiel, völkerrechtswidrig die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, junge Palästinenser protestieren in Berlin, ein Journalist der Berliner Zeitung behauptet, sie hätten „Tod den Juden“ auf Arabisch gerufen und sofort wird über Antisemitismus unter Muslimen gesprochen. Dass nach mühseligen Recherchen der Journalistin Emily Dische-Becker sich herausstellt, dass dieser Journalist kein Arabisch versteht und dass eine Prüfung aller Filme und Aufnahmen seine Behauptung nicht belegen kann – das geht unter. Auch weil es vielen im Lande passt. […]

Durch diese wiederholte schlechte Pressearbeit bleiben die Juden das ewige Opfer und die Palästinenser bzw. »Araber« ihre Täter, während Christen die Juden zu retten versuchen. Dieses Vorgehen wird seit Jahrzehnten von den israelischen Regierungen und ihren Institutionen und Unterstützern in- und außerhalb Israels orchestriert. […]

Die christlich orientierten Verbündeten Israels in Europa, den USA oder jetzt Brasilien verbreiten gemeinsam mit Israel die Idee eines Kampfes gegen den »Islam«. So kann der Staat Israel den Konflikt um Land, Rechte und Selbstbestimmung, den er konkret mit den Palästinensern hat, als Teilaspekt einer globalen Bedrohung verkaufen. Es geht dann nicht mehr um Handlungen von Israel, die Vertreibung der Palästinenser, die Enteignung ihres Besitzes und die Abriegelung von Gaza. Die gewaltsame Expansion Israels auf Kosten der Palästinenser wird als Widerstand gegen den global angreifenden Islam umgedeutet: Israel wird als Opfer stilisiert, während die Palästinenser die Täter sind, die aggressiv gegen Israel agieren, weil sie angeblich Antisemiten sind und nicht weil sie einen Befreiungskampf führen. Nach Lesart der israelischen Regierung geht es um einen religiösen Konflikt, der international ausgetragen werden muss und Allianzen zwischen Israel und radikalen Rechten, wie Orban, Salvini, Trump oder Bolsonaro und deren Parteien, begründet. Und wenn der Konflikt religiös ist und in der »Natur der Muslime« liegt, wie Israel propagiert, dann erübrigt sich eine Einigung mit den Palästinensern, es geht ja um einen existentiellen Kampf gegen »das Böse«. […]

Grund [unserer] politischen Verfolgung ist ein Zensurversuch. Wir, die »Jüdische Stimme«, haben, wie viele jüdische Friedensorganisationen weltweit, den BDS-Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft unterschrieben. […] Der BDS-Aufruf […] hat das Ziel, mit gewaltfreien Mitteln Druck auf Israel auszuüben, politisch umzukehren und aus der zerstörerischen und selbstzerstörerischen Sackgasse herauszukommen, in die Israel geraten ist. BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen. Diese sollen verfolgt werden, bis drei Bedingungen, die sich am Völkerrecht orientieren, erfüllt sind:

1. Beendigung der Besatzung und Kolonialisierung des 1967 besetzten arabischen Landes und Niederreißen der Mauer. Das klingt selbstverständlich, zumal diese Völkerrechtsverstöße schon durch den internationalen Gerichtshof zu solchen erklärt wurden. Israel unternimmt aber viel, um das Wort Besatzung zu löschen. Auch in der deutschen Presse wird mittlerweile von »Besatzung« in Anführungszeichen bzw. »angeblicher Besatzung« gesprochen.

2. Anerkennung des Grundrechts der arabisch-palästinensischen BürgerInnen Israels auf vollständige Gleichberechtigung. Das entspricht einer liberalen republikanischen Forderung, wie sie in vielen Verfassungen formuliert ist. Es bedeutet das Ende der Privilegierung einer ethnischen bzw. religiösen Gruppe. Und die Privilegierten sind angesichts dieser Forderung immer überzeugt, dass Gleichberechtigung für sie eine existentielle Bedrohung bedeutet. […]

3. Achtung, Wahrung und Unterstützung des Rechts der palästinensischen Flüchtlinge, wie in UN-Resolution 194 festgelegt, auf Rückkehr zu ihren Wohnstätten und Schadensersatz bei Verlust oder Beschädigung ihres Eigentums oder auf Entschädigung für den Fall, dass sie nicht zurückkehren wollen. Dieser Punkt rührt an ein Tabu und an eine große Angst der israelischen Juden. Wir unterstützen diese Forderung, weil wir hinter der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 stehen. […]

Wir hoffen nichts mehr, als dass unsere Organisation nicht mehr benötigt wird. Wir alle, die hier heute sein können, und vor allem die Palästinenserinnen und Palästinenser, die jahrelang ohne Anklage im Gefängnis sitzen, darunter über 1.000 Minderjährige, oder die im Gazastreifen eingesperrt ihr Dasein fristen, wir alle haben viel Besseres und Lebendigeres zu tun.

Die Auszüge wurden zusammengestellt von Regina Hagen.
Die Dokumentation sowie Videos der Preisverleihung stehen unter goettinger-­friedenspreis.de online.