Veranstaltung
Die Gefährdung der Menschheit – Eine utopische Betrachtung. Vortrag von Hans-Jörg Kreowski
Im Rahmen der jährlichen Klausurtagung von W&F durften wir uns über einen spannenden Vortrag von Vorstandsmitglied Hans-Jörg Kreowski freuen. Dieser befasste sich mit der „Polykrise“, mit der sich die Menschheit aktuell konfrontiert sieht, und fragte nach möglichen Aussichten und Handlungsoptionen:
Die Menschheit muss eine Reihe krisenhafter Herausforderungen bewältigen, wobei schon einzelne in eine existenzbedrohende Katastrophe münden können. Da sich die Krisen teils gegenseitig bedingen und verstärken, kann man von einer Polykrise sprechen. Seit den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki vor fast 80 Jahren und der folgenden atomaren Hochrüstung besteht die Gefahr eines Atomkriegs – in letzter Zeit wieder wachsend. Aber auch unterhalb der Atomkriegsschwelle besteht die Gefahr, dass der Kampf der Großmächte um die Vorherrschaft in einen verheerenden Weltkrieg mündet. Die Corona-Pandemie mit Millionen Toten weltweit hat gezeigt, wie anfällig die menschliche Gesellschaft ist. Der menschengemachte Klimawandel führt nahezu zwangsläufig in eine Klimakatastrophe ungeahnten Ausmaßes mit vielleicht Milliarden Leidtragenden. Und wenn eine Gruppe von Big-Tech-Unternehmern und angesehenen Wissenschaftlern recht hat, dann könnten bald Künstliche Intelligenzen zu denken anfangen und sich der Weltherrschaft bemächtigen.
Die bisherigen Gegenmaßnahmen der Politik reichen nicht aus, um die Katastrophe aufzuhalten. Die Bewältigung der Polykrise ist eine globale Herausforderung, die eine globale Anstrengung erfordert. Aber die Menschheit scheint sich ihres gemeinsamen Schicksals nicht bewusst zu sein, und Politik, Wirtschaft und Wissenschaft agieren meist antagonistisch zum Ziel.
In dem Vortrag wurden zwei Szenarien vorgestellt, wie die Polykrise bewältigt werden kann. Zum einen handelt es sich um eine dystopische „Lösung“ nach Art der Romane 1984 von George Orwells und Schöne neue Welt von Aldous Huxley. Zum anderen geht es um eine Utopie, die philosophischen Ideen wie Julian Nida-Rümelins und Nathalie Weidenfelds Digitaler Humanismus, Edgar Morins Heimatland Erde und des Konvivialistischen Manifests aufgreift.
Hans-Jörg Kreowski ist Professor (i.R.) für Theoretische Informatik an der Universität Bremen. Er ist außerdem im Vorstand des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) und der Zeitschrift Wissenschaft und Frieden. Er ist Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, wo er zusammen mit Wolfgang Hofkirchner in Wien den Arbeitskreis Emergente Systeme, Information und Gesellschaft organisiert. Von 2019 bis 2022 war er Mitherausgeber des Grundrechte-Reports und ist seit langem Redaktionsmitglied der FIfF-Kommunikation. Er arbeitet mit im Arbeitskreis Gegen bewaffnete Drohnen und in der Cyberpeace-Kampagne. In Wort und Schrift setzt er sich mit Themen von Informatik und Gesellschaft auseinander, wobei die Verflechtung von Informatik und Rüstung einen Schwerpunkt bildet.