W&F 2024/4

80 Mrd. € für die »Kriegstüchtigkeit«

Worum geht es?

  • Aus dem Finanzplan der Bundesregierung bis 2028 (veröffentlicht im August 2024) geht hervor, dass der direkte Haushaltsposten des Bundesverteidigungsministeriums (BMVg) auf insgesamt 80 Mrd. € anwachsen soll (vgl. Bundesregierung 2024).
  • Kritiker*innen sehen den realen Militärhaushalt (inkl. versteckter Kosten) jetzt schon bei knapp 90 Mrd. € (vgl. Abb.) und erwarten eher das Anwachsen auf über 100 Mrd. €. Um dem Ziel der 2 %-Marke nahezukommen, wären bei einem erwarteten BIP von 4.763 Mrd. € im Jahr 2028 auch mindestens 95,3 Mrd. € nötig.
Abb zu Ansteigender Militärhaushalt im Zeitvergleich von 25 Jahren

Ansteigender Militärhaushalt im Zeitvergleich von 25 Jahren. Quelle: nach IMI – FactSheet Klima & Krieg, September 2024

Was sagen die Daten?

  • Seit dem Jahr 2000 ist der »Verteidigungshaushalt« nominell auf über das Doppelte angewachsen. Hatte das BMVg 2000 noch 24,3 Mrd. € zur Verfügung, wird spätestens seit 2014 kräftig in den Rüstungshaushalt investiert. 2024 beläuft sich der Einzelplan des Militärhaushalts auf satte 51,95 Mrd. € (vgl. Abb.).
  • Im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine wurde zudem per Änderung im Grundgesetz die Erlassung eines Sonderschuldvermögens von 100 Mrd. € ermöglicht. Dieses wird bis Ende 2027 in Tranchen verausgabt. Zum regulären Haushalt des BMVg kommen in diesem Jahr weitere 19,8 Mrd. € (vgl. Abb.). Damit übertrifft Deutschland zum ersten Mal das 2 %-Ziel der NATO (vgl. IMI 2024).
  • Neben dem »Sondervermögen« fallen aber auch Kosten aus laufenden Aufrüstungsprojekten an. Für diese sind heute schon sogenannte Verpflichtungsermächtigungen (d.h. in der Zukunft zu leistende Zahlungsverpflichtungen) in Höhe von 49,04 Mrd. € genehmigt worden. Diese Verpflichtungen müssen in der Zukunft aus dem Allgemeinen Haushalt bedient werden.
  • Dadurch, dass viele Militärausgaben (z.B. für NATO-Einsätze) in anderen Haushaltstiteln auftauchen, ist eine detaillierte Auflistung aller Kosten für militärische Zwecke schwierig (vgl. IMI 2019). NATO-interne Berechnungen für Verteidigungsausgaben führen für Deutschland schon jetzt 90,59 Mrd. € (2024) auf.
  • Unklar ist, wie die nun entstehende Lücke von ca. 27,5 Mrd. € zwischen dem Plan 2027 (53,5 Mrd. €) und 2028 (80 Mrd. €) überhaupt gefüllt werden soll. Auf dieses augenfällige Problem angesprochen, führte Minister Pistorius aus: „Keine Regierung im Jahre 2025 muss festlegen, kann festlegen, woher das Geld im Jahre 2028 kommen muss. (Hauck 2024) Der Finanzierungsplan der Bundesregierung geht schlicht von Steuer­mehr­ein­nah­men exakt im Umfang des Kostensprungs aus.

Friedenspolitische Konsequenzen?

  • Es besteht die Gefahr, dass die Kosten über Umverteilungen im Allgemeinen Haushalt gedeckt werden sollen. Aufgrund der Größe der Haushaltstitel kann dies nur aus den Ausgaben für Arbeit und Soziales in entsprechendem Umfang abgezweigt werden. Soziale Verteilungskonflikte müssen dringlich verhindert werden, die Koppelung von nationaler und persönlicher Sicherheit muss problematisiert und kritisiert werden.
  • Ausufernde Kostensteigerungen beim Militärbudget sind als Konstante des militärisch-industriellen Komplexes schon vielfach beschrieben worden. Der sich selbst verstetigende Kreislauf führt zu Stilblüten (»goldene Klodeckel«), nicht zu verbesserter Sicherheit. Ausbleibende Verbesserungen im Beschaffungswesen versinnbildlichen dies.
  • Im Schlagwort der »integrierten Sicherheit« (vgl. Nationale Sicherheitsstrategie) ist die Logik der Militarisierung angelegt, sie wird in den Ausgabensteigerungen manifest. Dem Vorrang für zivile Mittel der Krisenprävention, -intervention, wie -nachsorge wird (auch realwirtschaftlich) eine klare Absage erteilt.

Literatur

Bundesregierung (2024): Finanzplan des Bundes 2024 bis 2028. Bundestag Drucksache 20/12401, 30.8.2024.

Hauck, U. (2024): Verteidigung im Haushalt. Die Bundeswehr fährt wieder auf Sicht. Tagesschau, 18.7.2024.

IMI (2019): NATO-Kriterien: Versteckte Rüstungsausgaben. IMI-Standpunkt 2019/58, 6.12.2019.

IMI (2024): Militärausgaben 2025-2028: Rüstung außer Rand und Band. IMI-Standpunkt 2024/14, aktual. 19.8.2024.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2024/4 Eskalationen im Nahen Osten, Seite 47