W&F 2002/3

Bonner Notizen

von Jürgen Nieth

Friedenspreis für Bernhard Nolz

Die schwarze US-Amerikanerin Barbara Lee und der Siegener Gesamtschullehrer Bernhard Nolz erhalten den diesjährigen Aachener Friedenspreis. Mit der Ehrung zweier Pazifisten soll ein Zeichen gesetzt werden, gegen den Kriegskurs nach den Anschlägen vom 11. September.

Barbara Lee hatte als einzige Kongressabgeordnete im vergangenen Jahr gegen die »Kriegsermächtigung« für Bush gestimmt. Sie musste danach unter Polizeischutz gestellt werden, da sie Morddrohungen erhielt. Bereits 1999 hatte B. Lee gegen den NATO-Krieg in Jugoslawien votiert.

Bernhard Nolz wurde im letzten Herbst nach einer »Rede gegen den Krieg« zuerst vom Dienst suspendiert und später zwangversetzt ins Hochsauerland (siehe W&F 1-2002, S. 69).

Der seit 1988 vergebene Aachener Friedenspreis wird von seinen Stiftern als Gegenstück »von unten« zum Aachener Karlspreis verstanden und traditionell zum Antikriegstag am 1. September übergeben

Rüstungsspirale dreht sich

Die Rüstungsspirale dreht sich wieder schneller. Das geht aus dem Mitte Juni vorgelegten SIPRI-Jahrbuch 2001 hervor. Nach einem starken Rückgang 1987 und 1988 seien die Rüstungskosten schon wieder um insgesamt sieben Prozent gestiegen. Zukünftig sei mit einem noch schnelleren Anstieg zu rechnen. Der 11. September wird als „Scheideweg in der internationalen Sicherheitspolitik“ bezeichnet.

Weltweit betrugen die Rüstungausgaben in 2001 etwas 892 Milliarden €, das sind 145 € pro Kopf. Und das, während ein Sechstel der Weltbevölkerung von weniger als einem Dollar pro Tag leben muss. Die Forscher stellen fest: „Unter diesen Bedingungen sind die weltweiten Rüstungsausgaben eine Zweckentfremdung von Mitteln, die man für die grundlegenden Bedürfnisse dringend benötigen würde.“

Auf die USA entfallen 36 Prozent aller Rüstungsausgaben. Die schwersten Rüstungsbürden tragen nach SIPRI aber die Menschen in den armen Ländern. In Eritrea fließt mehr als ein Fünftel der gesamten Produktion in den Militärsektor. Auch in Burundi, Äthiopien und Ruanda sowie Bosnien, Kroatien und Serbien wird unverhältnismäßig viel für die Rüstung ausgegeben.

Niederlande im Fadenkreuz der US-Army?

Es ist bekannt, dass die USA nicht bereit sind, den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag anzuerkennen. Jetzt wollen die beiden Häuser des Kongresses den US-Präsidenten auch noch ermächtigen, „alle nötigen und angemnessenen Mittel“ einzusetzen, um US-Bürger aus den Fängen des Internationalen Gerichtshofs zu befreien. Die beiden Gesetzentwürfe, die zurzeit im Vermittlungsausschuss des Kongresses liegen, könnten tatsächlich dazu führen, dass Georg W. Bush das Militär in Richtung Niederlande in Bewegung setzten könnte, falls dort ein US-Bürger wegen Verletzung der Menschenrechte, Kriegsverbrechen oder Völkermord angeklagt würde. Staaten, die mit dem ICC kooperieren, droht außerdem der Entzug von Militär- und Finanzhilfen – eine Ausnahme gilt lediglich für NATO-Mitglieder. Weiter sehen die US-Planungen vor, dass US-Soldaten sich nur noch an UN-Friedensmissionen beteiligen dürfen, wenn ihnen Immunität vor dem ICC zugebilligt wird.

Kostenlose Gewaltvideos für Jugendliche

Die US-Armee will ab August im Internet Gewalt-Software an Jugendliche verschenken. Der Grund: Das Angebot soll Rekruten anlocken.

Wie die Frankfurter Rundschau berichtet (27.05.02) können sich Freunde virtueller Kriegführung das Computerspiel »Amerca’s Army« dann kostenlosim Internet bestellen oder in den Rekrutierungsbüros abholen. Einzige Bedingung: Die Interessenten müssen zwischen 13 und 34 Jahre alt sein. Das ist die Zielgruppe der Militärs, die davon ausgehen, dass wer gerne am Computer Krieg spielt, auch im richtigen Leben fürs Waffenhandwerk zu begeistern sein wird.

Die Armee hat sich die Entwicklung des Gewaltvideos rund fünf Millionen Dollar kosten lassen. Wie es heißt, können die Spieler eine virtuelle Grundausbildung absolvieren, eine Karriere als Ranger, Scharfschütze oder Fallschirmjäger. Im Axction-Teil kommt es darauf an, den Gegner zu töten, bevor der den Finger am Abzug hat – und wer die eigenen Leute abknallt, landet im Computerknast.

US-Verstöße gegen Waffenembargo

„Immer wenn US-Boys Dienst hatten, kamen Waffen“, titelt am 07.06 die FR. Sie beruft sich auf eine Studie des niederländischen Geheimdienstexperten Cees Wiebes, nach der Mitte der 90er Jahre Waffenlieferungen nach Bosnien und Kroatien trotz des UN-Waffenembargos gang und gäbe waren. Nach der 7.000 Seiten Dokumentation des Niederländischen Instituuts für Kriegsdokumentation betrieb die Clinton-Administration eine Politik der „freundlichen Tolerierung“ regelmäßiger Waffenlieferungen Irans an Bosnien. Dabei behielt das Transitland Kroatien einen Teil der Lieferung als »Gebühr« ein. Die CIA schätzt, dass zwischen 1994 und 1996 insgesamt ca. 14.000 Tonnen Kriegsmaterial über diese »kroatische Pipeline« flossen. Sie versiegte erst 1996, als die USA selbst Bodentruppen in Bosnien stationierten. Dann wurden nach Wiebes die Wafenlieferungen aus dem Iran durch Waffenlieferungen aus der Türkei ersetzt, die mit geheimen Nachtflügen ins ostbosnische Tuzla transportiert wurden. Sie fanden nur statt, wenn die Awacs-Aufklärungsflugzeuge der NATO ausschließlich mit US-Mannschaften besetzt waren.

Das Letzte

Am Frieden sparen

Die US-Streitkräfte schließen ihre einzige Einrichtung, die sich mit Friedensmissionen befasst. Wie die Nachrichtenagentur »ap« am 02.06. mitteilte, wird das Institut für Friedenssicherung des Heeres zum September nächsten Jahres aufgelöst. Ziel sei es die Kosten an der Kriegshochschule in Carlisle (Pennsylvania) zu senken.

Offen blieb, ob die US-Regierung mit den eingesparten Geldern ein oder zwei Minuten des nächsten Krieges finanzieren kann.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2002/3 Welt(un)ordnung, Seite