Bonner Notizen
von Jürgen Nieth
NATO stellt nuklearen Ersteinsatz nicht in Frage
Nach Angaben der Bundesregierung ist fast zehn Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges „die Notwendigkeit, an der Option des nuklearen Ersteinsatzes festzuhalten … bislang im Bündnis von niemandem in Frage gestellt worden“. Ach sehe Deutschland keinen Grund, „die Grundsätze der bisherigen Kooperation im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Frage zu stellen.“ Im Rahmen der nuklearen Teilhabe lagern die USA in sechs europäischen NATO-Staaten Nuklearwaffen für den Einsatz durch amerikanische und europäische Kampfflugzeuge. In Deutschland können auf den Fliegerhorsten Ramstein und Büchel bis zu 65 Atombomben gelagert werden.
Das Berliner Informationszentrum für Transantlantische Sicherheit (BITS) weist mit Bezug auf die gerade in Genf zu Ende gegangene Überprüfungskonferenz zum Nuklearwaffensperrvertrag (NVV) auf die Brisanz dieser Regierungsposition hin. Immerhin hatten am 28. April über 100 Mitgliedstaaten der Nichtpaktgebundenen und Neutralen die Nuklearwaffenstaaten aufgefordert, „alle Modelle der militärischen und nuklearen Teilhabe für militärische Zwecke oder Sicherheitsvorkehrungen untereinander, mit Nichtkernwaffenstaaten oder mit Nichtmitgliedern des NPT … zu unterlassen.“
Neue Panzer für sechs Milliarden
Das Verteidigungsministerium will noch vor der parlamentarischen Sommerpause die Zustimmung des Bundestages zu einem der größten Rüstungsvorhaben erreichen – der Beschaffung von insgesamt 3.000 neuen Transportpanzern. Die Fahrzeuge sollen rund sechs Millarden DM kosten, ab dem Jahr 2004 gebaut werden, den Mannschafttransportwagen M113 ablösen und später auch den Transportpanzer Fuchs ersetzen. Die FR beruft sich am 22.04.98 auf hohe Beamte des Verteidigungsministeriums, die befürchten, daß durch eine Verzögerung aufgrund der Bundestagswahl eine Kooperation mit den Partnern Großbritannien, Frankreich und Niederlande gefährdet sei. GB will 1.400, FR 600 und die NL wollen 6 – 800 Panzer kaufen.
Über das Auswahlverfahren, bei dem Krauss-Maffei den Zuschlag erhielt, gibt es inzwischen heftige Auseinandersetzungen. Die unterlegenen Mitbewerber sprechen von einer Entscheidung, die nicht den Ausschreibungskriterien entspreche und im parlamentarischen Raum wird von einer „scheinbar unter der Hand getroffenen Entscheidung“ gesprochen, die „noch in keiner Weise hinreichend vorbereitet sei“ (Nolting, FDP).
Rußland steigert Waffenexporte
Rußland will nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax vom 20.04.98 in diesem Jahr Waffen im Wert von 3,5 Milliarden Dollar exportieren. Das ist eine Steigerung um eine Milliarde gegenüber 1997. Den größten Anteil nehmen mit 18 Prozent Schiffe und Waffen für die Marine ein. Rußland ist nach den USA der zweitgrößte Waffenexporteur der Welt.
Waffenskandal um Sierra Leone
Der britische Botschafter in Sierra Leone, Penfold, steht im Zentrum eines Deals zwischen dem Präsidenten Sierra Leones, Kabbah, und der britischen Söldnerfirma »Sandline«. »Sandline« hatte nach einer Meldung der taz vom 12.05.98 im Mai 1997 vereinbart, den gestürzten Präsidenten wieder an die Macht zu bringen und dafür entsprechend umfangreiche Waffenlieferungen geordert. Nach einem Bericht des Londoner Independent sind bis zu 150 Tonnen Waffen im Januar und Februar von vier verschiedenen Firmen an Kabbah im guinesischen Exil geliefert worden. Vorher war bereits bekannt, daß im Auftrage von »Sandline« 35 Tonnen Waffen über Nigeria an Kabbah geliefert werden sollten. Diese Waffen wurden aber von der nigerianischen Armee einbehalten. Tatsächlich wurde Kabbah im Februar dieses Jahres von der Armee wieder in das Präsidentenamt eingesetzt.
Neue Methode zur Landminenentschärfung
Im Auftrag der britischen Behörde für Verteidigungsforschung ist ein neues Verfahren zur Landminenentschärfung entwickelt worden. Das von FireAnt vorgestellte Gerät gleicht einer Fahradpumpe. Der mit Spezialbrennstoff gefüllte Zylinder wird im Abstand von einigen Zentimetern vor der Mine auf einem Sandsack in Stellung gebracht. Nach der elektrischen Zündung schießt ein 1.500 Grad heißer Feuerstrahl aus dem Rohr und frißt ein Loch ins Minengehäuse. Dann entzündet sich der Sprengstoff selbst und brennt ohne Detonation aus. Das Gerät soll für zehn Pfund (rund 30,-- DM) auf den Markt kommen und ist damit nicht billiger als die Entschärfung durch Sprengstoff. Die wichtigsten Vorteile sehen Vertreter der in der Landminenkampagne arbeitenden NROs laut tageszeitung (23.04.98) vor allem darin, daß diese »pyrotechnischen Materialien« problemlos überall eingeführt werden könnten und an die Stelle des Entschärfens mit der Hand in Wohngebieten treten könnten.
US-Soldaten erschossen Somalier
Bei der vor fünf Jahren gescheiterten Gefangennahme des somalischen Milizchefs Aidid haben amerikanische Soldaten nach Angaben des Londoner Observer etwa 1.000 Somalier erschossen. Wie die Zeitung berichtet, hätten die Soldaten – nach dem Abschuß eines amerikanischen Hubschraubers durch die Aidid Milizen – wahllos in die Menge gefeuert, darunter auch auf Frauen und Kinder. Der Bericht fußt nach Angaben des Verfassers auf übereinstimmenden Auskünften des amerikanischen Sondergesandten für Somalia, Botschafter Oakley, beteiligter Soldaten und überlebender Somalier.
Nach den bisherigen Angaben aus Washington kamen damals »nur« 200 Somalier ums Leben.
Letzte Meldung
Gelöbnis mit Gartenzwergen nicht strafbar
Ende März mußte sich Christian Herz von der Berliner Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär vor dem Amtsgericht wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz verantworten: Er hatte zwei Tage vor einem Öffentlichen Rekrutengelöbnis vor dem Schloß Charlottenburg 450 Gartenzwerge zu einer Parade aufgestellt. Die Zwerge waren u.a. als NVA-Zwerge, Polizeizwerge und Feldjäger angemalt. Sie wurden als Mitglieder der »Nationalen-Gartenzwerg-Armee« (NZA) zu Gelöbnistexten aus 200 Jahren deutscher Militärgeschichte vereidigt.
Wegen Versammlungsverbot erhielt Herz daraufhin einen Strafbefehl über 400,-- DM. Das Gericht stellte das Verfahren jetzt wegen Geringfügigkeit ein. Nach dem Urteil führte ein Zwergensextett vor dem Gericht eine Militärparade auf. Es zeigte – wie die FR am 21.03. berichtete – Disziplin: „Es gab keine besonderen Vorkommnisse.“