Bonner Notizen 3/97
von Jürgen Nieth
Frauen in die Bundeswehr
„Ich bin politisch für eine vorsichtige Öffnung der Bundeswehr auch für Frauen,“ so Verteidigungsminister Rühe am 08.08. im »Bericht aus Bonn«.
Rühe wandte sich in der Sendung gegen die These, daß es „möglicherweise verfassungswidrig sein könnte, den Dienst von Frauen in der Bundeswehr auf den Sanitätsdienst und die Musik“ zu beschränken. Das Gegenteil sei der Fall, die Bundeswehr „ist nur zu öffnen über eine Verfassungsänderung“ dafür gäbe es aber keine Mehrheit im Deutschen Bundestag. Er selbst, so Rühe, könne sich aber „durchaus Arbeitsbereiche, außer des Bereichs der Sanitäter, Ärztinnen, vorstellen, wo Soldatinnen einen wichtigen Beitrag leisten können und wo das auch in unserem Interesse ist.“ Während er den Dienst von Frauen in den Kampfverbänden mit den Worten ausschloß: „Das ist nicht notwendig“, nannte er als konkrete Varianten den Dienst in den Stäben und in der Logistik.
Bei alledem geht es nach Rühe auch »nur« um Soldatinnen auf „Lebenszeit oder auf Zeit“. Niemand schlage eine Wehrpflicht für Frauen vor. „Das wäre das Letzte.“
Rüstungsaltlasten auf über 3.000 Flächen
Auf 3.240 ehemals militärisch genutzten Liegenschaften befinden sich wahrscheinlich Rüstungsaltlasten. Das erklärte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Bündnisgrünen. Laut TAZ vom 12.08.97 befinden sich die meisten Flächen in Baden-Württemberg (412) gefolgt von Bayern (337) und Brandenburg (336).
USA wollen Atomwaffen modernisieren
Die US-Regierung arbeitet noch immer an Plänen für neue oder veränderte Atomwaffen. Die New York Times berichtet am 18.08.97 über ein bisher geheimes Dokument des US-Energieministeriums nach dem unter anderem der atomare Zünder der Wasserstoffbombe neu entworfen werden sollte. Das Ministerium bestritt nach Angaben der Zeitung den Vorwurf, Waffen neu zu entwickeln, und spricht statt dessen von einer Modernisierung alter Entwürfe. Stimmen die Angaben, dann untergräbt die US-Regierung ein geplantes Abkommen zum Stopp von Neuerungen bei Massenvernichtungswaffen.
Über 100 Staaten für Anti-Personen-Minen-Verbot
Auf Initiative der kanadischen Regierung sollen am 1. September in Oslo Verhandlungen über ein Verbot von Anti-Personen-Minen beginnen. Geplant ist noch im Dezember zu einer Einigung zu gelangen, die Herstellung, Einsatz, Lagerung und Export dieser Minen untersagt und die dann in der kanadischen Hauptstadt Ottawa unterzeichnet werden soll. Gegenwärtig sind nach Angaben verschiedener humanitärer Organisationen in rund 70 Ländern rund 120 Millionen dieser Antipersonenminen vergraben (Ägypten 23 Mill., Angola 15 Mill., Irak 12 Mill., Iran., Afghanistan und China je 10 Mill., Kambodscha 8 Mill, Kuweit 7 Mill. sowie in Kroatien und Bosnien je 3 Mill.) (FR 25.06.97)
Mehr als 100 Staaten haben bisher ihre Teilnahmebereitschaft erklärt. Nicht darunter (bis zum 25.08.97) die Minengroßproduzenten Rußland und China. Eine »bedingte« Zusage gab es unter starkem internationalen und nationalen Druck durch die Clinton-Regierung. Die USA wollen zustimmen mit einer Ausnahmeregelung für die koreanische Halbinsel. Hier benötige man auch zukünftig den Einsatz von „Landminen zur Abschreckung eines nordkoreanischen Angriffs auf Südkorea.“ (FAZ 20.08.97) Diese Position stieß auf scharfe Kritik der übrigen Verhandlungsteilnehmer, was die USA anschließend von einer möglichen »Übergangszeit« sprechen ließ, die unter Umständen akzeptiert werden könne. Anti-Landminen-Gruppen bezeichneten die US-Position als »Trick«. Die USA wollten den Werbeeffekt einer Teilnahme ausnutzen und zugleich den Inhalt des Vertrages verwässern.
Tendenzwende bei Rüstungsausgaben?
Die weltweiten Rüstungsausgaben sinken nach Angaben des neuen SIPRI-Jahrbuches (1997) nur noch sehr langsam. War in den ersten Jahren nach dem Kalten Krieg noch ein deutlicher Rückgang in den Militärbudgets fast aller Staaten zu verzeichnen, so gehe dieser Trend deutlich zurück, einige Staaten in Südostasien rüsteten sogar kräftig auf und der Waffenhandel habe sich auf „niedrigerem Niveau stabilisiert.“.
Nach SIPRI liegen die USA bei den Militärausgaben weiterhin klar an der Spitze, obwohl sie seit 1987 die Militärausgaben um 32 Prozent gekürzt hätten (NATO insgesamt um 25 Prozent). Rußland gibt nach dem Bericht »nur noch« 3,5 Prozent seines Sozialprodukts für Rüstung aus gegenüber 8,6 Prozent im Jahre 1991. Als neues Aufrüstungszentrum bezeichnet SIPRI Südostasien. Steigerungsraten von 30 Prozent (Sri Lanka), 18,5 Prozent (Thailand), mehr als 13 Prozent (Malaisia) unterstrichen den Ruf der Region als „am raschesten wachsende Rüstungskunden“.
Hauptlieferant im internationalen Waffenhandel ist nach wie vor die USA mit einem Marktanteil von fast 45 Prozent (1996). Stark steigend ist der Anteil der EU. Hatten die EU-Staaten vor 10 Jahren noch einen Anteil von 15 Prozent, so ist dieser jetzt auf 28 Prozent gestiegen. »Zurückgekehrt« in den Weltwaffenhandel ist die russische Rüstungsindustrie. Lagen ihre Exportchancen Anfang der neunziger Jahre fast völlig am Boden, so hat sie jetzt wieder einen Anteil von knapp 20 Prozent.
C-Waffen schuld am Golfkriegssyndrom
Die mysteriösen Erkrankungen von Golf-Kriegsveteranen sind nach einer neuen US-Regierungsstudie u.U. doch auf Nervengas oder C-Waffen zurückzuführen. In der Studie werden die bisherigen Untersuchungen des Verteidigungsministeriums und des Weißen Hauses, die einen Zusammenhang mit Chemiewaffen weitgehend ausschlossen, kritisiert.
Rund 80.000 US-Veteranen hatten nach dem Golfkrieg-Einsatz über unterschiedliche Gesundheitsprobleme – darunter im Nervensystem – geklagt. (FR 16.06.97)
Letzte Meldung: Wasserscheuer Bomber
Der angeblich unsichtbare amerikanische »Stealth« Bomber B2 ist wasserscheu. Nach einem Bericht der britischen Fachzeitschrift New Scientist Magazine vom 21.08. verliert das mehr als zwei Millarden Dollar teure Militärflugzeug bei Regen seine Unsichtbarkeit, da es dann einen Teil seiner Speziallackierung einbüße. Die Zeitschrift zitiert aus einer dem US-Kongreß vorliegenden Studie, nach der mehr als ein Drittel der Reparaturzeit der Stealth-Bomber für die Erneuerung der Anti-Radar-Lackierung aufgewendet werden. Für die Erhaltung und Reparatur der Lackierung sind demnach spezielle besonders kühle und trockene Hangars notwendig.