W&F 2001/3

Bonner Notizen

von Jürgen Nieth

Streubomben – verbessern statt verbieten

Bei der Vorbereitung einer Überprüfungskonferenz zum Vertrag über bestimmte konventionelle Waffen (CCW) konnten sich die 84 Unterzeichnerstaaten erneut nicht auf ein Moratorium oder Verbot von Streubomben einigen. Sie forderten lediglich technische Verbesserungen.

So genannte Clusterbomben und Fragmentationsgeschosse gelten als besonders grausame konventionelle Waffen, sie verstreuen in einem weiten Umkreis einen Hagel von tödlichen Splittern. Der Mechanismus, der die Streuwirkung der Geschosse auslösen soll, ist ziemlich unzuverlässig. Bei den von den USA über Jugoslawien abgeworfenen Clusterbomben funktionierten nur etwa 70 Prozent. Die restlichen lagern als Blindgänger und können bei Berührung explodieren. Die »Verbesserungsvorschläge« sehen jetzt u. a. vor, die Geschosse mit einen Selbstzerstörungsmechanismus auszurüsten, der nicht explodierte Geschosse unschädlich macht (FR 09.04.01).

Schmiergelder

Der größte Korruptionsskandal in Südafrika seit dem Ende der Apartheid weitet sich aus. Das umstrittene Rüstungsgeschäft mit deutschen und europäischen Firmen in Höhe von 15 Mrd. Mark (siehe Bonner Notizen in 2-2001) wird jetzt von einer unabhängigen Kommission überprüft. Die Bankkonten von 24 Personen und 68 Institutionen wurden bereits untersucht und im Juli soll ein erster Bericht vorgelegt werden.

Inzwischen hat die »European Aeronautical Defence and Space Company« (EADS) zugegeben, in den vergangenen drei Jahren etwa 30 hochrangige Politiker, Diplomaten und Angestellte der Rüstungsindustrie Südafrikas mit Luxuswagen zu Sonderpreisen und schneller als üblich versorgt zu haben. Der Mercedes-Benz-Hersteller DaimlerChrysler ist Teilhaber bei EADS, die vor 2 Jahren Daimler Aerospace Südafrika übernahm – ein als Firmenwagen gelieferter Mercedes Geländewagen im Wert von 120.000 DM für den ANC-Fraktionsführer hatte den Stein ins Rollen gebracht.

Kriegsschiffe aus einer Hand

Die deutschen Marinewerften streben eine Fusion an. Thyssen-Krupp und Babcock-Borsig wollen noch in diesem Jahr ihre Werftaktivitäten durch gegenseitige Kapitalbeteiligungen miteinander verknüpfen. Deutsche Fregatten und U-Boote kommen dann aus einer Hand, heißt es dazu in der taz (14.05.01).

Für das kommende Jahr ist danach eine „deutliche Aufstockung der Kapitalbeteiligungen zwischen Howaldtwerke-Deutsche Werft (HDW) in Kiel, Blohm und Voss in Hamburg und Thyssen-Nordseewerke in Emden geplant.“ Ziel ist dem Bericht zu Folge ein europäischer Marinekonzern vergleichbar dem Zusammenschluss in der Luft- und Raumfahrt »European Aeronautical Defence and Space Company«.

Gewalt im Kosovo nimmt zu

Die Vereinten Nationen und die OSZE haben die zunehmende Gewalt im Kosovo kritisiert (taz 05.04.01). Die Sicherheitslage habe sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert. Die Angriffe auf Minderheiten hätten zugenommen. In dem vom UHNCR und der OSZE vorgelegten Bericht heißt es, dass von der zunehmenden Gewalt keine der ethnischen Gruppen ausgenommen sei. Seit dem Ende des Kosovo-Krieges flohen rund 200.000 Serben aus dem Kosovo.

Direkter Zugriff

US-Präsident George W. Bush hat Ende April die Stellvertreter von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und die Chefs der Teilstreitkräfte benannt. In James Roche vom Rüstungsunternehmen Northro Grumman sieht er den geeigneten Luftwaffenminister. Für das Heer hat er Thomas White von der Firma Enron Energy ausgesucht und als neuen Marineminster den Vizepräsidenten des Rüstungsunternehmens General Dynamics (FR 26.04.01).

Vietnam durch Dioxin belastet

Dreißig Jahre nach dem Einsatz des giftigen Entlaubungsmittels Agent Orange im Vietnamkrieg wurden bei Vietnamesen immer noch hohe Dioxinwerte im Blut festgestellt. Einer US-Studie zufolge lagen bei Einwohnern der Stadt Bien Hoa im Süden Vietnams die Werte bis um das 135fache höher als bei Einwohnern Hanois, das von der US-Armee nicht mit dem Gift besprüht wurde. Als erschreckend wertet die Studie die Tatsache, dass auch bei Einwohnern Bien Hoas erhöhte Werte gemessen wurden, die während des Krieges nicht dort gelebt hatten. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass sie noch in jüngerer Zeit einer verseuchten Umgebung ausgesetzt waren (taz 16.05.01).

Das dioxinhaltige Agent Orange wird in Verbindung gebracht mit Krebserkrankungen, Missbildungen und Fehlgeburten.

12 Millionen auf der Flucht

Über 12 Milionen Menschen sind nach Angaben des UHNCR gegenwärtig auf der Flucht. Jeder dritte von Ihnen kommt aus Afghanistan. 3,6 Mio. sind aus dem von Krieg und Terror gekennzeichneten Land geflohen. Auf Afghanistan folgt der zentralafrikanische Staat Burundi, den 567.000 vor allem in Richtung Tansania verließen. Aus dem Irak reisten unfreiwilllig 497.000 Menschen aus, zumeist nach Iran. Insgesamt kümmerte sich das UHNCR zu Beginn des Jahres um 21,1 Mio Menschen, d.h. um jeden 284. Erdenbewohner.

Deutschland gehört neben Pakistan und Iran zu den Ländern, die absolut gesehen die meisten Flüchtlinge aufnahmen. Es hält auch einen Spitzenplatz bei den Asylsuchenden. Von den 900.000 Asylsuchenden im letzten Jahr stellten 118.000 ihren Antrag in Deutschland (FR 12.05.01)

Das Letzte

Souveränität

Südkoreas Präsident Kim Dae Jung hat im März den Außen- und den Vereinigungsminister entlassen. Der bisherige Außenminister war für Verstimmungen zwischen Seoul und Washington verantwortlich gemacht worden, nachdem er in einer gemeinsamen Erklärung mit Russland den ABM-Vertrag von 1972 als „Eckpfeiler strategischer Stabiliät“ bekräftigt hatte, was als indirekte Kritik an den NMD- und TMD-Plänen der USA interpretiert wurde. George W. Bush soll Präsident Kim deshalb bei seinem Antrittsbesuch in Washington demonstrativ kühl empfangen haben.

Jedenfalls verstehen wir jetzt Joseph Fischer besser und wissen warum er zu den völkerrechtswidrigen Bombardierungen des Irak durch die USA Mitte Februar äußerte: „Wir haben die Entscheidung (unserer Verbündeten)… nicht zu kritisieren.“

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2001/3 Ökonomie der Bürgerkriege, Seite