W&F 2000/1

Bonner Notizen

von Jürgen Nieth

Kindersoldaten

Eine »Europäische Konferenz über den Einsatz von Kindern als Soldaten« endete nur mit einem Kompromiss. Die TeilnehmerInnen riefen dazu auf, die Beteiligung von Kindern unter 18 Jahren an bewaffneten Konflikten zu verbieten. „Abgeschwächt wurde die Erklärung allerdings durch die Weigerung Österreichs, Frankreichs, Luxemburgs, der Niederlande und Englands, die Rekrutierung von Jugendlichen zu verbieten“, teilte die »Coalition to Stop the Use of Child Soldiers« mit. Auch in Deutschland können 17-Jährige Soldat werden.

An der Berliner Konferenz nahmen 180 VertreterInnen von Regierungen, UN- und Nichtregierungsorganisationen teil. Gastgeber war das Auswärtige Amt. (FR 22.10.99)

Frauen ans Gewehr

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes „haben die Bündnisgrünen gefordert, die Bundeswehr für Frauen zu öffnen.“ (taz 28.10.99) Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, sprach sich für eine entsprechende Grundgesetzänderung aus um Frauen den Wehrdienst an der Waffe zu ermöglichen.
Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) bot der Regierung Unterstützung für eine entsprechende Verfassungsänderung an.

Der EuGH hatte anlässlich der Klage einer abgelehnten Bundeswehr-Bewerberin entschieden, dass deutsche Rechtsvorschriften der EU Gleichstellungsrichtlinie widersprechen.

Nach wie vor: A-Waffen in Deutschland

Die USA haben nach Aussagen ihres Verteidigungsministers gegenwärtig nur noch eine „sehr begrenzte“ Zahl von Atomwaffen außerhalb ihres Territoriums stationiert. Nach einem Bericht von »Atomic Scientists« lagern diese in Belgien, Deutschland, Großbritannien, Griechenland, Italien, den Niederlanden und der Türkei. Aus elf weiteren Ländern in denen Atomwaffen während es Kalten Krieges gleichfalls stationiert waren seien sie mittlerweile abgezogen.

Wie die FAZ (21.10.99) berichtet, verfügten die US-Streitkräfte zwischen 1945 und 1977 über mehr als Zehntausend Kernwaffen ihres Landes, „ohne dass die etwa zwei Dutzend »Gastländer« darüber immer informiert waren.“ So hätten die USA nach dem Zweiten Weltkrieg die ersten Atomwaffen ohne Mitteilung an Frankreich und Spanien in deren damaligem Protektorat Marokko stationiert. Später seien auch A-Waffen in Ländern mit einer starken Opposition gegen die Waffen gelagert worden, z.B. in Island, Grönland, Japan, Taiwan, Südkorea und den Philippinen.

Die taz (21.10.99) zitiert aus dem Bericht in »Atomic Scientists« nach dem die BRD als Frontstaat von März 1955 bis heute Hauptstationierungsort der A-Waffen war: „Als die Zahl der Nuklearwaffen der NATO 1971 mit 7.300 den Höhepunkt erreichte, wurde davon rund die Hälfte in Deutschland gelagert.“ Weiter wird darauf hingewiesen, dass die Bundesluftwaffe in den 50er-Jahren eine weitreichende faktische Kontrolle über die in Deutschland stationierten A-Waffen gehabt habe. Im Alarmfall hätten die deutschen Piloten wohl selbstständig über deren Einsatz entscheiden können.

NATO betont Erstschlagsoption

Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges haben die NATO-Verteidigungsminister am 02.12.99 auf ihrer Herbsttagung in Brüssel hervorgehoben, dass sie an der „bisherigen Nuklearstrategie festhalten – dazu gehört insbesondere die Option des Ersteinsatzes“ von Atomwaffen (FAZ 03.12.99). In diesem Zusammenhang wies der US-Verteidigungsminister alle Berichte als falsch zurück, nach denen die USA einen Abzug aller Atomwaffen aus Europa beabsichtigten.

Noch vor einem Jahr hatte der deutsche Außenminister Fischer einen Verzicht auf die Erstschlagsoption gefordert.

Solana für höhere Militäretats

Für höhere Militäretats in der EU hat sich der ehemalige NATO-Generalsekretär und jetzige Hohe Repräsentant der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Javier Solana ausgesprochen. Der Aufbau einer »Schnellen Eingreiftruppe« erfordert nach seiner Auffassung nicht nur eine „Umstrukturierung vorhandener Kräfte“,sondern auch eine Erhöhung der nationalen Verteidigungsetats. Vor dem Europa-Parlament sprach er davon, dass die EU zukünftig in der Lage sein müsse, ihren „Einfluss in jedem Teil der Welt“ zu sichern. „Wir müssen in der Lage sein zu Handeln und das bedeutet, dass wir militärische Mittel brauchen.“ (FR 18.11.99)

Waffenhandel boomt

Mit 55.8 Milliarden Dollar wurde 1998 genau so viel im internationalen Waffenhandel umgesetzt wie im Jahr davor. Wie das Londoner Institut für Strategische Studien (IISS) feststellt, beherrschten die USA den Waffenhandel zu 49 Prozent (26,5 Mrd. Dollar) gefolgt von Frankreich (9,8 Mrd. Dollar) und Großbritannien (9 Mrd. Dollar). Russland spielt mit 2,8 Mrd. Dollar eine untergeordnete Rolle, Deutschland kam 1998 auf 830 Millionen Dollar.

Mit 10,4 Mrd. Dollar war Saudi Arabien im vergangenen Jahr wieder der größte Waffenkäufer, gefolgt von Taiwan mit 6,3 Mrd. Dollar. Auch die Waffenlieferungen an Israel (1 Mrd.), Ägypten (1,01 Mrd.) und die Vereinigten Arabischen Emirate (0,93 Mrd.) blieben auf einem hohen Niveau.

In Afrika, wo sich 1998 mehr als die Hälfte aller bewaffneten Konflikte abspielten, wurde im vergangenen Jahr doppelt so viel Geld für Waffenkäufe ausgegeben wie im Vorjahr. Das, obwohl die Waffenkäufe Südafrikas rückläufig sind.

Das Letzte

Ehrenbürger des Kosovo

Der ehemalige Chef der OSZE Beobachtermission im Kosovo William Walker ist zum Ehrenbürger des Kosovo gekürt worden. Den Titel erhielt der ehem. US-General von Hashim Thaci, Chef der selbst ernannten albanischen Kosovo-Regierung (SZ 05.11.99).

Walker hat nach UNO-Berichten als US-Botschafter Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs in El Salvador gedeckt, war in Contra-Aktivitäten gegen das sandinistische Nicaragua verstrickt und spielte auch bei der Berichterstattung über das Massaker von Racak, die als wesentlich für die Kriegslegitimation gilt, eine unrühmliche Rolle (W&F 2/99 S. 20-23).

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2000/1 Der schwierige Weg zum Frieden, Seite