W&F 2008/2

Den Krieg von außerhalb führen

Die Rolle der Diaspora im Krieg in Sri Lanka

von Camilla Orjuela

Es war beeindruckend, die Menge von wohl zehntausend Tamilen in einer Veranstaltungshalle in London im vergangenen November zu sehen. Sie hatten sich versammelt, um der Märtyrer des Kampfes um die Befreiung des tamilischen Heimatlandes aus der Gewalt des Staates Sri Lanka zu gedenken. Die Tamilen, die sich aufgestellt hatten, um ihre gefallenen Helden mit Blumen zu ehren, waren noch relativ neu in London, nachdem sie der Not des kriegs-zerrütteten Sri Lanka entkommen waren. Das mindeste, was sie tun konnten, so dachten viele von ihnen, war die ökonomische Unterstützung des tamilischen Freiheitskampfes aus der Distanz und die Bezeugung von Respekt gegenüber den Freiheitskämpfern.

Der Fall Sri Lanka hat oft als Beispiel dafür gedient wie Gemeinschaften in der Diaspora bewaffnete Konflikte anheizen. Dies bezieht sich auf die beträchtlichen Summen, die von im Ausland lebenden Tamilen für die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) gesammelt werden, die als Guerillaorganisation seit mehr als einem Viertel Jahrhundert Krieg gegen die Regierung Sri Lankas für die Selbstbestimmung im Nordosten der Insel führt. Gleichzeitig gibt es innerhalb der aktuellen Forschung und Politik eine Gegenbewegung, die nach den positiven Beiträgen fragt, die die Diaspora für den Frieden in ihrer früheren Heimat leisten können, so beispielsweise durch die Förderung der Aussöhnung und des Dialogs über konflikt-induzierte Grenzziehungen hinweg, durch die Einflussnahme auch zentraler Akteure im Heimatland oder - auf internationaler Ebene - durch die Übernahme aktiver Friedensarbeit und durch die Finanzierung von Entwicklung und Wiederaufbau. Dieser Beitrag hebt die Komplexität hervor, die die Beziehungen zwischen Gewaltkonflikten, Friedensstiftung und dem Engagement der Diaspora charakterisieren, indem er die vielfältigen und gelegentlich widersprüchlichen Rollen untersucht, die MigrantInnen aus den beiden bedeutendsten ethnischen Gruppen - Singhalesen und Tamilen - im fortdauernden Krieg in Sri Lanka spielen.

Der Krieg und die Diaspora aus Sri Lanka

Der Krieg in Sri Lanka wird seit 1983 geführt und hat über 70.000 Leben gefordert. Seitdem die Gewalt im Jahr 2006 dramatisch eskaliert ist, sind über 5.000 Menschen umgekommen, während die Zahl der Entführungen, Fälle von Rekrutierung von Kindern und Angriffe auf Zivilisten anwächst. Während all der Jahre hat es zahlreiche Versuche gegeben, einen Frieden auszuhandeln. Der Friedensprozess, der im Jahr 2002 zwischen der Regierung Sri Lankas und der LTTE mit Unterstützung Norwegens begonnen wurde, hatte nach dem bis dahin vielversprechendsten ausgesehen und zum längsten Waffenstillstand seit Beginn des Krieges geführt. Dennoch brachen die Friedensinitiative und der Waffenstillstand aus einer Reihe von Gründen allmählich zusammen, die mit der Machtbalance zwischen und in den wichtigsten Konfliktparteien, einem Regierungswechsel, singhalesischer nationalistischer Kritik, einer Spaltung bei den LTTE, wiederholten Verstößen gegen den Waffenstillstand und wachsendem Misstrauen zusammenhingen.

In Sri Lanka machen die Singhalesen drei Viertel der Bevölkerung und die Tamilen etwa 18% aus - die sogenannten Indien-Tamilen eingeschlossen, die in den Teeanbaugebieten leben. In der Diaspora in den westlichen Ländern sind die Tamilen jedoch weitaus zahlreicher als die Singhalesen. Die Tamilen können als ein aus dem Konflikt entstandene Diaspora gelten, da ein großer Teil der Migration mit dem Krieg zusammenhängt, der die Tamilen überproportional getroffen hat. Allerdings war der Krieg nicht die einzige Motivation zur Migration. Frühere Generationen sind nach Europa, Nordamerika und Australien ausgewandert, um dort zu studieren oder zu arbeiten. Seitdem hat es im Zusammenhang mit der tamilischen Migration eine Kombination von ökonomischen und politischen Gründen sowie den Aspekt der Familienzusammenführung gegeben (Fuglerud 1999; Valentine 1996). Tamilen finden sich heute insbesondere in Kanada, Indien, der Schweiz, Norwegen, Großbritannien, den USA und in Australien.

Die Tamilen in der Diaspora pflegen einen »Fern-Nationalismus«. In einigen tamilischen Gebieten wie etwa Scarborough, Toronto, sind Tamilen so zahlreich, dass sie sich in ihrem neuen Wohnort eher als Mehrheit denn als Minderheit fühlen mögen. In diesen Gegenden, aber auch in Gebieten mit weniger Tamilen wird die tamilische Gemeinschaft durch enge Netzwerke und Kommunikationkanäle aufrecht erhalten. Die Bewahrung tamilischer Kultur wird von vielen als wichtig angesehen; Kinder lernen die tamilische Sprache und traditionelle Tänze und es gibt eine Vielzahl tamilischer Geschäfte, Restaurants sowie Fernseh- und Radiostationen. Die LTTE bzw. ihnen nahestehende Gruppen sind zweifellos in der Diaspora vertreten und die Sammlung von finanziellen Ressourcen für die Unterstützung des bewaffneten Kampfes wird durch ein sehr effizientes Netzwerk geleistet (vgl. Human Rights Watch 2006). Tamilen leisten zudem erhebliche ökonomische Beiträge an das Heimatland durch ihre Überweisungen an Familienangehörige und ihr Engagement in humanitären und Entwicklungsorganisationen (vgl. van Hear 2002; Bivand Erdal 2006).

Die Singhalesen sind keine aus einem Konflikt entstandene Diaspora, obwohl einige Sri Lanka aus politischen Gründen verlassen haben. Die meisten im Ausland lebenden Singhalesen sind Arbeitsmigranten im Nahen Osten mit häufig befristeten Verträgen. Diejenigen in Nordamerika, Europas und Australien sind meist ausgewandert, um dort zu studieren oder zu arbeiten. Die meisten Singhalesen halten sich - abgesehen vom Nahen Osten - in Kanada, Italien, Großbritannien und Australien auf. Einige von ihnen sind in die Politik ihres Heimatlandes engagiert und betrachten den Kampf der Tamilen als Bedrohung für die singhalesische Identität und die Einheit der heiligen buddhistischen Insel Sri Lanka. Es existieren Organisationen, die die Singhala-Kultur bewahren sollen, sich für »Frieden« engagieren und »das Mutterland schützen« wollen. Von Seiten der Diaspora werden in gewissem Umfang auch nationalistische singhalesische Organisationen und politische Parteien in Sri Lanka finanziert.

Krieg führen in internationalem Rahmen

Während es beim Krieg in Sri Lanka sicherlich auch um einen Kampf zur Kontrolle von Territorium geht - die LTTE kontrollieren gegenwärtig einen erheblichen Teil des Landes im Norden Sri Lankas -, ist der Konflikt zwischen den LTTE und der Regierung Sri Lankas auch ein Kampf um internationale Unterstützung. Die beiden Kriegsparteien streben für ihre jeweilige Sichtweise der Konfliktursache und der angestrebten Konfliktlösung nach internationaler Anerkennung. Die Regierung Sri Lankas begründet ihren Kampf mit der Notwendigkeit, die Souveränität des Staates zu sichern und sucht internationale Unterstützung für ihren Kampf gegen den von ihr als LTTE-Terrorismus bezeichneten Gegner. Die LTTE wiederum bezeichnet ihr Handeln als Befreiungskampf und bezieht sich dabei auf das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung. Die Bezeichnung der LTTE im internationalen Kontext als »Freiheitskämpfer« oder als »Terroristen« hat weit reichende Auswirkungen auf die Finanzierung und damit auf die militärische Stärke und die Machtbalance zwischen den kriegführenden Parteien sowie für die Möglichkeiten einer zukünftigen Konfliktlösung.

Gruppen und Individuen in der Diaspora spielen durch ihre Fürsprache, die Verbreitung von Informationen - viele der Internetseiten mit Informationen über Sri Lanka werden von der Diaspora betrieben -, die unmittelbare Beteiligung an Politik (z.B. als Kandidaten oder Unterstützer von Politikern in den Aufnahmeländern, insbesondere wo Tamilen einen beträchtlichen Teil der Wählerschaft stellen) und durch öffentliche Demonstrationen eine wichtige Rolle in diesem »Krieg« um Legitimation. Auf diese Weise lenken Gruppen in der Diaspora die Aufmerksamkeit auf Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka und tragen dazu bei, den Krieg in Sri Lanka auf die Agenda westlicher Regierungen, internationaler Organisationen und der allgemeinen Öffentlichkeit in den Ländern, in denen sie eine neue Heimat gefunden haben, zu heben oder dort zu halten. Dadurch beeinflussen und gestalten sie die Diskussion um den Konflikt mit. Die Polarisierung zwischen den verschiedenen Konfliktpositionen - insbesondere zwischen denen, die die LTTE als Freiheitskämpfer sehen, und denen, für die sie Terroristen sind - spiegelt sich in den Aktivitäten der Diaspora und den (selektiven) Informationen, die verbreitet werden. Tatsächlich hat es eine Politisierung der Menschenrechte und der humanitären Katastrophe in Sri Lanka gegeben, da beide Kriegsparteien und ihre UnterstützerInnen systematisch nur auf die jeweils von der gegnerischen Seite begangenen Menschenrechtsvergehen verweisen, um den eigenen Kampf zu rechtfertigen und den Gegenüber zu diskreditieren.

Die zahlenmäßige Stärke der Tamilen, ihre häufig stark nationalistische Überzeugung und das gut entwickelte Netzwerk der LTTE (und der sie unterstützenden Organisationen) hat die Tamilen in die Lage versetzt, ihre Perspektiven international wirksamer vorzubringen als die Singhalesen. Allerdings nutzt die Regierung Sri Lankas die Botschaften zu Propaganda- und Lobbyzwecken - gelegentlich in Kooperation mit Gruppen der Singhalesischen Diaspora. Im Jahr 2006 stufte die EU die LTTE als terroristische Organisation ein; in den USA, Kanada und Indien ist die LTTE ebenfalls verboten. Die Entscheidungen zum Verbot der LTTE sind in gewissem Umfang wahrscheinlich durch die Fürsprache singhalesischer und tamilischer Anti-LTTE-Gruppen in der Diaspora beeinflusst worden. Als das EU-Verbot in Kraft trat, forderte die LTTE alle Mitglieder der skandinavischen Gesandtschaft, die den Waffenstillstand überwachten, zum Verlassen des Landes auf, da sie nicht neutral seien und ein Hindernis für den ohnehin schwachen Friedensprozess darstellten. Folglich war aus der Perspektive der LTTE das Verbot der EU der letzte Nagel im Sarg des Friedensprozesses. Aus Sicht der Regierung Sri Lankas andererseits waren die Razzien gegen vermutete LTTE-Aktivisten in den USA, Frankreich und Großbritannien im Verlaufe des Jahres 2007 ein Schritt in Richtung Frieden, weil sie die LTTE schwächten.

Zusätzlich zu dem hoch polarisierten nationalistischen Aktivismus beider Seiten in der Diaspora gibt es auch Gruppen in der Diaspora, die für eine gewaltlose, politische Lösung des Konflikts eintreten und die die Aufmerksamkeit auf Menschenrechtsverletzungen beider Seiten lenken (vgl. etwa www.lankademocracy.org). Allerdings sind diese Anstrengungen klein im Vergleich zu der polarisierten Propaganda anderer, lautstarker Diaspora-Gruppen und sie werden von beiden Seiten als Verrat angesehen.

Die LTTE beanspruchen, alleinige Vertreter des tamilischen Volkes zu sein; es gibt ein starkes Gefühl, dass die Einheit der Tamilen für einen wirksamen Freiheitskampf notwendig ist. Dies hat freilich zu einer Situation geführt, in der es nicht möglich ist, die LTTE oder deren Methoden zu kritisieren. Die Kontrolle der LTTE über die Tamilen reicht bis in die Diaspora. Allerdings ermöglichen die Redefreiheit und die größere Sicherheit in den westlichen Ländern Raum für abweichende Meinungen gegen die LTTE sowie für Versuche, einen mittleren Weg zwischen den polarisierten Pro- und Anti-LTTE-Positionen zu finden. So wurde die Ansicht vertreten, dass das Erleben von Demokratie durch im Westen ansässige Tamilen dazu genutzt werden könne, die LTTE zu einer Demokratisierung des nord-östlichen Sri Lanka zu bewegen. Mit seiner stark hierarchisierten Führungsstruktur im Norden Sri Lankas übt die LTTE mehr Einfluss auf die Diaspora aus als andersherum. Allerdings lässt die starke Präsenz von Tamilen aus der Diaspora bei den jüngsten Friedensverhandlungen und beim Prozess der Formulierung eines LTTE-Entwurfs für eine Übergangsregierung vermuten, dass Tamilen aus der Diaspora an hochrangigen Diskussionen über die Ziele und Strategien der LTTE mitwirken - zumindest während Waffenstillständen.

Wiederaufbau und Entwicklung im Heimatland

Beiträge aus der Diaspora zur Entwicklung und zum Wiederaufbau von Gebieten in den Heimatländern, die vom Krieg zerstört wurden, sind häufig als »Friedensstiftung« bezeichnet worden. Allerdings sind Entwicklung und Wiederaufbau hoch politisch, insbesondere im Krieg oder in einer Nachkriegssituation. Und es kann nicht angenommen werden, dass Geldüberweisungen oder Initiativen aus der Diaspora zum Wiederaufbau von Häusern und Schulen usw. notwendig einen konfliktpräventiven und/oder konfliktlösenden Effekt haben. Wie bei allen Entwicklungsinitiativen hat auch die aus der Diaspora unterstützte ökonomische Entwicklung das Potenzial zum Abbau von Konflikten und zur Unterstützung friedlicher Kooperation - oder zur negativen Beeinflussung der Konfliktsituation, indem militante Akteure und Strukturen oder zunehmende Konkurrenz und Frustration gestärkt werden, die Gewaltanwendung motivieren können.

Aus der Diaspora initiierte Geldtransfers und Entwicklungsprojekte kompensieren bis zu einem gewissen Grade ungleiche Entwicklungsmuster in Sri Lanka, indem marginalisierten Gruppen in armen Regionen (im Süden und im Nordosten) Ressourcen und Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Die verzeichneten Finanzüberweisungen nach Sri Lanka beliefen sich im Jahr 2004 auf $ 1,3 Milliarden, pro Kopf die höchsten in Südasien. Sie machten mehr als das Doppelte der Direktinvestitionsströme aus und kamen nach der Textilindustrie an zweiter Stelle der Ausfuhrgewinne (Lasagabaster, Maimbo, & Hulugalle 2005: 3). Viele dieser Überweisungen stammen von Arbeitsmigranten im Nahen Osten, stellen Einkommen für arme bäuerliche Familien dar und werden vor allem für das tägliche Überleben benötigt (Van Hear 2002).

Solche Geldüberweisungen und die Tätigkeit der aus der tamilischen Diaspora unterstützten humanitären und Entwicklungsorganisationen gleichen zum Teil das Fehlen privater oder öffentlicher Investitionen in den tamilischen Gebieten Sri Lankas aus. Dies kann Frustrationen verringern, die das Risiko in sich tragen, politisiert und zur Unterstützung des Kriegszwecks mobilisiert zu werden.

Freilich scheinen die Möglichkeiten der Diaspora, Geld für Alternativen zu einer kriegerischen Beschäftigung und zur Abhängigkeit von den kämpfenden Parteien zur Verfügung zu stellen, bisher nur in begrenztem Umfang realisiert zu sein. Während Entwicklungsorganisationen in gewissem Umfang neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, geht der Großteil des Geldes aus der Diaspora aufgrund der unsicheren Situation in privaten Konsum und Unterstützungsleistungen statt in langfristig angelegte Entwicklung und Beschäftigung. Geldüberweisungen und andere Einkommen der Diaspora sind wesentliche Ziele für bewaffnete Gruppen, die Zivilisten in den Kriegsgebieten erpressen bzw. besteuern. Das Ausmaß, in dem mit Überweisungen der Diaspora bewaffnete Gruppen direkt oder indirekt unterstützt werden, bedarf weiterer Untersuchungen.

In vielen Dörfern in dem vom Krieg in Mitleidenschaft gezogenen Norden ist die Unterstützung aus der Diaspora eine wichtige Quelle für die Entwicklung und die Wohlfahrt. Aber die Einkommen aus der Diaspora können auch neue Ungleichheiten hervorrufen, wenn die Trennungslinie zwischen den Armen und den relativ Vermögenden zwischen denen gezogen wird, die Verwandte im Ausland haben, und jenen, bei denen dies nicht der Fall ist. Ein weiteres Beispiel für eine durch die Diaspora beeinflusste ungleiche Entwicklung ist das Verhältnis zwischen dem Norden und dem Osten. Da es in der Diaspora eine Dominanz von Personen aus dem Norden gibt, fließen auch deutlich mehr Finanzmittel in diese Gebiete, während der ohnehin vernachlässigte Osten weiter zurückfällt. Die Vernachlässigung des Ostens durch die LTTE-Führung war ein Grund für die Spaltung der LTTE im Jahr 2004.

Ein weiteres Beispiel, wie die Handhabung von Entwicklung und Fürsorge Konflikte verschlimmern kann, zeigen die Nachwehen des Tsunami. Die spontanen Formen der über die ethnische Zugehörigkeit hinausgehenden Solidarität auf lokaler Ebene unmittelbar nach der Katastrophe wurden nicht durch freundliche Beziehungen und Kooperation auf der Makro-Ebene ergänzt. Im Gegenteil: Die Politik des Wiederaufbaus hat die nationalistischen Diskurse auf beiden Seiten gestärkt, was in der Folge wiederum Misstrauen und ein Gefühl ethnischer Diskriminierung an der Basis förderte (vgl. Sirisena 2005). Die LTTE beschuldigten die Regierung, die vom Tsunami betroffenen tamilischen Gebiete zu vernachlässigen und mobilisierten die Unterstützung der Diaspora, indem sie argumentierten, dass die LTTE und die tamilische Diaspora die einzigen Erlöser der notleidenden Tamilen seien. Das Versagen, einen gemeinsamen Mechanismus zur Verteilung der Spendengelder im Nordosten zu finden, gab den LTTE eine Rechtfertigung für diese Anklage. Die LTTE wurden im Gegenzug des Versuches beschuldigt, die in der Diaspora gesammelten Tsunami-Gelder zu monopolisieren, indem Unterstützung in Misskredit gebracht wurde, die nicht durch von den LTTE gebilligte oder kontrollierte Kanäle ging (vgl. UTHR-J 2005). Bei beiden Parteien ist es wahrscheinlich, dass sie den Zufluss an Finanzmitteln zum Wiederaufbau ihrer militärischen Stärke verwandt haben.

Schlussfolgerung: Beiträge der Diaspora zum Frieden?

Die verschiedenen Arten, in denen sich Tamilen und Singhalesen, die aus Sri Lanka ausgewandert sind, in der Politik ihrer Heimat engagieren legt die Vermutung nahe, dass es keine klare Antwort auf die Frage gibt, ob Gruppen in der Diaspora einen Beitrag zum Krieg oder zum Frieden leisten. Zunächst müssen wir uns vergegenwärtigen, dass eine Diaspora kein einheitlicher Akteur ist, der sich in den Konflikten in Sri Lanka auf nur eine Weise betätigt. Vielmehr gibt es zahlreiche verschiedene Auseinandersetzungen und politische Projekte in »einer Diaspora« und wir müssen aufmerksam gegenüber der Art und Weise sein, in denen Aspekte wie Geschlecht, Generationenzugehörigkeit, Aufenthaltsland usw. die Arten beeinflussen, in denen sich Menschen in und in Beziehung zu ihren Heimatländern engagieren.

Um die Rolle der Diaspora bei der Friedensstiftung zu ermessen, müssen wir auch klar bestimmen, was mit einem »Beitrag zum Frieden« gemeint ist. In Sri Lanka argumentieren die meisten Akteure, dass sie danach streben, einen Beitrag zum Frieden zu leisten. Die LTTE behaupten, dass sie Freiheitskämpfer sind und wahrer Frieden eintreten wird, wenn die tamilische Minderheit im Nordosten des Landes ihre Selbstbestimmung erhält - möglicherweise in Gestalt eines eigenen Staates. Die Regierung Sri Lankas und singhalesische Nationalisten argumentieren andererseits, dass der Konflikt ein terroristisches Problem ist und dass Frieden am besten durch die Vernichtung der Terroristen - d.h. der LTTE - zu erreichen ist. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es eine große Bandbreite von Ideen, was Frieden ist und wie er erreicht werden sollte.

Eine beunruhigende Verzerrung in der beginnenden Diskussion um den Beitrag der Diaspora zu Friedensprozessen ist die Tendenz, Frieden als »Stabilität« und »Ende der Gewalt« zu bezeichnen statt als »soziale Gerechtigkeit« und »Respekt vor den Menschenrechten«. Es gibt eine starke Voreingenommenheit gegenüber der Finanzierung von bewaffneten Konflikten (oder »Terrorismus«) aus der Diaspora und ein - zuweilen naives - Verlangen der Ermunterung von »Dialog« und »Verständigung«. Wenn Politiker sich bemühen, die Finanzierung bewaffneter Akteure durch die Diaspora zu unterbinden, während sie für Dialogaktivitäten eintreten, gehen sie das Risiko ein, die den Konflikten zugrundeliegenden Ursachen zu übersehen. Häufig wird eine implizite Trennung zwischen den »schlechten« Gruppen in der Diaspora, die terroristische Gruppen unterstützen, und den »guten« gemacht, die den inter-ethnischen Dialog fördern oder die politische Opposition in undemokratischen Staaten unterstützen. Was ein legitimer Kampf ist, wird tendenziell auf dem Wege unüberwindlicher Abneigung durch die internationale Gemeinschaft definiert. Daher müsste eine ernsthafte Diskussion über Beiträge, die die Diaspora für den Frieden leisten kann, ihren Ausgangspunkt in einer expliziten und kritischen Diskussion darüber haben, welche Art von »Frieden« gewünscht und machbar ist. Eine vereinfachende Kategorisierung von Gruppen in der Diaspora in »gut« und »böse« ist irreführend. Stattdessen müssen wir die Politik der Diaspora als komplexen Prozess betrachten, der schließlich zur Deeskalation von Krieg und zu gerechten und dauerhaften Lösungen von politischen Konflikten beiträgt oder auch nicht.

Literatur

Bivand Erdal, M. (2006): Contributing to development? Transnational activities among members of the Tamil diaspora in Norway. Masterarbeit in Human Geography, Universität Oslo.

Fuglerud, Ø. (1999): Life on the outside: The Tamil Diaspora and Long Distance Nationalism. London.

Human Rights Watch (2006): Funding the »Final War«. LTTE Intimidation and Extortion in the Tamil Diaspora, 18 (1).

Lasagabaster, E./Maimbo, S.M./Hulugalle, S. (2005): Sri Lanka's Migrant Labor Remittances: Enhancing the Quality and Outreach of the Rural Remittance Infrastructure, World Bank Policy Research Working Paper 3789. Washington, D.C.

Sirisena, M. (2005): Old Habits Die Hard: Nationhood in the Aftermath of Tsunami, in Polity, 2 (4), S.11-12.

UTHR-J (2005): A Tale of two Disasters and the Fickleness of Terror Politics. Information Bulletin no. 37. Colombo: University Teachers for Human Rights - Jaffna.

Valentine, D. (1996): Charred Lullabies: Chapters in an Anthropography of Violence. Ewing, NJ.

Van Hear, N. (2002): Sustaining societies under strain: Remittances as a form of transnational exchange in Sri Lanka and Ghana, in: Al-Ali, N./Koser, K. (Hrsg.): New Approaches to Migration? Transnational Communities and the Transformation of Home. London/New York.

Anmerkung

Der Beitrag basiert auf Feldforschungen in Sri Lanka, Kanada, Großbritannien und Norwegen, die vom Schwedischen Forschungsrat finanziell gefördert wurden.

Dr. Camilla Orjuela forscht und lehrt an der School of Global Studies der Universität von Göteborg, Schweden
Übersetzung: Fabian Virchow

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2008/2 Migration und Flucht, Seite