W&F 2008/2

Die iranische Position im Atomkonflikt

Historische und ideologische Hintergründe

von Annette Heppel

Hauptziel der internationalen Gemeinschaft ist es zu verhindern, dass die Islamische Republik Iran in den Besitz von Atomwaffen sowie der dafür erforderlichen Technologie kommt. Die iranische Führung hingegen besteht auf dem Recht des Landes zur zivilen Nutzung der Kernenergie gemäß dem Nichtverbreitungsvertrag. Der seit Jahren schwelende Konflikt hat sich seit dem Amtsantritt des iranischen Präsidenten Ahmadinedjad 2005 erneut zugespitzt und schien zeitweise unausweichlich auf eine Eskalation hin zu steuern. Um die Konfliktlage und das Verhalten der beteiligten Staaten zu verstehen, muss die Geschichte der Beziehungen zwischen dem Iran und dem Westen berücksichtigt werden.

Ein Haupthindernis für eine Verhandlungslösung ist das komplizierte Verhältnis zwischen der iranischen und der US-amerikanischen Führung, die seit 29 Jahren keine diplomatischen Kontakte mehr unterhalten. Diese Schwierigkeiten begannen jedoch nicht erst mit der islamischen Revolution im Iran 1979 und den Auswirkungen der dahinter stehenden Ideologie auf die iranische Außenpolitik, sondern sind in ihrer heutigen Form auch das Ergebnis einer langen Geschichte der Einmischungen des Westens insgesamt und der USA im Besonderen in die inneren Angelegenheiten des Iran.

Die Situation zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Persien war in dieser Zeit eines der wenigen islamischen Länder, die nicht kolonialer Macht unterstanden, auch wenn die Gefahr der Aufteilung in eine russische und eine britische Einflusszone bestand, da beide Staaten eine vorherrschende Machtposition in der Region anstrebten. 1872 erhielten die Briten erstmals eine Konzession zum Abbau der persischen Bodenschätze, die »Imperial Bank of Persia« und die »Anglo Persian Oil Company« wurden zu den wichtigsten Instrumenten britischer Einflussnahme im Land. Russland sicherte sich 1900 persische Zollrechte und 1902 das Monopol für wichtige Bedarfsgüter. Es betrachtete Persien als Weg nach Indien und zum Persischen Golf und hatte daher kein Interesse an einer starken Regierung. Großbritannien interessierte sich für den Handelsweg über den persischen Golf und wollte die russische Einflusssphäre in der Region möglichst klein halten. Beide Länder wollten ein enges Bündnis mit der persischen Oberschicht eingehen, da die Bevölkerung bereits gegen die Einmischung von außen und die anhaltende Unterdrückung durch den Schah aufbegehrte. Wachsender Unmut über die politische Abhängigkeit und den fortschreitenden wirtschaftlichen Ausverkauf Persiens schuf eine Protestbewegung, die Konservative und Modernisten im Widerstand gegen die Regierung einte und in die konstitutionelle Revolution von 1905-1911 mündete.

Briten und Russen, die den Schah im Kampf gegen die Verfassungsrevolutionäre unterstützten, schlossen im August 1907 einen Vertrag, der das Land einteilte in eine britische Zone im Süden, eine russische im Norden und eine neutrale Zone dazwischen. Das persische Parlament wollte sich mit Hilfe eines US-Experten aus der finanziellen Abhängigkeit von Großbritannien und Russland befreien, wurde jedoch von der russischen Regierung Ende 1911 unter Druck gesetzt, diesen zu entlassen und Ausländer nur noch mit ihrer Billigung zu ernennen. Die militärische Durchsetzung dieser Forderung und die folgende Auflösung des Parlaments führten zum Scheitern der Verfassungsrevolution. Als sich die russischen Truppen nach der Oktoberrevolution zurückzogen, drängte die britische Regierung auf den Abschluss eines Vertrages, nach dem sie ihre Experten in allen Ministerien und Ämtern einsetzen und ihre Truppen überall in Persien stationieren könnte. Im August 1919 unterzeichnete der Premierminister diesen Vertrag, der der nationalrevolutionären Bewegung neuen Auftrieb verschaffte, im Parlament jedoch keine Mehrheit fand. Die Lage beruhigte sich 1921 durch den Abzug der sowjetischen Truppen und die Kündigung des Vertrages, der Großbritannien ein Wirtschaftsmonopol in Persien gesichert hätte, zunächst wieder. Die Revolutionäre steuerten auf eine republikanische Verfassung zu, die Armee war zum Garanten des Nationalstaates und der Einheit des Reiches geworden. Doch schon bald offenbarte sich ein gravierender Mangel der daraufhin eingerichteten Militärdiktatur: der persischen Armee fehlte ein politischer Arm, ohne den die Einrichtung einer Republik nicht möglich war. Diese Lücke füllten die konstitutionalistischen und konservativen Kleriker bald aus und schufen somit bereits die Basis für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz ihrer Funktion als legitimationsstiftende Instanz. Auch wenn Persien seine kaiserliche Ordnung zunächst bewahren konnte, blieb das Kaisertum ohne jegliche zivile Integration eine Militärdiktatur.

Die Pahlavi-Dynastie

Auf Druck der Geistlichen änderte der im Oktober 1923 zum Premierminister ernannte Reza Khan seine ursprünglichen Pläne, eine Republik nach türkischem Vorbild einzurichten, und versprach, die Verfassung von 1906 mit der Kontrolle der Gesetzgebung durch Geistliche anzuwenden. Ende 1925 setzte das Parlament den Schah ab und erhob Reza Khan zum Schah. Bei der Bewertung dieses Staatsstreiches sind zwei Aspekte hervorzuheben: Einerseits wurde der Putsch als ein von den Briten geplantes und gelenktes Komplott betrachtet, durch das Persien zum Bollwerk gegen den neuen sowjetischen Staat und zum Garanten der britischen und somit westlichen Interessen in der Region werden sollte. Zum Zweiten stellte der Putsch die innere Sicherheit und Stabilität Persiens wieder her, die zuvor durch die schwache Zentralregierung und separatistische Bewegungen stark gefährdet waren. Durch die Übertragung des Notenemissionsrechts von der Imperial Bank of Persia auf die persische Nationalbank konnte sich der Staat 1931 wieder das Außenhandelsmonopol für wichtige Exportgüter sichern. Auch die industrielle Entwicklung des Landes sollte vorangetrieben werden. Reza Schahs Modernisierungspolitik war mit einer Säkularisierung verbunden und reduzierte die Privilegien der Geistlichen.1 Der Erdölsektor wurde jedoch weiterhin von den Briten dominiert.

Unmittelbar nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erklärte der 1935 umbenannte Iran seine Neutralität. Nach dem Einmarsch britischer und sowjetischer Truppen 1941 musste Reza Schah zugunsten seines Sohnes abdanken, der bereits Anfang 1942 einen Bündnisvertrag mit der UdSSR und Großbritannien abschloss. Der innenpolitische Widerstand gegen die fortdauernde Einmischung westlicher Staaten formierte sich bald. 1944 verkündete der Abgeordnete Muhammad Mossadeq eine »Politik des negativen Gleichgewichts« mit dem Ziel, keine weiteren Konzessionen an das Ausland zu vergeben und die bestehenden zu annullieren. Die Abhängigkeit von Großbritannien und den USA wurde nach Kriegsende immer offensichtlicher und Mossadeqs Bewegung »Nationale Front« wollte dies nicht mehr länger hinnehmen. Im Mittelpunkt stand der Vertrag mit der britischen Anglo Iranian Oil Company (AIOC), die das wirtschaftliche und politische Leben des Landes stark beeinflusste, sowie die Vergabe von Erdölkonzessionen an die UdSSR durch die Regierung gegen den Widerstand des Parlaments. Die Annullierung dieses Vertrags wurde zunehmend zur nationalen Frage und die Bewahrung der nationalen Souveränität mit der Entscheidungsgewalt über die Ölvorkommen gleichgesetzt. Die »Nationale Front« startete 1949 eine Kampagne zur Nationalisierung der Erdölindustrie und kämpfte um eine Mehrheit im Parlament dafür. Mossadeq wurde Ende April 1951 zum Premierminister gewählt und das Parlament bestätigte seine Pläne. Die AIOC wurde in National Iranian Oil Company (NIOC) umbenannt und die britischen Experten mussten das Land verlassen. Nach erfolglosen Verhandlungen brach die britische Regierung den Kontakt mit Teheran ab und propagierte einen internationalen Boykott der iranischen Erdölexporte, dem sich entgegen den iranischen Erwartungen auch die USA anschlossen, was die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Iran verschärfte. Die Verstaatlichung der Erdölindustrie hatte international große Bedeutung und traf Großbritannien am stärksten. Die USA sahen ihre Chance, dessen Position als vorherrschende Macht am Golf einzunehmen, stießen jedoch durch die »negative Gleichgewichtspolitik« Mossadeqs auf massive Widerstände im Land und sahen als einzigen Ausweg nur den Sturz des Premierministers. Zwar gelang es Mossadeq im Frühjahr 1953, seine Position zu stabilisieren, er hatte jedoch mittlerweile die Unterstützung der Militärs endgültig verloren, die mit amerikanischer Hilfe einen Staatsstreich vorbereiteten. Am 19. August 1953 wurde seine Regierung durch einen Putsch gestürzt. Als Hauptakteur hierbei wird im Iran der amerikanische Geheimdienst CIA angesehen, US-Präsident Roosevelt gilt als der geistige Vater des Putsches. Innenpolitisch begünstigt wurde der Putsch durch die Spaltung der »Nationalen Front«, da sich die Geistlichen innerhalb der Bewegung verstärkt gegen Mossadeqs Politik der Fortsetzung der säkularen Tradition der konstitutionellen Revolution stellten.2

Nach dem Putsch propagierte der Schah einen propagandistischen »positiven Nationalismus«, der neben der Sicherung nationaler Interessen und der Unabhängigkeit auf die ‚Erhöhung des Lebensstandards und Stärkung des gesellschaftlichen Nationalbewusstseins' abzielte. Er schloss jedoch 1959 ein Militärabkommen mit den USA, das die engen Beziehungen weiter festigte und sowohl seinen persönlichen Machtambitionen wie auch den wirtschaftlich-strategischen Interessen der USA in der Region diente. Seine so genannte »Weiße Revolution« von 1963 mit einer umfassenden Bodenreform scheiterte und führte zur Verarmung der Landbevölkerung. Als Reaktion auf die sinkende einheimische Produktion ließ der Schah in wachsendem Umfang Lebensmittel importieren, was die Abhängigkeit von US-Nahrungsmittelkonzernen und die West-Bindung verstärkte. Die Einführung eines westlichen Erziehungssystems trug zur Entfremdung von der iranischen Kultur bei und rief den Widerstand der islamischen Gelehrten hervor. Bereits im Juni 1963 kam es unter der Führung von Ayatollah Khomeini zu Massenaufständen gegen die »Weiße Revolution«, die nur durch massiven Einsatz von Armee, Polizei und Geheimdienst niedergeschlagen werden konnten. Khomeini kritisierte den Schah öffentlich für seine politische, wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit Israel, das er in erster Linie als »Stellvertreter der USA und des Westens« in der Region ansah.3 Auch die ungenügende Abwehr von Eingriffen fremder Interessen in die iranische Wirtschaft und Innenpolitik durch den Schah führte dazu, dass sich die Menschen schließlich mehrheitlich gegen ihn stellten und sich statt dessen 1978/79 der von Khomeini angeführten Islamischen Revolution anschlossen.

Nach der Islamischen Revolution

Mit der Gründung der Islamischen Republik Iran im März 1979 erfolgte die Einführung des Prinzips der Herrschaft der Rechtsgelehrten als neue politisch-revolutionäre Ideologie. Somit wurde die traditionell unpolitische und quietistische Schia zur alles bestimmenden Kraft im Land. Die Idee einer politisch aktiven Schia entstand nicht aus dem Gedankengut des Klerus, sondern wurde von iranischen Intellektuellen unter dem Eindruck kultureller Überfremdung und wirtschaftlicher Ausbeutung entwickelt. Revolutionsführer Ayatollah Rûhollâh Khomeini lebte zwar seit 1964 im Exil, hatte durch die Verbreitung von Tonbandkassetten seiner Reden jedoch großen Einfluss auf die öffentliche Meinung im Land. Ihm gelang es so, eine Massenbewegung gegen die Diktatur des Schahs hervorzurufen, die das Regime schließlich stürzte. Dadurch änderte sich auch die Position des Iran innerhalb der internationalen Gemeinschaft. Das Schah-Regime war bis 1979 der wichtigste Bündnispartner des Westens und Israels in der islamischen Welt, die Islamische Republik schlug jedoch einen explizit antiwestlichen Kurs ein und strebte die Hegemonie in der islamischen Welt an. Deutlichstes Zeichen hierfür war die Propagierung des Exports der Islamischen Revolution unter der Führung Irans.4 Eines der ersten republikanischen Dekrete ordnete die vollständige staatliche Kontrolle über das Erdöl an und im März 1979 verkündete die NIOC den Ausschluss internationaler Konzerne von allen Erdölgeschäften. Auch der Außenhandel wurde unter das Monopol des Staates gestellt. Da sich die soziale Situation der Bevölkerung jedoch kaum verbesserte, entlud sich deren Unmut bald in Protesten und Aufständen. Am 4. November 1979 besetzten Theologiestudenten die US-Botschaft in Teheran und nahmen die Mitarbeiter als Geiseln. Dies bot dem neuen Regime ein willkommenes Ventil für den ‚Zorn des Volkes gegen seine imperialistischen Unterdrücker'.5 In den folgenden Monaten wurden täglich Demonstrationen vor dem Botschaftsgebäude organisiert, um das Volk im gemeinsamen Kampf gegen den Einfluss des Auslands zu einen.

Die US-Regierung betrachtete die Islamische Revolution als Affront gegen ihre globale Vormachtstellung und ihre Interessen in der Golfregion. Daher bemühte sie sich um eine Umkehrung dieses Prozesses und unterstützte die konterrevolutionäre Bewegung. Unter Führung der CIA baute diese Terrorbanden auf, die Anschläge auf führende Vertreter des Regimes verübten und die US-Administration unterstützte die monarchistischen und konterrevolutionären bewaffneten Verbände im In- und Ausland. Weitere Methoden waren die Anheizung der Inflation durch massenhafte Falschgeldeinfuhr, Schüren von Aufständen nationaler Minderheiten, Bestechung von Beamten der provisorischen Regierung sowie massenhafte Ausschleusung von Vertretern des alten Regimes.

Die außenpolitische Konzeption der islamischen Revolution

Die iranische Revolutionsideologie beinhaltet eine starke außenpolitische Komponente, da der Islam nach Khomeinis Definition als ewig gültiges Normen-, Werte- und Rechtssystem Abhängigkeit und Unterdrückung unmöglich macht. Die Islamische Revolution sei ein »Geschenk an die Menschheit«, vor allem an die Benachteiligten und Unterdrückten und habe daher keinen nationalen Bezug. Die Revolutionäre sahen darin den Auftrag, dem Islam universelle Geltung zu verschaffen. Die Muslime müssten islamische Regierungen bilden und eine gemeinsame Front gegen die Feinde des Islam bilden. Auch die Ziele und Methoden der Außenpolitik eines islamischen Staates sollten von der Vollkommenheit des Islam bestimmt werden. Khomeini rief Muslime anderer Staaten immer wieder dazu auf, sich gegen ihre »degenerierten« Herrscher zu erheben und dann über die schrittweise Errichtung islamischer Staaten die Vorraussetzungen für die Existenz einer islamischen Gemeinschaft ohne nationale Grenzen zu schaffen. Die iranische Revolution war für ihn demnach nur der Ausgangspunkt für eine weltweite Ausbreitung seiner islamischen Staatsidee. Deren Export wurde zum bestimmenden Faktor der frühen, von Khomeini direkt bestimmten iranischen Außenpolitik und sollte mit den verschiedensten Mitteln verwirklicht werden. So unterstützte Iran muslimische Oppositionsbewegungen in anderen Ländern durch Waffen, Geld und Ausbildung, veranstaltete internationale Kongresse und nutzte die Medien intensiv für umfangreiche Propaganda. Khomeini versicherte zwar mehrfach, dass der Iran keine militärischen Interventionen zur Durchsetzung der Revolutionsideale in anderen Staaten plane, ließ jedoch nie Zweifel daran aufkommen, dass das Konzept der Auflehnung gegen »unislamische« Regierungen sehr wohl exportiert werden sollte.6 Dass Khomeini nicht nur Kritiker des Westens war, sondern ein eigenes Herrschafts- und Regierungssystem propagierte, das er weltweit verbreiten wollte, wurde in vielen westlichen Staaten als Herausforderung betrachtet.

Politische Nachwirkungen heute

Kurz vor seinem Tod im Juni 1989 charakterisierte Khomeini die gesamte gegenwärtige Epoche als die der Auseinandersetzung zwischen den Muslimen und den USA, die in seinen Augen für alle Übel dieser Welt verantwortlich sind. Nur ihr Wirken verhindere die Annahme des Islam durch alle Menschen, sie seien der Hauptfeind des Iran und aller Muslime. Daher könne mit der amerikanischen Führung niemals und in keiner Frage eine Übereinstimmung erzielt werden. Auch viele Jahre später gilt diese »Linie des Imam« als geistige und politische Richtschnur der iranischen Staatsführung. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war zwar die latente Bedrohung durch die östliche Supermacht verschwunden, gleichzeitig jedoch auch der strategische Nutzen der gegenseitigen Reduzierung des Bedrohungspotentials beider Supermächte.

Auch wenn die neunziger Jahre durch einen Prozess der Normalisierung der internationalen Beziehungen und eine realistischere Außenpolitik Irans geprägt waren, änderte sich doch nichts an der grundsätzlich ablehnenden Haltung gegenüber den Vereinigten Staaten. So wirft Khomeinis Nachfolger Alî Châmene'î den USA nicht nur vor, sich aus der »Erbmasse« des sozialistischen Lagers zu bedienen und der gesamten Welt ihren Willen aufzuzwingen, sondern nun auch die »Konfrontation mit dem Islam« zu suchen. Er propagiert somit eine neue Bipolarität des internationalen Systems, einen Antagonismus, dessen Hauptprotagonisten ein von den USA dominierter Westen und die islamische Welt sein würden. Im Islam sei eine wirkliche Alternative gegeben, die der Westen aus Angst vor Machtverlust jedoch nicht annehmen wolle. Somit sei die politische Welt der Gegenwart in einem Raster mit zwei antagonistischen Polen gefangen: die Welt der Arroganz des materialistischen Westens und die Welt des Islam. Diese unveränderte ideologische Positionierung wird noch verschärft durch die in den letzten Jahren massiv veränderten sicherheitspolitischen Gegebenheiten. Auch wenn Teheran weder mit dem Nachkriegsirak Saddam Husseins noch mit dem von den Taliban beherrschten Afghanistan gute nachbarschaftliche Beziehungen unterhielt, so stellt die wachsende amerikanische Truppenpräsenz in fast allen Nachbarländern in den Augen der iranischen Führung eine ungleich größere Bedrohung dar - insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Regimewechsel im Iran zu den erklärten Zielen der USA zählt, die eine militärische Option zur Durchsetzung ihrer strategischen Interessen am Golf explizit nicht ausschließen.

Literatur

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Beestermöller, G./Justenhoven, H.-G. (Hrsg.) (2006): Der Streit um die iranische Atompolitik. Völkerrechtliche, politische und friedensrechtliche Reflexionen. Stuttgart.

Fürtig, H. (1998): Islamische Weltauffassung und außenpolitische Konzeptionen der iranischen Staatsführung seit dem Tod Ajatollah Khomeinis. Berlin.

Ghafouri, S. (1999): Iran. Religion, Kultur, Staat. Eine Studie zum Werdegang einer Nation. Aachen.

Gronke, M. (2003): Geschichte Irans. Von der Islamisierung bis zur Gegenwart. München.

International Crisis Group/ICG, Middle East Report/MER No. 18: Dealing with Iran's Nuclear Program; Amman/Brüssel, 27.10.2003.

ICG/MER No. 51: Iran: Is there a Way out of the Nuclear Impasse?, Brüssel/Washington/Teheran, 23.02.2006.

Internationale Politik: Die neue Welt der Atommächte; August 2006, S.6-66.

Kalinowski, M. (2006): Das Nuklearprogramm des Iran - zivil oder militärisch?; in: Atomenergie: Zugriff zur Bombe; W&F 1/2006, Dossier 51, S.6-11.

Nirumand, B. (2006): Iran - Die drohende Katastrophe. Köln.

Schaper, A./Schmidt, H.-J. (2005): Gefährdungen des nuklearen Nichtverbreitungsvertrages? Nordkorea, Iran und die USA, in: Friedensgutachten 2005. Münster, S.135-144.

Schaper, A./Schmidt, H.-J. (2006): Eine unendliche Geschichte? Irans und Nordkoreas Nuklearprogramme, in: Friedensgutachten 2006. Münster, S.187-197.

von Randow, G./Ladurner, U. (2006): Die iranische Bombe. Hintergründe einer globalen Gefahr. Hamburg.

Anmerkungen

1) So wurde das traditionelle Jurismonopol der Geistlichen eingeschränkt durch die Zurückdrängung der religiösen Gerichte zugunsten der weltlichen und der Aufhebung der Notarfunktion für Geistliche bei Rechtsgeschäften und Verträgen. Dadurch verloren die Kleriker einen Großteil ihres gesellschaftlichen Einflusses und eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen.

2) In diesem Machtvakuum bildete sich eine »patriotische« Gruppe zur »Rettung von Vaterland und Königtum gegen extremistische Tendenzen«, die mit Geldern der CIA unterstützt wurde.

3) Es gab Pläne zur Unterzeichnung eines Vertrages, der Israel großen wirtschaftlichen Einfluss und Zusammenarbeit mit Armee und Geheimdienst im Iran sichern sollte.

4) Dieses Konzept wurde bereits in der Präambel der Verfassung der Islamischen Republik verankert: „Die Verfassung schafft durch die Berücksichtigung des islamischen Gehalts der Revolution (...) die Grundlage für die Fortdauer dieser Revolution im In- und Ausland.“

5) Während der Besetzung wurden in der Botschaft brisante Geheimdokumente gefunden, die die Unterstützung der USA für Repräsentanten des Schah-Regimes belegten. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, ob die Studenten auf direkte Weisung Khomeinis handelten oder nicht. Die Auswirkungen dieser Aktion waren jedoch von großem Nutzen für das klerikale Regime und sie wurde nachträglich mehrfach von Khomeini öffentlich gerechtfertigt.

6) Khomeini verwendete in diesem Zusammenhang sehr oft den Begriff des jihad und legitimierte Muslime in islamischen Ländern, Herrscher, die sich nicht an islamische Gesetze hielten, exemplarisch zu bestrafen.

Annette Heppel ist Politologin mit den Schwerpunkten Naher Osten und islamistischer Terrorismus. Bis Dezember 2007 war sie Geschäftsführerin der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative. Zurzeit arbeitet sie an einer Studie über Hamas und Hizb'allah.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2008/2 Migration und Flucht, Seite