W&F 1992/1

Editorial

von Paul Schäfer

die neunziger Jahre erweisen sich immer mehr als Schlüsseldekade.

Gegenwärtig scheint wenig Hoffnung, daß die »Sieger des Kalten Krieges« ihre eigenen ruinösen Politiken in Frage stellen. Eher wird Krisenmanagement as usual betrieben. Während die Ausweitung des Ozonlochs immer beängstigendere Ausmaße annimmt, diskutieren die Politiker auf ihren internationalen Konferenzen über Eingreiftruppen. Während Millionen Menschen nichts dringlicher als Brot brauchen, verhandeln »Staatsmänner« über Importquoten für PKWs. Während die Friedensdividende bitter zur Sanierung der Weltökonomie gebraucht wird, fordern die Abschreckungsstrategen aufwendige Raketenabwehrsysteme.

Die Bewältigung der Weltprobleme verlangt grundsätzliche Änderungen: die Abkehr von bisherigen Denk- und Lebensgewohnheiten v.a. in den »Metropolen«, ein Infragestellen gewachsener Machtstrukturen in Industrie- und Entwicklungsländern, eine Beendigung hegemonialer und konfrontativer Politiken in den Internationalen Beziehungen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und zur Lösung dieser Probleme beitragen. Darum geht es schwerpunktmäßig in diesem Heft.

Die Mitgliederversammlung des Vereins Informationsdienst Wissenschaft & Frieden Anfang Januar hat sich viel vorgenommen. Durch langfristigere Heftplanung sollen möglichst viele Ideen Eingang finden. Zu den Schwerpunktthemen sollen Projektgruppen initiiert werden, die die Vorbereitung mittragen. Die anvisierten Themen 92 lauten: Nord-Süd; europäische Sicherheitsarchitektur; Ursprünge der Gewalt. Dies ist eine Einladung zur Mitarbeit.

Mit dieser Ausgabe beende ich mein Engagement als verantwortlicher Redakteur des Informationsdienstes. Soweit es meine neue Tätigkeit zulässt, werde ich in der Redaktion mitarbeiten. Die Diplom-Politologin Caroline Thomas, die u.a. am Berghof-Institut für Friedens- und Konfliktforschung gearbeitet hat, soll die Nachfolge übernehmen.

Ich wünsche Ihnen den langen Atem, der nötig sein wird, um die Welt von der Geißel des Krieges und des Militarismus zu befreien.

Ihr Paul Schäfer

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1992/1 Wissenschaft und Verantwortung, Seite