W&F 2022/3

Es stand in W&F…


Auswirkungen des Steinkohleimports aus Kolumbien

Vor dem Hintergrund steigender Steinkohle-Importe aus Kolumbien wurde auch in der Öffentlichkeit über die Auswirkungen die Steinkohleförderung auf die Lebensbedingungen der dortigen Bevölkerung diskutiert. Die vielfach debattierte Mine »El Cerrejón« wurde in W&F 2/2022 aus postkolonialer Perspektive betrachtet: Theresa Bachmann analysierte darin das neokoloniale Wirtschaftsverhältnis der fossilen Energiewirtschaft. Ihr besonderer Fokus galt der indigenen Gemeinschaft der Wayúu. Das Fazit: Die Geschichte El Cerrejóns liest sich bis dato wie eine Chronologie der Gewalt und Straflosigkeit.

Militärische Aktivitäten im Sahel

Die Veränderung der Einsatzmandate der Bundeswehr bei den EUTM und MINUSMA- Missionen wird begründet mit den sich verändernden Konfliktbedingungen vor Ort. In W&F 1/2021 und W&F 2/2022 zeichnete Dolly Afoumba die militärpolitischen Einflussnahmen ehemaliger Kolonialstaaten im Sahel eindrücklich nach und kritisierte diese fortgesetzten Abhängigkeiten. Ebenfalls in Heft 1/2021 beschrieb Christoph Marischka die Ertüchtigungspolitiken europäischer Staaten in einer Reihe von Sahelländern.

China als Systemrivale

Im Auswärtigen Amt wird derzeit eine »China-Strategie« erarbeitet, die sich damit beschäftigen soll, mehr Distanz zu schaffen und wirtschaftliche Abhängigkeiten zu reduzieren. Auch die Lieferketten deutscher Unternehmen gerieten verstärkt in den Blick, um Zwangsarbeit und Menschenrechtsverletzungen auszuschließen, betonte Außenministerin Baerbock im Bundestag auf Nachfrage von Abgeordneten. W&F 4/2021 hat sich ausführlich der Frage gewidmet, wie diese graduelle Schaffung von China als Systemrivalen zu sehen ist. Dabei schlussfolgerten die Autor*innen im Großen und Ganzen, dass eine fortgesetzte Feindbildkonstruktion von China nur nachteilig sein könne.

Berliner Notizen

Anmerkungen aus dem Politikbetrieb


Kein Unterausschuss Zivile Krisenprävention

Der Bundestagsausschuss für Auswärtiges hat in dieser Legislaturperiode keinen eigenständig tagenden Unterausschuss »Zivile Krisenprävention« mehr. Wie aus Quellen verlautete, wurden die Inhalte dem Unterausschuss »Vereinte Nationen« zugeordnet. Daher strukturiert sich die Arbeit des Ausschusses neuerdings in die Unterausschüsse »Abrüstung«, Kultur- und Bildungspolitik«, »Klima und Energiepolitik« und »Vereinte Nationen«. Inhaltliche Auswirkungen dieser Entscheidung werden abzuwarten sein.

Bundestag verabschiedet Grundgesetzänderung für Aufrüstung

Die Bundesregierung hatte in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine beschlossen, ein Sondervermögen für die Bundeswehr einzurichten. Ziel des Sondervermögens solle laut Begründung der geplanten Grundgesetzänderung die „Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit“ sein. Aus dem Sondervermögen sollen „festgelegte überjährige Großvorhaben insbesondere der Bundeswehr zusätzlich zum eigentlichen Verteidigungshaushalt“ finanziert werden. Aufgrund der notwendigen Zweidrittelmehrheit für die Verabschiedung der geplanten Grundgesetzänderung musste die Bundesregierung notgedrungen Änderungen am »Bundeswehrfinanzierungs- und sondervermögensgesetz – BwFinSVermG« nach eingehender Beratung des Haushaltsausschusses akzeptieren.

Sowohl bezüglich erweiterter Cybersicherheitsmaßnahmen, Ausrüstung und Ertüchtigung von dritten Staaten als auch bezüglich der Garantie für die Einhaltung der 2 %-Zielsetzung der NATO verweist der Gesetzestext auf die mögliche Erweiterung der regulären Haushaltsmittel. Infolge der Gesetzesverabschiedung ist mit einem weiteren Anstieg der Mittel für den Rüstungshaushalt zu rechnen.

Untersuchungsausschuss zu Afghanistan etabliert

Der 1. Untersuchungsausschuss der 20. Wahlperiode hat sich am 8. Juli 2022 konstituiert. Er soll Umstände und Verantwortlichkeiten rund um den Abzug der Bundeswehr im Rahmen des Rückzugs der internationalen Kräfte aus Afghanistan zwischen Februar 2020 und September 2021 aufklären. Ein »Gesamtbild« über die Geschehnisse nach der Machtübernahme der Taliban im Zuge des Doha-Abkommens und über das Entscheidungsverhalten von Bundesregierung, Behörden und deren Zusammenwirken mit ausländischen Akteuren müsse sich der Untersuchungsausschuss verschaffen, so Bundestagspräsidentin Bas. Vor allem Lehren für zukünftige Operationen müsse der Ausschuss aus der Untersuchung des dramatischen Abzugs aus Afghanistan ziehen. Es solle jedoch nicht darum gehen, Schuldige zu benennen.

Anträge auf veränderte Mali-Mandate

Die Bundeswehr soll die Beteiligung an der EU-geführten Ausbildungsmission EUTM Mali (European Union Training Mission Mali) fortsetzen, den Schwerpunkt allerdings auf das Nachbarland Niger verlagern und deutlich weniger Personal einsetzen – nun sollen bis zu 300 statt wie bisher bis zu 600 Bundeswehrsoldat*innen entsandt werden können. Dagegen soll die Bundeswehr sich ein weiteres Jahr an der MINUSMA Mission in Mali beteiligen und dabei mehr Personal einsetzen können als bisher. Statt wie bisher 1.100 Soldat*innen sollen nunmehr bis zu 1.400 entsendet werden können. Dies sei notwendig, da die französische Regierung ihre Militäreinsätze »Barkhane« und »Takuba« beende. Die Mission sei weiterhin erforderlich, um wirksam zur Umsetzung des Friedensabkommens von Algier beizutragen, schreibt die Bundesregierung.

Die Verkleinerung der EUT-Mission dagegen ergebe sich aus der reduzierten Ausbildungsarbeit seit dem Putsch im August 2020 in Mali und dem Verhalten der dortigen Regierung. EUTM Mali habe das Training als Reaktion auf den Putsch zeitweise völlig ausgesetzt, danach reduziert, um auf die Machtübernahme zu reagieren. Die Mandate beider Einsätze sind bis Ende Mai 2023 befristet. Die einsatzbedingten Kosten für EUTM beziffert die Bundesregierung auf rund 93 Mio. €, das Mandat für MINUSMA auf rund 453 Mio. €.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2022/3 Krieg gegen die Ukraine, Seite 4