Es stand in W&F…
Es herrscht Krieg in der Ukraine und die dahinterstehenden Konflikte haben mit dem 24. Februar eine eklatante Verschärfung erfahren. Das betrifft die innerukrainischen Herausforderungen ethnisierter Konfliktdynamiken; es betrifft die Konflikte um Sezessionsbemühungen im Osten des Landes; es betrifft das Verhältnis zwischen der russischen Föderation und der NATO als Organisation sowie einzelnen NATO-Staaten; es betrifft das Ringen um die Hegemonie der Ordnungsvorstellungen. All dies stellt auch Friedenspolitik vor Herausforderungen: welche Vorschläge können gemacht werden? Wie kann friedenspolitisch in diesem Konflikt interveniert werden? Wie kann langfristig eine Veränderung der Situation hin zum Frieden gelingen? Dazu ein paar knappe Anregungen aus W&F:
Frieden verhandeln, zivil intervenieren
Heft 3/2015 titelte mit »Friedensverhandlungen«. Im Heft setzten sich mehrere Autor*innen mit der Frage auseinander, welche Mindestbedingungen für Friedensverhandlungen eigentlich bestehen müssen (Gießmann/Schäfer) und wann eigentlich Verhandlungen geeignet sind (Hippler). Das Heft bietet grundsätzlich zu Friedensverhandlungen wertvolle Anregungen und lässt Hoffnungen auf und Erwartungen an Verhandlungen in einem realistischen Licht erscheinen.
In W&F wurde zur Ukraine und den Chancen aber auch Gefahren ziviler Intervention durch Drittparteien eine Auseinandersetzung zwischen Velten Schäfer (»Zivile Aggression? Die Ukraine, die deutsche Außenpolitik und die Friedensbewegung«, 4/2015) und Björn Kunter (»Es braucht mehr Solidarität! Replik auf Velten Schäfer«, 1/2016) publiziert, die auch heute wieder lesenswert erscheint, macht sie doch die – vielleicht zwangsläufige – Spannung zwischen Solidarität und Vereinnahmung, Eskalationsgefahr und Deeskalationsmöglichkeiten deutlich. Weitere zivile Optionen der Konflikttransformation erläutern die Dossiers zu »Zivilem Peacekeeping« (No. 83) und »Friedenslogik statt Sicherheitslogik« (No. 75).
Stärkung der OSZE!
Erst im letzten Jahr ist zudem das Dossier »Mehr „Gemeinsame Sicherheit“ wagen« (No. 92) erschienen. In diesem Heft warben mehrere Autor*innen dringend für eine aktive, offene und vorbedingungsfreie Stärkung der Rolle der OSZE als entspannungspolitischer Institution: Es müsse darum gehen, so beispielsweise Zellner, spätestens zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Schlussakte der KSZE 2025 eine große Konferenz zur Zukunft der Friedensordnung einzuberufen – und mit den Vorbereitungen dazu jetzt schon zu beginnen. Der Aufruf dazu könnte aktueller nicht sein.
Hintergründe zum Konflikt
Natürlich hat W&F auch in den vergangenen Jahrzehnten Texte zur Ukraine und zur russischen Politik veröffentlicht. In Heft 2/1994 ergründete Lars Colschen, wie sich die Denuklearisierung der Ukraine nach dem Ende der Sowjetunion vollzog (»Die Kernwaffen in der Ukraine« von Lars C. Colschen). Da heute auch wieder viel auf diese Zeit referiert wird, ist dies eine hilfreiche und detaillierte Analyse des Vorgangs als Basiswissen für alle Interessierten.
Allen, die die Vorgänge 2014 um die Sezessionsbestrebungen in der Ostukraine und die Annexion der Krim noch einmal vertiefen wollen, seien die Analysen von Uli Cremer zum »Ukraine-Konflikt und geopolitische Eigentore« (2/2014) und Paul Schäfer (»Wie weiter im Ukraine-Konflikt? Einige Streiflichter und Anregungen zur Debatte«, 1/2016) zur Lektüre empfohlen.
Das Archiv der Hefte und Dossiers der vergangenen Jahre ist auf www.wissenschaft-und-frieden.de vollständig frei einsehbar. Hefte und Dossiers sind im Webshop noch käuflich zu erwerben. (DS)