W&F 1993/2

Friedenserhaltende Operationen

Rechtliche und politische Grundlagen von Blauhelm-Einsätzen in Norwegen und Japan

von Wolfgang Biermann

Seit 1987 wird in der Bundesrepublik diskutiert, ob und wenn ja in welcher Form die BRD sich an Operationen der UN beteiligen soll. Insbesondere seit der Vereinigung wird der Ruf nach der Verantwortung, dem das neue Deutschland gerecht werden muß, immer lauter. Unter der Chiffre »Verantwortung« verbergen sich jedoch ganz unterschiedliche politische Motivationen und es resultieren ganz verschiedene Forderungen daraus. An dem einen Ende des Spektrums wird jegliche Beteiligung der Bundeswehr an UN-Einsätzen abgelehnt und dem Einsatz deutscher Soldaten eine zivile Komponente zur Unterstützung der UN entgegengesetzt. Die entgegengesetzte Position fordert eine Beteiligung der Bundeswehr an multilateralen Kampfeinsätzen, da die BRD heute die Sicherung des Weltfriedens nicht mehr ausschließlich anderen Staaten überlassen könne.
Eine Mittelposition befürwortet eine Beteiligung der Bundeswehr an Peace-Keeping Operationen (sog. Blauhelm-Missionen), will aber die Beteiligung an Kampfeinsätzen (sog. Friedensschaffende Maßnahmen nach Kap. VII der UN-Charta) nicht zulassen. Im Folgenden beschreibt Wolfgang Biermann am Beispiel von Japan und Norwegen, wie ein solcher »Kompromiß« umgesetzt werden kann. Norwegen ist neben Österreich und den anderen skandinavischen Staaten der wichtigste Ansprechpartner der UN für Peace-Keeping Operationen. Norwegische Soldaten beteiligen sich seit fast 30 Jahren an Blauhelm-Missionen (Die Beteiligung von norwegischen Soldaten ist allerdings nicht prinzipiell auf Peace-Keeping Operationen begrenzt.) In Japan hingegen wurde im letzten Jahr nach langer Diskussion und mit knapper Mehrheit das sog. »International Peace Coooperation Law« verabschiedet, welches eine – unter sehr restriktiv festgelegten Kriterien – Beteiligung japanischer Soldaten an UN-Peace-Keeping Operationen erlaubt. Die ersten japanischen Soldaten sind bereits an der Kambodscha-Mission der UN beteiligt. (C. Thomas)

Japan

Die Diskussion um sog. »out-of-Area«-Einsätze in Japan und in der Bundesrepublik weisen einige Parallelen auf. So gibt es nicht nur historische Gemeinsamkeiten zwischen dem japanischen und deutschen Militarismus, sondern auch die Debatte wird bzw. wurde in den letzten Jahren mit einer ähnlichen Rollenverteilung zwischen Regierung und Öffentlichkeit und ähnlichen Argumenten wie in der Bundesrepublik geführt. Die japanische Nachkriegsverfassung ist jedoch noch weitaus restriktiver als das deutsche Grundgesetz. Art. 9 der Verfassung legt fest, daß das japanische Volk auf immer auf das souveräne Recht einer Nation, Krieg zu führen, sowie die Androhung von Gewalt als Mittel zur Lösung internationaler Streitigkeiten verzichtet. Dementsprechend wird das Verfassungsziel formuliert, keine Land-, See- oder Luftstreitkräfte zu unterhalten (Dies wurde allerdings nicht eingehalten).

Das Peace-Keeping-Gesetz

Am 15. Juni 1992 verabschiedete das japanische Parlament ein „International Peace Cooperation Law“, welches unter sehr eingeschränkten Bedingungen japanischen Soldaten die Teilnahme an UN-Blauhelmaktionen erlaubt. Dieses Gesetz war mit den Stimmen der konservativ-liberalen Regierungspartei und der buddhistischen Partei, gegen den anhaltenden Widerstand der sozialdemokratischen und sozialistischen Opposition, verabschiedet worden.

Das Gesetz erlaubt die Teilnahme an friedenserhaltenden Maßnahmen und humanitären Operationen der Vereinten Nationen bzw. ihrer Unterorganisationen, die im einzelnen aufgeführt sind (z. B. UNHCR, UNEP, UNDP, UNICEF, WHO usw.).

In dem fast 60 Seiten umfassenden Gesetzeswerk wird bis ins einzelne festgelegt, an welcher Art von Operationen die japanischen Streitkräfte teilnehmen können; von der Beobachtung von Waffenstillständen bis zum Einsammeln von Waffen unter der Kontrolle der Vereinten Nationen, Hilfe beim Austausch von Kriegsgefangenen, Überwachung von Wahlen, Anleitung beim Aufbau von Polizei und anderen Verwaltungen sowie zahlreichen andere humanitäre Maßnahmen. Die japanischen Teilnehmer dürfen nur leichte Waffen zur Selbstverteidigung tragen.

In einer besonderen Festlegung verlangt das Gesetz ein erneutes Gesetzgebungsverfahren für die o. g. stärker militärisch geprägten friedenserhaltenden Maßnahmen (z. B. Beobachtung von Waffenstillständen, Stationierung in Pufferzonen, Einsammeln von Waffen usw.).

Jede Beteiligung Japans an Peace-Keeping Operations (PKO) setzt die Zustimmung der Konfliktparteien bzw. des Stationierungslandes, das Zustandkommen eines Waffenstillstandes, die Abwesenheit an „jeglicher Parteilichkeit gegenüber einer der Parteien in einem bewaffneten Konflikt“ usw. (Art. III (1)) voraus.

Die Beteiligung an UN-Aktionen muß sofort beendet werden, wenn die genannten Bedingungen nicht erfüllt sind (Art. VIII 1. (6), Art. VI (13)).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß das japanische Blauhelmgesetz restriktiver ist, als beispielsweise der SPD-Gesetzesentwurf für eine Grundgesetzänderung.

Auf der Basis der geschilderten Einschränkungen und Voraussetzungen ist die japanische Regierung dem Gesetz zufolge jedoch frei, ohne parlamentarische Entscheidung Soldaten zur Beteiligung an UN-Aktionen zu entsenden. Voraussetzung dafür ist, daß die japanische Regierung einen Vertrag mit der UN („International Peace Cooperation Asignment“) oder einer ihrer humanitären Hilfsorganisationen abgeschlossen hat.

Eine Verfassungsänderung wird in Japan zwar diskutiert, erscheint aber aussichtslos. Das restriktive Blauhelmgesetz wird mehrheitlich als vereinbar mit dem am Anfang zitierten Art. 9 der japanischen Verfassung angesehen.

Der japanische Außenminister will langfristig Japan auch für »enforcement«, also für sog. Kampfeinsätze nach Kap. VII der UN-Charta öffnen. Wie stark aber die historisch bedingte Zurückhaltung in der japanischen Elite ausgeprägt ist, zeigt die Äußerung des japanischen Ministerpräsidenten Meyazawa in einem Journalistengespräch während seiner Asienreise am 17. Januar. Er war wiederholt gefragt worden, ob Japan nicht auch an friedeserzwingenden Aktionen der Vereinten Nationen teilnehmen wolle. Unter Bezug auf den Zweiten Weltkrieg meinte Meyazawa dazu: „Unter welcher Flagge auch immer, solche Aktivitäten sind mit Sicherheit als Anwendung von Gewalt zu betrachten. Da sehe ich das Problem.“

Norwegen

Anfangs muß festgehalten werden, daß Norwegen hier stellvertretend für alle anderen skandinavischen Staaten angesehen werden kann.

Die norwegische Regierung hat im Herbst 1985 sich auf folgende Definition von Peace-Keeping Operations geeinigt.

„Um die Tendenz zur Fehlinterpretation des Wortes »Friedenserhaltung« und um Mißverständnisse über die Rolle und Verantwortlichkeiten derer zu vermeiden, die den friedenserhaltenden Dienst ausführen, wird »Friedenserhaltung« im Kontext von UN-Operationen wie folgt definiert: "Die Verhinderung, Eindämmung, Abbau und Beendigung von Feindseligkeiten zwischen oder innerhalb von Staaten mit Hilfe der friedlichen Intervention einer dritten Partei, die international organisiert und geführt wird und multinationale Verbände von Soldaten, Polizisten und Zivilangehörigen einsetzt, um den Frieden wiederherzustellen und zu erhalten.“

Diese Definition ist auch von den anderen skandinavischen, Staaten offiziell angenommen worden.

Im Gegensatz zu Norwegen, wird in der deutschen Diskussion über Peace-Keeping Operationen der zivile und rein polizeiliche Anteil häufig außer acht gelassen. Darüberhinaus wird bei dem militärischen Anteil oft übersehen, daß auch das Konzept des traditionellem Peace-Keeping zwei Formen von Verteidigung also Waffengewalt einschließt: Selbstverteidigung (Self-defence) und Auftragsverteidigung (Mission Defence), allerdings unter striktester Anwendung des Prinzips der Neutralität im Konflikt und des niedrigst möglichen Niveaus von Gewaltanwendung im Notfall (z.B. möglichst Vermeidung von Tötung bei der Verwendung von Schußwaffen, vergleichbar den Regeln im Polizeirecht). Der restriktive Waffengebrauch dient dem Ziel der De-Eskalation. Ein weiteres typisches Merkmal der »rules of engagement« bei Peace-Keeping ist die offene, demonstrative Präsenz der UN-Soldaten – im Unterschied zu üblichen Tarnung bei militärischen Kampfeinsätzen.

Rechtslage

Die norwegische Verfassung (vom 17. Mai 18141) erlaubt grundsätzlich keine Out-of-Area-Operationen unter dem Kommando anderer Staaten. Die übereinstimmende Verfassungsinterpretation aller Parteien des norwegischen Parlaments (Stortinget) besagt, daß diese Vorschrift erstens für Verteidigungsoperationen unter NATO-Kommando und zweitens für die Teilnahme an friedenserhaltenden Maßnahmen unter UN-Kommando nicht zutrifft.

Eine rechtliche Grundlage für die Beteiligung Norwegens an PKO der UN gibt es seit 1963 durch den Parlamentsbeschluß Nr. 61 zur Aufstellung einer kurzfristig einsetzbaren Bereitschaftstruppe von 1.300 Mann. Sie ist speziell für UN-Einsätze ausgebildet, aus der Kommandostruktur der norwegischen Streitkräfte ausgegliedert und beim Verlassen norwegischen Territoriums ausschließlich der UN unterstellt.

Inzwischen ist die Standby-Truppe der norwegischen Armee, die für diese UN-Einsätze zur Verfügung steht, auf 2.000 Mann erhöht worden. Bei einer gesamten Präsenzstärke von 18.000 Soldaten ist das prozentual ein sehr hoher Anteil.

Parlamentarische Verfahren

Die Entscheidung zur Teilnahme an UN-Aktionen erfolgt wenig legalistisch. Nach der Verfassung entscheidet der König (die Regierung) über die Entsendung militärischen Personals. Für UN-Peace-Keeping hat sich ein Konsultationsverfahren eingebürgert, für andere militärische Einsätze ist ein Parlamentsbeschluß üblich.

Nach einer Anfrage des UN-Generalsekretärs beim norwegischen Außenministerium kann die norwegische Regierung nach Rücksprache mit dem Verteidigungsausschuß und dem außenpolitischen Ausschuß des Stortinget die UN-Truppe bereitstellen. Die politische Einflußnahme des Parlamentsplenums erfolgt durch die jährliche Festlegung der Haushaltsmittel für konkrete UN-Einsätze. Die laufenden Kosten für die Ausbildung und Bereitstellung der Truppe sind in einem festen Posten des Verteidigungshaushalts vorgesehen.

Bei UN-Einsätzen bekommt Norwegen etwa ein Drittel der Personalkosten von der UN zurückerstattet.

Trotz des reinen Konsultationsrechte des Parlamentes führt die Regierung Blauhelmeinsätze nur auf der Basis eines prinzipiellen Konsenses mit den Mitgliedern des Außen- und Verteidigungsausschusses durch.

Struktur der UN-Bereitschaftstruppen

Norwegen unterscheidet zwischen drei Kategorien von Blauhelmeinheiten:

1. Die militärischen Friedenstruppen, Beobachtergruppen sowie Militärpolizisten, die – nach Abschluß des Grundwehrdienstes – aus den Streitkräften rekrutiert werden. Ihre Ausbildung und Rekrutierung erfolgt unter Leitung einer eigens für die UN ausgegliederten Kommandostruktur des Landesverteidigungskommmandos.

2. Zivile Polizeieinheiten für UN-Einsätze; sie werden unter Leitung der norwegischen Polizei rekrutiert und speziell für UN-Zwecke ausgebildet.

3. Humanitäre und Katastrophenschutzeinheiten, die von einer ständig einsetzbaren »zivilen Bereitschaftsruppe« des NOREPS (Norwegian Emergency Preparedness System) ausgebildet werden.

Die norwegische Regierung hat inzwischen eine »Sondereinheit Umwelt« gebildet, die dem neueingerichteten »United Nations Center For Urgent Environmental Assistance« zur Verfügung gestellt wird. Norwegen hat als erstes Land einen konkreten Vertrag mit dem UNCUEA über die Bereitstellung von Soforthilfe im Umweltbereich abgeschlossen.

Alle drei Typen von UN-Bereitschaftstruppen werden vom Außenministerium in direkter Zusammenarbeit mit der UN koordiniert und zusammengestellt.

Ausbildung, Rekrutierung und Koordination

Die norwegischen UN-Bereitschaftstruppen rekrutieren sich zu 78 % aus Reservisten und zu 22 % aus Berufssoldaten, überwiegend Offizieren. Der Anteil von Frauen beträgt etwa 5 %.

Aufgrund des bei UN-Einsätzen üblichen Rotationsprinzips (Wechsel nach 6 Monaten Einsatz) muß die 2.000-Mann-starke ständige UN-Einsatztruppe über ein ausreichend ausgebildetes Reservistenpotential verfügen. Sie werden halbjährlich zu mehrwöchigen Ausbildungskursen einberufen und müssen sich für mindestens zwei Jahre verpflichten, innerhalb von 48 Stunden (Offiziere) bzw. 7 Tagen (Mannschaften) einsatzbereit zu sein. Sie erhalten dafür eine monatliche Aufwandsentschädigung. Beim Einsatz erhalten sie ein zweites steuerfreies Monatsgehalt.

Der militärische Teil wird seit 1964 gemeinsam von Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland als »Nordic UN Stand-by Force« koordiniert und ausgebildet. In den skandinavischen Verteidigungsministerien gibt es jeweils Beauftragte für finanzielle und politische Angelegenheiten. Den Führungen der Streitkräfte sind jeweils Büros oder Abteilungen zugeordnet, die ihre Arbeit untereinander koordinieren.

Halbjährlich treffen sich die Verteidigungsminister der vier Länder zur Abstimmung der Peace-Keeping-Missionen. Die Abstimmung der Ausbildungsprogramme wie auch die Koordination des Einsatzes skandinavischer Soldaten bei UN-Friedenstruppen wird über das gemeinsame »Skandinavische Komitee für militärische Angelegenheiten der UN« (NORSAFN) koordiniert.

Alle vier skandinavischen Staaten legen großen Wert auf strengste Selektion und Ausbildung des Personals für UN-Einsätze. Sämtliche Bewerber werden psychologisch, gesundheitlich, in bezug auf Ausbildung und Qualifikation untersucht. Von vornherein werden Bewerber ausgeschlossen, die nationalistische, rassistische oder religiöse Vorurteile haben.

Die Grundausbildung für UN-Offiziere beträgt 13 Wochen, für einen Berufssoldaten fünf Wochen. Die Offiziersausbildung wird arbeitsteilig von den vier skandinavischen Ländern gemeinsam durchgeführt. So wird das Stabsoffizierstraining in Schweden (UNSOC), die Logistikausbildung in Norwegen (UNLOC), die Militärpolizeiausbildung in Dänemark (UNIMILPOC) und die militärischen Beobachter in Finnland (UNMOC) ausgebildet.

Ausbildungsziel von Peace-Keeping-Soldaten wird folgendermaßen beschrieben: „UN-Soldaten können sich nicht auf ihre Feuerkraft verlassen, sondern sie müssen andere überzeugen, ihre Waffen nicht einzusetzen. In gewisser Weise sind sie ihren Gegnern überlegen, weil sie gewohnt sind, friedliche Lösungen und praktikable Kompromisse im Konfliktfall zu suchen. Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt in der Fähigkeit, vor Ort und manchmal allein Probleme zu lösen und komplizierte Situationen zu beherrschen. Diese Problemlösungsfähigkeit der Offiziere wird in den geplanten Einsatzgebieten bis zum äußersten auf die Probe gestellt.“ Eines der Kriterien für die Entscheidung über den Einsatz an Lehrgangsteilnehmern und Teilnehmerinnen liegt in der Beurteilung der auszubildenden UN-Soldaten, „wie sie und ihre Untergebenen unter äußerstem Druck reagieren.“ (Zitate aus den Trainingsrichtlinien der norwegischen Streitkräfte)

Weiterentwicklung von Peace-Keeping

In dem jüngsten Weißbuch der norwegischen Regierung wird darauf hingewiesen, daß die norwegischen Peace-Keeping-Streitkräfte auf die neuen Formen von PKO vorbereitet werden sollen.

Die weitere Spezialisierung in der Ausbildung der norwegischen Peace-Keeping-Soldaten erfolgt in Absprache mit dem UN-Sekretariat für Peace-Keeping Operations (Golding-Office). Danach wurde Norwegen gebeten, die Unterstützungs- und Nachschubkomponente von Peace-Keeping Operationen stärker zu entwickeln. Hier liege ein besonderer Bedarf für zukünftige UN-Missionen.

Darüber hinaus bereitet sich Norwegen auch auf Einsätze im Rahmen der KSZE und möglicherweise auch für die NATO vor, soweit die NATO PKOs im Auftrag der UN durchführt.

Zur Verbesserung der Ausbildung und Rekrutierung will Norwegen eine »Informations- und Datenbank für Peace-Keeping« aufbauen, um kurzfristig der UN das richtige militärische und zivile Personal für PKO zur Verfügung zu stellen.

Norwegens Verhältnis zu militärischen Zwangsmaßnahmen der UN

Die UN-Bereitschaftstruppen sind und bleiben grundsätzlich spezialisiert auf das Spektrum von friedenserhaltenden UN-Maßnahmen, was in den individuellen Rekrutierungsverträgen festgelegt ist. Die UN-Bereitschaftstruppen werden nicht für Kampfeinsätze eingesetzt.

Grundsätzlich fühlt sich Norwegen zwar auch an UN-Beschlüsse über Zwangsmaßnahmen gebunden, behält sich aber in jedem Einzelfall die eigene Entscheidung über das »Ob« und »Wie« der Beteiligung vor. Für die Beteiligung an UN-Zwangsmaßnahmen wird nur freiwilliges Personal (mit individuellen Verträgen) aus den regulären Streitkräften zur Verfügung gestellt. Die Beteiligung an Zwangsmaßnahmen setzt eine parlamentarische Mehrheitsentscheidung voraus.

Auch in Zukunft will Norwegen sich bei Kampfeinsätzen aber auf Versorgungs-, Kommunikations- und Sanitätseinheiten beschränken. Dies ist Konsens zwischen den die norwegische Minderheitsregierung unterstützenden Parteien.

Vergleich der Militärausgaben und der Veranlagung für UN-Peace-Keeping, ausgewählte Staaten, 1991
Staaten Militärausgaben Peacekeeping
Veranlagung Verhältnis
Tschechoslowakei 723 3.2 223:1
Japan 32,100 55.9 574:1
Mexiko 662 .9 717:1
Bundesrepublik 39,900 46.0 868:1
Frankreich 41,400 37.8 1,096:1
Nigeria 234 .2 1,191:1
Großbritannien 42,300 29.4 1,441:1
Welt 921,500 491.0 1,877:1
USA 304,500 151.0 2,016:1
China 12,000 4.8 2,520:1
Brasilien 4,900 1.4 3,441:1
Russland 224,100 60.3 3,714:1
Indien 7,200 .4 19,816:1
Israel 4,500 .2 21,82:1
Pakistan 2,800 .059 47,522:1
Syrien 4,500 .039 114,562:1
Äthiopien 896 .005 182,485:1
Quelle: Renner, Michael: Critical Juncture. The Future of Peacekeeping, Worldwatch Paper, May 1993, S.50 (Übersetzung C. Thomas) (Mill. US-Dollar)

Anmerkungen

1) Historisch bezieht sich die norwegische Verfassungsbestimmung auf das Verbot der Beteiligung an Söldnerheeren im letzten Jahrhundert. Zurück

Wolfgang Biermann, SPD, ist Redakteur der Zeitschrift »Frieden und Abrüstung. Informationen und Dokumente aus der internationalen Friedensdiskussion«

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1993/2 Das UN-System, Seite