Global Perspectives on Peace Education
DSF-Strategietagung, Friedensinstitut Freiburg und Berghof Foundation, Freiburg, 9.–11. Juli 2025
Globale Kriegs- und Krisendynamiken, aber auch innergesellschaftliche Polarisierung und Verunsicherung gefährden vielerorts den sozialen Zusammenhalt. Die Friedenspädagogik kann einen entscheidenden Beitrag zu einem friedlicheren Miteinander leisten. Dabei ist ihr Potential längst nicht ausgeschöpft. Trotz des offenkundigen Bedarfs ist die Disziplin bislang institutionell kaum an Hochschulen im deutschsprachigen Raum verankert. Die internationale Strategietagung »Global Perspectives on Peace Education«, die vom 9. bis zum 11. Juli 2025 an der Evangelischen Hochschule Freiburg stattfand, gab wichtige Impulse für die disziplinäre Weiterentwicklung und internationale Vernetzung. Die Tagung wurde vom Friedensinstitut der Evangelischen Hochschule Freiburg in Kooperation mit der Berghof Foundation veranstaltet und von der Deutschen Stiftung Friedensforschung sowie dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert.
Für die Tagung fanden sich 26 Friedenspädagog*innen aus Europa, Südwestasien, Nord- und Südamerika sowie Westafrika in Freiburg ein, um gemeinsam theoretische Grundlagen der Friedenspädagogik zu diskutieren, methodische Ansätze kennenzulernen und teils auch selbst zu erproben. Die Tagung war sowohl international als auch interdisziplinär ausgerichtet und umfasste neben Professor*innen auch Nachwuchswissenschaftler*innen auf Promotions- und Postdoc-Niveau. Die genuin friedenspädagogischen Beiträge wurden unter anderem von politikwissenschaftlichen, philosophischen und theologischen Zugängen theoretisch ergänzt. Die Heterogenität der Vortragenden unterstrich dabei den Anspruch, Friedenspädagogik breit und inklusiv zu denken.
Bereits im Vorfeld der Tagung hatten Studierende des Masterstudiengangs Friedenspädagogik/Peace Education der Evangelischen Hochschule die Möglichkeit, Einblicke in die Forschung von Dr. Colins Imoh (University of Bradford) zur Wechselwirkung von Friedenspädagogik, Demokratisierung, Vielfalt und Inklusion zu erhalten und sich mit ihm anhand seiner eigenen Biografie über Berufswege in der Friedenspädagogik auszutauschen. Die Studierenden erhielten einen Einblick in internationale Vernetzungsmöglichkeiten, insbesondere in den Austausch zwischen afrikanischen und europäischen Friedenspädagog*innen.
Nach der Begrüßung und Einführung durch die Organisator*innen und Förderinstitutionen teilten sich die Teilnehmenden entsprechend ihrer Forschungsschwerpunkte in drei thematische Panels auf:
1. Theoretische und curriculare Grundlagen Die Beiträge des ersten Panels fokussierten theoretische friedenspädagogische Grundlagen, die sowohl auf persönliche als auch auf gesellschaftliche bzw. strukturelle Transformation abzielen. Dass die Beiträge inhaltlich von Programmen im Kindergarten bis zur Curriculum-Entwicklung an Hochschulen reichten, zeigte die große Bandbreite und Relevanz der Friedenspädagogik auf, verdeutlichte aber auch, dass friedenspädagogische Lernräume differenziert und kontextuell angepasst gestaltet werden müssen. Ein weiterer Schwerpunkt des Panels lag auf der Diskussion von Ansätzen, die Friedenskompetenzen wie Empathiefähigkeit und Gewaltfreiheit fördern oder durch (inter-)religiöse bzw. spirituelle Bildung anwendbar machen.
2. Dekoloniale und machtkritische Ansätze Im zweiten Panel wurden aktuelle Desiderate der Disziplin diskutiert, wonach auch die Friedenspädagogik einer stärkeren dekolonialen Ausrichtung und machtkritischen Reflexion bedarf. Die Beiträge machten koloniale Kontinuitäten, Machtasymmetrien und epistemische Gewalt innerhalb der Disziplin sichtbar und betonten etwa die Notwendigkeit, unterschiedliche Wissenssysteme anzuerkennen, um fortbestehende Hierarchien zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden abzubauen. Viele Beiträge stellten eine Verknüpfung von Friedenspädagogik und (globaler) sozialer Gerechtigkeit her, die anhand verschiedener Beispiele – von Peer-Mediation in Städten in Nigeria bis zu Friedenspädagogik im digitalen Raum – besprochen wurde.
3. Friedenspädagogik im Kontext von Krisen und Kriegen Das dritte Panel thematisierte Aufgaben und Herausforderungen gelingender Friedenspädagogik in verschiedenen Krisen- und (Post-)Kriegskontexten. Die Beiträge reichten von Konflikten um Demokratie in Deutschland, über Kriegsnachsorge und Friedensprozesse in Bosnien und Herzegowina bis zum friedenspädagogischen Umgang mit der Klimakrise am Beispiel von Projekten in der Anden-Region. Zudem wurde im Kontext der Klimakrise erörtert, wie kulturelle Ausdrucksformen (u.a. Literatur) oder auch regenerative Praktiken in der Friedenspädagogik eingesetzt werden können. Gleichzeitig wurden die besonderen Anforderungen reflektiert, die ein Arbeiten mit Menschen mit sich bringt, die von gewaltvollen und traumatischen Erlebnissen geprägt sind. Einige der Beiträge machten deutlich, dass im Körper verinnerlichte Emotionen Wahrnehmungen und Verhalten in der Konfliktbearbeitung beeinflussen und daher in friedenspädagogischen Prozessen berücksichtigt werden müssen.
Zentrale Ergebnisse aus den jeweiligen akademischen Panels wurden am zweiten Tag im Plenum vorgestellt und mit den anderen Konferenzteilnehmer*innen kritisch diskutiert. Ein aktivierender Impuls von Prof.in Dr.in Hannah Reich (Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt) beschäftigte sich mit der Rolle von Friedenspädagog*innen selbst und animierte die Teilnehmenden dazu, emotionale und kreative Körperarbeit in Form von »Skulpturen« als eine mögliche friedenspädagogische Methode zu erproben.
Der dritte und letzte Tag bot über die Panelgruppen hinweg Raum dafür, im Rahmen einer Ideenwerkstatt künftige Kooperationsmöglichkeiten und Bedarfe an Vernetzung und intensiverem Austausch zu erörtern. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass es weiterer vergleichbarer Veranstaltungen bedarf, um die Professionalisierung der Friedenspädagogik als einer akademischen Disziplin voranzutreiben. Außerdem wurde die Rolle der Friedenspädagogik im gegenwärtig von Sicherheitslogik dominierten öffentlichen Diskurs problematisiert. Hier wurde betont, dass der Friedenspädagogik ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag zukommt, dessen Potential noch nicht ausgeschöpft ist.
Die Beiträge der internationalen Strategietagung »Global Perspectives on Peace Education« machten insgesamt deutlich, dass friedenspädagogische Arbeit nicht im luftleeren Raum geschieht, sondern immer in bestimmte Kontexte, Kriegs- und Krisendynamiken und globale Machtstrukturen eingebettet ist. Eine kontextsensible und machtkritische Haltung und Herangehensweise sind daher für gelingende Friedenspädagogik unerlässlich.
Die Tagung war ein wichtiger Schritt, um das gestalterische und transformative Potential der Friedenspädagogik aufzuzeigen und Impulse für weiteren Austausch mit Blick auf neue Forschungs- und Transferprojekte zu setzen. Ein konkretes Ergebnis lässt sich bereits jetzt absehen: Die Beiträge der Tagung werden 2026 in einem englischsprachigen Sammelband veröffentlicht werden. Die Einrichtung einer digitalen Plattform soll es den Teilnehmenden zudem ermöglichen, sich bei gemeinsamen Vorhaben zu unterstützen und so eine langfristige und lebendige Zusammenarbeit zu fördern.
Alexandra Dick

