W&F 2005/2

Human Security und Smart Sanctions

Ausgangspunkte für eine Krisenpräventions- und Deeskaltionspolitik?

von Sascha Werthes und David Bosold

Im Laufe der 1990er haben sowohl das Human Security-Paradigma als auch der Smart Sanctions-Ansatz politische und politikwissenschaftliche Diskussionen provoziert. Während der Smart Sanctions-Ansatz als Reaktion auf die katastrophalen nicht-intendierten humanitären Nebenfolgen der UN-Sanktionspolitik gegenüber dem Irak entstand, entwickelte sich das Human Security-Paradigma in Form einer von ideologischen Restriktionen befreiten innovativen Reaktion auf die »neuen« Herausforderungen der inter- und transnationalen Beziehungen nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und deren Konflikt- und Problemlagen. In vorliegendem Beitrag untersuchen die Autoren, inwieweit der Smart Sanctions-Ansatz und das Human Security-Paradigma handlungsrelevantes Potenzial für krisenpräventive und deeskalierende Politik besitzen.

Sowohl das Human Security-Paradigma als auch der Smart Sanctions-Ansatz betraten die politischen Bühnen (und die akademischen Podien) nicht als fertige und ausgereifte anwendungsorientierte Politikkonzepte, sondern zunächst als Begriffe der Politik, also als Schlagwörter bzw. Catchwords. Ihr wissenschaftlich-analytischer Wert ist vielleicht gerade deswegen auch heute noch weitgehend umstritten. So verwundert es nicht, dass beide Konzepte erst durch das nachhaltige Interesse verschiedener staatlicher und nicht-staatlicher politischer Akteure an Relevanz gewannen.

So bemühte sich zunächst die schweizerische Regierung mit den Interlaken Prozessen I und II (im Hinblick auf gezielte Finanzsanktionen) um eine Weiterentwicklung und Ausformulierung des Smart Sanctions-Ansatzes. Die deutsche Regierung folgte diesem Beispiel (Bonn-Berlin Prozess: gezielte/selektive Waffenembargos, Verbesserung von gezielten Reise- und Flugverboten) genauso wie die schwedische Regierung (Stockholm-Prozess: Verbesserung der Durchsetzung und Überwachung von Smart Sanctions).

Ähnlich erging es dem Human Security-Paradigma, welches vor allem durch das nachhaltige Interesse der kanadischen und japanischen Regierung vorangetrieben wurde (Bosold/Werthes 2005). Dieses nachhaltige Interesse verschiedenster politischer Akteure (eben auch der sich immer stärker herausbildenden transnationalen Zivilgesellschaft) belebten beide Ansätze mit konkreten politischen Inhalten und konkreten (Umsetzungs-)Vorschlägen. Erste Ergebnisse dieser Entwicklung sind u.a. die Ottawa-Konvention (Verbot von Landminen, genauer: Antipersonenminen) als auch eine veränderte Sanktionspolitik der UN (Konzentration auf selektive, gezielte auch asymmetrische Sanktionsmaßnahmen).

Das nachhaltige politische Interesse an beiden Konzepten lässt sich vielleicht am ehesten dadurch begründen, dass beide Begriffe etwas Altbekanntes mit einem neuen innovativ-kreativen Element verbinden. So wird auf der einen Seite der klassisch-traditionell staatszentriert verstandene Begriff Sicherheit um eine »menschliche« Dimension erweitert und vertieft. Auf der anderen Seite beschreibt das Attribut »smart« (was sich am besten mit intelligent übersetzen lässt) eine Sanktionspolitik, welche sich um eine Minimierung der nicht-intendierten Nebenfolgen bemüht. Die attributiven Erweiterungen befriedigen somit das Bedürfnis der Politik nach Konzepten, die sich normativ und politisch leichter legitimieren lassen, und trotzdem eine handlungspolitische Alternative einschließlich klarer Politikziele anbieten. Insofern handelt es sich bei den vorliegenden Konzepten weder um alten Wein in neuen Schläuchen noch um revolutionär Neues, vielmehr um eine innovative Mischung aus Alt und Neu.

Es ist jedoch für eine Beurteilung der Stärken und Schwächen im Kontext von Konfliktdynamiken sinnvoll, die beiden Konzepte detaillierter kritisch zu beleuchten. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht hierbei vor allem die Frage, inwieweit der Smart Sanctions-Ansatz und das Human Security-Paradigma handlungsrelevantes Potenzial für krisenpräventive oder deeskalative Politik besitzen. Hierzu ist es notwendig, sich zunächst noch einmal kurz einige der aktuellen Herausforderungen in Krisen- und Konfliktregionen zu vergegenwärtigen.

Die »neue« Unsicherheit nach dem Ost-West-Konflikt

Auch wenn sich bei genauerem Hinsehen nicht vieles so radikal nach dem Ende des Ost-West-Konflikt geändert hat, wie es oft geschrieben wurde, so ist doch zumindest der Blick auf »neue« Unsicherheiten heute deutlich klarer geworden. Innerstaatliche Konflikte, oft erweitert um Zusätze wie ethnisch oder separatistisch, der Zerfall staatlicher Strukturen und die Folgen der (wirtschaftlichen) Globalisierung, etwa im Zuge der Asienkrise Ende der 90er Jahre, stellen für zahlreiche Menschen Bedrohungssituationen dar, mit denen sie im Alltag konfrontiert sind. Für einen Großteil dieser Menschen ist dabei durchaus auch ihre körperliche Unversehrtheit bedroht. Trotz zahlreicher humanitärer Aktionen, vor allem der sogenannten westlichen Welt, ist es nicht gelungen, die Ursachen der Unsicherheit signifikant und nachhaltig zu reduzieren. Dies bezieht sich sowohl auf die »sanften« Formen der Intervention wie Lebensmittellieferungen, Blauhelmmissionen alter Prägung (z.B. Überwachung von Waffenstillstandsabkommen), wie auf die Versuche des erweiterten Peace- oder Nationbuilding durch die UN und regionale Organisationen in international verwalteten Gebieten wie Ost-Timor oder dem Kosovo. Hieran kann man ablesen, dass es für eine nachhaltige Politik unabdingbar ist, das Verhältnis von staatlicher Souveränität und dem Schutzanspruch der im Staat lebenden Bevölkerung neu zu kalibrieren sowie politische Instrumente für diesen Prozess zu entwickeln bzw. weiter zu entwickeln. Dem Human Security-Paradigma mag hierbei vielleicht eine wichtige politische Orientierungsfunktion zu kommen.

Ausgangspunkt für eine strukturelle Krisenpräventionspolitik?

Im weitesten Sinne kann das Human Security-Paradigma als eine inhaltliche Ausformulierung des klassischen UN-Sicherheitskonzeptes verstanden werden (Bricke 2003). So greift denn auch der UNDP-Report von 1994 Human Security als politischen Schlüsselbegriff auf. Der Report thematisiert Sicherheit eben nicht nur im Bezug auf Staaten, sondern auch als Sicherheit des einzelnen Menschen vor existentiellen Bedrohungen wie Hunger, Krankheit und Unterdrückung und in Kontexten eines fehlenden bzw. mangelhaften Schutzes von Menschenrechten, und er geht letztlich mit Bezug auf die Grundsätze der menschlichen Entwicklung (ebd.: 70) sogar noch einen Schritt weiter. Ausgehend von der Prämisse, dass die Stärke des Human Security-Paradigmas – zur Zeit eher – in seiner Rolle als politisches Leitbild einer pro-aktiven multilateral und kollaborativ verstandenen Außenpolitik (Orientierungsfunktion) gesehen werden kann, stellt sich die Frage nach der Handlungsrelevanz im Hinblick auf die Gestaltung von Präventions- und Deeskalationspolitik.

Das Grundkonzept von Prävention (s. hierzu u. zum Folgenden Matthies 2000: 143) umfasst Maßnahmen, die Eskalationsprozesse verhindern (operative Prävention) und Maßnahmen, die Ursachen von potenziell gewaltträchtigen Krisen bearbeiten (strukturelle Prävention). Maßnahmen operativer Prävention sind häufig auf spezifische Konflikte/Krisen bzw. Konflikt-/Krisenregionen ausgerichtet. Sie orientieren sich an Überlegungen zu Frühwarnung und Frühem Handeln, Präventiver Diplomatie oder auch Erzwingungsmaßnahmen. Strukturelle Präventionsmaßnahmen beziehen sich auf die Sicherheit, sowohl zwischen als auch innerhalb von Staaten, auf »Well-Being« (u.a. soziale Gerechtigkeit, politische Partizipation u. Nachhaltige Entwicklung innerhalb von Staaten u. weltweit), sowie Recht und Gerechtigkeit (zwischen und innerhalb von Staaten).

Schon diese kurze Aufzählung verdeutlich wie weit die Ziele einer am Human Security-Paradigma ausgerichteten Politik mit den Zielen einer strukturellen Präventionspolitik übereinstimmen können. Am deutlichsten lässt sich dies an den drei Dimensionen von Human Security, die Hampson identifiziert, ablesen:

  • Befriedigung/Erfüllung der menschlichen Grundbedürfnisse und soziale Gerechtigkeit,
  • Abwesenheit von Furcht und der Schutz vor physischer Gewalt
  • Freiheits- und Bürgerrechte und rechtsstaatliche Bedingungen.

Das heißt, man kann von einer an Grundbedürfnissen orientierten, einer humanitären sowie einer legalistischen Dimension sprechen. Diese lassen sich durchaus als leitmotivische Ausgangspunkte einer strukturellen Prävention beschreiben. Hierbei gilt es zu beachten, dass zwischen der ersten und den beiden anderen Dimensionen ein signifikanter Perzeptionsunterschied hinsichtlich der Konfliktursachen und -bearbeitungsmöglichkeiten existiert. Während die letzten beiden Dimensionen das Hauptaugenmerk auf das Spektrum organisierter, physischer Gewalt legen (z.B. »ethnische Säuberungen«, Rekrutierung von Kindersoldaten), sowie auf deren strukturelle Begleiterscheinungen (Kleinwaffenhandel, Antipersonenminen) und deren Eindämmung das Ziel von Präventionsmaßnahmen darstellt, sind die politischen Implikationen im Rahmen der ersten Dimension weitreichender. So werden im Mangel wirtschaftlicher Entfaltungsmöglichkeiten, der fehlenden Gesundheitsvorsorge und -versorgung (u.a. Medikamente gg. HIV/AIDS, Malaria, oder vorbeugende Impfungen), den lokalen Auswirkungen des Klimawandels (Überschwemmungen, bzw. Dürre, Unfruchtbarkeit des Bodens), in unzureichender Bildung (insb. Analphabetismus und gender-bezogene soziale Ungerechtigkeit) als auch in der fehlenden Kontrolle und Steuerung von Migrationsbewegungen konfliktverschärfende Faktoren bzw. »root causes« gesehen. Die Bearbeitung dieser »root causes« ist mittels der oben genannten Präventionsmaßnahmen alleine nicht nachhaltig bearbeitbar (CHS 2003: 130ff., Chen et al. 2004).

Die Fragen, die sich aus diesen Überlegungen für mögliche Präventionsmaßnahmen ergeben, sind aktueller denn je und hinsichtlich der möglichen politischen Bedeutung schwer zu bewerten. Auch wenn sich viele Gründe für eine holistische Human Security-Politik finden, die versucht alle konfliktrelevanten Dimensionen zu erfassen und sie in eine konzertierte Politikantwort einzubetten, so bleibt die von Paris geäußerte Kritik dennoch wichtig: „[…] if human security is all these things, what is it not?“ (Paris 2001: 92).

Insofern scheint eine an der Eindämmung von Konflikten und an zunehmender internationaler Verrechtlichung orientierte Politik, die sich »nur« mit den Auswirkungen und Ausprägungen der physischen Gewalt in weltweiten Konflikten beschäftigt (sich also letztlich auf Gewalt- und Krisenprävention konzentriert) – im positiven und nicht im theorieschulischen Sinne – realistischer und vor allem erfolgversprechender (Krause 2004, Mack 2004). Deshalb ist es sinnvoller, Human Security als Leitmotiv einer strukturellen Präventionspolitik bzw. als politische Strategie zur Unterstützung nachhaltiger Deeskalationsprozesse oder eines Wiederaufbaus von Nachkriegsgesellschaften zu betrachten. Denn: die spezifischen Aufgaben die im Rahmen einer Präventionspolitik, der Unterstützung von Deeskalationsprozessen oder des Wiederaufbaus von Nachkriegsgesellschaften bewältigt werden müssen, konvergieren letztlich in den Bereichen wo sie sich auf die strukturellen Ursachen von (potenziell gewaltträchtigen) Krisen oder Konflikten beziehen. Das Human Security-Paradigma kann hier durch seine Fokussierung auf menschliche Unsicherheit als Ursache von Gewalt eine wichtige Orientierungsfunktion übernehmen.

Smart Sanctions als operative Krisenprävention?

Das Human Security-Paradigma bietet allerdings auch genügend Potenzial, konkrete politische Instrumente und Maßnahmen etwa im Kontext operativer Prävention zu prägen. Dies zeigt eine weitere Facette auf, die über die breite politische Orientierungsfunktion und das Leitmotiv einer strukturellen Präventionspolitik hinausgeht. Am besten lässt sich dies am Beispiel von Sanktionen verdeutlichen, welche beinahe in jedem Katalog bzw. in jeder Aufzählung operativer Präventionsmaßnahmen auftauchen. Zunächst entwickelte sich der Smart Sanctions-Ansatz aus der Erkenntnis heraus, dass die umfangreiche und allzu oft unreflektierte Verhängung von Sanktionen als selektives Bestrafungs- und Zwangsinstrument ungeahnt dramatische humanitäre Auswirkungen und Nebenfolgen, vor allem für die Zivilbevölkerung, haben kann. Augenscheinlichstes und bekanntestes Beispiel sind die UN-Sanktionen gegenüber dem Irak (Werthes 2003). Das Beispiel Irak verdeutlicht, dass sich (UN-) Sanktionen in einigen Fällen selbst zu einer direkten Bedrohung »menschlicher Sicherheit« für breite Bevölkerungsschichten entwickeln können. Auch hier könnten die normativen Implikationen des Human Security-Paradigma einen neuen Zugang herstellen. Etwa, indem es Bewertungskriterien und Orientierungspunkte für die Folgen und Konsequenzen als auch für die Durchsetzung politischer Entscheidungen bereit stellt. Die Berücksichtigung des Human Security-Paradigmas im Kontext der Verhängung von Sanktionen im Rahmen einer reaktiv-operativen UN-Präventionspolitik beim Umgang mit massiven Normverstößen aggressiver bzw. repressiver Regime oder neuerdings auch (nichtstaatlicher) Konfliktparteien (z.B. gegen die UNITA in Angola oder die RUF in Sierra Leone) müsste somit auch dem Kriterium genügen, menschliche Sicherheit mehr zu fördern als diese zu gefährden (hierzu auch Debiel/ Werthes 2005). Dies wäre gleichbedeutend mit der Orientierung auf den Smart Sanctions-Ansatz.

Anders ausgedrückt würde die Berücksichtigung des Human Security-Paradigmas im Rahmen seiner Orientierungsfunktion bedeuten, dass Sanktionen sich im Kontext ihrer Folgen für die Zivilbevölkerung einer »Do No Harm«-Norm (s. Anderson 1999) unterwerfen würden. Im Hinblick auf die politische Wirksamkeit müssten Smart Sanctions so gestaltet werden, dass ihr erwarteter Nutzen (eine Politikänderung der politisch verantwortlichen [Konflikt-]Akteure, bzw. die Verhinderung einer weiteren Eskalation) in einer vertretbaren Relation zum verursachten Leid der von den Sanktionen Betroffenen stehen (Harm-Benifit-Analyse). Dies hätte zur Folge, dass Sanktionen zum einen auf die politisch Verantwortlichen zielgerichtet werden (also die menschliche Sicherheit Unbeteiligter schonen) und, zum anderen, nur selektive Sanktionsmaßnahmen in Frage kommen (z.B. Waffenembargos, Reiseverbote, Finanzsanktionen). Unstrittig ist hierbei, dass die Gestaltung, Implementierung und Überwachung eines Smart Sanctions-Regimes wesentlich aufwendiger und logistisch herausfordernder als ein umfassendes Sanktionsregime ohne Einschränkungen ist.

Zusammengefasst: Das Beispiel Smart Sanctions zeigt auf, wie das Human Security-Paradigma im Kontext seiner Orientierungsfunktion für eine Bewertung und, hiermit einhergehend, kreativen Gestaltung konkreter Maßnahmen und Instrumente, welche typischer Weise in Kontexten operativer Prävention und im Rahmen von Deeskalationsmaßnahmen ergriffen werden, genutzt werden kann.

Zusammenfassung und Ausblick

Der anfängliche Optimismus, der in den ersten Jahren nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes das Denken und perspektivische Forschen prägte, ist heute eher einer weitgehenden Ernüchterung gewichen. Die Anfang der neunziger Jahre proklamierte »neue Weltordnung« stellte sich spätestens nach dem 11. September 2001 als eine Illusion dar, da »neuen« Problem- und Konfliktlagen mit »alten« Problem- und Konfliktlösungsstrategien begegnet wurde. Nichtsdestotrotz haben sich in dieser Zeit neue Ansätze und Politikkonzepte in den wissenschaftlichen Diskursen entwickelt. Neben einem breiteren und vertieften Verständnis von Krisenprävention (operativer und struktureller Art), Konzepten zu Nation-/Statebuilding, Überlegungen zu nachhaltigen Deeskalationsprozessen, prägen zur Zeit auch das Human Security-Paradigma und der Smart Sanctions-Ansatz vielfältige Debatten. Diese beziehen sich in der Hauptsache auf das im Wandel befindliche Verständnis von staatlicher Souveränität. Die damit verbundene Norm der Nichteinmischung weicht einem weiter gefassten Verständnis dessen, was als genuine Aufgabe eines Staates angesehen werden kann: den Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger. Ja, man kann sogar weiter gehen: einer Verpflichtung zum Schutz, einer »Responsibility to Protect«. Die beiden hier diskutierten Konzepte, können im Hinblick auf dieses erweiterte Verständnis einer »Responsibility to Protect« als erste konzeptionelle Überlegungen gedeutet werden, wie dieser Anspruch im Einklang mit der wahrgenommenen Perforation staatlicher Souveränität eingelöst werden kann. Die Stärke des Human Security-Paradigmas liegt hier zum einen in der Betrachtung von Human Security als politischem Leitmotiv (politische Orientierungsfunktion). Etwa im Rahmen konzertierter Projekte struktureller Prävention oder im Hinblick auf Projekte zur Förderung nachhaltiger Deeskalationsprozesse.

Hingegen liegt die Stärke des Smart Sanctions-Ansatzes eher im Bereich der (intendierten) Verhinderung weiterer Eskalationsdynamiken bzw. im Bereich der operativen Prävention. Der Exkurs über den Smart Sanctions-Ansatz deutet darüber hinaus an, inwieweit die politische Orientierungsfunktion, die das Human Security-Paradigma zweifellos bietet, auch auf konkrete Maßnahmen und Instrumente übertragen werden kann. Beide Konzepte sind letztlich Ausdruck eines durch Vertiefung und Erweiterung gewandelten Sicherheitsverständnisses. Die Schutzverantwortung des Staates wird verstärkt wahrgenommen sowie eingefordert und bezieht nun explizit Individuen und die Zivilgesellschaft als auch eine größere Variation an Bedrohungsfaktoren mit ein. Diese wird perspektivisch zudem immer mehr auch auf die Ursachen von gewaltträchtigen Konflikten und Krisen orientiert. Zentral bleibt zunächst der Staat. Bei seinem Versagen wird aber zunehmend die Internationale Gemeinschaft als verantwortlich gesehen.

Literatur

Anderson, Mary B. (1999): Do No Harm. How Aid Can Support Peace – Or War. Boulder/ London, Lynne Rienner Publishers.

Bricke, Dieter (2003): Das Human Security-Konzept. In: Wissenschaft & Frieden, 2/2003, 70-72.

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Bosold, David / Werthes (2004): Human Security and Smart Sanctions – Two Means to a Common End? Paper presented at the 5th Pan-European International Relation Conference in Den Haag, 9-11 September 2004. Erhältlich unter >http://www.sgir.org/conference2004/<, Zugriff 15.09.2004.

Bosold, David / Werthes (2005): Human Security in Practice: Canadian and Japanese Experiences. In: Internationale Politik und Gesellschaft / International Politics and Society, 1/2005, 84-101

Chen, Lincoln et al. (eds.) (2004): Global Health Challenges for Human Security. Cambridge, MA: Harvard University Press.

Debiel, Tobias / Werthes, Sascha (2005): Human Security – Vom politischen Leitbild zum integralen Baustein eines neuen Sicherheitskonzepts? In: Sicherheit und Frieden, 23 (1), i.E.

Hampson, Fen Osler (2002): Madness in the Multitude. Human Security and World Disorder. Don Mills, et al., Oxford University Press.

Krause, Keith (2004): The Key to a Powerful Agenda, if Properly Delimited. In: Security Dialogue, 35 (3), 367-368.

Mack, Andrew (2004): A Signifier of Shared Values. In: Security Dialogue, 35 (3), 366-367.

Matthies, Volker (2000): Krisenprävention. Vorbeugen ist besser als Heilen. Opladen, Leske + Budrich.

Paris, Roland (2001): Human Security: Paradigm Shift or Hot Air? In: International Security, 26 (2), 87-102.

Werthes, Sascha (2003): Probleme und Perspektiven von Sanktionen als politisches Instrument der Vereinten Nationen. Münster, LIT Verlag.

Sascha Werthes, Dipl.-Soz.-Wiss. ist Stipendiat der Deutschen Stiftung Friedensforschung an der Philipps-Universität Marburg. David Bosold, Dipl.-Pol. ist wiss. Mitarbeiter an der Philipps-Universität Marburg. Zusammen haben sie 2003 die AG Human Security im Kontext neuer internationaler Herausforderung gegründet.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2005/2 De-Eskalation, Seite