Ihre Tränen verwandelten sich in Blut
Zur Wirkung radioaktiver niedrigdosierter Strahlung
von Shuntaro Hida
In diesem Jahr jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 50. Mal. In Europa besteht der Sinn der 50. Wiederkehr dieses Jahrestages wohl darin, daß mit dem Kriegsende die Herrschaft des Nationalsozialismus zerschlagen wurde und Freiheit und Demokratie wiederhergestellt wurden.
In Japan ist die 50. Wiederkehr jenes Jahres das Jahr, in dem auf die beiden japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte Atombomben abgeworfen und Menschen Opfer eben dieser Atombomben wurden. Die Bedeutung dieses Jahrestages sehe ich darin, sich der weiteren Verstärkung der Friedens- und Antiatom-Bewegung zur weltweiten Beseitigung der Kernwaffen zu verschreiben und den 50. Jahrestag zum Anlaß für einen erneuten Wiederbeginn dieser Bewegungen zu machen.
Eine einzige Atombombe hat damals eine ganze Stadt mit 300.000 Einwohnern in einem einzigen Augenblick ausgelöscht. Durch die Hitzewelle, die Explosionswucht und die radioaktive Strahlung sind nicht nur innerhalb von vier Monaten etwa 200.000 Menschen umgebracht worden. Bis heute, also 50 Jahre danach, sind 200.000 der damals Überlebenden an den Spätfolgen des Atombombenabwurfes gestorben. Und noch heute sterben Atombombenopfer an solchen Krankheiten wie Karzinomen, chronischen Leberschäden, Knochenmarksentzündungen, Blutkrankheiten. Die Ursachen dieser Krankheiten sind auf radioaktive Strahlungsschäden zurückzuführen.
Aus diesem Grunde betrachten wir Japaner die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki nicht etwa als ein einmaliges unglückliches Drama auf japanischem Boden in der Endphase des Krieges vor 50 Jahren. Vielmehr begreifen wir dieses Ereignis als wertvolle Lehre und Warnung, daß die Menschheit von diesen teuflischen Waffen, den Kernwaffen – die die ganze Menschheit zu vernichten vermögen – eher noch heute als morgen für immer die Hände lassen sollte.
Mein Erlebnis in Hiroshima
Vor 50 Jahren war ich ein junger Armeearzt im Offiziersrang und arbeitete im Militärkrankenhaus in Hiroshima. Am Vorabend des 6. August, gegen Mitternacht, kam ein Notruf aus der nahe gelegenen Gemeinde Hesaka, drei Meilen vom Krankenhaus entfernt, da Patienten in diesem Dorf dringend meiner Hilfe bedurften, und ich verließ das Hospital. Ohne diesen Notruf und meine Übernachtung außerhalb Hiroshimas könnte ich heute nicht unter Ihnen sein. Am nächsten Morgen um Viertel nach acht explodierte plötzlich die Bombe. Mit einem Schlag leuchteten millionenfache Blitze auf und blendeten mich. Es folgte eine ungeheure Hitze, die meine unbedeckte Haut verbrannte.
Dann, einige Sekunden später, kam der ungeheure Druck, der einem Orkan gleich den Hügel heraufraste und die Häuser in diesem Dorf erfaßte. Er riß das Dach des Hauses, in dem ich mich befand, ab und schleuderte mich etwa zehn Meter weit. Als ich aus den Trümmern des Hauses hervorkroch, sah ich auf den riesigen Atompilz, der höher und höher wuchs, in fünf verschiedenen Farben leuchtete und sich über ganz Hiroshima ausbreitete.
Da ich mich als Militärarzt zum Helfen verpflichtet fühlte, nahm ich sofort mein Fahrrad und fuhr in Richtung Hiroshima. Als ich etwa die Hälfte des Weges hinter mir hatte, sah ich den ersten Menschen, der aus dem Flammenmeer entflohen war. Und wie er aussah! Er war kein Mensch mehr. Vom Leib, von allen Teilen des Körpers, hingen zerfetzte Lappen herunter. Von den Spitzen der Finger, die er sich vor die Brust hielt, fiehlen schwarze Tropfen herab. Und das Haupt, der ungeheuer große Kopf, an dem kein einziges Haar zu sehen war, geschwollene Augen, die beiden Lippen, die bis zur Hälfte des Gesichtes aufgedunsen waren! Erschrocken trat ich einige Schritte zurück. Die hängenden Lappen waren nichts anderes als abgeschabte Haut des lebenden Menschen. Die schwarzen Tropfen waren sein Blut. Ob Mann, ob Frau? Ob Soldat, ob Zivilist? An nichts konnte man das ablesen. Von seiner Sehkraft war vielleicht noch etwas übrig. Er trottete mit vorgestreckten Händen einige Schritte auf mich zu und fiel auf den Bauch. Ich lief hin und wollte den Puls fühlen. Aber an diesem Fleischklumpen war nirgendwo eine Stelle mit trockener Haut. Bestürzt und hilflos stand ich da und schon überfielen den liegenden Menschen starke Krämpfe, aber bald gingen diese auch vorbei.
Ich eilte weiter zur Stadt, als ich an das Flußufer gelangte, das die Stadt nach Norden hin umgrenzte. Das Flußbett war voll von ausgebrannten Fleischklumpen. Drüben auf dem anderen Ufer loderten die Flammen zum Himmel und, diese umkreisend, stießen Rauchpfeiler wie lebende Wesen hoch. Vom Feuer gejagt, sprangen die Menschen ins Wasser. Im Wasser waren auch viele Kinder. Wie sehr auch meine Gedanken zu meinem Krankenhaus eilten, es war gar nicht möglich, durch die Feuerwand in die Stadt zu kommen. Eine Weile dachte ich hin und her, dann aber entschloß ich mich, zu dem Dorf zurückzukehren, das ich soeben verlassen hatte, um dort eine Nothilfeklinik für die Verwundeten zu errichten.
Eine unerklärliche Krankheit
Es war am vierten und fünften Tag nach dem Atombombenabwurf, als unter den Patienten merkwürdige Krankheiten auftauchten. Bisher war das im Dorf eingerichtete provisorische und immer überfüllte Lazarett meist mit Brandwunden und äußeren Verletzungen konfrontiert gewesen. Nun aber kamen Patienten mit Symptomen wie hohem Fieber, Blutungen der Nasen und Augenschleimhäute, Purpura und Ausfall des Kopfhaars. Sie starben entweder bereits nach einigen Stunden oder spätestens nach einigen Tagen. Im Nachhinein habe ich erfahren, daß es sich um Strahlungsschäden handelte, die man als akute Strahlenkrankheit bezeichnet. Für mich, der damals nichts dergleichen gelehrt bekommen und der keinerlei Erfahrungen damit hatte, war es eine unerklärliche Krankheit.
Ein Beispiel: Viele Tage bevor die Atombombe detonierte, heiratete ein Freund von mir in Hiroshima. Am 6. August wurden beide schwer verbrannt, der eine auf dem Weg zum Hauptquartier der Division und die andere in ihrer Küche. Glücklicherweise überlebten sie und entkamen mit knapper Not nach Hesaka, in mein Dorf. Keiner von beiden wußte vom Schicksal des anderen, obwohl beide auf dem gleichen Boden dieser Grundschule lagen. Die Opfer um sie herum starben, und jene, die zwischen den beiden jungen Menschen gelegen hatten, raffte der Tod hinweg. Schließlich lagen sie nebeneinander, ohne daß sie von einander etwas ahnten. Ihre Gesichter waren allzu verändert, sie waren füchterlich verbrannt. Aber schließlich erkannten sie sich am Klang ihrer Stimme. Was für eine glückliche Fügung!
Diese herzergreifende Episode sprach sich unter den Patienten schnell herum. Es schien den beiden nach und nach besser zu gehen, und nach zwei Wochen sollten sie in ein Krankenhaus in einem anderen Ort verlegt werden. Das glückliche Paar verabschiedete sich von den anderen Patienten und kam auch zu mir, um mir für die Behandlung zu danken. Doch kaum waren die Worte verklungen, da sprudelte plötzlich eine große Menge Blut aus dem Mund des Mannes. Und in beiden Händen, die er schmerzerfüllt an den Kopf legte, hielt er plötzlich ein Büschel von Haaren, als wären sie abrasiert. Er brach zusammen und bekam hohes Fieber. Innerhalb von 24 Stunden war er tot. Seine Frau war außer sich; sie schrie und hielt den Leichnam ihres Mannes. Doch auch ihre Tränen verwandelten sich in Blut, ihr Haar hatte das gleiche Schicksal und wenig später folgte sie ihrem Mann in den Tod.
Weitere schreckliche Ereignisse stellten sich ein. Auch unter den Leuten, die nach dem Bombenabwurf in die Stadt gegangen waren, um dort zu helfen, und unter den Leuten, die aus anderen Orten gekommen waren, um in der Stadt nach Verwandten und Bekannten zu suchen, tauchten Menschen mit merkwürdigen Krankenheitsbildern auf. Viele von ihnen starben.
Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht wissen, daß diese Menschen in der Luft, auf Lebensmitteln und im Wasser befindliche Strahlungspartikel aufgenommen hatten, die wiederum schreckliche Wirkungen zeitigten: Die über längere Zeit wirkende niedrigdosierte radioaktive Strahlung rief plötzlich eine verstärkte Tumorbildung hervor oder die körperlichen Abwehrfunktionen wurden zerstört.
Ein weiteres Beispiel: Ein junger Stadtbeamter war im Keller des Rathauses unweit vom Explosionszentrum. Ihm wurden bei der Detonation die Beine zugeschüttet. Mit Hilfe eines Kollegen konnte er glücklich entkommen. Noch am selben Tag kam er im sechs Kilometer entfernt liegenden Vorort von Hiroshima, wo ich war, an.
Seine Frau, die kurz davor ein Kind gebar, war am 6. August bei ihren Eltern in der etwa 200 km entfernten Stadt Matsue. Sie ging, nachdem Sie das Baby den Eltern anvertraut hatte, in die zerstörte Stadt, um ihren Mann zu suchen. Nachdem sie 8 Tage lang durch die Ruinen gegangen war, konnte sie ihn endlich finden. Obwohl ihm ein Bein gebrochen war, war er noch verglichen mit anderen, die dort im Ort zu Hunderten untergebracht waren und von Minute zu Minute starben, in einem besseren Zustand. Angesichts dieses höllischen Bildes setzte die Frau ihre Kräfte gänzlich dafür ein, die Schwerverwundeten zu betreuen. Einige Tage arbeitete sie ganz selbstlos daran. Und es war entsetzlich für mich mit anzusehen, wie diese Frau nach wenigen Tagen erkrankte. Sie bekam plötzlich hohes Fieber und ihr blutete die Nase, es traten Blutflecken auf der Haut an allen Gliedern auf, und am Ende fiel ihr das ganze Kopfhaar aus. 14 Tage hat sie gelitten und mußte im äußersten Elend sterben. Die Symptome, die bei ihr auftraten, waren dieselben wie bei den Schwerverwundeten.
Das wirkliche Ausmaß der Opfer, der Schäden, des Leidens der vom Atombombenabwurf betroffenen Menschen, insbesondere die von der radioaktiven Strahlung hervorgerufenen Leiden, sind den Menschen in aller Welt bisher nicht korrekt mitgeteilt worden. Zum einen haben die Regierung der USA und die der US-Atompolitik gefolgschaftleistende japanische Regierung das wirkliche Ausmaß des Leidens und die Unmenschlichkeit der Strahlungskrankheit konsequent zu vertuschen und zu verstecken versucht. Zum anderen war die medizinische Forschung über die Wirkung radioaktiver Strahlung auf den menschlichen Organismus noch nicht ausreichend fortgeschritten.
Schäden durch niedrigdosierte radioaktive Strahlung
Es gab einen Bericht von dem 1977 – also 32 Jahre nach dem Atombombenabwurf – in Japan veranstalteten »Symposium der UN-NGO zu Problemen der Atombombenopfer« von Hiroshima und Nagasaki. Auf diesem Symposium wurden zwar die externen Wirkungen auf den menschlichen Körper nach erfolgter hochdosierter radioaktiver Strahlung deutlich gemacht; die Wirkung niedrigdosierter Strahlung, die von den in den menschlichen Körper gelangten Strahlungspartikel ausgeht, blieb jedoch völlig unerwähnt.
Was den Einfluß von radioaktiver Strahlung auf den menschlichen Organismus angeht, wurde damals lediglich die Menge der Strahlung problematisiert. Ohne zwischen extern und intern erfolgter Bestrahlung zu unterscheiden, war die Position sogenannter Erfahrungswerte in der Diskussion beherrschend, wonach die Wirkung radioaktiver Strahlung unterhalb eines bestimmten Schwellenwertes zu vernachlässigen sei.
1972 legte der kanadische Arzt Abram Petkau seine Petkau-Theorie öffentlich vor. Danach „zerstört aus dem menschlichen Organismus heraus langzeitlich erfolgende niedrigdosierte Strahlung Zellen nach einem völlig anderen Wirkungsprinzip, als dies bei der kurzfristigen Schädigung durch extern erfolgte hochdosierte Strahlung der Fall ist. Erfolgt die radioaktive Strahlung im Wasser, wird das unschädliche Sauerstoff-Element in schädlichen Aktiv-Sauerstoff umgewandelt. Diese Reaktion fällt bei niedrigdosierter Strahlung heftiger aus als bei hochdosierter Strahlung“. Im selben Jahr veröffentlichte der Amerikaner Ernest J. Sternglass ein Buch mit dem Titel „Low Level Radiation“ (übrigens veröffentlichte er es in London, da es in den USA nicht möglich war), in dem er die Schäden niedrigdosierter Strahlung epidemiologisch aufzeigte. Dieses Faktum ist übrigens bis heute kaum wahrgenommen worden.
Jedoch machte die Kernreaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 die Gefährlichkeit niedrigdosierter Kernstrahlung durch in den menschlichen Körper aufgenommene radioaktive Partikel mit einem Schlag deutlich. Im Gefolge dieser Katastrophe wurden die bis dato verheimlichte Existenz von zahlreichen Opfern niedrigdosierter Kernstrahlung im Zusammenhang mit den Großkatastrophen beispielsweise im Kernkraftwerk Three-Mile-Island oder der Atombombenfabrik Savannah-River in den USA sowie Schädigungen von mehreren der 250.000 US-Soldaten, die für Kernwaffenexperimente eingesetzt worden waren, bekannt. Ferner wurden u.a. 1992 von Donnell W. Boardman „Radiation Impact“, 1993 von Jay M. Gould et al. „Deadly Deceit“ gehäuft Untersuchungs- und Forschungsberichte über Schädigungen durch niedrigdosierte Kernstrahlung veröffentlicht.
Darüber hinaus berichtete die Untersuchung des Japanischen Verbandes der Atombombenopfer von 1985, daß es „unter den Atombombenopfern, die zum Zeitpunkt des Abwurfes über zwei Kilometer vom Epizentrum entfernt waren oder später in das Stadtgebiet gelangten, Menschen gibt, die Krankheitsbilder aufweisen, deren Ursache auf intern erfolgte niedrigdosierte Strahlung zurückgeführt werden kann“. Im Zusammenhang mit der Anwendung des Gesetzes zur Unterstützung von Atombombenopfern betrachtet die Stadt jedoch die Entfernung von zwei Kilometern ab dem Epizentrum als jene Grenze, von der ab keine Wirkung der Kernstrahlung angenommen wird. Ferner ist festzustellen, daß es auf internationalen Konferenzen zu entsprechenden Berichten von japanischen Wissenschaftlern zu dem Thema »Schäden niedrigdosierter Kernstrahlung« gekommen ist. So beginnt entgegen der bisher vorherrschenden Lehrmeinung der sogenannten Erfahrungswerte, bei deren Unterschreitung keine Schädigungen zu erwarten seien, die Auffassung derzeit zunehmend an Unterstützung zu gewinnen, derzufolge interne Abstrahlung niedrigdosierter Kernstrahlung schwerwiegende Folgen hervorruft.
Die Schäden von Kernwaffen sind nicht zu begrenzen
Die Wahrnehmung der Realität der Strahlenopfer infolge des erstmaligen Einsatzes von Kernwaffen in der Menschheitsgeschichte war wesentlich bestimmt durch das strategische Kräfteverhältnis bei den Kernwaffen. Die Realität selbst ist entsprechend verheimlicht worden. Des weiteren kann die medizinische Wissenschaft die konkrete Lage von Strahlenopfern derzeit nicht detailliert beleuchten und gänzlich deuten. Wäre dies möglich, würde ein allgemeines Bewußtsein darüber entstehen, daß „die eigentliche Bedrohung der Kernwaffen in der radioaktiven Strahlung liegt und bei intern ausgehender Bestrahlung auch bei kleinsten Mengen gefährlich ist“. So ist aber jene Kernwaffenbegrenzungstheorie immer noch weit verbreitet, wonach es keine „Ideallösung“ gibt, und „man zwar gegen den Einsatz von Atomwaffen ist, aber deren Besitz als notwendig für die Verhinderung von Krieg ansehen muß“.
Die Schäden von Kernwaffen sind räumlich und zeitlich nicht zu begrenzen. Werden Kernwaffen eingesetzt, gelangt radioaktive Substanz in die Atmosphäre und fällt über einen langen Zeitraum wieder zurück auf die Erdoberfläche, wo über Jahre hinweg die Menschheit langsam umgebracht wird und noch mehrere Generationen danach Schäden zu beklagen sein werden. Zudem hat der Besitz von Kernwaffen zur Voraussetzung, daß Uran gefördert, für militärische Zwecke aufbereitet wird, Sprengköpfe (Bomben) produziert und gelagert werden und deren Funktionsfähigkeit getestet wird. Auf all diesen Stufen werden unzählige Strahlenopfer zu verzeichnen sein.
Ich denke, daß es die Grundlage für die schnellstmögliche Realisierung der Abschaffung von Kernwaffen ist, die Menschen in aller Welt darüber zu informieren, worin die Besonderheit dieser menschenvernichtenden Waffen im Unterschied zu allen bisher dagewesenen Waffen besteht. Zu diesem Zweck fordern wir in Japan den Abschluß eines internationalen Abkommens zur vollständigen Beseitigung der Atomwaffen und rufen dafür zu einer weltweiten Hiroshima-Nagasaki Unterschriftenkampagne auf. Derzeit können wir bereits auf 40 Millionen Unterschriften in Japan und weltweit auf 100 Millionen verweisen.
Lassen Sie mich meine Rede mit der Bitte beenden, daß Sie als Deutsche in vorderster Position des Verbundes aller europäischen Bürger uns ihre Kraft und ihr Engagement für die Abschaffung der Atomwaffen zur Verfügung stellen mögen.
Über Shuntaro Hida
Dr. med. Shuntaro Hida, 1917 in Hiroshima geboren, ist in mehrfacher Hinsicht ein außergewöhnlicher »hibakusha«. Er gehört zu den wenigen Ärzten, die den Atombombenabwurf überlebt haben; den Grund hierfür nennt er in seinem Referat. Mit großem Einsatz ist er seit 1945 in (inter)nationalen Gremien für die Belange der »hibakusha« und für seine Vision einer atomwaffenfreien Welt tätig. Guido Grünewald hat ihn den »Botschafter« der Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki genannt. Ferner hat Dr. Hida seine auch auf deutsch erschienenen Memoiren verfaßt (Der Tag, an dem Hiroshima verschwand. Erinnerungen eines japanischen Militärarztes, Bremen 1989, Donat Verlag). Es ist bemerkenswert, daß das nukleare Inferno nicht am Anfang seiner Erinnerungen steht, sondern deren Schlußpunkt bildet. Dr. Hida, der heute noch zweimal in der Woche strahlengeschädigte Patienten in Tokio fachlich betreut, gibt in seinem Buch mit der präzisen Sprache des Arztes authentische Einblicke in den japanischen Militarismus und in die damalige expansive Außenpolitik seines Landes.
Dr. Hidas Referat, welches hier abgedruckt wird, bildete den Auftakt seiner neunten Vortragsreise durch Deutschland, diesmal in Begleitung seiner Enkelin Rika Nogutschi. Dr. Guido Grünewald von der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte KriegsgegnerInnen verdanken wir es, daß Herr Hida sein Referat im Rahmen des Frankfurter Vortragszyklus' halten konnte. Frau Mokoto Uchida, Frankfurt, hat dankenswerterweise sowohl den Vortrag als auch die sich anschließenden Fragen aus dem Publikum und das folgende Interview übersetzt.
(B.W.K.)
Shuntaro Hida