Kampf um den Weltrüstungsmarkt
von Arno Neuber
Der Handel mit Waffen boomt wieder. Nach einem zwischenzeitlich deutlichen Rückgang, vor allem infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion und des Warschauer Paktes, sind seit 1994 wieder kräftige Zuwächse zu verzeichnen. Hauptlieferant sind die USA und die US-Rüstungskonzerne dürfen sich als Gewinner bei der Neuordnung des Rüstungsweltmarktes nach dem Sieg im Kalten Krieg fühlen.
Das schwedische Forschungsinstitut SIPRI beziffert den Umfang der internationalen Transfers von konventionellen Großwaffen auf 25 Milliarden Dollar im Jahr 1997.1 Zwar sind das nur 62 Prozent im Vergleich zum Jahr 1987 (dem Jahr mit den höchsten Rüstungsexporten überhaupt), aber seit 1994 ist wieder ein deutliches Wachstum des Waffenhandels zu verzeichnen.
Andere Zahlen, aber die gleichen Tendenzen ermittelt das Londoner Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) in seinem Jahresbericht 1998.2 IISS beschränkt sich in seiner Einschätzung nicht nur auf die konventionellen Großwaffen. Das Londoner Institut registriert für 1997 Waffenverkäufe im Wert von 46 Milliarden Dollar. 12 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Bereits für die Jahre 1995 bis 1997 verbuchte das IISS ein Anwachsen der Rüstungsexporte um 36 Prozent.
Im Ländervergleich belegen die Zahlen beider Institute, dass die USA den globalen Rüstungsmarkt deutlich beherrschen. SIPRI berechnet für die USA einen Marktanteil von 43 Prozent. Es folgen als weitere Hauptlieferanten (seit 1993) Russland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und China. Nach dem IISS-Bericht hatten die USA 1997 einen Marktanteil von 45 Prozent. Es folgen Großbritannien mit 18,5 Prozent, Frankreich 16 Prozent, Russland 5,4 Prozent, Israel 3,3 Prozent, China 2,2 Prozent und Deutschland mit 1,6 Prozent.
Noch deutlicher fällt das US-Übergewicht bei der Betrachtung der großen Rüstungskonzerne aus. SIPRI schätzt den Umfang des Waffenhandels der 100 größten Produzenten der Welt auf 156 Milliarden Dollar im Jahr 1996 (genau wie 1995). Von den Verkäufen der »Top-Hundert« haben US-Firmen 55 Prozent und westeuropäische Firmen 35 Prozent getätigt. Die restlichen 10 Prozent teilen sich 14 Konzerne aus anderen OECD-Staaten und 8 aus Indien, Israel und Süd-Afrika.
Entwicklung der Militärausgaben
Das Internationale Konversionszentrum Bonn (BICC) geht davon aus, dass in der Zeit von 1986 bis 1995 die weltweiten Militärausgaben von damals über 1.000 Mrd. Dollar um 30 Prozent zurückgegangen sind.3
SIPRI beziffert die weltweiten Militärausgaben für 1997 mit ca. 740 Milliarden Dollar und spricht von einem Rückgang im Zehnjahreszeitraum 1988-97 in Höhe von durchschnittlich 4,5 Prozent pro Jahr. Die Rate hat sich allerdings in den letzten Jahren deutlich verlangsamt und betrug 1996 und 1997 nur noch 1 Prozent.
Der Blick auf den globalen Trend sagt aber nur wenig über die Hintergründe. So gab es den stärksten Rückgang der Rüstungsausgaben in Russland und den anderen SU-Nachfolgestaaten. Sie gaben nach SIPRI-Berechnungen 1997 nur noch 10 Prozent dessen aus, was die UdSSR 1988 verausgabte. Betrugen die Rüstungsausgaben der UdSSR 1987 noch 257 Milliarden Dollar, so waren es in Russland 1997 nur noch 24,1 Milliarden Dollar.
Die vergleichbaren Werte für die USA und die anderen NATO-Staaten fielen dagegen wesentlich anders aus.
Nach eigenen Zahlen gaben 1988 die NATO-Staaten 460,1 Milliarden Dollar für Rüstung aus, 1997 waren sogar 465,5 Milliarden Dollar veranschlagt. Das Jahr der höchsten Militärausgaben der NATO war 1990 mit 503,9 Milliarden Dollar.
Im gleichen Zeitraum sanken die Militärausgaben der USA von 293,1 Mrd. Dollar auf veranschlagte 273 Milliarden Dollar für 1997. Ein Rückgang von 6,9 Prozent.4
Eine Untersuchung des Bonner Konversionsinstitutes belegt, dass überhaupt nur 86 von 156 untersuchten Ländern im letzten Jahrzehnt ihren Militärhaushalt verringerten, 60 haben ihn im gleichen Zeitraum erhöht und 10 ließen ihn stabil.5
Drei Viertel des Rückgangs dürften also auf das Konto Russlands und der anderen SU-Nachfolgestaaten gehen. Was in der globalen Übersicht als weltweiter Abrüstungsprozess erscheint, stellt sich damit bei näherem Hinsehen eher als »Entwaffnung der Verlierer« im Kalten Krieg dar. Da es sich um einen ökonomischen und nicht um einen militärischen Sieg handelte, blieb die Aufgabe der (teilweisen) Entwaffnung dem Verlierer selbst überlassen.
Die globale Übersicht lässt (notwendigerweise) auch einen zweiten Aspekt außer Acht: Die Tatsache, dass die Reduzierung der Rüstungsausgaben in den hochentwickelten Ländern – und hier wiederum vor allem den NATO-Staaten – mit einer Veränderung der Militärstrategien, mit Rationalisierungsprozessen in der Rüstungsindustrie und mit einer Revolution der Militärtechnologie (RMA, C4I) einhergeht. So ist also auch bei reduzierten Kosten eine Erhöhung der Feuerkraft und militärischer Effektivität möglich.
Dominanz von USA
und NATO
Die NATO-Staaten dürften heute rund drei Mal so viel in Rüstung investieren wie alle sogenannten »Feindstaaten« von Russland über Irak bis China zusammengenommen. Sie leisten sich mit ihren 11 Prozent der Weltbevölkerung ca. 56 Prozent der Rüstungsausgaben und bestreiten über 80% des Waffenhandels.
Statt nach dem Kalten Krieg die Konversion der Rüstungsindustrie zu forcieren, setzte die Clinton-Regierung zuerst einmal stärker auf Rüstungsexporte. So billigte sie 1993 Waffenexporte in einem Umfang von rund 36 Milliarden Dollar, eine Steigerung um ca. 100 Prozent gegenüber denen der Bush-Regierung 1992.6
Der Conversion Survey 1998 des BICC stellt dazu fest, dass die Clinton-Regierung 1993 zwar einen Konversionsplan im Umfang von 20 Mrd. Dollar ankündigte, aber schon 1994 begann, daran Abstriche zu machen. „Inzwischen wird »dual use« Technologie nur noch gefördert, wenn der militärische Nutzen eindeutig im Vordergrund steht. Parallel dazu begann die Regierung Clinton auch, die Konzentration der Rüstungsindustrie zu beschleunigen, zum Beispiel durch die Erstattung der Kosten von Firmenzusammenschlüssen und die verstärkte Förderung von Rüstungsexporten.“7
Die Doppelstrategie der Anpassung an einen (zumindest zeitweise) weniger aufnahmefähigen Rüstungsmarkt bei gleichzeitiger Sicherung der globalen Vormachtstellung bezeichnet Jürgen Bruhn in seinem Buch »Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion« mit dem Slogan: „Lieber fusionieren als konvertieren“.
In der Praxis sieht das so aus: 1996 übernahm der Luftfahrtriese Boeing den Konkurrenten McDonnel Douglas und das Rüstungsgeschäft von Rockwell International. Geschätzter Jahresumsatz 48 Mrd. Dollar. Raytheon hat sich durch Zukäufe von Hughes Electronics und Texas Instruments auf einen Umsatz von 21 Mrd. Dollar katapultiert. Im Juli 1997 wollte Amerikas größter Luft- und Raumfahrtkonzern Lockheed Martin für 11,6 Mrd. Dollar den kalifornischen Rivalen Northrop Grumman übernehmen.8
Doch im Frühjahr 1998 trat plötzlich und in krassem Widerspruch zu der bis dato verfolgten Fusionssubventionierungspolitik die US-Regierung als Übernahmegegner auf den Plan. Das Verteidigungs- und das Finanzministerium reichten Klage gegen den Deal ein, weil sie nationale Sicherheitsinteressen bedroht sahen. „Bei dieser Fusion geht es nicht nur um Dollars und Cents. Hier geht es um das Gewinnen von Kriegen und um die Rettung von Leben“, erklärte Justizministerin Reno.9 Die Regierung wollte nach eigenen Aussagen ein Monopol bei der Produktion von Kampfflugzeugen und ihrer Ausstattung mit Elektronik verhindern. Lockheed hätte zusätzlich eine beherrschende Stellung auf einigen Feldern der Raketenabwehr bekommen.
Die NATO-Länder und insbesondere die USA haben die Situation nach der Selbstauflösung des Warschauer Paktes genutzt, um ihre totale militärische Überlegenheit über jeden denkbaren Gegner zu festigen und den Weltrüstungsmarkt zu ihren Gunsten neu zu ordnen. Diese Machtposition weiter auszubauen ist das erklärte Ziel der US-Regierung. „Wir wollen, daß unsere Streitkräfte bis ins nächste Jahrhundert die bestausgerüsteten der Welt bleiben“, erklärte Clinton im Rundfunk.10
Die mittelfristige Finanzplanung des US-Verteidigungsministeriums sieht entsprechend aus. Für das Jahr 2000 ist ein Militärhaushalt von 275,9 Milliarden Dollar vorgesehen (2001: 283,8 Mrd. / 2002: 287,1 Mrd. / 2003: 297,1 Mrd.).11
Zu Jahresbeginn kündigte Clinton aber bereits für den Haushalt 1999/ 2000 eine Erhöhung um 12 Milliarden Dollar an, Einstieg in ein Sechs-Jahres-Programm in Höhe von 100 Milliarden Dollar, aus dem die Erhöhung des Wehrsolds, vor allem aber neue Waffenprogramme finanziert werden sollen.
Europäisierung der Rüstungsindustrie?
Mit der Auflösung des östlichen Militärbündnisses und der Feststellung einer fehlenden militärischen Bedrohung im Bundeswehr-Weißbuch 1994 hat sich hierzulande auch die Möglichkeit aufgelöst, neue Rüstungsprojekte generell mit sowjetischer Überlegenheit und westlichen Ausrüstungslücken zu begründen. Das führte in der Vergangenheit bereits zu bizarren Varianten der Bedrohungslegende. Eine davon lieferte 1994 der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann: „Hohe und höchste Qualität in vielen Bereichen der Rüstungsplanung ist dagegen unverändert wichtig, denn mit dem Ende des Ost-West-Konflikts hat die Proliferation modernster Waffentechnologie sogar noch zugenommen. Konnten wir im Ost-West-Konflikt darauf setzen, dass es Bereiche gab, in denen unsere Kontrahenten technologisch unterlegen waren, so müssen wir heute damit rechnen, gegen exportiertes westliches oder östliches Material oder gegen Kombinationen aus beiden im Duell bestehen zu müssen.“12
In Europa werden Rüstungsprojekte immer häufiger mit dem Interesse am Erhalt der nationalen Rüstungskapazitäten und mit dem Argument begründet, eine US-Dominanz abwehren und europäische Unabhängigkeit sichern zu müssen. So warnte Helmut Kohl als Bundeskanzler auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 1998 vor der Übermacht der amerikanischen Rüstungskonzerne. „Unser Bekenntnis zum freien Wettbewerb verträgt sich nicht mit der Entstehung von Monopolen.“13
Professor Hacke von der Bundeswehr-Universität in Hamburg hielt auf dem Petersberger Forum im Frühjahr 1998 einen Vortrag mit dem Titel: »Der schöne Schein der Freundschaft – Trügt das Bild?« Darin kam er zu dem Schluss: „Es gibt weniger ein Auseinanderdriften des transatlantischen Bündnisses, vielmehr schreiten die Amerikaner einfach über Europa hinweg.“14
In der Zeitschrift »Soldat und Technik« Nr. 2/96 begründet ein Referent der Hauptabteilung Rüstung des Bundesverteidigungsministeriums, warum für den Eurofighter die Beschaffung amerikanischer Mittelstreckenlenkflugkörper (AMRAAM) nicht in Frage kommt. Der Autor legte „Wert darauf, den Appell eines Mitarbeiters eines bedeutenden amerikanischen Rüstungsunternehmens zu kommentieren, der die Auffassung geäußert hat, dass der Realisierung von transatlantischen – d.h. US-Europäischen-Rüstungsprogrammen die Zukunft gehöre. Im Prinzip möchte der Autor, der viele Jahre seines Berufslebens diesem Anliegen gewidmet hat, einem solchen Ansatz ohne Vorbehalt zustimmen. Er gibt jedoch zu bedenken, dass die Europäer – und insbesondere die Deutschen – ihre Anstrengungen seit Beginn der Zusammenarbeit im NATO-Rahmen auf dieses Ziel gerichtet haben, dass aber die meisten Bemühungen um gleichberechtigte partnerschaftliche Rüstungskooperationen vergeblich waren. Wenn eine Zusammenarbeit überhaupt einmal über die erste Programmphase … hinaus gekommen war, mündete sie schließlich immer in eine Senior-Junior-Partnerschaft. Wer dabei der Senior war, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Warum sollte sich in Zukunft – so meint der Autor – an diesem Verhältnis etwas ändern, gerade jetzt, wo der zu verteilende »Kuchen« immer kleiner geworden ist und wo amerikanische Firmen, die sich zu gigantischen Konzernen zusammengeschlossen haben, um die noch verbliebenen Kuchenstücke mit allen Mitteln kämpfen?“
Bei der Bewaffnung des Eurofighters mit Lenkflugkörpern, bei der Beschaffung eines Militärtransporters oder beim künftigen Transportpanzer versuchen die Europäer und namentlich deutsche Industrievertreter die US-Konkurrenz draußen zu halten mit dem Verweis auf die notwendige Konsolidierung der europäischen Rüstungsindustrie und der Gefahr der Behinderung von Exporten bei US-Beteiligungen.
Im Dezember 1997 beauftragten die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands ihre nationalen Industrien, sich zu einem europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern zusammenzuschließen. Im März 1998 verfassten die vier Airbus-Partner DASA, Aerospatiale (F), CASA (Spanien) und die British Aerospace einen gemeinsamen Bericht, wonach sie nicht nur den militärischen Flugzeugbau, sondern alle Sparten ihres Geschäftes – Verkehrs- und Militärflugzeuge, Zivil- und Militärhubschrauber, Lenkwaffen und Raumfahrtausrüstung zu einem Euro-Konzern, einer European Aerospace and Defence Company zusammenfassen wollten. Seither tobt der Kampf um die Kommandohöhen im künftigen Superrüstungskonzern.
Zum ersten Zusammenprall kam es auf einem Treffen der Verteidigungsminister im Juli 1998, als es um die Organisationsform des Konzerns ging. Der britische Verteidigungsminister schlug vor, das Unternehmen um das Eurofighter-Konsortium herum aufzubauen. Dort ist Frankreich bekanntlich gar nicht beteiligt, weshalb der französische Verteidigungsminister auch von Betrug sprach. Er schlug im Gegenzug vor, eine Militärsparte bei Airbus Industries zu gründen. Hier sind die französische Aerospatiale und die DASA mit jeweils 37,7 Prozent beteiligt, die Briten nur mit 20 Prozent. Nach Aussagen des französischen Verteidigungsministers ist der eigentliche Streitpunkt die Rolle der Deutschen. „In diesen Verhandlungen zu dritt ist es nicht selbstverständlich, den Deutschen die Führung einer Industriesparte zu geben. Andererseits ist es aus Sicht der Deutschen aber auch nicht selbstverständlich zu akzeptieren, dass alle Sparten von Franzosen oder Briten geleitet werden.“ (FAZ 9.7.98)
Zwar betonen alle beteiligten Unternehmen und Regierungen, dass es mit Blick auf die US-Konkurrenz bei der Eroberung von Weltmarktanteilen keine Alternative zu einem europäischen Zusammenschluß gebe, zunächst versucht aber jeder Partner/Konkurrent sich in die günstigste Startposition zu manövrieren. Das Stichwort dazu heißt »nationale Konsolidierung«. In Deutschland ist nach dem Erwerb der Siemens-Rüstungselektronik durch die DASA fast die ganze Branche unter den Daimler-Chrysler-Sternen vereinigt. Es fehlt noch der zur Diehl-Gruppe gehörende Lenkwaffenproduzent Bodenseewerk Gerätetechnik (BGT).
In Frankreich wird der einst mehrheitlich staatliche Rüstungskonzern Thomson-CSF an ein Konsortium angebunden, zu dem die Privatunternehmen Alcatel und Dassault, sowie der staatliche Luft- und Raumfahrtkonzern Aerospatiale gehören. Die französische Regierung begründet diesen Schritt ausdrücklich mit der Notwendigkeit, Thomson-CSF langfristig vor feindlichen Übernahmen zu bewahren.
Jüngster Coup ist die geplante Fusion von British Aerospace mit dem Elektronik- und Rüstungskonzern GEC. Monatelang war die französische Industrie mit Gerüchten über einen Zusammenschluß von DASA und BAe unter Druck gesetzt worden. Jetzt bevorzugt auch British Aerospace eine nationale Konzentration, um das eigene Gewicht in einem künftigen Euro-Konzern zu erhöhen.15
Mit dem Eurofighter auch an den Golf?
Einer der lukrativsten Rüstungs-Märkte ist der für Kampfflugzeuge. In den nächsten 20 bis 30 Jahren wird weltweit ein Absatz von 800 Maschinen für möglich gehalten. Diese Zahl schließt die USA, China, Russland und die vier Eurofighter-Partnerländer Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien nicht ein. Eurofighter will davon mehr als die Hälfte für sich erobern. Der erste Kunde soll Norwegen werden. Um dem Konkurrenten Lockheed-Martin Wind aus den Segeln zu nehmen, wurde den Skandinaviern angeboten, fünfter Partner beim Eurofighter zu werden. Norwegen soll zunächst rund 35 Maschinen kaufen und langfristig nochmals 50 bis 60.
Die Eurofighter-Konzerne haben inzwischen die Märkte unter sich aufgeteilt: Alenia (I) ist für Brasilien, Philippinen, Südafrika zuständig, British Aerospace für Australien, Singapur, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrein, Kanada, Kuwait, Malaysia, Saudi Arabien, CASA (Spanien) für Südkorea, Chile, Thailand, Türkei und die DASA für Norwegen, Griechenland, Belgien, Dänemark, Niederlande, Polen, Ungarn und Tschechien.
Im Frühjahr 1997 hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Katrin Fuchs die Bundesregierung nach Exportvorhaben für den Eurofighter gefragt. In der Antwort wurde erklärt, „dass sich die an dem Projekt beteiligten Staaten in einem Grundsatzmemorandum verständigt hätten, dass grundsätzlich kein Teilnehmerstaat einen anderen am Verkauf/Export von Produkten und Systemen aus dem gemeinsamen Programm an Dritte hindern darf. Es sei jedoch vorgesehen, dass der betroffene Teilnehmerstaat aus ernsthaften nationalen Gründen und nach Konsultation der Programmpartner seiner nationalen Industrie die Exportgenehmigung versagen kann. In diesem Fall müsse aber sichergestellt werden, dass der Exporteur die Möglichkeit erhalte, die Gegenstände anderweitig herstellen zu lassen.“16
Gleich für den Export mit geplant wird auch bei anderen europäischen Großvorhaben. Beim zukünftigen Transportflugzeug FLA/FTA (Future Large/Transport Aircraft) wird neben dem Bedarf von sieben NATO-Staaten (inclusive Türkei) auch mit einem weltweiten Absatz von weiteren 400 Maschinen gerechnet. FLA könnte in Deutschland zum ersten rot-grünen Rüstungsprojekt werden. Verteidigungsminister Scharping hat sich bereits für eine Anschaffung ausgesprochen.
Beim Projekt Gepanzertes Transportfahrzeug (GTK) geht es um 3.000 Exemplare für die Bundeswehr zur Ausrüstung der Krisenreaktionskräfte und als Ersatz für veraltete amerikanische M 113, „einige weitere tausend“ für Großbritannien, Frankreich und die Niederlande und darüber hinaus um einen weltweiten Absatzmarkt von rund 20.000 Fahrzeugen in den nächsten Jahren.17
Besonders interessante Märkte für Waffenproduzenten sind der Mittlere Osten und Süd-Ostasien. Beide Regionen sind die Hauptimporteure von Großwaffen und haben in den letzten 10 Jahren ihre Rüstungskäufe um rund 25 Prozent gesteigert.
Gilt Saudi-Arabien als treuester Partner der USA am Golf (Rüstungshaushalt 1997 rund 18 Mrd. Dollar, davon allein 11 Mrd. für Waffenkäufe im Ausland), so richten sich europäische Interessen vor allem auf die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Emirate, die über rund 65 Prozent der Welterdölvorräte verfügen, wollen in den nächsten 3-5 Jahren Waffenkäufe im Gesamtwert von 75 Milliarden Dollar tätigen.18 Die DASA ist in Abu Dhabi mit einem eigenen Büro vertreten. Die Bundesregierung hat 1997 eine Regierungsvereinbarung über die Zusammenarbeit bei Rüstungsforschung, Entwicklung, Erprobung und künftigen Beschaffungsvorhaben unterzeichnet.
Im asiatisch-pazifischen Raum sehen Experten der Rüstungsindustrie gewaltige Absatzchancen für U-Boote, Kampfflugzeuge, Flugabwehrsysteme, Systeme zur elektronischen Kampfführung, Kampfhubschrauber, Transportflugzeuge, Kampfpanzer, Schnellboote und etliches mehr. In den nächsten Jahren wird mit Waffenkäufen im Wert von 40 Mrd. Dollar gerechnet.
Mit harten Bandagen wird auch um die Märkte in den ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten gekämpft. Derzeit konkurrieren europäische und US-Firmen z.B. um die Neuausrüstung der polnischen Luftwaffe (langfristig 150-250 neue Maschinen). Während die Amerikaner gebrauchte Kampfflugzeuge offerieren, setzen DASA, BAe und Saab auf ganze Angebotspakete mit Ausbildungshilfen und Beteiligungen der polnischen Industrie an europäischen Programmen. Die europäischen Rüstungskonzerne haben bereits ihr Interesse an der Privatisierung der polnischen Rüstungsindustrie angemeldet.
Anmerkungen
1) SIPRI YEARBOOK 1998 – Military expenditure and arms production, http://www.sipri.se.
2) FR 23.10.98 und Soldat und Technik 1/99.
3) Brzoska/Wulf: Abrüstung und Konversion. Erfolgreich trotz Waffen im Überfluss, in: Sicherheit und Frieden 2/97.
4) NATO-Brief 1/98 und 1/93.
5) Brzoska/Wulf: Abrüstung und Konversion, a.a.O.
6) Jürgen Bruhn, Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion, Gießen 1995.
7) BICC Jahrbuch: Conversion Survey 1998 – Zusammenfassung und Empfehlungen, http://bicc.uni-bonn.de.
8) FAZ 04.07.97.
9) FR 25.03.98.
10) Die Welt 04.01.99.
11) Office of the Under Secretary of Defence, National Defense Budget Estimates For FY 1999, März 1998, http://www.defenselink.mil.
12) Klaus Naumann: Die Bundeswehr in einer Welt im Umbruch, Berlin 1994.
13) DASA aktuell März 1998.
14) Soldat und Technik 4/1998.
15) Ausführlicher dazu vgl. Neuber: Auf dem Weg zur Europäisierung der Rüstungsindustrie?, Friedensblätter Baden-Württemberg, Dez 98/ Jan 99.
16) Soldat und Technik 3/1997.
17) Vergleiche IMI-Spezial 9: Das Projekt »GTK«.
18) Wehrtechnik 5/1997.
Arno Neuber ist Beirat der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V..