W&F 1990/3

»Militär, Rüstung und Klima«

Studie über die Klimaverträglichkeit von Militär und Rüstung

MÖP

Der weltweite Militärapparat verbraucht ökonomische und naturelle Ressourcen. Über die Art und das Ausmaß existieren bisher kaum Angaben. Daß der Betrieb von Streitkräften die Umwelt beeinträchtigt und schädigt, ist inzwischen Allgemeinwissen. Wie aber sieht es mit dem Beitrag des Militärs zum Klima aus? Die Grünen im Bundestag beauftragten die MÖP, eine Studie zum Thema »Militär und Klima« für eine parlamentarische Anfrage und für die Arbeit in der Enquete-Kommission »Vorsorge und Schutz der Erdatmosphäre« zu erstellen. Sie wurde im Oktober vorgelegt.

Die Studie beginnt mit einer kurzen Einführung in die Problematik des Treibhauseffektes und des Ozonlochs. Anschließend wird der Gebrauch klimarelevanter Gase im Rüstungs- und Militärbereich behandelt. Dabei sind der Energieverbrauch der Streitkräfte, aber auch militärischer Verkehr insbesondere der Flugbetrieb von großer Bedeutung. Es wird dargestellt, wie das Militär die Umwelt als Waffe benutzt und Klimaexperimente durchführt. Die Stationierung der Militärapparate und der Übungsbereich und Unfälle haben punktuell und potentiell klimatische Folgen. Weiterhin erfolgen vergleichende Berechnungen zum Rüstungs- und Militärbereich gemessen an verschiedenen Parametern (z.B. CO2-Emission, FCKW-Verbrauch). Die Ergebnisse sind beunruhigend. Parlamentarier sollten gerade die Staats-Ausgaben klimaverträglich gestalten, da sie hierauf Zugriff haben und eine Vorbildfunktion wahrnehmen und es ihre Aufgabe ist, Schaden vom Volk abzuwenden. Das Geld im Militärbereich wird aber zumeist in klimaschädliche Bereiche investiert. Auch ist eine Kontrolle in dieser Hinsicht bisher nicht möglich gewesen. Die Militärs experimentieren mit unserem Klima in mehrfacher Hinsicht:

  • Das Militär kann ungehindert Klima-Experimente durchführen. Wetterbeinflussung, Experimente in der Ionosphäre, Ozonbomben sind die Stichworte. Es hat ungehinderten Zugang zu den empfindlichen Bereichen der Atmosphäre. Die entsprechenden Fluggeräte haben meist ozonzerstörende Treibstoffe bzw. Treibstoffadditive.
  • Die Umwelt dient dem Militär als Waffe z.B. bei Waldvernichtung durch Herbizideinsatz.
  • Die potentiellen Folgen der Militärapparate sind klimarelevant: Nuklarer Winter, Atomkrieg aus Versehen, Atombombenunfälle, Abstürze von Militärmaschinen auf »zivilisatorische Bomben« wie z.B. Chemiewerke etc.
  • Die weltweite Bereitstellung der »militärischen Sicherheit« verbraucht riesige Mengen an monetären, intellektuellen und natürlichen Ressourcen, die dringend zum Klimaschutz und damit zum Aufbau der Internationalen ökologischen Sicherheit (IÖS) benötigt werden.
  • Die Bereitstellung des mobilen und stationierten Militärapparates, der Ge- und Verbrauch dieser Ressourcen in natürlicher (Betriebsstoffe etc.) und in Produktform (Flugzeuge, Panzer etc.) schädigt das Klima in quantifizierbarem Ausmaß.
  • Die Rüstungsindustrie ist ein Hauptverursacher der FCKW-Produktion.

Der Militär-Anteil an den Staatsausgaben beträgt weltweit nach UNO-Angaben ca. 25-28 %, in der Bundesrepublik sind es 1990 nach NATO-Kriterien offiziell 21,6 %. Das Militär hat weltweit einen Anteil am Kerosinverbrauch von mind. 24 %. Dies ergibt allein einen jährlichen CO2-Ausstoß von 136 Mio Tonnen, was 18,3% der CO2-Gesamtemission der Bundesrepublik ausmacht. Hinzu kommt, daß diese Emissionen gerade in klimasensiblen Zonen der Atmosphäre entstehen.

Der gesamte Militärapparat in der Bundesrepublik hat Berechnungen der Studie zur Folge eine CO2-Emission von ca. 39,1 Mio Tonnen pro Jahr. Dies sind 5,26 % der Gesamt-CO2-Emission der Bundesrepublik, oder 21,72% der Emission der Haushalte und Kleinverbraucher, bzw. 39,1% der Industrie-Emission nach Angaben der Enquete-Kommission. Herausgefunden wurde auch, daß die US-Army weltweit einen jährlichen Energieverbrauch von ca. 14% des Gesamtverbrauchs der Bundesrepublik bzw. 51,3% des Gesamtverbrauchs von Holland hat. 1988 waren dies 56,12 Mio Tonnen Steinkohleeinheiten. Dies wird sich natürlich wegen der Golf-Krise dieses Jahr steigern. Gerade bei den klimarelevanten Gasen nimmt der Rüstungs- und Militärbereich eine führende Position ein:

Allein US-Navy und Air-Force verbrauchen das 2,8fache des bundesdeutschen Gesamtkonsums an Halon 1211, nämlich 2348,28 t/a. Das US-Militär konsumiert nach eigenen Angaben über die Hälfte des Gesamt-FCKW-113-Verbrauchs der USA. Insgesamt sind es 1048,72 t/a nach Angaben des Pentagon (Stand 1986).

Es ist geplant, die Arbeit an dieser Thematik fortzusetzen, zumal international wenig in diesem Bereich bisher zusammengetragen wurde. Hierfür sind aber dringend Gelder u.a. Unterstützung notwendig. Die Studie erscheint als Band 6 in der Reihe für kommunale und ökologische Friedensforschung des Verlagshaus Riedmühle in Alheim. Kosten ca. 16,80.- DM. Wir bitten darum, auf diese Arbeit aufmerksam zu machen.

MÖP e.V., Reuterstr. 44, 5300 Bonn 1, Tel. 0228/26 11 08 • Fax. 0228/26 13 59

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1990/3 Die Krise am Golf, Seite