W&F 2010/4

Muss Subsidiarität sein?

Optionen der staatlich-zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit

von Rainer Nolte

In den Dokumenten des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung zur zivilen Konfliktbearbeitung findet sich an einigen Stellen der Begriff »subsidiär«.Was bedeutet die Forderung nach Subsidiarität tatsächlich in der friedens- und konfliktrelevanten Zusammenarbeit zwischen Staat und zivilgesellschaftlichen Akteuren, was für ein Förderprogramm wie »zivik«?

Der Bundestag formulierte in seinem Beschluss zur »Förderung der Handlungsfähigkeit zur zivilen Krisenprävention, zivilen Konfliktregelung und Friedenskonsolidierung« ( Drucksache 14/3862 vom 7. Juli 2000): „Angesichts der Komplexität von Konfliktlagen sind einzelne Staaten oder Organisationen … häufig überfordert. Maßnahmen in diesen Bereichen haben besonders dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie subsidiär, multilateral und multidimensional angelegt sind, wenn verschiedene … vor allem konfliktvermittelnde Kräfte aus den Konfliktregionen zusammenwirken.“ Das »Förderkonzept des Auswärtigen Amtes zur Unterstützung von internationalen Maßnahmen auf dem Gebiet der Krisenprävention, des Friedenserhalts und der Konfliktbewältigung« von 2001 verweist darauf als Zitat. Der Aktionsplan »Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung« der Bundesregierung von 2004 greift diese Formulierung ebenfalls auf (S.43). Er stellt ihr zusätzlich eine zweite voran (S.9): „Für die Krisenprävention verantwortlich sind in erster Linie die Konfliktparteien selbst. … Aufgabe externer Akteure ist es, subsidiär friedenserhaltende oder friedensschaffende Prozesse zu unterstützen und zu begleiten.“

»zivik«

Das Förderprogramm »zivik« (Zivile Konfliktbearbeitung) des Instituts für Auslandsbeziehungen e.V. hat mit Mitteln des Auswärtigen Amtes seit 2001 mehr als 600 Friedensprojekte in rund 50 Ländern weltweit mit insgesamt über 40 Millionen Euro begleitet und unterstützt. Es werden Projekte von Organisationen gefördert, die im Unterschied zu staatlich gesteuerten Maßnahmen einen zivilgesellschaftlichen Beitrag zu internationalen Friedensbemühungen leisten. Dies geschieht in Abgrenzung zu entwicklungspolitischen Maßnahmen sowie zu Projekten mit überwiegend humanitärem, menschenrechtlichem und demokratieförderndem Charakter. Vielmehr ist die Förderung auf konkrete Konfliktkontexte und die damit verbundenen brennenden politischen Fragen ausgerichtet; sie zielt auf eine friedliche Dialogkultur im Rahmen von gewaltgefährdeten Auseinandersetzungen. Die direkte Auseinandersetzung zwischen Konfliktparteien ist hierbei von besonderem Interesse.

Projekte werden in Regionen, in denen der Staat restriktiv auftritt, ebenso gefördert, wie in Ländern, in denen staatliche Strukturen fehlen. Die Unterstützung ist so angelegt, dass kurzfristige Projekte mit Blick auf sich rasch ändernde Konfliktsituationen und unter Einbeziehung von Konfliktbetroffenen flexibel geplant und umgesetzt werden können. Im Vordergrund steht dabei der notwendige Verzicht auf Gewalt.

Bei den meisten Projekten handelt es sich um Dialog- und Trainingsmaßnahmen in Methoden und Verfahren der gewaltfreien Konfliktbearbeitung. Schwerpunkte der Projektförderung liegen in Zentral- und Westafrika, im Nahen Osten, im Kaukasus und in Südostasien. Die Projekte finden in einem Spannungsbogen statt – zwischen der Etablierung eines sicheren Umfeldes für weitere soziale Entwicklungen und präventiven Maßnahmen, bei denen kleine Anzeichen für Spannungen früh erkannt, bewusst thematisiert und aufgefangen werden, noch bevor es zu Gewaltausbrüchen kommt.

Subsidiarität – Grenzsetzung oder Aktivierung?

Das letztgenannte Zitat stammt aus dem Grundsatzkapitel, in dem die Szenarien der »Neuen Kriege«, die Herausforderungen und das Gesamtkonzept ziviler Krisenprävention der Bundesregierung vorgestellt werden. Es setzt klar auf die vorrangige Verantwortung der Konfliktparteien selbst und auf die Nachrangigkeit des Tätigwerdens von Akteuren, die als extern eingestuft werden. Dem Grundsatzkapitel folgt ein umfangreicher Teil multilateraler Handlungsansätze besonders im Zusammenhang internationaler und zwischenstaatlicher Organisationen, so dass deutlich wird: Hier wird ein außenpolitischer Leitsatz formuliert: Subsidiarität wirkt als Prinzip der Selbstbeschränkung. Es setzt Grenzen für externe Akteure oder erinnert sie zumindest daran, und es setzt auch Grenzen dafür, dass die Bundesregierung als Unterstützerin in einer beliebigen Zahl von Konfliktinterventionen beansprucht werden könnte.

Das erstgenannte Zitat aus Aktionsplan, Bundestagsbeschluss und Förderkonzept des Auswärtigen Amtes versteht Subsidiarität ausdrücklich als »local ownership« und erklärt diese zu einer weitgehenden Erfolgsbedingung für konfliktbearbeitende Maßnahmen. Dieses Verständnis erscheint auch wirkungsorientiert motiviert zu sein und setzt damit weniger einen beschränkenden, sondern einen aktivierenden Akzent. Der Aktionsplan führt im Kapitel über strategische Ansatzpunkte der Krisenprävention diese aktivierende Version an und bezieht sie ausschließlich auf die Friedenspotenziale der Zivilgesellschaft, der Medien, der Kultur und der Bildung. Hingegen stellt das Förderkonzept des Auswärtigen Amtes, das nach dem Aktionsplan ausgearbeitet wurde, das Zitat der Gesamtheit seiner Maßnahmen der Krisenprävention, des Friedenserhalts und der Konfliktbewältigung voran.

Subsidiarität als Wertprinzip und Kompetenzanforderung

Der zitierte Leitsatz paraphrasiert Subsidiarität über die Nachrangigkeit externer Akteure hinaus gehend durch das Zusammenwirken „verschiedener Kräfte“ aus Konfliktregionen mit staatlichen Stellen und stellt dies in den Zusammenhang »überforderter Staaten«. In unserem europäisch-angelsächsischen Verständnis allerdings gilt Subsidiarität als vorrangiges und aktives Tätigwerden der Zivilgesellschaft, und dies nicht nur als Nothelfer bei Überforderung des Staates, sondern als Ausdruck eines ordnungspolitischen, demokratischen Wertprinzips. Die in der Konfliktbearbeitung engagierten zivilgesellschaftlichen Akteure, in schwachen Staaten ebenso wie hier in Deutschland, fordern ihre Partizipation gerade in als »hoheitlich« definierten Handlungsfeldern, die eine hohe Affinität zu – als globale zivilgesellschaftliche Solidarität verstandenen – Wertüberzeugungen wie Frieden, Gerechtigkeit, Schutz vor Gewalt und Versöhnung aufweisen. Diese Werthaltung vermählt sich mit dem aktivierenden Verständnis von Subsidiarität , d.h. »local ownership«, als Erfolgsbedingung in der Konfliktbearbeitung zu einem starken Anspruch: Zivilgesellschaftliche Maßnahmen sind Wert getragen und effektiver.

Das Förderprogramm »zivik« muss solche Ansprüche in Anforderungen und Kriterien übersetzen, die im Wertgefüge subsidiären Handelns eine Wirkungserwartung ermöglichen. In den Anfangsjahren des Förderprogramms stand die instrumentelle Frage – was wollen die Antragsteller tun, welche Methoden wollen sie einsetzen? – im Vordergrund und spiegelte die zunehmende Auseinandersetzung vieler deutscher Nichtregierungsorganisationen (NRO) mit Handlungswissen aus der Friedens- und Konfliktforschung. Als entscheidend schälte sich in der weiteren Entwicklung die Frage heraus, welche (konfliktbearbeitende oder vermittelnde) Rolle ein zivilgesellschaftlicher Akteur in einem Konflikt einnimmt, ob er in der Lage ist, diese Rolle explizit zu reflektieren und ob er über die entsprechenden Instrumente verfügt, die dieser Rolle und ihren Gefährdungen – gerade diesen! – entsprechen und ggf. korrigierend eingesetzt werden können. Dabei ist natürlich die Methodenkompetenz auf der unmittelbaren Handlungsebene immer Voraussetzung.

Dem aktivierenden Prinzip »local ownership« als Erfolgsbedingung (und daraus resultierender Beratung der Antragsteller) ist es geschuldet, dass »zivik« in den vergangenen zehn Jahren die Anzahl der geförderten NRO aus den Konfliktregionen selbst auf ca. 66-75% Förderanteil steigern konnte. Zwingende Konsequenz: Die Idee des externen Akteurs musste dringend revidiert und, wie oben ausgeführt, durch eine genaue Analyse der Rolle im Konflikt-Setting ersetzt werden.

Dem Subsidiaritätsprinzip verpflichtet, einem weiter unten beschriebenen Dilemma geschuldet und angesichts der Unmöglichkeit, den Grad der Überforderung eines Staates förderungsrelevant zu skalieren, betrachtet »zivik« kompetente, als wirksam und rollensensibel beurteilte zivilgesellschaftliche Ansätze zur Bearbeitung tatsächlicher Konflikte als legitime Fördervorschläge. Ein Großteil von geförderten Projekten findet in Konfliktregionen statt, in denen ein halbwegs funktionierender Staat kein Interesse zeigt (oder zeigen kann), zivilgesellschaftliche Lösungen zu fördern (und daher gewollt oder ungewollt Konflikt verschärfend wirkt). Es gibt Staaten, die selbst (gewaltsame) Konfliktparteien sind. Lediglich ein recht kleiner Teil von Projekten zivilgesellschaftlicher Förderung geht auf ein erklärtes Interesse eines tatsächlich überforderten Staates an Unterstützung zurück.

Verzicht auf Subsidiarität als Chance

Staatliche Gegenüber zur Zivilgesellschaft sind in »failing states« nicht überfordert, sie fallen komplett aus; zivilgesellschaftliche Gruppen sind dann oft die einzigen handlungsfähigen konfliktvermittelnden Akteure. Mehr noch: Es fehlt oft nicht nur der funktionstüchtige Staat, sondern überhaupt die Idee einer nationalen Einheit, die unterschiedliche Gruppen einbezieht. Das Prinzip »subsidiär« würde, wenn angewandt, die Zivilgesellschaft herausfordern, sich einer wurzellosen Einheit zuliebe am »state building« bzw. »nation building« zu beteiligen, u.U. erfolgreiche Gestaltungsmacht wieder abzugeben und eine Zusammenarbeit mit einem oft fragil bleibenden Staatsgebilde einzugehen. Dieser Herausforderung müssten Chancen in der und durch die Kooperation mit einem Rumpfstaat gegenüberstehen, die den zivilgesellschaftlichen Akteuren realistisch, glaubwürdig, vorteilhaft und Erfolg versprechend erscheinen. Möglicherweise kann die „Aussicht auf Erfolg“ bei Konfliktregelungen dann größer sein, wenn »subsidiär« nicht zur conditio sine qua non wird. Ekkehart Krippendorf hat unlängst in »Aus Politik und Zeitgeschichte« darauf hingewiesen, dass eine Staatsfixierung, besonders die europäische Idee des vernünftigen und sittlichen Staates, neue Lösungen im Falle von Staatszerfall, eine neue Kultur des Politischen verstelle (Heft 34-35, 2010, S.40-46).

In diesem Gedanken liegt mit Sicherheit eine große Herausforderung an die strategischen Ansatzpunkte der Krisenprävention der Bundesregierung, nämlich die Schaffung verlässlicher Strukturen und die Stärkung von Institutionen auf allen Ebenen, vorrangig um Konfliktaustragung verrechtlichen zu können. Es liegt eine Herausforderung darin, zivilgesellschaftliche Friedenspotenziale nicht alleine in Medien, Kultur und Bildung sowie „gesamtgesellschaftlicher Verständigung“ zu erkennen (verbunden mit der Hoffnung, hierdurch »nation building« befördern zu können) und gewaltfreie Austragung von Interessenkonflikten nicht ausschließlich von einem staatlichen Gewaltmonopol abhängig zu machen. Für den herausfordernden Gedanken gibt es eine große Chance: Er erhebt keinen prinzipiellen Gültigkeitsanspruch, sondern öffnet den Blick auf eine mögliche Erfolgsoption im Einzelfall.

Für die Förderpraxis von »zivik« (und auch die Grundgedanken des Förderkonzepts des Auswärtigen Amtes) hat die Existenz von zerfallenden, schwachen oder extrem autoritären Staaten schon heute Konsequenzen: Zivilgesellschaftliche Akteure aus solchen Regionen haben kaum eine Chance, als Voraussetzungen für einen Förderantrag die rechtliche Verfasstheit nachzuweisen. Dementsprechend sind sie in den Förderanträgen bei »zivik« deutlich unterrepräsentiert. Im günstigen Fall verfügen sie über einen förderfähigen externen Partner, der die »local ownership« respektiert.

Man könnte als Herausforderung formulieren: Je fragiler der Staat, umso nötiger sind zivilgesellschaftliche Konfliktbearbeitungsakteure und umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sie von einem Förderprogramm wie »zivik« profitieren können. Es ist eine dringende Aufgabe, die Förderung der Handlungsmöglichkeiten, wie sie der initiale Bundestagsbeschluss benennt, konsequent weiterzuentwickeln, damit das Vertrauen in Deutschland, wie es im Förderkonzept heißt, auch dort gestärkt werden kann, wo es kein Vertrauen auf Staatlichkeit gibt.

Subsidiarität im »Geberstaat«

Mitte und Ende der 1990er Jahre bestanden die Chance und die Herausforderung, staatlich-zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit zu organisieren; die Aktivitäten der Vereinten Nationen ab Beginn des Jahrzehnts beflügelten einige zivilgesellschaftliche Akteure und gaben der Bundesregierung entscheidende Impulse, sich diese Bewegung als Chance für stärkeren Einfluss in den Vereinten Nationen zu Nutze zu machen. International ausgerichtete Maßnahmen zivilgesellschaftlicher Konfliktbearbeitung durch nationale und internationale Nichtregierungsorganisationen wurden als Gelegenheit gesehen, daran mitzuwirken (wie z.B. unter anderem durch das Förderprogramm »zivik« oder den Zivilen Friedensdienst). Dies sollte und soll das Vertrauen in Deutschland stärken, der Außenpolitik neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen und ihre Zielsetzungen durch die Einbindung in die Official Development Assistance1 verdeutlichen. Andere zivile Maßnahmen sollen deutsche militärische Maßnahmen stabilisieren oder dort gewissermaßen ersetzen, wo Deutschland sich militärisch nicht engagiert.

In gleicher Weise eröffnete sich zivilgesellschaftlichen Akteuren die Chance, ihre Vorstellung der Gestaltung des Friedens und der Sicherheit im Verhältnis einer sich global formierenden Zivilgesellschaft zu einzelnen Staaten oder internationalen Organisationen zu formulieren und diesen quasi globalisierten Anspruch wieder in ihren Herkunftsstaaten an die Regierungen heranzutragen.

Doch die eingangs zitierten Dokumente formulieren Subsidiarität aus einer Geberperspektive mit Blick auf die Zielregionen der zivilen Krisenprävention und Konfliktbearbeitung. Im innerdeutschen Verhältnis ist von staatlich-zivilgesellschaftlicher Zusammenarbeit die Rede; sie ist de facto komplementär und staatsgeführt. Diese staatlich-zivilgesellschaftliche Kooperation war Mitte/Ende der 1990er Jahre im Bereich der Sicherheits-, Außen- und Friedenspolitik neu: Die Sicherheitspolitik war bislang von einer Gewaltanwendungsoption und ihren no-go-areas für zivile Akteure besetzt, die Außenpolitik von einem Primat der diplomatischen Profession und den no-go-areas für private (im Gegensatz zu staatlich akkreditierten) Akteuren. Und in der Friedenspolitik hatten traditionell diejenigen zivilgesellschaftlichen Akteure leichteren Zugang zur Entwicklungszusammenarbeit, die engen Kontakt zu nichtstaatlichen Akteuren wie z.B. Kirchen pflegten.

Die Bundesregierung bekennt sich zur Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, bietet mit dem Beirat zum Ressortkreis Zivile Krisenprävention2 ein Forum dafür an und fördert Austausch- und Beratungsgremien. Die Motivation des Staats zum Gespräch mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren liegt in der Chance auf Informationsaustausch, Abstimmung und in der Nutzung komparativer Vorteile wie spezifische Regionalerfahrung und Kontakte oder die Flexibilität von NRO in der Reaktion auf Konflikte – Chancen für den Staat, die z.B. im »Aktionsplan« auch ausführlich gewürdigt werden. Über den Beirat zum Ressortkreis liegen Erfahrungsberichte der zivilgesellschaftlichen Akteure vor, und sie weisen darauf hin, dass die Chancen für »agenda setting«, Politikformulierung und die operative Ressourcenverfügung vornehmlich in den Ressorts verbleiben. Ungeachtet oder wegen des Fehlens oder wegen angenommener Unmöglichkeit eines Subsidiaritätsprinzips auf dem Gebiet der Friedens- und Sicherheitspolitik tauchen gelegentlich Vorbehalte gegen die Legitimität oder die Akteursqualität der friedenspolitischen NRO-Szene auf. Sie stellen eine Quelle von möglichen Zweifeln an NRO-Maßnahmen dar, deren Wirksamkeit in den oben zitierten Dokumenten gewissermaßen a priori zugestanden wird.

Es lässt sich kaum übersehen, dass zwischen den auf die Geltung eines aktivierenden Subsidiaritätsprinzips gebauten, durchaus berechtigten Erwartungen an konfliktbearbeitendes oder krisenpräventives Handeln zivilgesellschaftlicher Akteure in fernen Ländern einerseits und einer staatsgeführten, von relativen Vorteilserwartungen geprägten Kooperation zwischen Staat und Zivilgesellschaft andererseits hierzulande potenziell eine gewisse Disparität herrscht. In seinem letzten großen Kapitel spricht der Aktionsplan daher vom Aufbau einer Infrastruktur der zivilen (und zivilgesellschaftlichen) Konfliktbearbeitung; sofern damit auch Netzwerke, Beratungs- und Förderorganisationen gemeint sind, kann das regelmäßig gepflegte fachliche Gespräch mit ihnen diese Disparität lindern helfen. Angesichts aktueller Entwicklungen in Staaten, die langfristig für ein »nation building« unzugänglich sein oder werden könnten, gibt es wohl auch kaum Alternativen zu einem Gespräch auf Augenhöhe – in Anerkennung der wohlverstandenen eigenen Werte und Ziele – mit hiesigen zivilgesellschaftlichen Akteuren, deren Engagement man benötigt, will man diese Regionen nicht sich selbst überlassen.

Literatur

Förderung der Handlungsfähigkeit zur zivilen Krisenprävention, zivilen Konfliktregelung und Friedenskonsolidierung. Bundestagsbeschluss vom 7.7.2000, Drucksache 14/3862; http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/038/1403862.pdf.

Förderkonzept des Auswärtigen Amtes zur Unterstützung von internationalen Maßnahmen auf dem Gebiet der Krisenprävention, des Friedenserhalts und der Konfliktbewältigung ohne Datum (2001).; http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Krisenpraevention/Downloads/FoerderkonzeptAA.pdf.

Aktionsplan Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung der Bundesregierung vom 12.5.2004; http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Krisenpraevention/Downloads/Aktionsplan-De.pdf.de.

Anmerkungen

1) Official Development Assistance (öffentliche Entwicklungshilfe) bezeichnet Leistungen staatlicher Stellen an Entwicklungsländer und multilaterale Institutionen zur wirtschaftlichen Entwicklung und Verbesserung der Lebensbedingungen in der Dritten Welt, die ein Zuschusselement von mindestens 25% enthalten müssen.

2) Der Ressortkreis Zivile Krisenprävention setzt sich aus den Beauftragten für zivile Krisenprävention aller Bundesministerien zusammen und wird vom Beauftragten für zivile Krisenprävention des Auswärtigen Amtes geleitet. Der Beirat Zivile Krisenprävention setzt sich aus Repräsentanten der Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen.

Rainer Nolte leitet seit 1999 die Abteilung »Dialoge« des Instituts für Auslandsbeziehungen e.V. in Stuttgart und entwickelte ab 2000 in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt u.a. das Förderprogramm »zivik«. Zuvor war er seit 1993 in friedens- und entwicklungspolitischen Projekten des Landes NRW tätig. Mehrjährige Stationen seiner Tätigkeit in der (auswärtigen) Kulturpolitik waren davor die EU-Kommission und das Kultusministerium NRW sowie eine Tätigkeit als DAAD-Lektor.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2010/4 Konflikte zivil bearbeiten, Seite 16–19