Nachhaltig friedlich
»Fernsehkinder« bei Kindern des Krieges
von Bernhard Nolz
Aktuelle Projekte zur Friedenserziehung in der Schule setzen bei den Defiziten an, die beim Fernsehen unbearbeitet bleiben. Erfolgreich ist Friedenserziehung vor allem dann, wenn Projekte realisiert werden, die schüler- und handlungsorientiert sind und Schülerinnen und Schülern ermöglichen, Friedenskompetenzen zu erwerben, wozu Empathie, Kritikfähigkeit und Ablehnung von Gewalt ebenso gehören wie das Wissen von den Gründen des Krieges und den Bedingungen des Friedens. Im schulischen Rahmen kommt es darauf an, alle an der Schule beteiligten Menschen für die Perspektive des Friedens zu sensibilisieren, Orte aufzusuchen, an denen Friedensarbeit geleistet wird, oder Menschen in die Schule zu holen, an denen SchülerInnen sich orientieren oder mit denen sie sich identifizieren können (vgl. Balser/Schrewe/Schaaf 1997)..
Schulische Erziehung kann nicht beides wollen: Erziehung zur Gewaltfreiheit und zur Gewaltakzeptanz. Daraus folgt: Friedenserziehung ist Aufklärungsarbeit. Jede neue SchülerInnen-Generation muß sich mit dem gesellschaftlichen Dauerskandal auseinandersetzen, daß immer wieder Milliardenbeträge für Kriege, Rüstung und Gewalt von den politisch Verantwortlichen zur Verfügung gestellt werden, während die Projekte und Initiativen für den Frieden ohne ausreichende Unterstützung bleiben.
Wenn in einer Gesellschaft das politische Handeln fast ausschließlich vom ökonomischen Denken bestimmt wird, versagen soziale Kontrollmechanismen und gewinnen sozialdarwinistische Maxime die Oberhand. Je mehr sich politisches Handeln von moralischen Kategorien wie Humanität, Frieden und Nächstenliebe entfernt, desto eindringlicher erwarten die politisch Verantwortlichen, daß die Schule Kompensationsarbeit leistet.
So behält Friedenserziehung ihre zeitlose Aktualität. Doch bedeutsamer für die Entwicklung friedenspädagogischer Prozesse ist Kontinuität. Mit dem Begriff der »Nachhaltigkeit« hat die pädagogische Basiskategorie Eingang in den naturwissenschaftlichen sowie in den politischen Diskurs gefunden. Auf diese Weise kehrt sie in die schulische Diskussion zurück, findet bei den Platzhaltern der Friedenserziehung freudige Aufnahme und stößt neue Lernprozesse an.
Lerngruppe »Kommunikation und Konflikt«
Sieben der 14 Schülerinnen und Schüler, mit denen ich das Friedensdorf Oberhausen besuche, gehören zur Lerngruppe »Kommunikation und Konflikt« (KoKo). Sie haben sich für eine zweijährige Teilnahme (9./10. Schuljahr) entschieden. Im Mittelpunkt stehen der Erwerb von Handlungskompetenz zur friedlichen Konfliktlösung, eine Einführung in das Streit-Schlichter-Programm (vgl. Jefferys/Noack) und das Bemühen, Wege aus der Gewalt zu finden. Lange habe ich nach einem geeigneten KoKo-Projekt gesucht, das Schülerinnen und Schülern Praxiserfahrungen ermöglicht. Im Rahmen des Frühjahrstreffen der »Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden« lernte ich das Friedensdorf Oberhausen kennen.
Es wird von den Schülerinnen und Schülern als KoKo-Projekt positiv aufgenommen, doch fahren letztlich 60% von ihnen nicht mit. An den Gründen werden die Problemlagen der Friedenserziehung ebenso deutlich wie die Unfähigkeit der Schule, den eigenen Zielsetzungen gerecht zu werden. Beispielsweise werden die Grenzen der Integration erfahrbar, weil vier türkischen Mädchen die Teilnahme von der Familie verboten wird. Vier KoKo-SchülerInnen entwickeln Leistungsängste. Ihnen erscheint – von einigen Fachlehrern darin bestärkt – das Risiko, durch eine dreitägige Abwesenheit vom Unterricht leistungsmäßig zurückzufallen, zu groß. Ganzheitliches Lernen in Projekten, das kognitive, affektive und soziale Lernziele umfaßt, ist auf Grund seines holistischen Charakters der Unübersichtlichkeit verdächtig. Solange die schulische Leistungsbeurteilung vorwiegend von schnell abfragbaren Wissensbeständen abhängig gemacht wird, wundert es den Friedenspädagogen nicht, wenn potentielle ProjektteilnehmerInnen mit Bedauern absagen.
Von einer anderen Qualität ist die Absage aus finanziellen Gründen. Die Anzahl der SchülerInnen, die jobben, um das Familieneinkommen aufzubessern, steigt. Die KoKo-Mitglieder haben auf diesen Hinderungsgrund mit Kreativität und mit sozialpolitischem Gespür reagiert: Eine kleine Werbekampagne und eine gezielte Spendenaktion wurden gestartet. Den Zuschuß des Fördervereins der Schule eingerechnet, sind über tausend Mark zusammengekommen. Und in unserer Stadt weiß man jetzt, wofür sich die Gesamtschule einsetzt. Diese Aktivitäten in den Wochen vor dem Besuch des Friedensdorfes haben zu einer verstärkten Identifikation mit KoKo geführt und die SchülerInnen motiviert, sich intensiver mit der Kriegsthematik zu beschäftigen.
Die Schülerinnen und Schüler geben verschiedene Gründe an, warum sie mit ins Friedensdorf fahren möchten: „Im Fernsehen habe ich schon viele Bilder von Kriegsopfern gesehen! Mich kann nichts mehr erschüttern!“ „Im Friedensdorf, da kann man mal richtig was tun.“ „Wir können den Kindern helfen, mit ihnen spielen und basteln und ihnen ein wenig Freude bereiten.“ „Ich suche einen Praktikumsplatz, weil ich Sozialpädagogin werden will.“ „Ich will sehen, ob ich dort meinen Zivildienst machen kann.“ „Ausländische Kinder sind immer so niedlich!“ „Die Informationsbroschüre des Friedensdorfes hat mich neugierig gemacht.“
Das Oberhausener Programm für den Frieden
Das Programm besteht aus drei Elementen.
- Behandlung von Kindern in Europa als letzte Überlebenschance
„Verletzte und kranke Kinder, die in den Heimatländern nicht medizinisch versorgt werden können, nimmt das Friedensdorf in Oberhausen auf und stellt die kurzfristige medizinische Versorgung sicher. Das geschieht in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen europäischen Kliniken, die die stationäre Behandlung kostenlos übernehmen. Nach erfolgter Rehabilitation kehren die Kinder wieder in ihre Heimatländer zurück.
Das Friedensdorf wird im Bereich der Einzelfallhilfe tätig, wenn vier Grundsatzkriterien zur Aufnahme von Kindern erfüllt sind:
- Eine medizinische Behandlung der Kinder im Heimatland ist nicht möglich.
- Die Chance auf eine erfolgreiche Behandlung der Kinder in Europa muß gegeben sein.
- Die Familien und Heimatländer der Kinder müssen eine Garantiererklärung abgeben, daß die Kinder nach erfolgreicher Rehabilitation zurückkehren können.
- Die soziale Indikation muß gegeben sein, d.h. Friedensdorf International hilft den Ärmsten.
Das Friedensdorf konnte seit 1967 vielen tausend Kindern helfen, von denen die meisten in ihren Heimatländern keine Überlebenschancen gehabt hätten“.
- Projekte in den Heimatländern der Kinder
„Katastrophenhilfe, medizinische Unterstützung und eigene Friedensdorf-Projekte sollen
- Not, Leid und Elend lindern,
- die wichtige Frage der Nachsorge für die Kinder, die in Europa behandelt wurden, beantworten und
- verhindern, daß zahlreiche Kinder die Trennung von ihrer Familie in Kauf nehmen müssen.“
Friedensdörfer arbeiten erfolgreich bzw. sind im Aufbau in VietNam, Afghanistan, Sri Lanka, Rumänien, Angola, Georgien, Kasachstan und Litauen. Hilfsgüter und medizinische Einrichtungen gingen zusätzlich nach Albanien, Armenien, Guatemala, Haiti, Kenia, Nicaragua und Pakistan.
- Friedenspädagogische Arbeit
„Wir sind der Meinung, daß wir damit, daß wir Verwundete verbinden, noch nichts gegen den Krieg und für die Erlangung eines dauerhaften Friedens in der Welt getan haben. Denn wir wissen, daß der Weltfrieden nicht von allein kommt. Die Umsetzung dieses Gedankens erfolgte auf zwei Ebenen. Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten erfahren im Friedensdorf Oberhausen, daß ein friedliches Zusammenleben mit anderen Kindern anderer Völker, Rassen und Religionsgemeinschaften möglich ist. Im Friedensdorf Oberhausen gibt es keine Feindbilder. Die Kinder kehren in ihre Heimatländer zurück und fast alle werden zu Botschaftern für Toleranz, Verständigung und Frieden. Zum zweiten wurde das Friedensdorf Bildungswerk gegründet. Mit dem friedenspädagogischen Ansatz und den Seminarangeboten hat das Friedensdorf Oberhausen bewiesen, daß jeder etwas tun kann für das friedliche Zusammenleben der Menschen aller Völker, Rassen und Religionsgemeinschaften.“ (Informationsbroschüre Friedensdorf Bildungswerk)
Das Schlimmste für die Kriegskinder sind nicht ihre Verletzungen, sagen die MitarbeiterInnen des Friedensdorfes, sondern es ist die Erfahrung, daß sie den Erwachsenen nicht mehr vertrauen können. Im Krieg geht aller Schutz verloren, für den zu sorgen Erwachsene da sind. Statt dessen morden, verletzen, zerstören Erwachsene andere Menschen und Sachen, vor den Augen der Kinder, und sie verletzen und töten auch Kinder. Bei der Versorgung der Verletzungen oder bei Amputationen müssen die Kinder erfahren, daß auch die Hilfe der Erwachsenen mit unsäglichen Schmerzen verbunden ist, weil es meistens an Verbandsmaterial, an Spritzen, an allem fehlt.
Die MitarbeiterInnen des Friedensdorfes fahren in die Kriegsländer. Dort geht nichts ohne örtliche Partnerorganisationen. Jede/r kann ermessen, wieviel Vertrauensarbeit bei den Kindern, ihren Familien, bei Behörden, Geistlichen u.v.a. nötig ist, bis klar ist, daß den MitarbeiterInnen des Friedensdorfes vertraut, ja das eigene Kind ihnen anvertraut werden kann. Es sind dieselben Personen, die sich auch in Deutschland um die Kinder kümmern. Sie begleiten die Kinder zu den Operationen, die die ÄrztInnen in Deutschland und in Nachbarländern unentgeltlich ausführen, und sind auch nachher für sie da. Darüber hinaus gibt es für Betreuungs- und Organisationsaufgaben einen großen Kreis ehrenamtlicher HelferInnen.
Was können wir denn nun tun?
Endlich stehen wir am Tor zum Friedensdorf. Nach einer Einführungsphase in die Arbeit der Einrichtung treffen die SchülerInnen zum ersten Mal auf die »Kriegskinder«. Das verläuft völlig unspektakulär. Man lächelt, sagt ein paar Worte und schon sitzt man zusammen auf einer Bank oder einer Mauer. Besonders die kleineren Kinder hängen sich an die »großen« Mädchen und Jungen und wollen sie gar nicht wieder loslassen. Das gesamte Repertoire der Kommunikationsformen zwischen Menschen, die sich kennenlernen, wird ausgespielt. Im Laufe der drei Tage basteln und spielen, musizieren, singen und tanzen die GesamtschülerInnen immer wieder mit den Kriegskindern – oder umgekehrt. An den Abenden sind die SchülerInnen erschöpft, aber zufrieden. Es ist befriedigend zu spüren, daß man gebraucht wird und Hilfe geben kann. Es schafft ein angenehmes Gefühl, wenn man bemerkt, daß man die BetreuerInnen der Kriegskinder für ein paar Stunden entlasten kann. Und man fühlt sich gut, wenn man alle Ressentiments oder Ängste, die man vorher gegenüber verletzten und verkrüppelten Kriegskindern gehabt hat, zugunsten von Zuneigung und Vertrauen überwinden konnte. In den abendlichen Gesprächen mit den Zivildienstleistenden – der Gemeinschaftsfernseher bleibt unbenutzt – wird das Positive konkretisiert. Die Arbeit mit Kriegskindern ist anstrengend, aber sie macht den »Zivis« Spaß, weil von Woche zu Woche Fortschritte in der Entwicklung der physischen und psychischen Gesundheit der Kinder zu beobachten sind.
Für solche Erfahrungen reicht ein dreitägiger Aufenthalt nicht aus. Für etwas anderes wird aber bei den meisten SchülerInnen eine Grundlage geschaffen: für den Wunsch zu helfen. Sie wollen anderen Gutes tun. „Denn“, so formuliert es einer, „wann ist man schon mal so nah dran am Leid anderer Menschen?“ Die meisten Menschen helfen nicht wegen irgendwelcher abstrakter Prinzipien oder Ideologien, sondern wegen konkreter Menschen (vgl. Krahulec 1997). So funktionieren u.a. viele erfolgreiche und dauerhafte Lernbeziehungen in der Schule.
Einige koppeln den Helferwunsch an die Absicht, schon bald zu einem Besuch ganz bestimmter Personen wiederzukommen. Vier Schülerinnen möchten Zivildienstleistende wiedersehen. Drei der Teilnehmenden sind nach zwei Wochen wieder in Oberhausen, weil sie mit einer angolanischen Kindergruppe noch einmal singen und tanzen wollen.
Mit der Entwicklung von Helferbewußtsein, das in die Tat umgesetzt werden kann, wird ein wichtiges Teilziel eines friedenspädagogischen Programmes erreicht. In einem 3-Tage-Seminar kommen die SchülerInnen über die Rolle der »HelfershelferInnen« kaum hinaus. Aber es besteht die Chance, daß sie nach der Rückkehr in den schulischen Alltag in der Lage sind, Informationen und Erfahrungen aus dem Friedensdorf in ihren eigenen Lebenszusammenhang zu integrieren und zusammen mit anderen persönliche und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen (vgl. Negt 1997).
Nachhaltige Entwicklung von unten
Verantwortungsbewußtsein und Bildung sind nicht zu trennen. Jugendliche übernehmen am ehesten dann Verantwortung, wenn sie den Eindruck haben, daß sie etwas konkret und direkt bewirken können (vgl. Jugendwerk der Deutschen Shell 1997). Bildungseinrichtungen und den darin Tätigen fällt die Aufgabe zu, Jugendlichen Orientierungen zu geben. Bei der Planung des Seminars im Friedensdorf glaubte ich durch ein besonderes Kontrasterlebnis den Erkenntnisprozeß meiner SchülerInnen anregen zu können. Zudem wollte ich einem vor Fahrtantritt geäußerten Wunsch nach Abwechslung entgegenkommen, gegenüber der erwarteten spartanischen Lebensweise und dem komprimierten Bildungsangebot des Friedensdorfes. Also fahren wir ins CentrO, Deutschlands größtes Einkaufszentrum, das eher einem riesigen Unterhaltungszentrum gleicht. Für fast alle Schülerinnen und Schüler – und auch für mich – verliert das CentrO binnen Stundenfrist seinen Glanz, so daß sich der Besuch zur lästigen Pflicht entwickelt. Fast alle finde ich nach zwei Stunden im riesigen Rondell-Treffpunkt wieder. Auf einer Mega-Leinwand wiederholen sich alle paar Minuten dieselben News und Werbespots. Nach der dritten Wiederholung sagt eine Schülerin: „Viel lieber wäre ich jetzt bei den Kriegskindern. Was will ich in einem Konsumpalast, wenn ich eh kein Geld habe und genau weiß, daß ich zur gleichen Zeit einem schwerverletzten Kind, das gerade wieder mit einer Prothese gehen gelernt hat, mit seiner Anwesenheit Freude bereiten könnte!“
Was können wir für die Kriegskinder und für die Opfer von Kriegen tun? Was können wir gegen den Krieg tun? Auf diese Fragen wollen wir mit dem Besuch des Friedensdorfes Antworten finden.
Eine erste Antwort lautet: Wir wissen jetzt, was im Friedensdorf Oberhausen geleistet wird. Wir können mit dazu beitragen, daß die Arbeit des Friedensdorfes bekannter wird und sich auch in unserer Region Ärzte und Krankenhäuser finden, die Kriegskinder kostenlos behandeln. Damit ist ein Projekt skizziert, von dem zu hoffen ist, daß es an unserer Schule entstehen wird. In einem solchen Schulprojekt kann auch ein zweiter Aspekt vertieft werden. Etwas für die Kriegskinder zu tun, kann auch heißen, Informationen und Kenntnisse über die Situation in den Heimatländern der Kinder zu verbreiten und Hilfsmaßnahmen durch lokale Initiativen zu unterstützen.
Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes im Friedensdorf stellt uns ein Mitarbeiter eine überraschende Frage: „Was könnt ihr für eine umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung der Welt in Siegen tun?“ Von der »Lokalen Agenda 21« haben die SchülerInnen noch nichts gehört. „Die Agenda 21 fordert die Einbindung der Gesellschaft. Bürger und Bürgerinnen und kommunale Verwaltung sollen gemeinsam eine Lokale Agenda 21 erstellen, die den Weg zu einer zukunftsfähigen Gemeinde beschreibt. … (Sie) macht deutlich, daß nachhaltige Entwicklung, Armutsbekämpfung und die Erhaltung der Umwelt nicht möglich sind, ohne die Beseitigung von Ungleichheiten zwischen den Bevölkerungsgruppen und den Geschlechtern.“ Auch nach weiteren Informationen fällt es den Schülerinnen und Schülern schwer, die Verbindungslinien von ihrem Engagement für die Kriegskinder zur Agenda 21 nachzuvollziehen bzw. herzustellen. In den Gesprächen der Arbeitsgruppen merken wir, daß wir von den Kriegskindern, die nebenan spielen, nicht loskommen. Stichwörter wie Veränderung von Konsumgewohnheiten, Erhaltung der biologischen Vielfalt, Schutz der Süßwasserressourcen oder nachhaltige Städteplanung verwirren uns anfänglich mehr, als daß sie uns zu weiteren Erkenntnissen führen. Erst als wir uns eine Filmdokumentation über die Arbeit des Friedensdorfes in Vietnam ansehen, steht uns das Zwingend-Nachhaltige der Agenda 21 plötzlich vor Augen. Uns wird klar, daß die Arbeit an einer sozial- und umweltverträglichen Entwicklung unserer Stadt und unserer Welt nicht in Einklang zu bringen ist mit Gewalt und Krieg. Militärische Gewalt, die von Soldaten und Waffen ausgeht und von deren Produktion und Export, zerstört alles Lebendige und Wachsende und macht jegliche nachhaltige Entwicklung zunichte.
Literatur I
Balser, Hartmut/Schrewe, Hartmut/Schaaf, Nicole (Hrsg.) (1997): Schulprogramm Gewaltprävention. Ergebnisse aktueller Modellversuche, Neuwied/Kriftel/Berlin.
Forum Umwelt & Entwicklung (Hrsg.) (1997): Lokale Agenda 21. Ein Leitfaden, Bonn.
Informationsbroschüre Friedensdorf Bildungswerk, Postfach 140162, 46131Oberhausen
Jefferys, Karin/Noack, Ute (1995): Streiten – Vermitteln – Lösen. Das Schüler-Streit-Schlichtungsprogramm für die Klassen 5 – 10, Lichtenau.
Jugendwerk der Deutschen Shell (Hrsg.) (1997): Jugend `97. Zukunftsperspektiven – Gesellschaftliches Engagement – Politische Orientierungen, Opladen.
Krahulec, Peter (1997): Lernziel „Zivilcourage“ – eine didaktische Skizze. In: kursiv – Journal für politische Bildung 4/97.
Negt, Oskar (1997): Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche, Göttingen.
Literatur II: Kinder in modernen Kriegen - Kinder- und Jugendbücher
Abdel-Qadir, Ghazi/Göbel: Dorothea: Mister Petersilie. 160 S., Sauerländer Verlag, DM 24,80.
Eine humorvoll-nachdenkliche Geschichte um unverbrüchliche Freundschaft und Solidarität unter Kindern in einem Flüchtlingslager.
Baksi, Mahmut/Wiesmüller, Dieter: Ich war ein Kind in Kurdistan. Aus dem Schwedischen von D. Nüßfeldt, 80 S., Carlsen Verlag, DM 19,90.
Die Bilder der frühen Kindheit Mahmuts in einem kurdischen Dorf kontrastieren mit den späteren Erfahrungen: der Unterdrückung der kurdischen Kultur, die er als Jugendlicher erlebte. Ein Rückblick – der Autor lebt seit 20 Jahren in Schweden.
Camir, Daniella: Samir und Jonathan. Aus dem Hebräischen von A. Birkenhauer, 192 S., Hanser Verlag, DM 26,00.
Samir, ein palästinensischer Junge, wartet im jüdischen Krankenhaus auf seine Operation. Es ist so fremd dort und wegen Ausgangssperren ist er von seiner Familie getrennt. Samir macht wichtige Entdeckungen und schließt Freundschaft.
Westall, Robert: Das Versteck unter den Klippen. Aus dem Englischen von F. Schnütz, 180 S., Nagel & Kimche, DM 25,80.
England im Luftkrieg. Der 2jährige Harry wird bei einem Bombenangriff von seiner Familie getrennt. Es beginnt die spannende Geschichte seiner Robinsonade.
Baksi, Mahmut/Clason, Elin: In der Nacht über die Berge. Aus dem Schwedischen von C. Holliger, 160 S., Nagel & Kimche, DM 24,80.
Der Autor stellt – authentisch – das Leben und die dramatische Flucht einer kurdischen Familie vor.
de Groen, Els: Haus ohne Dach. Aus dem Niederländischen von S. Mrohek, 244 S., Bertelsmann Verlag, DM 29,80
Die erschütternde Geschichte von fünf Jugendlichen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die auf der Flucht vor dem wahnsinnigen Krieg in ihrem Land und zugleich auf der Suche nach dem Ursprung des Übels sind.
Hegmanns, Dirk: Rheinpiraten. 220 S., Hammer Verlag, DM 22,80.
Franz, ein Mitglied des Jugendwiderstands gegen die Nazis, muß mit ansehen, wie 13 Freunde, Kölner »Edelweißpiraten« zwischen 15 und 18 Jahren, ermordet werden.
Mead, Alice: Ein Gedicht für die Freiheit. Aus dem Amerikanischen von S. Naoura, 160 S., Bertelsmann Verlag, DM 22,80.
Ein aufrüttelnder Roman über die Suche einer ganzen Generation nach ihrer Welt von morgen in Kosovo, einem von Haß zwischen den Völkern gezeichneten Land.
Wassiljewa, Tatjana: Ab jetzt zählt jeder Tag. Aus dem Russischen von G. M. Werner, 216 S., Beltz & Gelberg Verlag, DM 26,00.
Die 13jährige Tanja läßt Rußland und ihre Kindheit hinter sich, als sie nach Deutschland verschleppt wird, wo sie als Zwangsarbeiterin im »Dritten Reich« das Kriegsende erlebt.
Härtling, Peter: Krücke. 160 S., Gulliver 178, DM 9,80.
Thomas sucht bei Kriegsende verzweifelt nach seiner Mutter. Als er vor dem zerstörten Haus seiner Tante in Wien steht, weiß er nicht mehr weiter. Da findet ihn Krücke und hilft ihm zu überleben.
Klare, Margaret: Liebe Tante Vesna. 88 S., Gulliver 169, DM 7,80.
Die fiktiven Briefe der 10jährigen Marta aus Sarajevo an ihre Tante in Deutschland spiegeln den Alltag der Menschen in der bosnischen Hauptstadt wider.
Die Buchvorschläge sind von Bernhard Nolz zusammengestellt und dem Katalog »Das Buch der Jugend 1997/1998« entnommen, der vom Arbeitskreis für Jugendliteratur München herausgegeben wird (Redaktionsschluß: 31.7.97).
Bernhard Nolz ist Gesamtschullehrer in Siegen, Moderator in der Lehrerfortbildung (Gewaltprävention) und Sprecher der PPF