Visionär und »Scholar Practitioner«
Abschied von Norbert Ropers
Norbert Ropers (*5.2.1944), Forscher und Praktiker, ist am 29. Juni 2025 an seinem Geburtsort Hamburg verstorben. Mit ihm verlieren Friedens- und Konfliktforschung und Friedenspraxis gleichermaßen einen wichtigen Vordenker und Visionär, denn was ihn auszeichnete, war seine Fähigkeit, Theorie und Praxis zusammenzubinden.
In den 1980er Jahren widmete er sich den grenzüberschreitenden Friedenspotenzialen im Ost-West-Konflikt und dessen Auflösung. In den 1990er und frühen 2000er Jahren leitete er das »Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung« in Berlin, später dann einen Projektverbund in Sri Lanka und eine Stiftung in Thailand.
Aktionsforschung war ein wichtiger Schwerpunkt seiner Arbeit. Die war getragen von der Überzeugung, dass Friedensarbeit nur mit Leidenschaft, Ausdauer und Bereitschaft zur Selbstreflexion gelingen kann. Die eigenen Strategien zu hinterfragen setzt voraus, dass man den Kontext analysiert und die »theories of change« offenlegt, die oft unausgesprochen mitschwingen. So können sich Forschung und Bewegung gegenseitig befruchten.
Das »Berghof Handbook for Conflict Transformation«, das wir gemeinsam entwarfen und mit Beiträgen von Expert*innen aus unterschiedlichen Krisenregionen bestückten, bot Raum für diesen Dialog. Wir publizierten nicht Wissen für Bibliotheken, sondern um den Austausch von »scholars« und »practitioners« zu fördern. Ein Begriff, den ich von Norbert lernte war: »scholar-practitioner«, eine Art Synthese, die er irgendwie auch selbst verkörperte.
Ein wichtiges Vermächtnis von Norbert Ropers besteht darin, dass er in der Lage war, Bündnispartner für den Aufbau einer Infrastruktur für Krisenprävention und Friedensförderung in Deutschland, Europa und auf internationaler Ebene zu gewinnen und dauerhaft zu vernetzen. In Deutschland trug er – mit einer Handvoll weiterer charismatischer Persönlichkeiten – maßgeblich zur Gründung der »Plattform Zivile Konfliktbearbeitung « (1998) bei, die sich bis heute emsig für den Wissenstransfer, Austausch und Dialog zivilgesellschaftlicher Akteure mit Mandats- und Entscheidungsträgern in Parteien, Parlamenten und Ministerien einsetzt.
Die Plattform profitierte von Norberts politischem Gespür, seinen Impulsen und seiner langjährigen Erfahrung. Er konnte Menschen motivieren und inspirieren, und er war ein Pionier. Er ging voran mit der Überzeugung, 1) dass zivile, gewaltfreie Konfliktbearbeitung Vorrang haben muss vor dem Ausbau militärischer Potenziale, 2) dass dafür Verfahren erprobt und Institutionen geschaffen werden müssen, dass man 3) die Ursachen von Konflikten verstehen muss, um sie zu transformieren, und 4) dass Prävention von Gewalteskalation ganz oben auf der Agenda verankert werden muss.
Diese Einsichten können in der aktuellen, von Umbrüchen geprägten Weltlage weiterhin Gültigkeit beanspruchen. Indem wir daran praktisch weiterarbeiten, werden wir das Werk von Norbert Ropers in Erinnerung behalten und fortsetzen.
Martina Fischer arbeitete mit Norbert Ropers u.a. im Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung (1998-2016) zusammen.