W&F 1998/1

Nachruf für Roland Röhl

von Jürgen Schneider

Am 24. Dezember 1997 hat uns viel zu früh Roland Röhl verlassen – nach einem langen Kampf gegen eine heimtückische Krebskrankheit, die er seit Jahren in sich wußte und mit der er sich gedanklich und seelisch schon seit längerer Zeit in bewundernswerter Weise auseinandergesetzt hatte. Mit ihm haben wir einen Freund, einen für alle Fragen der Umwelt- und Friedensbedrohung sensiblen Menschen und einen herausragenden Beobachter, Berichterstatter und Journalisten der Wissenschaft verloren.

Roland Röhl wurde am 9.3.1955 in Berlin geboren. Nach dem Abitur begann er das Studium der Chemie an der TU Berlin. Er spezialisierte sich bald im Bereich der Biochemie. Bereits seine Diplomarbeit über Proteinsynthese schrieb er am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin-Dahlem. Dort erarbeitete er auch seine Dissertation über Struktur und Funktion von Ribosomen, mit der er 1981 promovierte.

In Berlin und in Göttingen absolvierte er noch ein Zweitstudium in Philosophie und Publizistik. In Göttingen arbeitete Roland Röhl ab 1981 mit einem Forschungsstipendium am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie bei dem Nobelpreisträger Prof. Manfred Eigen über Fragen der molekularen Grundlagen der Entwicklung des Lebens.

Seit 1980 hatte sich Roland Röhl verstärkt dem Wissenschaftsjournalismus zugewandt. 1982 erhielt er einen Preis im Wettbewerb »Reporter der Wissenschaft«. Ab 1984 machte Roland Röhl dann endgültig den Schritt zum freien Wissenschaftsjournalisten. Die Themenbereiche, über die Roland Röhl Sendungen und Berichte machte, waren weit gefächert: Von Biologie, Ökologie, Evolution, Verhaltensforschung, Naturschutz, Meeresforschung, Gentechnologie über Wissenschaftgeschichte und Porträts bis hin zu Fragen der Entwicklungs- und Sicherheitspolitik, der Friedens- und Konfliktforschung sowie den Fragen der ökologischen und sozialen Sicherheit, einem lange Zeit in der professionellen Friedensforschung vernachlässigten Aspekt der Sicherheit. Diese Problematik hat Roland Röhl in eindringlicher Weise dargestellt in seinem Film »Jenseits von Raketen«.

Sein 1985 erschienenes und immer noch lesenswertes Buch »Natur als Waffe« füllte eine Lücke in der Berichterstattung über die erschreckende Vielfalt der militärischen Planungen zur Bemächtigung unserer Umwelt zu Zwecken der Kriegsführung.

Es ist eine hier gar nicht darstellbare Fülle von in verschiedenen Anstalten gesendeten Rundfunkbeiträgen und -Berichten, Fernsehfilmen und darüber hinaus von zahlreichen Zeitungsberichten und Artikeln in Büchern und Zeitschriften (auch in W&F), die das Schaffen von Roland Röhl charakterisieren.

Besonders in die vielfältigen Fragen der Friedens- und Konfliktforschung hat sich Roland Röhl tief eingearbeitet durch Literatur-Studium, Leitung von Arbeitsgruppen bei den »Göttinger Wissenschaftlern für Frieden und Abrüstung« sowie durch den Besuch von Tagungen, Kongressen und internationalen Instituten wie z. B. dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI. Besonders die Kongresse und Fachtagungen der Naturwissenschaftler-Initiative »Verantwortung für den Frieden« haben durch die zahlreichen Beiträge von Roland Röhl eine immer hervorragende und informative Berichterstattung bekommen.

Roland Röhl hat zahlreiche Beiträge geliefert zu Fragen und Problemen der Rüstung allgemein, der Rüstungskontrolle, zu atomaren, chemischen und biologischen Waffen, zum Atomwaffensperrvertrag und zur Ambivalenz der zivilen Atomenergie. Hier sei nur als ein Beispiel hingewiesen auf seinen hervorragenden Film über das Problem der Schäden durch Niedrigstrahlung »Risiko Radioaktivität«.

Über die Kongresse und Fachtagungen aus dem Bereich der Friedensforschung hat Roland Röhl immer mit großem Sachverstand und Engagement berichtet. Sein kritischer Verstand, sein durch Recherchen im In- und Ausland geschulter Blick für die wesentlichen Dinge, seine schwungvolle, auch humorvolle und manchmal leicht ironische Art der Fragen und auf den Punkt gebrachten Aussagen machten seine Beiträge nicht nur verständlich und leicht erfaßbar, sondern auch zu einer reichlich sprudelnden Quelle der Information.

Roland Röhl hat sich in hervorragender Weise aufklärend eingemischt in die öffentliche Diskussion um relevante und brennende Themen. Seine vorbildliche Berichterstattung, die auch immer spannend und anschaulich war, hat viele Menschen bereichert. Damit hat Roland Röhl nicht nur die Menschen aus der Friedensbewegung erreicht sondern auch darüber hinaus viele Zuhörende und Zusehende in Funk und Fernsehen sowie Leser verschiedener Printmedien. Was Roland Röhl geleistet hat, war stets bester Journalismus, der den kritischen Geist informiert und zugleich die empfindende Seele aufrüttelt.

Roland Röhl wird nicht nur den am engsten mit ihm verbundenen Menschen und seinen Freunden schmerzlich fehlen sondern auch dem Kreis der Friedensfreunde in Göttingen, bei denen er sich jahrelang engagiert hat ebenso wie der Naturwissenschaftler-Initiative. Der Friedensbewegung insgesamt und auch der Öffentlichkeit ist mit ihm ein kritischer, fröhlicher, engagierter und sachkundiger Berichterstatter verloren gegangen. Wir trauern um diesen Menschen, den kundigen Begleiter und wertvollen Informanden der Friedensbewegung und der Öffentlichkeit.

Prof. Dr. Jürgen Schneider, Göttingen

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1998/1 Gewaltverhältnisse, Seite