W&F 1985/3

Neue Herausgeber des Informationsdienstes

von Redaktion

I.

„Auch nach den Pershings“ lautete die Titelzeile der ersten Nummer des „Informationsdienstes Wissenschaft und Frieden“, die wenige Tage nach dem Beginn der „Nachrüstung“ im November 1983 erschien. Diese mit einem Schuß Selbstaufmunterung versehene Prognose hat sich durchaus als stimmig erwiesen: die Beunruhigung der Wissenschaftler, ihre Bereitschaft zur öffentlichen, die Kompetenz ihrer Disziplin in Anspruch nehmenden Einmischung in die Fragen des Krieges und des Friedens halten an.

Im Lauf der letzten 1 1/2 Jahre haben Wissenschaftlerinitiativen rund ein Dutzend nationaler Kongresse mit über 15.000 Teilnehmern durchgeführt. An Ringvorlesungen, Seminaren und Tagungen an Hochschulen beteiligten sich - wie die in diesem Heft begonnene Dokumentation ausweist - Hunderte von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen. Schätzungen sprechen davon, daß seit 1982 zwischen 8 und 10% der Wissenschaftler der Bundesrepublik in öffentliche Formen der Friedensarbeit einbezogen wurden. Ihre Mitarbeit in politischen und gewerkschaftlichen Organisationen der Friedensbewegung, aber auch in der traditionellen Politikberatung hat zugenommen. Die Bewegung in die Politik hat sich stabilisiert. Das alte Leitbild einer Wissenschaft, deren Streben nach Wahrheit und Objektivität notwendig mit Politikabstinenz verknüpft sein müsse, hat für eine starke Minderheit die Wirkung verloren. Vieles spricht dafür, daß diese Veränderung der politischen Kultur der Wissenschaft unumkehrbar ist.

II.

Denn Krieg ist in der Tendenz maßlos. Die Logik der Mobilmachung verwandelt die Beziehung zwischen Wissenschaft und Krieg: Der Zugriff auf die Wissenschaft wird umfassend, immer mehr Disziplinen und Wissenschaftsrichtungen werden militärisch relevant. Am Ende läßt der Krieg keine Disziplin, Konzeption oder Forschungsstufe aus. Aber nicht nur Wissenschaft, alles wird potentiell kriegswichtig. Andererseits ist alles potentiell friedenswichtig.

Die Kompetenz, die Folgen eines nuklearen Krieges, die Wirkungen neuer Waffensysteme oder die Risiken neuer Militärdoktrinen zu untersuchen, kann der Wissenschaft nicht abgenommen und nicht abgesprochen werden. Bei der Suche nach Wegen, wie ihre Teilhabe an der ständigen Perfektionierung von Vernichtungsmittel abgebaut und schließlich beendet werden kann, steht sie zuerst in Pflicht. Zur Aufklärung über Kriegsursachen, - Bedrohung und Militarismus (aktuell: über die militär-, wirtschafts-, sozial-, und wissenschaftspolitischen Folgen der „Strategic Defense Initiative“: der neuen und langandauernden Herausforderung der Friedensbewegung) wird die an Frieden, Entspannung und Abrüstung interessierte Wissenschaftsgebrauch.

III.

Mit dieser Nummer des „Informationsdienstes“ wechselt die Herausgeberschaft vom Bund demokratischer Wissenschaftler, der die „Startphase“ der Zeitschrift abgesichert hat, auf einen Kreis von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, die großenteils in Friedensinitiativen aus verschiedenen Disziplinen aktiv mitarbeiten. Der BdWi bleibt Verleger des Dienstes, ebenso bleibt die Redaktion. Auch manche der neuen Herausgeber gehören dem BdWi an.

Der Wechsel der Herausgeberschaft soll helfen, über den Informationsdienst die Diskussion und den Informationsaustausch zwischen den Wissenschaftlern, die in der Friedensbewegung arbeiten, weiter zu verbessern. Der Dienst soll den zahlreichen örtlichen Friedensgruppen und den überregionalen Friedensinitiativen im Wissenschaftsbereich nutzen, indem er ihre wissenschafts- und friedenspolitischen Vorhaben unterstützt und ihnen als Forum zur Selbstdarstellung zur Verfügung steht, Beiträge zur Friedensforschung publiziert, Analysen und Materialien zur Rüstungsforschung liefert oder über die Arbeit verwandter Wissenschaftlergruppen im Ausland informiert.

Der „Informationsdienst Wissenschaft und Frieden“ ist die einzige Zeitschrift in der Bundesrepublik Deutschland, die sich diese Aufgabe gestellt hat.

Prof. Dr. Ulrich Albrecht, FU Berlin, FB Politische Wissenschaften, Friedens- und Konfliktforschung

Dr. Jürgen Altmann, Univ. Marburg, FB Physik, Forum Naturwissenschaftler für Frieden und Abrüstung

Prof. Dr. Heinz Bauer, Univ. Gießen, FB Humanmedizin; Naturwissenschaftler-Initiative „Verantwortung für den Frieden“

Prof. Dr. Arnim Bechmann TU Berlin, FB Landschaftsentwicklung, Landschaftsökonomie

Prof. Dr. Gernot Böhme TH Darmstadt, FB Gesellschaftswissenschaften, Philosophie, THD-Initiative für Frieden und Abrüstung

Dr. Ulrich Briefs, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut des DGB

Prof. Dr. Egbert Brieskorn, Univ. Bonn, FB Math.-Naturwiss., Mathematik; Naturwissenschaftler-Initiative „Verantwortung für den Frieden“

Helga Genrich, Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung Bonn St. Augustin; Forum Informatiker für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung

Prof. Dr. Jutta Held, Univ. Osnabrück, Kunstgeschichte; „Kulturwissenschaftler nur Frieden und Abrüstung in Ost und West“

Prof. Dr. Jörg Huffschmid, Univ. Bremen, FB Wirtschaftswiss.; Arbeitskreis alternative Wirtschaftspolitik

Dr. Knut Krusewitz, TU Berlin, Inst. f. Landschafts- und Freiraumplanung; Planerinnen und Planer für Frieden und Abrüstung

Prof. Dr. Hans Jürgen Krysmanski, Univ. Münster, Soziologie; Münsteraner Wissenschaftler für Frieden u. Abrüstung Prof. Dr. Helmut Ridder, Univ. Gießen, FB Rechtswissenschaften

Dr. Rainer Rilling, Univ. Marburg, Soziologie; Naturwissenschaftler- Initiative „Verantwortung für den Frieden“, Geschäftsführer des Bundes demokratischer Wissenschaftler

Ekkehard Sieker, Wiss. Mitarbeiter, Bonn; Naturwissenschaftler- Initiative „Verantwortung für den Frieden“, Forum Naturwissenschaftler für Frieden und Abrüstung

Prof. Dr. Jörg Siekmann, Univ. Kaiserslautern, Informatik; Forum Informatiker für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung, CPSR

Prof. Dr. Gert Sommer, Univ. Marburg, FB Psychologie; Friedensinitiative Psychologie - psychosoziale Berufe, Krefelder Initiative

Prof. Dr. Gerda von Staehr, Univ. Hamburg, FB Erziehungswissens.; „Pädagogen gegen Rüstungswahnsinn“

Prof. Dr. Peter Starlinger, Univ. Köln, Inst. f. Genetik, Naturwissenschaftler- Initiative „Verantwortung für den Frieden“, Krefelder Initiative

Prof. Dr. Jürgen Schneider, Univ. Göttingen, Geologie u. Paläontol. Naturwissenschaftler- Initiative „Verantwortung für den Frieden“

Prof. Dr. Marie Veit, Univ. Gießen, FB Religionswiss.

Dr. Herbert Wulf, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Univ. Hamburg

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1985/3 1985-3, Seite