W&F 2001/3

Patrioten, Politunternehmer, Profiteure

Zur politischen Ökonomie von Bürgerkriegen

von Wolf-Christian Paes

Viele bewaffnete Konflikte der jüngeren Zeit in den Ländern der »Dritten Welt«, wie etwa der Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo, erscheinen dem ausländischen Beobachter auf den ersten Blick unerklärlich. Obwohl in den vergangenen Jahren mehr als anderthalb Millionen Menschen dem blutigen Konflikt im Kongo zum Opfer gefallen sind, erscheint das Land kaum auf den Titelseiten der Weltpresse. Zu undurchschaubar sind die Konfliktlinien zwischen dem halben Dutzend bewaffneter Gruppen auf einem Territorium von der Größe Westeuropas, unerklärlich die Motivation ausländischer Mächte wie Simbabwe oder Ruanda zur bewaffneten Intervention auf der einen oder anderen Seite. Der Kongo steht beispielhaft für eine neue Art von Konflikten, die nur noch wenig mit unseren Vorstellungen von einem »modernen« Krieg zwischen zwei disziplinierten Parteien zu tun hat. Seine Akteure sind kleine bewaffnete Gruppierungen – häufig angeführt von selbst ernannten Warlords –, Frontlinien gibt es nicht und die Opfer sind zumeist unter der Zivilbevölkerung zu finden, während eine direkte Konfrontation mit dem Gegner häufig vermieden wird.
Weltweit wurden im vergangenen Jahr 36 bewaffnete Konflikte gezählt, dabei handelte es sich in der Mehrzahl um innerstaatliche Konflikte, die überwiegend in Afrika (13) und Asien (12) stattfinden (HIIK, 2001). Die Hintergründe dieser Konflikte sind für Außenstehende häufig schwer durchschaubar, sie erregen kaum Aufmerksamkeit in den Industrienationen. In den Medien werden sie – so sie überhaupt Erwähnung finden – zumeist mit Hinweis auf religiöse oder ethnische Spannungen erklärt. Fernsehbilder von vierzehnjährigen »Freiheitskämpfern« in Liberia oder Sierra Leone, die im Drogenrausch Zivilisten die Gliedmaße abschneiden, tragen zum Eindruck sinnloser Gewalt bei.

Grausam sind diese »neuen Bürgerkriege« sicher, aber irrational? Im Falle des Kongokrieges hat eine aktuelle Studie für den UN Sicherheitsrat (UN, 2001) ein Schlaglicht auf einen zuvor weit gehend übersehenen Aspekt des Krieges geworfen – die wirtschaftliche Ausbeutung des Landes durch die Kriegsparteien. Die Studie wirft insbesondere den mit Ruanda und Uganda verbündeten Rebellenbewegungen Mouvement de libération congolais (MLC) und Rassemblement congolais pour la démocratie (RCD) vor, den Krieg durch die Ausbeutung von Bodenschätzen (Diamanten, Gold, Coltan), sowie durch den Export von Agrarprodukten (insbesondere Kaffee) zu finanzieren. Dabei dienen die jeweiligen Schutzmächte Ruanda und Uganda nicht nur als Nachschubbasis für die im Kongo kämpfenden Truppen, sondern auch als Drehscheibe für den Export der Kriegsbeute. Ihre militärische Unterstützung lassen sich die Regierungen der beiden Nachbarstaaten dabei in harter Münze vergüten – die UN Studie wirft dem ugandischen Präsidenten Museveni vor, er sei der Pate (Godfather) der organisierten Ausplünderung des Nachbarlandes.

Ähnliche Anschuldigungen werden ebenso gegen die andere Seite erhoben, auch die Regierung in Kinshasa sicherte sich die Unterstützung von Angola, Namibia und Simbabwe durch die Vergabe von Schürfrechten – so erhielt etwa die angolanische Staatsfirma Sonangoldie Ölexplorationsrechte vor der kongolesischen Küste, während das simbabwische Militär eine ganze Reihe von Wirtschaftsunternehmen im Süden des Kongos betreibt. Die Interessen reichen von der Diamantenförderung bis hin zu Agrarunternehmen (ICG, 2000; Paes, 2001). Der simbabwische Verteidigungsminister sprach in diesem Zusammenhang von einem Einsatz, der sich selbst finanzieren müsse, da sich Harare die geschätzten Kosten von 27 Millionen US$ pro Monat für die Versorgung seiner 11.000 Mann starken Truppe im Kongo ansonsten nicht leisten könne.

Vom Raubrittertum zum Systemstreit – und wieder zurück

Der Zugang zu Ressourcen spielte schon immer eine wichtige Rolle in bewaffneten Konflikten – Waffen müssen gekauft, Soldaten versorgt und Verbündete bei Laune gehalten werden. Bis in die Neuzeit hinein waren Armeen dabei zumeist auf sich selbst gestellt – die bewaffneten Haufen des dreißigjährigen Krieges lebten von der Plünderung der eroberten Gebiete, wobei sich politische und Profitinteressen durchaus ergänzten. Die Söldnerheere der frühen Neuzeit wurden ebenso durch die Aussicht auf reiche Beute gelockt wie die Freibeuter der englischen Königin Elizabeth I, die ihre unterlegene Marine im Krieg gegen Spanien durch die Ausgabe von »Prisenbriefen« an private Kriegsunternehmer verstärkte. Der transatlantische Sklavenhandel wurde durch Profitstreben motiviert, ebenso die Errichtung von Kolonialreichen, insbesondere dort, wo sie durch private Handelgesellschaften wie die Vereinigte Holländische Ostindiengesellschaft (VOC) geschah. Ein besonderes Beispiel für die Verquickung von Profitstreben und Politik stellt die Errichtung des »Kongo Freistaates« durch den belgischen König Leopold II unter dem Deckmantel einer philanthropischen Gesellschaft dar (Hochschild, 1999).

In der jüngeren Vergangenheit wurde die direkte Verquickung von Profit und Gewalt durch die bürokratischen Armeen der Moderne abgelöst, die – zumindest in den meisten Industrienationen – ihren Sold aus dem Verteidigungsbudget erhalten und auf ausgereifte Logistiksysteme zur Versorgung zurückgreifen können. Mit dem internationalen Kriegsrecht sollten Kriege »zivilisiert«, Übergriffe auf Zivilisten möglichst vermieden werden. Auf den Schlachtfeldern der Moderne standen sich nicht mehr die Heereshaufen verfeindeter Feudalherren im Streit um Ländereien und Titel gegenüber, sondern die »Bürgersoldaten« der Nationalstaaten. Konfliktursache waren nunmehr immer häufiger politische Ideen – von den revolutionären Ideen des 18. Jahrhunderts über den Faschismus bis hin zum Kalten Krieg. Natürlich fand keiner dieser Konflikte in einem sozialen und wirtschaftlichen Vakuum statt, auch in der Neuzeit spielten Profitinteressen eine Rolle in bewaffneten Konflikten. Trotzdem dominierte der Streit zwischen politischen Systemen die jüngere Geschichte und drängte die Diskussion um wirtschaftliche Interessen in den Hintergrund.

Zur Zeit des Kalten Krieges überschattete der Konflikt zwischen Ost und West die Weltpolitik, regionale Konflikte wurden fast ausschließlich durch die ideologische Linse betrachtet. Geschickt lavierten Kriegsherren zwischen den Fronten, einige Guerillaführer, wie etwa der Angolaner Jonas Savimbi, schafften es zu unterschiedlichen Zeiten von verschiedenen Großmächten Unterstützung zu erhalten. Umfangreiche Waffenlieferungen sowie finanzielle und politische Hilfe an befreundete Gruppen schufen ein Klima, in dem Guerillabewegungen relativ unabhängig von der wirtschaftlichen Situation ihres Operationsgebietes agieren konnten.

Mit dem Ende des Kalten Krieges änderte sich diese Situation grundlegend – nachdem sich die Sowjetunion unter Gorbatschow aus der Peripherie zurückzog, änderten sich die strategischen Parameter auch für die westlichen Staaten. Militärhilfe wurde reduziert, Entwicklungshilfe – zuvor nicht selten politisch motiviert – konditioniert. Auch wenn sich die Großmächte keinesfalls vollständig aus ihren Einflussgebieten zurückzogen, so konnten politische Gruppen nicht mehr auf die bedingungslose Unterstützung durch die eine oder andere Seite im Gegenzug für ein politisches Lippenbekenntnis vertrauen. Kritische Fragen nach dem Demokratie- und Menschenrechtsverständnis wurden lauter, auch Washington trennte sich von einigen Vasallen in der Dritten Welt.

Trotzdem ist die Welt seit dem Ende des Kalten Krieges nicht friedlicher geworden, das erhoffte Ende der Geschichte kriegerischer Auseinandersetzungen ist nicht eingetreten. Sicher, viele regionale Konflikte – insbesondere in Lateinamerika – sind friedlich gelöst worden. Druck aus dem Ausland auf die ehemaligen Verbündeten und neues Vertrauen in die Schlichtungsfunktion der Vereinten Nationen mag dabei eine Rolle gespielt haben. Sicherlich war aber die nachlassende Unterstützung mit Waffen und Geld ein wichtiger Aspekt in Ländern wie Nicaragua und Mosambik.

Aber nicht alle bewaffneten Konflikte fanden so ein rasches Ende. Viele Guerillabewegungen haben bereits in der Endphase des Kalten Krieges ihre Einnahmequellen diversifiziert, Gelder aus dem Drogenhandel füllen die Kriegskassen in Lateinamerika und Südostasien, ebenso wie die Ausbeutung von Diamantenvorkommen in Westafrika oder der Export von Edelhölzern in Kambodscha. Ideologie und Geschäftsinteresse vermischen sich zunehmend, es geht nicht nur um die Versorgung der eigenen Truppen, sondern auch um persönliche Bereicherung. Nach dem Ende des Kalten Krieges ist eine neue Form von Konflikt aufgetaucht, in der politische Argumente keine Rolle mehr zu spielen scheinen. »Kriegsunternehmer« beherrschen das Bild, häufig ehemalige Soldaten der verschiedenen bewaffneten Bewegungen, die den Konflikt privatisieren. Perverserweise profitieren sie von der neuen Zurückhaltung der Großmächte – mit dem Ende des Systemstreites ist nicht nur die Neigung zur Militärhilfe, sondern auch zur Entsendung der eigenen Jungs als »Friedensstifter« in Krisengebiete zurückgegangen. Die Raubritter sind zurück…

Konflikte um Ressourcen

Der Zusammenhang zwischen Ressourcenreichtum bzw. -armut und dem Risiko einer bewaffneten Auseinandersetzung war in den vergangenen Jahren Gegenstand einer Reihe von empirischen Studien. Traditionell wurde eher der Mangel an Ressourcen (Wasser, Land, Nahrungsmittel) mit Konflikten in Verbindung gebracht. Bevölkerungswachstum bei einer gleichzeitigen Verschlechterung der ökologischen (und oftmals der ökonomischen) Situation führt unter diesem Szenario zu anhaltenden Verteilungskonflikten (Bennett, 1991; Homer-Dixon, 1999; Meyers, 1993).

Neuere Literatur (Collier/Hoeffler, 2001; Berdal/Malone, 2000) betont dagegen eher den Zusammenhang zwischen einem Übermaß an Ressourcen und dem Risiko bewaffneter Konflikte. Nach dieser Argumentationslinie sind insbesondere rohstoffreiche Länder einem besonderen Risiko ausgesetzt, da Verteilungskonflikte zwischen konkurrierenden Eliten vorprogrammiert sind. Kriegszeiten bieten – folgt man diesem Gedanken – besondere Bereicherungsmöglichkeiten. Einerseits sind demokratische Kontrollmechanismen (Medien, Opposition) in einer Konfliktsituation besonders leicht – mit Hinweis auf die externe Bedrohung – auszuschalten. Andererseits bieten Kriege besondere Einkommenschancen für skrupellose Gewaltunternehmer – diese können in der direkten Plünderung der eroberten Gebiete liegen, aber auch in der Versorgung von Soldaten und Zivilbevölkerung mit Konsumgütern, die in einer Konfliktsituation Höchstpreise erzielen können. Medienberichte deuten etwa darauf hin, dass die ugandischen Streitkräfte neben Waffen und Munition auch Kühlschränke und Fernsehgeräte in den besetzten Ostteil des Kongos transportierten – um sie dort zu verkaufen.

Kommerzielle, politische und militärische Interessen liegen häufig eng beieinander – während etwa die ebenfalls im Kongo involvierte simbabwische Armee verschiedene Joint-Ventures zur Rohstoffförderung betreibt, wird die Familie des ugandischen Präsidenten verdächtigt, an einer der unzähligen privaten Fluggesellschaften beteiligt zu sein, welche den Transport von Waren aller Art zwischen der Hauptstadt Kampala und den besetzten Zonen im Kongo durchführen.

Die Erscheinungsformen dieser Raubökonomie sind dabei durchaus vielfältig und reichen von der »offiziellen« Ausbeutung von Bodenschätzen durch Staaten oder bewaffnete Gruppierungen zur Kriegsfinanzierung über einflussreiche Individuen, die ihre Position oder ihre Kontakte im Regierungsapparat zur Korruption nutzen, bis hin zu einzelnen Kämpfern, die zum Überleben darauf angewiesen sind, Reisende an Straßensperren zu berauben.

Es existieren zahlreiche Beispiele für die erste Variante, die Ausbeutung von Bodenschätzen zur Kriegsfinanzierung – so nutzen etwa im angolanischen Bürgerkrieg beide Konfliktparteien den natürlich Reichtum des Landes, um ihre Feldzüge zu finanzieren (Cilliers/Dietrich, 2000). Dabei kann die ehemals marxistisch-orientierte MPLA-Regierung in Luanda auf die reichen Ölvorkommen des Landes zurückgreifen, deren Exporte – oh Ironie der Geschichte! – überwiegend an den ehemaligen Klassenfeind USA geliefert werden. Dagegen bezieht die ehemals von den USA und Südafrika unterstützte UNITA den Großteil ihrer Einnahmen aus dem Diamantenexport – alleine in den neunziger Jahren mehrere Milliarden US$ (Jung, 2000). Nach dem Ende des Kalten Krieges waren auch Hoffnungen auf eine friedliche Lösung des Konfliktes – analog zum Bürgerkrieg in Mosambik, der durch einen Verhandlungsfrieden beendet werden konnte – aufgekeimt. Aber eine Verhandlungslösung scheiterte an dem Unwillen der Konfliktparteien die Macht zu teilen – und die Reichtümer des Landes erlauben eine Fortführung des Krieges auch ohne ausländische Unterstützung.

Während im Falle Angolas – trotz weit verbreiteter Korruptionsvorwürfe – immerhin noch ein im weitesten Sinne politisches Ziel, der militärische Sieg, unterstellt werden kann, ist in anderen Konflikten die Politik noch weiter in den Hintergrund getreten. Anstatt Ressourcen zu nutzen, um Kriege zu führen, werden Kriege geführt, um Ressourcen ausbeuten zu können. Es sind gerade diese Konflikte, die dem Beobachter irrational und unerklärlich, ja mittelalterlich erscheinen. Warlords, wie der Liberianer Charles Taylor, verfolgen keine politischen Ziele jenseits persönlichen Machtstrebens und Profitinteresses (Ellis, 1999). Dies bleibt nicht ohne Einfluss auf die Kriegsführung – nicht mehr die Vernichtung des Gegners oder die Kontrolle von Territorium ist das Kriegsziel, sondern die Kontrolle von Ressourcen – Minen, Plantagen, Verkehrsverbindungen und Häfen. Die Zivilbevölkerung kommt in diesem Szenario nur als Rekrutierungspool für neue Kämpfer, tributpflichtige Untertanen – oder als Geisel bei Verhandlungen mit internationalen Hilfsorganisationen vor.

Auch Konflikte, bei denen es vordergründig um politische Fragen – etwa ethnische oder religiöse Spannungen – geht, haben häufig eine Ressourcendimension. Sezessionsbestrebungen werden verstärkt, wenn die lokale Bevölkerung das Gefühl hat, nicht ausreichend an den auf dem eigenen Territorium geförderten Bodenschätzen zu partizipieren. Die Aussicht, ein zweites Brunei oder Kuwait zu werden, verstärkt die zentrifugalen Kräfte gerade in zentralistisch regierten multiethnischen Staaten. Die Liste reicht von der kongolesischen Kupferprovinz Katanga in den sechziger Jahren über die Unabhängigkeitsbestrebungen der angolanischen Erdölenklave Cabinda bis in das Indonesien unserer Tage. Nicht zufällig tragen die Unruheregionen Aceh und Irian Jaya (West-Papua) mit ihren reichen Öl- und Mineralienvorkommen wesentlich zum Steueraufkommen des Landes bei – Gelder, die in Jakarta ausgegeben werden.

Natürlich eignen sich nicht alle Ressourcen gleich gut zur Ausbeutung unter Kriegsbedingungen – Landwirtschaft etwa ist schwierig, weil einerseits die Transportverbindungen zu den Märkten fehlen und andererseits die Gewinnmargen (mit Ausnahme des Anbaus von Pflanzen, die zur Drogenherstellung dienen) relativ niedrig sind. Auch kapitalintensive Produktionszweige sind selten zu realisieren, da kaum eine Kriegspartei über das notwendige Startkapital verfügt und andererseits Investoren nur schwer in ein Krisengebiet gelockt werden können. Die Ausnahme von dieser Grundregel sind Erdölvorkommen, insbesondere dort, wo das schwarze Gold offshore, d.h. mit Bohrplattformen gefördert werden kann. Diese bieten nicht nur einen ausreichenden Schutz gegen Angriffe, sondern haben auch große Vorteile beim Abtransport des schwarzen Goldes, das in aller Regel direkt zu den Raffinerien der Importeure verschifft werden kann, ohne jemals die Küste des Exportstaates zu erreichen. Bei der Erdölproduktion handelt es sich um eine reine Enklavenwirtschaft – abhängig von ausländischem Kapital und Fachwissen – die Menschen des Exportstaates profitieren kaum vom Ölboom – mit Ausnahme einer kleinen Elite natürlich. Eine Kriegssituation trägt dazu bei, dass dies so bleibt, indem sie Regierungen und Konzernen die Möglichkeit gibt, mangelnde Transparenz mit nationalen Sicherheitsinteressen zu erklären.

Waffenschieber und Söldner – Bürgerkriegsökonomien und das Ausland

Die Bezeichnung Bürgerkrieg ist trügerisch, da sie suggeriert, dass ein Konflikt – gewissermaßen unter der Käseglocke – ohne ausländische Einflussnahme stattfindet. Ausländische Interessen sind nach dem Ende des Kalten Krieges zumeist privatwirtschaftlich organisiert und von kommerzieller Natur, liegen doch die Märkte der meisten unter Kriegsbedingungen ausgebeuteten Ressourcen im Ausland. Die Liste der interessierten Parteien reicht dabei von internationalen Rohstoffunternehmen wie Elf Aquitaine über den südafrikanischen Diamantenmonopolisten De Beers bis hin zu dubiosen Waffenhändlern, Transportunternehmern und Söldnern.

Als unwillkommener Nebeneffekt des Zusammenbruches des Ostblocks wurden auch die Waffenmärkte der Welt teilprivatisiert. Waren es zuvor zumeist Regierungen, die Geschäfte mit Verbündeten machten, sind nun große Menge von Kriegsgerät aus zumeist östlicher Produktion auf den Märkten verfügbar – zusammen mit den notwendigen Instrukteuren, Transportflugzeugen und Piloten. Waffenembargos lassen sich nur mit großem Aufwand überwachen und gegen entsprechende Bezahlung sind Zollbeamte unter Umständen bereit, nicht so genau hinzuschauen (Wood/Peleman, 1999).

Dabei sind auch ausländische Unternehmen im Sicherheitssektor tätig – etwa als Ausbilder und Militärberater, aber auch als »Werksschutz« für die Niederlassungen internationaler Konzerne. Von dort ist es nur ein kleiner Schritt bis zum Söldnertum. Firmen wie das angeblich mittlerweile aufgelöste südafrikanische Unternehmen Executive Outcomes, die britische Sandline International oder die amerikanische Dynacorps bieten ein Leistungsspektrum das vom Personen- über den Werksschutz bis hin zu vollständigen Militäroperationen reicht. Für ihre Dienste lassen sich die Firmen häufig mit Förderlizenzen entlohnen – und werden damit selbst zu Akteuren auf den Gewaltmärkten der sog. Dritten Welt (Musah/Fayemi, 2000).

Private Sicherheitsunternehmen werden dabei keinesfalls nur von Auftraggebern im Trikont bezahlt, auch US-Regierungsstellen greifen gerne auf diese Unternehmen, die zumeist von Exmilitärs geführt werden, zurück – sei es, um die kroatische Armee auszubilden, oder um den amerikanischen Feldzug gegen die Drogenkartelle in Kolumbien zu führen. Wo es nicht opportun oder innenpolitisch nicht durchsetzbar erscheint westliche Soldaten einzusetzen, haben sich diese Unternehmen einen wachsenden Markt geschaffen.

Auch die Bedeutung von Hilfslieferungen für Bürgerkriegsökonomien sollte nicht unterschätzt werden (Anderson, 1999): Einerseits profitieren die Konfliktparteien direkt von Lebensmittellieferungen, von denen unweigerlich ein Teil bei den Militärs landet. Andererseits übernimmt die Internationale der Hilfsorganisationen Dienstleistungen im sozialen Bereich, die unter normalen Umständen der Staat bzw. die Befreiungsbewegung zu leisten hätte, verringert damit den sozialen Druck auf die Militäreliten und setzt Ressourcen für die Kriegsführung frei.

Ein weiterer wichtiger »ausländischer« Faktor in Bürgerkriegen ist die ethnische Diaspora, die einerseits politisch in den Gastländern arbeitet, aber auch finanziell und personell als Mobilisierungsbasis für Befreiungsbewegungen dient. So finanzierte die Kosovo Befreiungsarmee (UCK) einen Teil ihres Kampfes über den »Heimatland-Fonds«, der durch die Überweisung von Gastarbeitern in Westeuropa gespeist wurde. Ähnliche Finanzierungsmodelle – über freiwillige Spenden und erzwungene »Revolutionssteuern« – sind etwa auch bei der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) bekannt.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass die ökonomische Dimension von Konflikten lange Zeit unterschätzt worden ist und erst in jüngerer Zeit sich einer stärkeren Aufmerksamkeit erfreut. Die Einsicht, dass der natürliche Ressourcenreichtum eines Landes nicht nur Entwicklungschancen, sondern auch neue Konfliktpotenziale beinhaltet, ist ernüchternd. Trotzdem muss immer wieder darauf hingewiesen werden, dass in allen Kriegsökonomien die Verlierer bereits feststehen, nämlich die zivile Bevölkerung, die unter den Folgen des Konfliktes zu leiden hat.

Literatur

Anderson, Mary B. (1999): Do No Harm – How Aid can support Peace – or War, Boulder.

Berdal, Mats/Malone, David (Hrsg.) (2000): Greed and Grievance – Economic Agendas in Civil War, Boulder.

Bennett, O. (Hrsg.) (1991): Greenwar: Enviroment and Conflict, London.

Cilliers, Jakkie/Dietrich, Christian (Hrsg.) (2000): Angola’s War Economy – The Role of Oil and Diamonds, Pretoria.

Collier, Paul/Hoeffler, Anke (2001): Greed and Grievance in Civil War, Weltbank Paper, Washington, 04. Januar 2001.

Ellis, Stephen (1999): The Mask of Anarchy – The Destruction of Liberia and the Religious Dimension of an African Civil War, London.

Heidelberger Institut für Konfliktforschung (HIIK) (2001): Konfliktbarometer 2000, Heidelberg (Internet: www.hiik.de).

Hochschild, Adam (1999): King Leopold’s Ghost – A Story of Greed, Terror and Heroism in Colonial Africa, New York.

Homer-Dixon, T. (1999): Enviroment, Scarcity and Violence, Princeton.

International Crisis Group (ICG) (2000): Scramble for the Congo – The Anatomy of an Ugly War, Nairobi/Brussels (ICG Africa Report No. 26) (Internet: www.intl-crisis-group.org).

Jung, Anne (2000): Harte Männer schenken harte Steine. Diamanten für die Kriegskasse, in: Wissenschaft und Frieden 4/2000, S. 52-55.

Meyers, N. (1993): Ultimate Security: the Enviromental Basis of Political Stability, New York.

Musah, Abdel-Fatau/Fayemi J. Kayode (2000): Mercenaries – An African Security Dilemma, London.

Paes, Wolf-Christian (2001): Warlords und Waffenhändler – die politische Ökonomie des Kongokrieges, in: Afrika Süd 1/2001, S. 16-19.

United Nations (2001): Report of the Panel of Experts on the Illegal Exploitation of Natural Resources and Other Forms of Wealth of the Democratic Republic of Congo, Letter dated 12 April 2001 from the Secretary-General to the President of the Security Council, S/2001/357, New York.

Wood, Brian/Peleman, Johan (1999): The Arms Fixers – Controlling the Brokers and Shipping Agents, Oslo (PRIO Report 3/99).

Wolf-Christian Paes ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bonner Konversionszentrums (BICC).

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2001/3 Ökonomie der Bürgerkriege, Seite