W&F 2025/3

»Pax vobiscum«

Der neue Papst und die aktuelle Friedenspolitik

von Claudia Lücking-Michel

Der Friede sei mit Euch“ – mit diesen Worten begann Papst Leo XIV. seine erste Rede als neugewählter Papst. Eine biblisch belegte, fromme Begrüßung oder eine vielsagende Ansage zu seiner künftigen Programmatik? Viel wird in diese Ansprache hinein­interpretiert, jedes Komma analysiert und auf die Goldwaage gelegt. Ich selbst hoffe jedenfalls, dass alle, die in ihr eine klare inhaltliche Positionierung des neuen Oberhaupts der Katholischen Kirche sehen, Recht behalten werden.

Was könnte in »Zeiten der Zeitenwende« ein größerer Dienst an der Welt sein, als aktiv, konsequent und mit ganzer Kraft für Frieden zu arbeiten. Aktionen und Positionen der Katholischen Kirche gibt es schon viele zu diesem Anliegen. Nicht immer waren sie wirklich hilfreich, oft kann man sie im Rückblick nur aus der jeweiligen Zeit heraus verstehen. Doch es gab auch schon viele sehr beachtenswerte Anstrengungen. Für die katholische Kirche in Deutschland hat die Bischofskonferenz etwa im Jahr 2000 das Hirtenwort »Gerechter Frieden« veröffentlicht, das Grundlagendokument für die aktuelle, katholische Friedensethik hierzulande. Natürlich geht es hier um das biblische Fundament der christlichen Friedenslehre, aber auch um die Frage nach der Entstehung, den Auswirkungen und der Überwindung von Gewalt. Die entscheidende Botschaft: Die Grundlage eines dauerhaften Friedens wird nicht mit Gewalt geschaffen. Frieden braucht Gerechtigkeit, die allgemeine Gültigkeit der Menschenrechte und die Wahrung der Würde jedes einzelnen wie auch nachhaltige Entwicklungschancen aller.

Demnach wird über Krieg und Frieden entschieden, lange bevor der erste Schuss fällt. Zitat: Das Leitwort vom gerechten Frieden betont den tiefen und unaufhebbaren Zusammenhang zwischen Gerechtigkeit und Frieden, den die biblische Tradition nachdrücklich bezeugt“ (Nr. 63). Eine Überarbeitung dieses Friedenswortes ist 2024 unter dem Titel »Friede diesem Haus« erschienen. Sie definiert unter anderem konsequent vielfältige Bewährungsfelder kirchlichen Handelns für den Frieden: Die katholische Aktion Pax Christi spielt eine wichtige Rolle mit ihrem politischen Engagement. Katholische Kirche übernimmt durch AGIAMONDO Verantwortung als Trägerin eines der größten Programme im Zivilen Friedensdienst (ZFD). Im Sinne Ziviler Konfliktbearbeitung (ZKB) werden hier – bewusst und in der solidarischen Begegnung von Menschen – nichtmilitärische Mittel eingesetzt, um gewaltsame Auseinandersetzungen zu vermeiden, beizulegen oder einen Umgang mit der gewaltbelasteten Vergangenheit zu finden.

Ungerechte Systeme, menschenfeindliche Strukturen, Gewalt und Konflikte, die Versöhnung fast unmöglich machen, sind Kriegstreiber. Vor allem gilt, dass Engagement für den Frieden im Dienst für Gerechtigkeit, lebenswerte Verhältnisse für alle Menschen und einen nachhaltigen Einsatz für die Umwelt beginnt. Katholische Kirche engagiert sich dadurch ebenso für den Frieden mit ihren großen Hilfswerken wie Misereor, Adveniat oder Renovabis und der Arbeit der Caritas.

In militärischen Konflikten braucht es Menschen, die die Kraft und den Mut haben, an der Seite der Betroffenen zu stehen, auf andere »trotz allem« zuzugehen, für mehr Gerechtigkeit einzustehen und nach erlittenem Unrecht zur Aufklärung und schließlich zur Versöhnung beizutragen. Papst Leo XIV. trägt wie seine Vorgänger den Ehrentitel »Pontifex« – »Brückenbauer«. Der Name ist Programm und Auftrag. Als Oberhaupt der Kirche hat er besondere Möglichkeiten, aber damit auch eine wichtige Verantwortung.

Kann und will Papst Leo Brücken bauen, wo alle Verbindungen zerstört sind, wo Menschen sich nicht mehr begegnen und Versöhnung in weite Ferne gerückt ist? Schafft er es, glaubhaft an der Seite der Opfer zu stehen, sich für Gerechtigkeit einzusetzen, Räume des Dialogs anzubieten? Wird er immer wieder deutlich machen können, dass im Krieg keine Zukunft liegt? Militärische Mittel mögen manchmal nötig sein, aber sie sind niemals hinreichend.

Ein Bild vom Tag der Amtseinführung unseres neuen Papstes ging um die Welt: Präsident Trump und Präsident Selenskyj sitzen sich allein im Petersdom auf einfachen Stühlen zum Gespräch gegenüber, ihre erste Begegnung nach dem Eklat im Weißen Haus. Auch wenn dieses Bild gekonnt ausgeschnitten und ausgewählt war, so ist es doch programmatisch und ein Hoffnungsbild für mich: Kirche als Raum, in dem Gespräche trotz allem weitergehen, in dem Feinde sich wieder die Hand reichen, als Ort des Neuanfangs nachdem alles endgültig zerschlagen schien.

Ich hoffe, wir alle können dazu unseren Beitrag leisten. Ich hoffe aber auch, dass unser neuer Pontifex seine ersten Worte zu seinem zentralen Programm macht: Am gerechten Frieden für alle in dieser kriegsbedrohten Welt zu arbeiten.

Dr. Claudia Lücking-Michel ist Geschäftsführerin bei AGIAMONDO, stellvertretende Vorsitzende von Justitia et Pax und war Bundestagsabgeordnete für die CDU/CSU Fraktion 2013-2017.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2025/3 Ära der Aufrüstung, Seite 5