W&F 2025/1

Es stand in W&F


Autoritäre Internationale?

Zur Halbzeit der letzten Amtszeit von Donald Trump hatte W&F mit »USA – eine Inventur« (1/2018) getitelt. Die Beiträge des Heftes umfassten viele Entwicklungen, die auch dieser Tage wieder bedeutsam sind. Der Beitrag von Olaf Miemiec »Rechter Populismus – Die Mär von der autoritären Internationale« (S. 36-39) ist auch heute noch lesenswert. Zwar müsste mittlerweile trotz der von ihm angemahnten Beachtung der unterschiedlichen Entstehungsbedingungen autoritärer Trends in vielen Staaten dennoch eine internationale Vernetzung und »Befruchtung« dieser autoritären Bewegungen konstatiert werden. Relevant bleibt aber v.a. seine Einschätzung: „Weil die nationalistischen Populisten die EU abwickeln wollen (…), erkennt man den Liberalen auch an seiner proeuropäischen Gesinnung. Die Idee des Vereinten Europa wird so zur letzten verbliebenen Utopie verklärt (…), die Defizite der konkreten politischen Ausgestaltung Europas und deren Zusammenhang mit dem Erstarken des Rechtspopulismus [allerdings ausgeblendet]. Wenn man die Haltung zur EU betrachtet, dann versammeln sich unter dem Label »proeuropäisch« sehr unterschiedliche Politiken. Diese Gefahr besteht auch heute noch und wieder – gerade unter Bedingungen einer deutlich rechtslastigen EU-Kommission.

Frieden über die Ukraine?

Die derzeitige autoritäre Initiative der Kriegsbeendigung in der Ukraine scheint in imperialer Logik durchaus vielversprechend. Für eine umfassende Lösung ist sie nicht hinreichend. In W&F 2/2022 formulierte Werner Wintersteiner in seinen 5 Vorschlägen »Schritte Richtung Frieden«: „Eine langfristige Friedensoption sollte nicht nur eine neutrale Position der Ukraine enthalten, sondern sie braucht eine größere europäische Lösung. Alle Anstrengungen sollten darauf gerichtet werden, (…) eine europäische Friedens- und Sicherheitsarchitektur [zu schaffen]. Es wäre die Verwirklichung dessen, was Michail Gorbatschow mit dem schönen Bild vom »gemeinsamen europäischen Haus« intendiert hat.

Berliner Notizen

Anmerkungen aus dem Politikbetrieb


Abschlussbericht Enquete-Kommission

Am selben Tag der versuchten Brandmauer-Relativierung durch die CDU (31.1.25) diskutierte der Bundestag auch noch über den kurz vorher veröffentlichten Abschlussbericht der Enquete-Kommission »Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands«. Nach über zwei Jahren Kommissionsarbeit liegt nun der Bericht mit mehr als 100 Seiten und 72 Empfehlungen vor. Nach Einschätzung der Enquete-Kommission sollte Deutschland dem internationalen Krisenmanagement weiter eine hohe Bedeutung beimessen und sich auch in Zukunft an Einsätzen beteiligen. Die Bewertungen der Kommission orientieren sich ganz entlang der schon im Auftrag mit angelegten normativen Bekräftigung des »vernetzten Ansatzes«. So bekräftigt der Abschlussbericht die verbesserte Koordinierung innerhalb der Bundesregierung und das Zusammenwirken der unterschiedlichen Instrumente – militärischer und ziviler gleichermaßen. Zudem solle es sowohl einen gesonderten Kabinettsausschuss, eine sicherheitspolitische Vernetzung der Staatssekretäre, die Entwicklung strategischer Lagebilder und einen intensivierten Informationsfluss zwischen den beteiligten Ministerien geben. Außerdem solle die Bundesregierung den Abgeordneten jährlich einen Bericht zur sicherheitspolitischen Lage und strategischen Vorausschau vorlegen.

Auf parlamentarischer Seite schlägt die Kommission – ganz im Zeichen des in der Nationalen Sicherheitsstrategie angekündigten »integrierten« Sicherheitsverständnisses – vor, einen (Unter-)Ausschuss zu »Vernetzten bzw. Integrierten Kriseneinsätzen« einzurichten. Zielkritik und selbstkritische Überprüfung der Erreichung von Zielen sei zudem wichtig, da gerade die unverändert fortgeführten Missionsziele zu Schieflagen geführt hatten. Diese Aufgabe könne dann ein solcher Ausschuss übernehmen.

Rüstungsexportkontrollgesetz wird nicht kommen

Wie die Bundesregierung mittlerweile offiziell bekanntgegeben hat, wird das im Koalitionsvertrag vereinbarte und geplante Rüstungsexportkontrollgesetz nicht mehr weiter verfolgt. Entsprechende Anzeichen dafür waren der Abbruch der Gespräche über ein solches Gesetz Anfang 2022 und eine bisher nicht erfolgte Vorlage eines Referent*innenentwurfs. Nun ist es offiziell. Als Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP versicherte die Bundesregierung, sie werde ihrem gesetzlichen Auftrag zur Rüstungsexportkontrolle auf Grundlage der bestehenden rechtlichen und politischen Vorgaben auch weiterhin gerecht. Im Angesicht der dramatisch erleichterten Exportbedingungen durch neue Allgemeinverfügungen in den letzten zwei Jahren kann hier jedoch keinesfalls von Exportkontrolle gesprochen werden, wie auch die GKKE in ihrem alljährlichen Exportbericht 2024 erneut betonte: eine Kehrtwende sei dringlich wieder vonnöten. Vor dem Hintergrund möglicher nächster Regierungskoalitionen ist eine zukünftige Verabschiedung eines solchen Rüstungsexportkontrollgesetzes höchst unwahrscheinlich geworden.

Ausstattung und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr

In den letzten Monaten der derzeitigen Bundesregierung wurden noch einige Veränderungen der Bedingungen für die Bundeswehr geschaffen, die wegweisenden Charakter haben könnten. Einerseits wurden die Grundlagen für die neue Litauen-Brigade (Panzerbrigade 45) der Bundeswehr, die erste dauerhaft außerhalb des Bundesgebietes stationierte Bundeswehr-Einheit, als Gesetz vorgelegt und andererseits ein Gesetz zur Steigerung der »Attraktivität« des Dienstes in den Streitkräften (sog. »Artikelgesetz Zeitenwende«) diskutiert. Zweiteres sieht vor allem bessere Bezahlung und Dienstbedingungen vor und wurde von vielen Militärs und Militärforschern positiv bewertet. Zu den konkreten Kosten der Brigadeverlegung ist noch nichts bekannt, eine Anfrage der Linken dazu ist noch nicht beantwortet. Das »Artikelgesetz Zeitenwende« wird nach Angaben der Bundesregierung erwartbare Mehrausgaben von 40,3 Mio. € für das Jahr 2025, rund 87,5 Mio. € in 2026, 145,8 Mio. € in 2027 und voraussichtlich 169,2 Mio. € in 2028 nach sich ziehen.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2025/1 Wider das Vergessen, Seite 4