Es stand in W&F
Massive Eskalation in Nahost
Die militärischen Eskalationen im Nahen Osten werden häufiger, betreffen mehr Staaten und werden extremer in ihrer Form: die israelischen und US-amerikanischen Angriffe auf den Iran, die Vergeltungsschläge des Iran auf Israel, die Angriffe der Houthi, die innersyrischen Eskalationen und die Angriffe Israels auf Syrien – die militärische und politische Instabilität ist deutlich, die damit verknüpften Intentionen und Ursprünge hatte Heft 4/2024 ausführlich beleuchtet. Hanna Pfeifer schrieb noch in der Ausgabe: „Und dennoch können diese zaghaften amerikanischen Versuche [der Biden Regierung], Einfluss auf Netanjahu zu nehmen, nicht darüber hinwegtäuschen, dass die USA im Zweifelsfall an der israelischen Seite gegen Iran stehen.“ (S. 21) Es ist blutige Realität geworden.
Drohnen als Heilsversprechen
Angesichts zunehmend geographisch weiter reichender Drohnenkriegsführung – von russischen Drohnenangriffen im Westen der Ukraine und ukrainischen Drohnen in Moskau, UAV-Angriffen der Houthi auf Israel – lohnt die Betonung der tödlichen Konsequenzen dieses Waffeneinsatzes. Schon in Heft 4/2018 kritisierte Pratap Chatterjee (S. 14-17) die vermeintlich »magischen« Fähigkeiten dieser Technologie, Drohnen würden einen »sauberen« Krieg zu führen erlauben, der die Zivilbevölkerung verschont.
Fokus Frieden
Der W&F-Partnerpodcast »Fokus Frieden« veröffentlichte im Frühjahr mehrere Folgen, an denen der verantwortende Redakteur von W&F mitwirkte. Benno Fladvad (Hamburg) und David Scheuing haben eine Sonderfolge zum schwierigen Begriff des »Globalen Südens« aufgenommen (April 2025). Die Folge zur »herrschaftskritischen Friedensforschung« (Juni 2025) setzte sich intensiv mit den Aufgaben und Herausforderungen in aktuellen Zeiten auseinander.
Berliner Notizen
Anmerkungen aus dem Politikbetrieb
Rüstungsexportboom in 2024
Seit Juli 2025 liegt der Bericht der Bundesregierung über die Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2024 vor. Insgesamt seien in der Zeit Einzelgenehmigungen in Höhe von insgesamt rund 7,49 Mrd. € erteilt worden. Noch in 2023 waren im Vergleichszeitraum Güterexporte im Wert von 5,22 Mrd. € bewilligt worden, in 2024 ist also ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Der Großteil der Exporte ging in Drittstaaten außerhalb der EU-, NATO- und NATO-gleichgestellten Staaten – vor allem in die Ukraine (65 % der Exporte) und nach Singapur (1,2 Mrd. € entfielen alleine auf den Stadtstaat). Dass die Zeiten einer restriktiven Exportpolitik vorbei sind, lässt sich auch daran ablesen, dass im gleichen Zeitraum lediglich 28 Anträge (im Wert von rund 4,1 Mio. €) abgelehnt wurden.
Neue »Rekorde« bei den Verteidigungsausgaben
Auch im Innern stehen die Zeichen unvermindert auf Militarisierung. Der erste Haushaltsentwurf (BT-Drucksache 21/500) weist ein Gesamtvolumen von rund 86,49 Mrd. € für »Verteidigungsausgaben« aus – fast das Dreifache dessen, was noch vor knapp 10 Jahren Rüstungshaushalt war. Auf einen Schlag würden sich diese Ausgaben um 14,74 Mrd. € erhöhen, das entspricht wiederum fast dem Budget des Gesundheitsministeriums.
Es wird spannend werden, welche Ergänzungen dieser Entwurf im Rahmen der Haushaltsberatungen des Bundestags noch erleben wird, erst recht, da das neu beschlossene NATO-Ziel von 2 % auf 5 % des BIP erhöht wurde. Bislang für unverbrüchlich gehaltene Versprechungen, wie die Beistandsverpflichtung, haben nun ihr Wesen verändert – als von finanziellen Zusagen abhängige Variable.
Das Geschacher um die vielen Milliarden wirkt umso perfider, wenn gleichzeitig unter der neuen Bundesregierung die Mittel für zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Friedensförderung gekürzt werden. Nach Aussagen der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung (PZKB) werden die ohnehin knappen Finanzmittel für Zivile Krisenprävention um mindestens 1,7 Mrd. € gekürzt werden. Ob der Haushaltsausschuss eine Trendwende schaffen wird?
Manifest oder nicht? Richtungsstreit der SPD
In einem Brief, den sie als »Manifest« betitelten, forderten Anfang Juni im Vorgang zum Bundesparteitag der SPD mehr als 100 Mitglieder und der Partei nahestehende Personen, wie Rolf Mützenich oder auch Hans Eichel, einen Kurswechsel ihrer Partei in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dem auf dieses recht knapp geratene Dokument folgenden Widerspruch wurde bedeutend Platz in der öffentlichen Debatte eingeräumt – so durfte sich beispielsweise der Bundesverteidigungsminister empört über die „völlig befremdlichen“ Gedanken der Autor*innen im Frühstücksfernsehen beklagen. Einer fundierten sicherheitspolitischen Diskussion hat all das allerdings nicht beigeholfen – wie an anderer Stelle schon öfter festgestellt wurde: Die Debatte über Verteidigung, Bewaffnung und anzustrebende Maßnahmen hat vollkommen jedes Maß und Mitte verloren.
Gewalt im Vollzug
Auch in einer weiteren Dimension sollte die Gewalt im Inneren nicht ausgeblendet werden: Erneut hat der Bericht der »Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter« die auch in der Bundesrepublik erschreckend alltäglichen Menschenrechtsverstöße im Justizvollzug sowie bei Polizeieinsätzen gerügt. Wenig hat sich im Vergleich zum Vorjahresbericht zum Besseren verändert. In ihrem Jahresbericht 2024 weist die Nationale Stelle auf „schwerwiegende Missstände“ hin, die sie bei Besuchen in 49 Einrichtungen festgestellt hat. Dass in Deutschland trotz mehrfacher entsprechender Kritik seitens der Nationalen Stelle immer noch Menschen in fensterlosen Hafträumen festgehalten werden, straft das hohe Ross der »Werteorientierung« Lügen. Angesichts der Missstände konstatiert die Nationale Stelle auch „dringenden Handlungsbedarf der zuständigen Aufsichtsbehörden“. Erschreckend – eine Unterrichtung, die dringend ein breiteres Publikum erreichen sollte.