W&F 2013/2

Schürt Uranbergbau Konflikte in Afrika?

von Janina Laurent und Kerstin Rother

Systematische Studien über den Zusammenhang von Konflikten und Rohstoffen belegen, dass rohstoffreiche Staaten unter spezifischen Voraussetzungen ein signifikant höheres Konfliktrisiko aufweisen (vgl. u.a. Ross 2004; Le Billon 2001). Die Staaten des subsaharischen Afrika werden aufgrund des Ressourcenreichtums sowie häufiger innerstaatlicher Konflikte oft in diesem Kontext genannt. Der Fokus liegt meist auf strategisch bedeutsamen Rohstoffen wie Diamanten und Erdöl. Eine Forschungslücke besteht bei der möglichen Beeinflussung von Konflikten durch Uranvorkommen.

Uran ist ein Rohstoff mit hoher strategischer Relevanz. Uranerz wurde insbesondere während des Kalten Krieges zur Herstellung nuklearer Waffen in großem Umfang abgebaut und aufbereitet. Heute dient aufbereitetes Uran vorwiegend der kommerziellen Energiegewinnung. Derzeit sind weltweit 436 Reaktoren in Betrieb, und 67 weitere Reaktoren befinden sich im Bau (vgl. IAEA 2013).

Inwiefern ist aber ein Zusammenhang zwischen Uranbergbau und Konflikten in Afrika festzustellen? Langfristige Umweltschäden sowie eine ungerechte Verteilung der Profite aus dem Uranexport – letzteres ein möglicher Hinweis auf die Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen – können Konflikte auslösen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Mechanismen zu identifizieren, die diese Konflikte beeinflussen. In einem weiteren Schritt können dann Maßnahmen und Instrumente zur Konfliktprävention erarbeitet werden.

Ein Projekt des Zentrums für Naturwissenschaft und Friedensforschung (ZNF) der Universität Hamburg und des German Institute of Global and Area Studies (GIGA) im Jahr 2012 untersuchte den Zusammenhang von Konflikten und Uranbergbau im Zeitraum 1946-2010. Eine raum-zeitliche Analyse von Uranbergbau, Ethnizität und bewaffneten Konflikten im subsaharischen Afrika ergab, dass in vier Ländern (Südafrika, Demokratische Republik Kongo, Namibia und Niger) die genannten Faktoren sowohl zeitlich als auch räumlich relevant sind (hierzu auch Basedau/Koos 2012).

Uranbergbau in der Republik Namibia

In Namibia wird Uranerz seit den 1950er Jahren in der Erongo-Region abgebaut, zunächst unter südafrikanischer Führung, nach der Unabhängigkeit im Jahre 1990 mit Einverständnis der namibischen Machthaber. Spezifische Gesetze, die auf die besonderen Gefahren des Uranbergbaus eingehen, wurden erst 20 Jahre später eingeführt. Mit der »Rössing Mine« der Rio Tinto Zinc Corporation befindet sich in Namibia der größte Urantagebau der Welt, wobei die Republik mit etwa 3.258 Tonnen Uranoxid im Jahr 2012 an fünfter Stelle der uranexportierenden Staaten steht und das Exportpotential weiter ausbaut. Durch die neun produzierenden Uranerzminen gehören die Bergbauunternehmen zu den größten Arbeitgebern im Westen Namibias und stellen somit die Lebensgrundlage für viele Menschen dar. Die Probleme, die Uranbergbau mit sich bringt, werden in Namibia bis dato wenig diskutiert. Dabei entstehen durch den Uranbergbau sowohl Umweltprobleme als auch Spannungen in der Bevölkerung. Ethnische Minderheiten, die in der Umgebung der Minen leben, werden bei der Entscheidungsfindung der Regierung übergangen, was ein Konfliktpotential zur Folge hat.

Namibia wird seit Jahrhunderten von Volksgruppen bewohnt, die bereits vor Ankunft der weißen Siedler Konflikte um Land, Wasser und Vieh austrugen. Diese Konflikte wurden durch die Kolonialmächte und die südafrikanische Verwaltung im 19. und 20. Jahrhundert verstärkt. Ein Zusammenhang zwischen Ethnizität und Konflikten war also schon damals erkennbar. Auch die Unterdrückung bestimmter Volksgruppen durch andere – in Namibia sind unter anderem San, Himba und Topnaar-Nama betroffen – existierte schon vor dem Uranbergbau (vgl. Dierks 2003).

Die bisherigen gewaltsam ausgetragenen Konflikte in Namibia hängen jedoch nicht mit dem Uranbergbau zusammen. Auch der Kampf um die Unabhängigkeit Namibias zwischen 1960 und 1989 wurde weder durch Uranbergbau finanziert noch wegen diesem geführt. Diese Erkenntnis bedeutet aber keineswegs, dass es keine Konflikte um den Uranbergbau in Namibia gibt, sondern lediglich, dass diese unter der Gewaltschwelle liegen. Ein solcher Konflikt liegt zwischen den Topnaar-Nama, der Regierung und den Bergbaugesellschaften in der Erongo-Region vor. Die Topnaar-Nama beanspruchen das Gebiet um den Kuiseb-Fluss, welches sie schon seit Jahrhunderten besiedeln. Die Regierung erkennt weder den Anspruch auf das Land noch die Führer der Topnaar-Nama an. Die Entwicklungs- und Verteilungsungleichgewichte zu Lasten der Topnaar-Nama werden durch den Uranbergbau verschärft, was den bestehenden Konflikt zwischen den Topnaar-Nama und der Regierung verstärken könnte (vgl. Suchanek).

Der Reichtum, der durch Uranbergbau generiert wird, aber weder transparent verteilt wird noch in der Region verbleibt, trägt dazu bei, dass die Regierung sich vom Volk isoliert und die Korruption in Namibia steigt. Dabei spielt eine Rolle, dass Namibia zwar reich an Bodenschätzen ist, jedoch keine ausdifferenzierte Wirtschaft mit ausgeprägtem Binnenhandel besitzt. Die Tendenz wird durch die unzureichende Gesetzgebung bezüglich des Uranbergbaus und den Mangel an Transparenz bei der Entscheidungsfindung sowie die undurchsichtige Vergabe von Bergbaulizenzen durch die zuständigen Behörden verstärkt. Auch die Nichtbeachtung der namibischen Naturschutzgesetze lassen eine Fehlentwicklung erkennen.

Der Uranbergbau generiert in Namibia einerseits Arbeitsplätze und Steuereinahmen. Andererseits haben die Uranerzminen langfristige negative Folgen für die Umwelt und die Bevölkerung sowie die Entwicklung einer gefestigten Demokratie. Die Folgen für die Umwelt sind kaum abschätzbar, und ein Beweis des Zusammenhangs zwischen Radioaktivität und Krankheiten, die oft erst nach Jahren auftreten, ist schwer zu erbringen. Zudem entzieht der Uranbergbau den Ökosystemen und der ansässigen Bevölkerung das ohnehin schon knappe Wasser. Die betroffenen Arbeiter und Anwohner, Farmer und Topnaar-Nama, finden kein Gehör bei den Bergbaukonzernen und der namibischen Regierung. Da bei der Bevölkerung und vielen namibischen Nichtregierungsorganisationen große Wissenslücken bestehen, was durch eine unzureichende Informationspolitik seitens der Bergbaukonzerne und der namibischen Regierung verschlimmert wird, besteht vor Ort kaum die Möglichkeit, gegen die Fehlentwicklungen vorzugehen.

Die negativen Folgen des Uranbergbaus treffen in Namibia auf Entwicklungs- und Verteilungsungleichgewichte sowie auf die Diskriminierung bestimmter Volksgruppen und eine noch unzureichend gefestigte Demokratie. Dieses Zusammentreffen kann das allgemeine Konfliktrisiko erhöhen sowie vorhandene Konflikte verschärfen.

Uranbergbau in der Demokratischen Republik Kongo

Die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) zählt zu den ärmsten und politisch instabilsten Regionen der Welt. In den Medien wird das Land meist in Verbindung mit Gewaltkonflikten, Menschenrechtsverletzungen und der Ausbeutung von Bodenschätzen genannt. Insbesondere der in der Region des »Kupfergürtels« – eine der größten Lagerstätten wertvoller Bodenschätze – gelegene Osten wird von Rebellen und anderen nicht-staatlichen Akteuren umkämpft. Kinshasa, die Hauptstadt der DR Kongo, befindet sich rund 1.500 Kilometer vom Kupfergürtel entfernt im Westen des Staates und ist über den Landweg nahezu unerreichbar. Staatliche Kontrollen sind dadurch nicht ausreichend gewährleistet, und kurzfristige Einsätze bei einer Konflikteskalation werden erschwert. Umfangreiche Uranerzvorkommen befinden sich hauptsächlich in der Region Katanga, darunter die wohl bekannteste Uranerz-Lagerstätte überhaupt: Die »Shinkolobwe-Kasolo Mine« lieferte das Uran, das zum Bau der ersten Atombomben der USA verwendet wurde.

Uran – das Gold der belgischen Kolonie

Uranbergbau hat in der DR Kongo eine lange Tradition. Die rohstoffreiche Region Katanga im Südosten des Landes zog im frühen 20. Jahrhundert zahlreiche Bergbauunternehmen an. 1906 wurde unter belgischer Kolonialherrschaft die Bergbaugesellschaft »Union Minière du Haut Katanga« (UMHK) gegründet. Besonders profitabel waren die Uranerz-Lagerstätten in Katanga, die seit den 1920er Jahren ausgebeuetet wurden. In der »Shinkolobwe-Kasolo Mine« förderten die Belgier bis 1957 jährlich bis zu 2.500 Tonnen uranhaltigen Gesteins und blieben von 1925 bis 1961 der weltweit wichtigste Lieferant von Uranerz. Der kontinuierliche Eintrag von radioaktiven Substanzen führte in der Umgebung zu einer erheblichen Strahlenbelastung. In der Regel war davon ein Areal von mehreren Kilometern Durchmesser betroffen, bei der »Shinkolobwe-Kasolo Mine« sogar ein Gebiet von rund 300 Hektar. Gefahr ging insbesondere von radioaktivem Staub aus, sowie von Abwässern, die das Grundwasser verseuchten. Unzufriedenheit in der Gesellschaft verbreitete sich durch die fehlende Möglichkeit, die Lebensbedingungen zu verbessern.

Ab 1950 setzte sich das Luba-Volk verstärkt für mehr Machtteilhabe in dem südöstlich gelegenen Distrikt Haut-Katanga ein. Die »Shinkolobwe-Kasolo Mine« befand sich innerhalb des Siedlungsgebietes der Luba. Politische Teilhabebestrebungen seitens dieser Ethnie, aber auch anderer, neu gebildeter »Stammesparteien«, führten dazu, dass die politische Situation in Katanga insbesondere ab 1959 als konfliktreich galt. Das Ziel, die ressourcenreiche Provinz als eigenständigen Staat zu deklarieren und die Kontrolle über die Rohstoffe zu erlangen, spielte dabei eine zentrale Rolle. Zu den neuen Interessenparteien gehörte auch die Partei CONAKAT (Conféderation des Associations du Katanga) des Kongolesen Moïse Kapenda Tschombé. Tschombé, ein hohes Mitglied der Luba-Ethnie, kooperierte mit dem belgischen Unternehmen UMHK, das wiederum im Auftrag Belgiens agierte. Als Kongo 1960 seine Unabhängigkeit bekannt gab, wurden die Sezessionsbestrebungen seitens der CONAKAT konkret. Die Situation eskalierte 1960, als Tschombé Katanga zum unabhängigen Staat erklärte und sich damit gegen die Zentralregierung stellte. Der Staat verlor dadurch wichtige Einnahmen aus dem Minengeschäft (vgl. Kacza 1990). Belgische Armeetruppen kämpften gegen das kongolesische Militär um die Region. Durch den bewaffneten Konflikt kam zum Ende des Jahres 1961 der offiziell geführte Uranbergbau in der DR Kongo zum Erliegen, der Sezessionskrieg fand 1963 ein Ende. Die Provinz Katanga gehörte nun erneut zum administrativen Bereich der kongolesischen Zentralregierung.

Von Konflikten geprägt, entstanden in der Region jedoch weiterhin Aufstände und Volksgruppenkämpfe. Die Akteure hatten überwiegend ein Interesse: Sie wollten die Kontrolle über Provinzen und die damit einhergehende Macht über die Bodenschätze erlangen. Ein offizieller Uranbergbau wurde im Kongo nicht wieder aufgenommen, jedoch etablierte sich ein informeller Rohstoffabbau durch Individualschürfer (artisanal mining). Er steht der industriellen Gewinnung mineralischer Bodenschätze gegenüber, die durch den Einsatz moderner Maschinen und strukturierter Arbeitsprozesse sowohl ökonomisch als auch ökologisch überlegen ist. Der informelle Rohstoffabbau im Osten der DR Kongo gilt aktuell als politisches, wirtschaftliches sowie soziales Problem.1

Welches Fazit kann aus den Fallbeispielen gezogen werden?

In vielen Ländern Afrikas südlich der Sahara ist die Gesetzgebung bezüglich der Gewinnung von Bodenschätzen lückenhaft und undifferenziert. Zum Umgang mit radioaktiven Materialien gibt es anders als in Europa, wo der Umgang mit Uran vom Bergbau bis zur Entsorgung reguliert ist, keine standardisierten Regelungsverfahren. Für ausländische Investoren ist die Möglichkeit des freien Zugangs zu Schürf- und Exportoptionen in Afrika interessant, da Steuerausgaben, Investitionskapital und Umweltauflagen meist gering ausfallen (vgl. Fatal Transactions 2008). Von dieser Politik sind in erster Linie die ansässige Bevölkerung und die Minenarbeiter betroffen, die aufgrund der geringen Distanz zwischen Siedlungsgebiet und Uranerzmine mit einer möglichen Landenteignung und mit den negativen Einflüssen auf Gesundheit und Umwelt konfrontiert sind. Zudem ist die Subsistenzwirtschaft nach radioaktiven Umwelteinträgen und aufgrund des Mangels an Wasser, das in großen Mengen für den Bergbau abgezweigt wird, nur noch begrenzt möglich und mit gesundheitlichen Gefahren verbunden.

Die Einzelfallstudie über den Uranbergbau in Namibia zeigt, dass Uranerz ein Konfliktpotential birgt, welches besonders zum Tragen kommt, wenn Uranbergbau auf unterdrückte Minderheiten und eine ungleiche Ressourcenverteilung trifft. In Namibia wäre beispielsweise eine striktere Gesetzeslage bezüglich des Uranbergbaus und deren Einhaltung durch die Behörden sowie die Partizipation der betroffenen Volksgruppen ein möglicher Ansatz, um das Konfliktpotential zu mindern.

Eine eindeutige Aussage darüber, dass Uranbergbau zu innerstaatlichen Konflikten in der DR Kongo führt, ist wissenschaftlich nicht ausreichend belegbar. Die Konflikte sind vielschichtig, insbesondere ist die Verbindung zum Rohstoff Uran schwer herzustellen. Dennoch zeigen die historischen Ereignisse in der DR Kongo, dass der Sezessionskonflikt (1960-1963) auf das Interesse an den Rohstoffen der Region zurückzuführen ist. Regionen im rohstoffreichen Osten werden heute von bewaffneten Gruppen regiert. Die Folge sind die illegale Ausbeutung der Minen unter unzureichenden Arbeitsbedingungen sowie Schmuggel und Korruption. Offizielle Beweise für den informellen Abbau von Uran liegen nicht vor, internationale Nichtregierungsorganisationen bestätigen aber, dass Uran in Katanga illegal geschürft wird (vgl. u.a. ÖNZ 2011). Eine Revitalisierung des Uranbergbaus in der DR Kongo könnte demnach mit Risiken verbunden sein, die nur schwer abschätzbar sind. Deshalb ist es notwendig, weitere Forschungen in diesem Gebiet anzustellen, um mögliche Verbesserungsvorschläge im Umgang mit dem Uranabbau in Afrika zu entwickeln.

Literatur

Basedau, Matthias; Koos, Carlo (2012): Does Uranium Mining Increase Civil Conflict Risk? Evidence from a Spatiotemporal Analysis of Africa from 1945 to 2010. Hamburg: German Institute of Global and Area Studies, GIGA Working Papers 205/2012.

Dierks, Klaus (2003): Chronologie der Namibischen Geschichte. Von der vorgeschichtlichen Zeit zum unabhängigen Namibia 2000. 2. Auflage, Windhoek.

Fatal Transactions (2008): Mining Regulation in Africa.

International Atomic Energy Agency (2013): Power Reactor Information System. Nuclear Power Reactors in Operation.

Kacza, Thomas (1990): Die Kongo-Krise 1960-1965. Pfaffenweiler: Centaurus-Vertragsgesellschaft.

Koning, Ruben (2011): Conflict Minerals in the Democratic Republic of the Congo Aligning Trade and Security Interventions. In: SIPRI Policy Paper 27/2011.

Le Billon, Philippe (2001): The political ecology of war: Natural resources and armed conflicts. International Political Geography 20, S.561-584.

Ökomenisches Netz Zentralafrika (2011): Uranium Mining in the DR Congo. A Radiant Business for European Companies? Juni 2011.

Ross, Michael L. (2004): What do we know about natural resources and civil war? Journal of peace research vol. 41(3), S.337–356.

Suchanek, Norbert (2010): Namibia. Ureinwohner kämpfen gegen Uran-Bergbau. naturvoelker.org.

Anmerkung

1) Der Fokus liegt insbesondere auf dem Abbau der Rohstoffe Kassiterit (tin ore), Koltan (colombite–tantalite) und Wolframit (tungsten ore) (vgl. Koning 2011).

Janina Marie Laurent studierte an der Universität Hamburg Geographie (B.Sc.) und absolviert gegenwärtig ihren »Master of Peace and Security Studies« am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) an der Universität Hamburg. Kerstin Rother studierte an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg Politikwissenschaften (M.A.) und erwarb am IFSH den »Master of Peace and Security Studies (M.P.S.). Gegenwärtig arbeitet sie als freie Journalistin in Hamburg.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2013/2 Kriegsfolgen, Seite 44–46