W&F 2005/4

Schwarz-Rot und der Frieden

von Christiane Lammers

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
„…friedenswillig, aber nicht friedensfähig“, so urteilte Bundeskanzler Schröder auf seiner letzten öffentlichen Wahlkampf-Rede über den wahrscheinlichen zukünftigen Koalitionspartner CDU. Da drängt sich die Frage auf, was denn friedenspolitisch von den künftigen Regierungsparteien zu erwarten ist?

Der Grundkonsens dürfte eindeutig sein: Die Bundeswehr ist und bleibt der »Garant« für Frieden und Sicherheit. Der grundsätzlich veränderte Auftrag der Bundeswehr, die konkreten Auslandseinsätze der letzten sieben Jahre, materielle und finanzielle Wehrausrüstung bis hin zur Beschaffung von Waffensystemen wie Meads wurden mit einer überwältigenden Mehrheit im Parlament beschlossen. Wer würde denn auch an einer diesbezüglichen Kontinuität der deutschen Politik gezweifelt haben?

So muss man sich schon mit den »Zückerchen« beschäftigen: Ein ganzes Tableau an Institutionen und Fördermaßnahmen wurde von der letzten Koalition geschaffen: ZFD, FriEnt, ZIF, zivik, DSF fungieren als Kürzel für das friedenspolitische Programm. Ganz am Ende der Regierungszeit stand noch die Institutionalisierung / Ausstattung des Aktionsplans »Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung« an. Der Plan stellte den Versuch dar, erstmals systematisch, verschiedene Ministerien integrierend, NGOs und Forschung einbeziehend, Friedenspolitik umfassend auf Zielkriterien und Effektivität hin zu orientieren. Bei aller Kritik, etwa hinsichtlich der Einäugigkeit der Konfliktträchtigkeit westlicher Wirtschafts- und Verteidigungspolitik, muss konstatiert werden, dass der Aktionsplan – ernsthaft angegangen – ein Meilenstein wäre. Schon allein die Besetzung des Beirats weist darauf hin: Vier Friedensforschungseinrichtungen (BICC, INEF, HSFK, Berghof), Stiftung Wissenschaft und Politik, Dt. Institut f. Entwicklungspolitik; Plattform Zivile Konfliktbearbeitung; Verband Entwicklungspolitik dt. Nicht-Regierungsorganisationen e.V.; Forum Menschenrechte; German Watch; adelphi research; Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung; Siemens AG; BASF AG; Deutsche Bank AG; Friedrich-Ebert-Stiftung, Botschafter a.D. Dr. W. Höynck; Admiral a. D. R. Feist; Prof. Dr. med. R. Korte. Auch wenn der Sitz der drei Aktiengesellschaften vehement hinterfragt werden kann, zeigt die Zusammensetzung, dass der Mut der letzten Regierung NGO’s und Friedensforschungseinrichtungen einzubinden zugenommen hat. Was wird nun davon bleiben?

Bei dem als Regierungsprogramm deklarierten Wahlprogramm der CDU/CSU finden sich keinerlei Ideen/Hinweise, wie »friedenswillige« Politik konkret auf- oder auszubauen wäre. Zentrale Begriffe, wie z.B. Konfliktprävention, Abrüstung oder Gewaltfreie Konfliktbearbeitung, gehören nicht zum Vokabular.

Im SPD-Wahlmanifest finden sich diese ebenfalls nicht. Assoziationen hierzu werden jedoch geweckt, wenn davon die Rede ist, dass die SPD „eine Politik des Friedens, der gerechten Weltordnung und der rechtzeitigen Konfliktvermeidung“ verfolge und gelernt habe, „dass Sicherheit nicht allein aus militärischer Stärke erwächst“. In dreierlei Hinsicht wird man fündig bei der Suche nach konkreten Maßnahmen: Die Instrumente zur Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung im Bereich der Massenvernichtungswaffen sollen gestärkt, der zivile Friedensdienst ausgeweitet und die Friedens- und Konfliktforschung weiter gefördert werden.

Kein Zufall, dass es sich bei letzterem um Maßnahmen handelt, die von bisher SPD- geführten Ministerien ausgingen. Der Aktionsplan zur Krisenprävention bleibt jedoch vollkommen unerwähnt; kann dies allein daran liegen, dass es sich hier zwar um ein ressortübergreifendes, aber vom »grünen« AA gesteuertes Projekt handelte. Es ist also leider davon auszugehen, dass die Umsetzung des Plans in Vergessenheit geraten, zumindest die nun anstehende Budgetausstattung kaum adäquat angegangen wird. So einfach ist das manchmal!

Überhaupt hat man den Eindruck, dass »softe« Friedensfragen eher den kleinen, vor der Wahl ins Auge gefassten Koalitionspartnern überlassen wurden. Dies gilt sowohl für die FDP als auch für die Grünen: Zumindest was die Wahlprogramme angeht. Wie die Realitäten ausgesehen hätten, steht nach den entsprechenden Erfahrungen mit den Grünen auf einem anderen Blatt. Aber dies alles sind wohl müßige »was wäre wenn?«-Fragen.

Immerhin ist mit der Linkspartei eine Fraktion ins Parlament gezogen, deren Programmatik weitgehende Affinitäten mit Forderungen der Friedensbewegung aufweist. So darf man gespannt sein, ob die Grünen hier »Oppositionskoalitionen« suchen werden. Vom außerparlamentarischem, d.h. zivilgesellschaftlichem Engagement wird es wesentlich abhängen, ob eine wirklich friedensfähig zu nennende Regierungspolitik auf die Tagesordnung kommt. Es gibt also viel zu tun!

Christiane Lammers

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2005/4 60 Jahre Vereinte Nationen, Seite