W&F 2008/4

Soziale Integration statt Politik der »harten Hand«

Nicaragua als Vorbild im Kampf gegen die Jugendgewalt

von Timm B. Schützhofer

Nach Ende der Bürgerkriege um 1990 wurde Gewaltkriminalität, insbesondere den so genannten »Maras« angelastete Verbrechen, spätestens seit Ende der 90er Jahre das zentrale politische Thema in Guatemala, Honduras und El Salvador (Tríangulo Norte). Rechtsgerichtete Politiker konnten sich mit einer an der US-amerikanischen Zero-Tolerance-Strategie orientierten Politik der »harten Hand« (mano duro) profilieren. In Nicaragua, das allerdings weit weniger vom Phänomen der Jugendgewalt betroffen ist, setzt man hingegen vor allem auf präventive Maßnahmen beim Kampf gegen Jugendkriminalität. Das jedoch auch hier wachsende Kriminalitätsproblem spielte beim letzten Wahlkampf um die Präsidentschaft (2006) keine Rolle. Hinsichtlich der Ursachen für diese Unterschiede ist auf die Primärfaktoren Bürgerkrieg und Migration sowie Armut und Ungleichheit zu verweisen; als wichtiger Sekundärfaktor ist der gesellschaftliche Umgang mit dem Phänomen Jugendgewalt zu berücksichtigen.

In Zentralamerika ist die Jugendkriminalität ein viel diskutiertes Thema. Der typische Täter ist jung, männlich, aus einem marginalisierten Viertel und Mitglied einer Mara, einer jener scheinbar transnational organisierten Jugendbanden, die als wichtigste Bedrohung für Demokratie und Rechtsstaat in Zentralamerika erscheinen. Die geschätzte Zahl der Mara-Mitglieder in Zentralamerika variiert zwischen 70.000 und 500.000 (Peetz 2004, S.49), wobei die hohen Zahlen auf mediale und politisch motivierte Übertreibungen und die unklare Begriffsdefinition zurückzuführen sind. Im Folgenden sollen daher nur die Mitglieder der in Los Angeles gegründeten und vor allem in den Ländern des Tríangulo Norte agierenden Mara Salvatrucha 13 und der Mara 18 auch Mara genannt werden. Diese Mara-Netzwerke unterscheiden sich durch ihre transnationalen Verbindungen und den Einfluss US-amerikanischer Bandenkultur von den schon vorher in Zentralamerika präsenten »Pandillas«. Die Aktionen dieser weniger gewalttätigen Jugendbanden bleiben zumeist auf ein »Barrio« beschränkt.

Migration und Bürgerkrieg

Da die Maras in Los Angeles entstanden sind, lohnt es sich, die Migrationsbewegungen aus Zentralamerika in die USA zu betrachten. „Oft werden die Maras als Spätfolge der im ideologischen Spannungsfeld des kalten Kriegs ausgetragenen Bürgerkriege in Guatemala, El Salvador und Nicaragua und der daraus folgenden Migration von Zentralamerikanern in die USA gesehen“ (Peetz 2004, S.50). Die meisten Migranten siedelten sich in den marginalisierten Vierteln US-amerikanischer Metropolen, insbesondere in Los Angeles, an. Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau der Reagan-Ära führten dazu, dass jugendliche Einwanderer sich den dortigen Streetgangs anschlossen und schon bald eigene Strukturen aufbauten. In ihrer Perspektivlosigkeit konnten sie sich „Drogenkonsum und -handel und sonstigen kriminellen Handlungen nicht entziehen“ (Peetz 2004, S.51).

Das häufigste Migrationsziel der Nicaraguaner war und ist jedoch nicht die USA, sondern das kulturell ähnliche Nachbarland Costa Rica. Viele Nicaraguaner leben dort zudem nur temporär, wodurch sich Reintegrationsprobleme zusätzlich verringern. Eine Übersicht des US Census Bureau zeigt, „dass 2004 248.725 Nicaraguaner in den USA lebten und nur 8,57% aller in den USA lebenden Zentralamerikaner ausmachten“ (Rocha 2006). Zudem wohnten nur 12% der nicaraguanischen Migranten in Los Angeles und stellten dort nur 4 Prozent der Zentralamerikaner. 1998 bis 2002 wurden »nur« 5.026 Nicaraguaner, jedoch 63.639 Honduraner (die hohe Zahl der deportierten Honduraner ist zum Teil der verstärkten Migration in Folge des Hurrikan Mitch (1999) zuzuschreiben), 56.076 Salvadorianer und 39.669 Guatemalteken aus den USA deportiert (Rocha 2006, ebd.). Auch relativ zur Zahl der Einwanderer und der Bevölkerung sind Nicaraguaner weit weniger von Deportationen betroffen, was wiederum mit ihrer oft privilegierten sozialen Herkunft und ihren damit verbundenen besseren Integrationsmöglichkeiten in den USA zu tun haben dürfte. Zu den ersten Migranten zählten viele vermögende Funktionäre und Profiteure der Somoza-Diktatur, die sich, wie auch die nicaraguanischen Migranten der 80er Jahre, mit Unterstützung der einflussreichen exilkubanischen Community Miamis relativ rasch in den USA etablieren konnten, da sie dieser als politische Flüchtlinge vor den linksgerichteten Sandinisten galten.

Maras Made in USA?

Trotz ihrer Entstehung in Los Angeles kann die heutige Verbreitung der Maras in Zentralamerika jedoch nicht mehr vorrangig als Problem »Made in USA« gelten. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass das höhere Gewaltniveau sowie bessere Bewaffnung und Organisation auf in den USA »ausgebildete« Mareros zurückzuführen sind. Peetz bezeichnet sie daher als »Keimzelle« der Maras. Es ist davon auszugehen, dass diese Rückkehrer aus den USA immer noch Schlüsselpositionen in diesen Gruppierungen einnehmen. Peetz hat jedoch auch recht, wenn er schreibt: „Mittlerweile bilden die freiwilligen oder unfreiwilligen Rückkehrer nur noch eine kleine Minderheit unter den mara Mitgliedern, da in den Städten eine massenhafte Rekrutierung stattgefunden hat und stattfindet.“ (Peetz 2004, S.51) Die Ursachen für die weite Verbreitung der Maras müssen folglich in den zentralamerikanischen Gesellschaften selbst gesucht werden.

Armut und Ungleichheit

Eine insgesamt bessere sozioökonomische Lage, wie sie in Panama und Costa Rica gegeben ist, kann im Falle Nicaraguas nicht als Ursache für das niedrigere Gewaltniveau vermutet werden: Nicaragua ist heute das ärmste Land Zentralamerikas, nach Haiti das zweitärmste Amerikas. Es kann also kein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen extremer Armut und Bandenkriminalität festgestellt werden. „Trotzdem, in Übereinstimmung mit den Kriminalitätsstatistiken sind die sichersten Länder Lateinamerikas vermutlich das reichste (Costa Rica) und das ärmste Nicaragua.“ (Naciones Unidas 2007, S.28) Zwar kommt eine Studie der Universidad Técnologica de El Salvador (UTEC) zu dem Ergebnis, dass 83% der Mareros aus extrem armen Familien stammen, andererseits wird oft darauf hingewiesen, dass es durchaus nicht die Ärmsten der Armen seien, die sich den Maras anschließen (Rupp 2004). Letzteres muss jedoch vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Maras um ein vor allem urbanes Phänomen handelt, relativiert werden; denn von extremer Armut ist zumeist die Landbevölkerung besonders betroffen, was zum Teil daran liegt, dass bei bäuerlicher Subsistenzwirtschaft kaum monetäres Einkommen entsteht.

Die Zahl der extrem Armen ist in Nicaragua besonders hoch. Nach zahlen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) lebten im Zeitraum von 1990 bis 2005 45,1% der Nicaraguaner von weniger als einem US-Dollar am Tag, während es in Honduras 14,9% und in El Salvador lediglich 19% waren. Betrachtet man jedoch den Gini-Koeffizienten zur Messung sozialer Ungleichheit, erkennt man, dass dieser in Nicaragua mit 43 im Vergleich zu El Salvador (52), Honduras (54) und Guatemala (55) relativ niedrig ist.1 Dies deutet darauf hin, dass die große soziale Ungleichheit in diesen Ländern und die daraus folgende große relative Armut bedeutende Faktoren für das Entstehen von Jugendgewalt sind (Naciones Unidas 2007, S.29).

Neben der bereits genannten geringeren sozialen Diskrepanz wirken sich eine Reihe weiterer Faktoren positiv für Nicaragua aus. So hat die anders verlaufende Migration zur Folge, dass die familiäre Desintegration ebenso wie die sozialen Verfallsprozesse in den Kommunen in Nicaragua weniger fortgeschritten sind als in den nördlichen Nachbarländern. Selbst in der Hauptstadt Managua sind viele Stadtviertel durch kleinstädtische bzw. dörfliche Strukturen und einen relativ hohen sozialen Organisationsgrad geprägt. Im Kampf gegen die Bandenkriminalität setzt man in Nicaragua nicht zuletzt auf die Stärkung dieser lokalen Strukturen; denn die soziale Kohäsion wurde als wertvolle Basis im Kampf gegen die Jugendkriminalität erkannt.

Reaktion der Gesellschaft

In El Salvador (32%), Guatemala (38%) und Honduras (22%) wird Kriminalität besonders oft als wichtigstes Problem des Landes genannt (Informé Latinobarómetro 2007, S.21). In Nicaragua sehen dagegen nur 2% der Bevölkerung die Kriminalität als drängendstes Problem. Zwar ist auch hier ein steigendes Gefühl der Unsicherheit spürbar, aber viele Nicaraguaner halten ihr Land weiterhin für das sicherste Zentralamerikas.

Diese Sichtweise wird zum Teil durch die offiziellen Kriminalitätsstatistiken bestätigt. Die Unterschiede werden besonders deutlich, wenn man die Mordrate pro 100.000 Einwohner vergleicht. Im Jahr 2004 lag diese in El Salvador bei 43, in Guatemala bei 38 (2006 sogar bei 47) und lediglich 11 in Nicaragua. „Zusammenfassend kann man die Länder Zentralamerikas (…) in folgender Reihenfolge vom sichersten zum unsichersten einordnen: Costa Rica, Nicaragua oder Panama, Guatemala und El Salvador.“ Für die Einordnung von Honduras und Belize gibt es laut UN-Bericht nicht genügend aktuelles Datenmaterial. Das vorhandene Material weise aber darauf hin, dass diese Staaten zu den gefährlichsten der Welt zählen (Vgl. Naciones Unidas 2007, S.56-62).

Der Umgang der nicaraguanischen Gesellschaft mit der Jugendkriminalität unterscheidet sich grundsätzlich von dem der Länder des Tríangulo Norte. Es lohnt, sich die Ursachen und die Folgen des unterschiedlichen Umgangs und die Auswirkungen des öffentlichen Sicherheitsdiskurses auf die Wahrnehmung des Mara-Phänomens durch die Bevölkerung näher zu beleuchten.

Jugendgewalt in den Medien

Die über die Kommunikationsmedien transportierte einseitige Darstellung in den drei nördlichen Nachbarländern dramatisiert tendenziell die Gefahr durch Jugendbanden und konstruiert so ein Bedrohungsszenario. Es ist zu fragen, ob die Gleichsetzung von Jugendbanden mit Mafia, Terroristen und Drogenkartellen nicht einen sozialintegrativen Ansatz der Kriminalitätsbekämpfung verhindert und die Gewaltspirale im Sinne einer Self-Fulfilling-Proficy in die Höhe getrieben hat (Huhn / Oettler 2006, S.33). Die Darstellung der Maras als transnational organisierte Supergangs, die in Auftragsmorde, Drogenhandel und Vergewaltigungen verstrickt sind, ermöglicht die Rechtfertigung eines repressiven Vorgehens gegen sie. Dabei bestimmt die reißerische Berichterstattung der Medien die öffentliche Wahrnehmung der Gewaltkriminalität. „Indem sie Morde oder Überfälle auf das Wirken von Jugendbanden zurückführen, geben sie zugleich eine Antwort auf die Frage nach den Motiven für die Verbrechen: Rache, Revierstreitigkeiten oder pure Lust.“ (Huhn / Oettler 2006, S.40) Diese Darstellung des Mara-Phänomens brachte rechtspopulistischen Politikern eine breite Unterstützung für drastische Maßnahmen gegen die Maras. Nach Anti-Mara-Gesetzen können bereits 12 Jährige wie Erwachsene bestraft werden (El Salvador) und schon die Mitgliedschaft kann mit Freiheitsentzug geahndet werden. Zudem werden die Armeen der drei Länder zunehmend im Inneren eingesetzt.

Soziales Problem oder organisierte Kriminalität?

Das Problem der Jugendbanden wird zumeist im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität diskutiert statt nach den sozialen Ursachen zu fragen. „Die Politik der »harten Hand«, das Zusammenspiel zentralamerikanischer und US-amerikanischer Geheimdienste, großangelegte internationale Polizeieinsätze und in letzter Konsequenz sogar die gezielten Morde von Todesschwadronen erscheinen vor dem Hintergrund dieses Diskurses als unumgängliche Mittel angegriffener Staaten im Kampf um die Verteidigung von Sicherheit und Demokratie (FBI 2005b).“ (Huhn / Oettler 2006, S.38)

Die Kriminalitätsstatistiken scheinen die Notwendigkeit eines harten Vorgehens gegen die Maras zu untermauern. Sie sind jedoch in hohem Maße vom Anzeigeverhalten der Bevölkerung und der Schwerpunktsetzung polizeilicher Aktivitäten abhängig. In El Salvador werden den Maras 60% der Tötungsdelikte angelastet. Die nicaraguanischen Sicherheitskräfte machen deutlich seltener Mitglieder von Jugendbanden für solche Taten verantwortlich (Naciones Unidas 2007, S.66). Kritiker der Politik der »harten Hand« werfen die Frage auf, wie viele „Morde an Jugendlichen auf das Konto von Erwachsenen (z.B. Todesschwadronen oder Polizisten) gehen…“. (Oetler / Huhn 2006, S.41) Im Jahr 2004 jubelten die Vertreter der »mano duro« (El Salvador), »plan escoba« (Plan Besen, Guatemala) oder »Operación Libertad« (Operation Freiheit, Honduras) genannten repressiven Strategien über Erfolge beim Kampf gegen die Maras (Peetz 2004, S.57, 58). Da die Zahl der Tötungsdelikte jedoch seit mehreren Jahren wieder ansteigt, geraten auch die Vertreter solcher Vorgehensweisen zunehmend in die Defensive. Die Etikettierung von Jugendbanden als kriminelle Vereinigungen kann zudem dazu führen, dass die unterstellte transnationale Vernetzung durch die pauschale Kriminalisierung erst stattfindet und die Verbindungen zur organisierten Kriminalität intensiviert werden.

In Honduras (2005) und Guatemala (2007) konnten sich die Vertreter des Strafrechtspopulismus Profirio Lobo und der General im Ruhestand Otto Pérez Molina nicht gegen ihre moderateren Gegenspieler den liberalen Manuel Zelaya und den Sozialdemokraten Álvaro Colom durchsetzen (Kurth 2007, S.4). Zwar setzt auch Zelaya die Politik der »harten Hand« fort, bemüht sich jedoch gleichzeitig um eine bessere Einbindung der Bevölkerung im Kampf gegen die Kriminalität: ca. 400 „mesas de seguridad, lokale Runde Tische zur Unterstützung und Kontrolle der Arbeit der örtlichen Polizei, sollen zwischen Bürgern und Polizei vertrauensbildend wirken und das in den comunidades vorhandene Sozialkapital für die Kriminalitäts und Gewaltprävention mobilisieren.“ (Peetz 2007, S.5)

Die Rolle der Sicherheitskräfte in Nicaragua

Anders als für die Polizei in Honduras, Guatemala und El Salvador steht für die nicaraguanische Polizei die Prävention im Vordergrund des Kampfes gegen die Kriminalität. Hier zeigt sich das andere, weniger autoritäre Selbstverständnis der nicaraguanischen Sicherheitskräfte, die nicht wie die guatemaltekischen, salvadorianischen und honduranischen Kollegen bereits unter autoritären bzw. diktatorischen Regimes im Einsatz waren und von großen Teilen der Bevölkerung als Teil des staatlichen Unterdrückungsapparates erlebt wurden. Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Bekämpfung von Jugendgewalt ist die Integration der Polizei in die sozialen Strukturen vor Ort. Oft wohnen die Polizisten in dem Viertel, wo sie zum Einsatz kommen.

Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass die Polizei in einem Stadtviertel Sportwettkämpfe oder andere Veranstaltungen für Jugendliche organisiert. Insbesondere die »Komitees für soziale Verbrechensprävention«, in die lokale Führungspersonen aus verschiedenen Sektoren integriert sind, erweisen sich als geeignetes Mittel zur Stärkung des Vertrauens zwischen Polizei und Bevölkerung. Ende 2005 gab es 1.500 solcher Komitees mit insgesamt über 11000 Mitgliedern. „Ihre Arbeit war bei der drastischen Senkung der Kriminalitätsrate in verschiedenen Zonen des Landes von fundamentaler Bedeutung.“ (Grigsby 2006) Eine von den Komitees wahrgenommene Aufgabe sind regelmäßige Hausbesuche bei Familien, deren Kindern ein hohes Risiko attestiert wird, einer Jugendbande beizutreten. Durch diese Besuche sollen die Familien für die sozialen Probleme ihrer Kinder und die Jugendbandenproblematik sensibilisiert werden. Durch die Einbindung der Polizei in die sozialen Strukturen vor Ort soll zudem das Vertrauen zwischen Bürgern und Polizei gestärkt werden, so dass die Bevölkerung motiviert ist, die Polizei über Sicherheitsprobleme in ihrem Umfeld zu informieren.2

Fazit

Die Situation in Nicaragua unterscheidet sich in verschiedenen Faktoren, die für das niedrigere Gewaltniveau in Nicaragua und das Fehlen von funktionierenden Mara-Netzwerken ausschlaggebend sein dürften, deutlich von der in den Ländern der Tríangulo Norte. Nicaragua ist zwar das ärmste Land der Region, die soziale Diskrepanz ist dort jedoch am geringsten. Die familiäre Desintegration und die sozialen Verfallsprozesse in den Kommunen sind in Nicaragua bisher nicht so weit fortgeschritten wie in den nördlichen Ländern Zentralamerikas, so dass der soziale Organisationsgrad weiterhin relativ hoch ist.

Eine Ursache hierfür ist die anders verlaufende Migration: Hauptmigrationsziel von Nicaraguanern ist Costa Rica. Migranten in die USA wurden dort aufgrund ihrer besseren sozialen Herkunft und aus politischen Gründen bereitwilliger integriert. Die Zahl der nicaraguanischen Deportierten war und ist deshalb vergleichsweise gering.

Trotz der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen, können die nicaraguanischen Erfahrungen als Vorbild für die Länder der Tríangulo Norte dienen. Jugendgewalt wird in Nicaragua als hauptsächlich soziales Problem erkannt. Die nicaraguanischen Polizei verfügt über ein anderes Selbstverständnis: Sie stellt die Prävention in den Vordergrund und zeigt ein wenig martialisches Auftreten. Sie nimmt soziale Aufgaben im Wohngebiet wahr und wird von der Bevölkerung kaum als Teil des staatlichen Unterdrückungsapparates erlebt. Manuel Zelaya scheint die Bedeutung des Vertrauens zwischen Bürgern und Polizei erkannt zu haben. Ob es jedoch möglich ist die Politik der harten Hand mit einer vertrauensbildenden Maßnahmen zwischen Polizei und Bürgern zu kombinieren wird die Zukunft zeigen.

Literatur

Corporación Latinobaómetro (2007): Informé Latinobarómetro, Santiago de Chile.

Grigsby, William (Mai 2006): ¿Tenemos la Policía que nos merecemos?, in: Revista Envio 290, abrufbar im Internet: http://www.envio.org.ni/articulo/3259.

Huhn Sebastian & Anika Oettler (2006): Jugendbanden in Zentralamerika, in: Mit Sicherheit in Gefahr, Jahrbuch Lateinamerika 30, Münster: Westfälisches Dampfboot.

Kurth, Helmut (2007): Sozialdemokrat Colom als Sieger: Wird er sich den informellen Machtgruppen entgegenstellen?, in: Kurzberichte aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (http://library.fes.de/pdf-files/iez/04972-20071116.pdf).

Naciones Unidas (2007): Oficina contra la droga y el delito: Crimen y desarollo en Centroamérica.

Peetz, Peter (2007): Innere Sicherheit in Lateinamerika- Probleme und Perspektiven, in: Giga Focus Nr. 7/2007.

Peetz, Peter (2004): Zentralamerikas Jugendbanden, in: Brennpunkt Lateinamerika Nr. 5 (12. März 2004), S.49-63.

Rocha, José Luis (2006): Why no Maras in Nicaragua?, in: Revista Envio, abrufbar im Internet: http://www.envio.org.ni/articulo/3351 .

Rupp, Helen: Tatbestand Tätowierung, in: Lateinamerikanachrichten 359, Mai 2004, abrufbar im Internet: http://www.lateinamerikanachrichten.de/?/artikel/160.html .

Anmerkungen

1) Der Wert 0 bedeutet absolute Gleichheit und der Wert 100 bedeutet absolute Ungleichheit. In Japan liegt der Gini-Koeffizient bei 25.

2) Gespräche mit Bewohnern meines Barrio und an verschiedenen anderen Orten während meines einjährigen Aufenthalts als ADiA-Leistender in Nicaragua zeigten mir, dass diese Arbeit der Polizei durchaus nicht als Bespitzelung sondern als wirkliche Hilfe gesehen wird.

Timm B. Schützhofer ist Student der Politikwissenschaften und Soziologie und Studentischer Mitarbeiter am Fachgebiet für Internationale und Intergesellschaftliche Beziehungen der Universität Kassel; von 2006 bis 2007 absolvierte er seinen Anderen Dienst im Ausland in Nicaragua.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2008/4 Friedenswissenschaft – Friedensbewegung – Friedenspolitik, Seite