Streitkräfte – Fremde im eigenen Land
Glosse
Erich Schmidt-Eenboom
Auf brennende Fragen aus den fünf neuen Ländern weiß uns die Hardthöhe stets treffende Antwort. Im Februar 1993 zum Beispiel auf die, wie die vor der deutschen Einheit entlassenen Soldaten der NVA zu betrachten seien: Als „Gediente in fremden Streitkräften“. Ihren NVA-Dienstgrad mit a.D. oder d.R. dürfen die ehemaligen Besatzer Mitteldeutschlands nicht führen. Recht so, Herr Rühe!
Wenn schon im eigensten Dienstbereich die Wehrgerichte Gesetzesbrechern Rang und Rente verweigern dürfen, dann muß wohl erst recht das scheindeutsche Überfallkommando Moskaus in dieser Weise entmilitarisiert werden. Daß die NATO-Streitkräfte in Westdeutschland so abschreckend sein mußten, war doch unbestritten Fremdverschulden dieser Diener der Roten Armee!
Erleichtert haben die alten Träger deutschen Soldatentums die Arbeitsunterlage Nr. 51 aus dem Verteidigungsministerium aufgenommen. Offiziere und Obergefreite a.D. der Wehrmacht, die ihre Tapferkeit vor Warschau oder El Alamein bewiesen, müssen nun im Protokoll nicht mehr hinter Potsdamer Arbeiter-und-Bauern-Generalen rangieren.
Was sollten unsere Söhne – ohne Rühes Sichelschnitt – auf Friedensmission zwischen Casablanca und Kasachstan wohl fühlen, wenn in den Traditionskellern ihrer Garnison ein Generalmajor Goldbach a.D. neben Reichsmarschall Göring würde hängen können? Wer sonst schützte unsere Töchter vor Heiratsschwindlern aus Halberstadt, die straffrei ihren Vater als echten General ausgäben?
Federfuchser mögen bedauern, daß Laien möglicherweise „Gediente in fremden Streitkräften“ mit den deutschen Helden in der Fremdenlegion verwechseln, die oft in tätiger Reue für ihre nicht ganz kavaliersmäßigen Delikte weltweit das französische Vaterland verteidigen. Hier gilt es, darauf hinzuweisen, daß die Sergeants aus Singen oder Solingen bei Manövern in der Heimat Gott sei Dank Immunität genießen. Sind sie im Fahndungscomputer auch oft staatenlos, ehrlos sind sie nicht! Hoffen wir nur, daß sich – um Verwechslungen vorzubeugen – für die Ex-Söldner des Kreml die Abkürzung GIFSKE schneller einbürgert als Berlin Hauptstadt wird.
Linke Kritikaster mit ihrem kriegsgeschichtlichen Halbwissen bemühen bereits den hinkenden Vergleich, daß die Wehrmacht ab 1934 jüdischen Soldaten aus Kaiserheer und Reichswehr Pension und Portepee entzog. Aber solchen Rassismus kann man dem mutigen Minister an der Bundeswehrspitze wohl kaum vorwerfen. Der BMVg steht dafür gerade, daß niemand seiner Abstammung oder Heimat, seiner Herkunft oder politischen Anschauung wegen weitere Nachteile erleidet.
Noch wirft dieser kühne Vorstoß gegen die Fremdstaatler einzelne Probleme auf: Wie säubern wir die „Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e.V.“, deren Landesbereich Ost von Ex-NVAlern bereits überfremdet ist? Wie bewerten wir den GIFSKE-Oberst, der in Mischehe mit einer Pfarrersfrau aus Plauen zwei halbfremde Reichsbahnschaffner zeugte? Auch durch klarstellende Ergänzungen kann die Hardthöhe hier bei der Wiederherstellung gesamtdeutschen Berufsbeamtentums vorausmarschieren.
Und eigentlich könnte die ganze Nation durch die hohe Schule des (Englisch-) Lehrers Volker Rühe gehen. Noch hat der Nachfolger als Vordenker der Christdemokraten, Peter Hintze, dessen tiefen Einbruch in die Reihen des Gegners nicht erkannt. Zulange wohl war er Bundesbeauftragter für den Zivildienst. Schon in eigenem Interesse müßte der CDU-Generalsekretär Erich Honecker doch verbieten lassen, sich Generalsekretär a.D. zu nennen – selbst auf chilenisch.
Fürs ganze Volk könnte das Adenauer-Haus den Aufschwung Ost anfachen: Kann doch der arbeitslose Trabi-Bauer aus Zwickau sich nun auslandserfahren in Wolfsburg bewerben – mit 20jähriger Erfahrung in fremden Produktionsstätten. Abgewickelte Wissenschaftler aus den DDR-Universitäten könnten über den Deutschen Akademischen Austauschdienst als Gastdozenten wieder in die Hochschulen in Gera und Greifswald gelangen.
Gewiß können nicht alle gewinnen. Angela Merkel müßte als GIFPA (Gediente in fremden Parteien) noch lange ihrer goldenen CDU-Parteinadel harren und bei Lothar de Maizière, dem ersten Diener fremder Staaten, würde die Altersversorgung bröckeln. Mancher Bundesligaverein müßte womöglich DDR-Oberligaspieler wieder auf die Transferliste setzen, um nicht den vorgeschriebenen Ausländeranteil zu überschreiten. Aber, – und das haben selbst die beigetretenen Bürgerinnen und Bürger bereits begriffen – man kann nicht alles haben! Nicht einmal von Volker Rühe.
In Stahlgewittern läßt der Generalbundesanwalt gerade den Generalobersten a.D. des MfS, Markus Wolf, in Düsseldorf erzittern. Doch dieser hinterlistige Agenten-Multi führt ungerührt zu seiner Verteidigung an, er sei „Gedienter in fremden Geheimdiensten“, also schuldlos. Schon wieder holt er sich, was er braucht, aus einem Bonner Ministerium. Doch selbst in schlechter Verfassung will Karlsruhe siegen – mit entsprechendem Recht. Das hält die deutsche Zunge schon ewig bereit: Strafe muß sein! So oder so!