W&F 1988/1

US-Rüstungsetat

von Redaktion

Im letzten Heft war eine Grafik auf der Rückseite abgebildet. 28% der Militärausgaben für die Bundesrepublik? Die dieser Zahl zugrundeliegende Rechnung ist einfach: Den Kosten für die hier stationierten Streitkräften werden die Aufwendungen für die Verbände hinzugefügt, die im Krisen- oder Notstandsfall sofort in die Bundesrepublik verlegt werden sollen. Überhaupt: 10 der 18 Divisionen der US-Army sind für Westeuropa bestimmt. 5 davon sind hier stationiert; fünf gewissermaßen in Reserve auf dem US-amerikanischen Territorium gehalten. Man veranschlagt, daß diese NATO-Verpflichtungen etwa 45% des gegenwärtigen Militärbudgets absorbieren. Nach Angaben des Defense Department belaufen sich die Kosten der USA aus den NATO-Verpflichtungen auf mehr als 100 Milliarden Dollar, andere Schätzungen sprechen von gegenwärtig 177 Milliarden.

Die Graphik verdeutlicht auch – entgegen einem landläufigen Vorurteil -, daß die nuklearen Streitkräfte einen geringeren Anteil am Gesamtkuchen ausmachen = 19 Prozent. Die Unterscheidung in „First“ und „Second“ Nuclear Forces geht auf Definitionen einiger US-Gruppen zurück (wie des Center for Defense Information), die unter den Erstschlagswaffen v.a. die Atomwaffen subsumieren, die in der Lage sind, extrem genau und mit hoher Eindringfähigkeit gehärtete, militärische Ziele auszuschalten. Dazu werden etwa gezählt die MX-Rakete, die Trident-II. Aber auch die Ausgaben für die „Strategische Verteidigungsinitiative“, die in Verbindung mit diesen Offensivwaffen die gegnerische Zweitschlagsfähigkeit eliminieren könnte.

Wie an dieser Stelle des öfteren belegt: Die Aufrüstung der Reagan-Administration kann sich sehen lassen – inflationsbereinigt 75% Steigerung zwischen 1981 und 1987 Dies ist umso bemerkenswerter als bereits in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre kräftig zugelegt wurde. Die vielbeschworene „Dekade des Niedergangs“ hängt zusammen mit dem Abzug der USA aus Vietnam (500.000 Soldaten). In diesem Zeitraum sinkt die Personalstärke der Streitkräfte von 3.500.000 (1969) auf 2,1 Millionen (-40%). Nach 1975 vollzieht sich bereits eine umfassende Modernisierung der konventionellen Streitkräfte. Zwischen 1975/1977 wuchsen die Ausgaben real um 33%; auf diesem hohen Level blieben die Ausgaben bis Anfang der 80er Jahre.

Auch das Aufrüstungsprogramm unter der Regierung Reagan floß zu fast drei Vierteln in die umfassende Modernisierung der Streitkräfte. Die sog. strategischen Potentiale (strategic forces) verschlangen 25 % bis 30 % der Zuwächse. Für die strategische Modernisierung wurden etwa 100 Milliarden Dollar ausgegeben. Während in den 70er Jahren das Schwergewicht auf der Vermehrung der Sprengköpfe lag – ihre Zahl stieg bes. durch die Entwicklung der MIRV-Technologie von 5000 auf über 9000, richtete sich in diesem Zeitraum das Augenmerk auf die Entwicklung und Dislozierung neuer Trägermittel. Dies waren wesentlich drei: der B-1 B-Bomber, Trident-U-Boote und -Raketen und die landgestützte MX-Rakete. Angeschafft wurden inzwischen 100 neue Bomber und 64 einsatzfähige MX (15 Mrd. $). Andere prioritäre Projekte waren das Stealth-Programm, von dem angenommen wird, daß es bisher 20 Mrd. Dollar gekostet hat (1987 allein 5 Mrd.); die Verbesserung der C3I-Systeme und bes. Reagans Lieblingsidee „SDI“. Für SDI wurden zwischen 1984 und 1987 knapp 10 Mrd. Dollar ausgegeben.

Die konventionelle Modernisierung in diesem Zeitraum war beachtlich. Die Armee beschaffte sich Ersatz für ihre Schlüsselwaffen: der M-1 Abrams-Panzer lief zu, das Panzerfahrzeug BRADLEY, zwei neue Hubschrauber und diverse Luftverteidigungssysteme.

Die Navy kaufte vor allem Schiffe und Flugzeuge. Während der letzten sechs Jahre (1981-1987) waren es im Schnitt 11 Kriegsschiffe, der Durchschnitt unter früheren Regierungen lag bei 12. Allerdings: die Beschaffungspolitik war durch die neue „maritime Strategie“ bestimmt, überall, jederzeit hinfahren zu können – eingeschlossen Missionen gegen sowjetisches Festland oder in Gewässern in Reichweite sowjetischer Flugzeuge. D.h. die Anforderungen an die Schiffe stiegen beträchtlich. Jeder Marineverband stellte daher eine 15 bis 18 Mrd. Dollar-Investition dar. Die Beschaffung von Marine-Flugzeugen blühte zwischen 1982 und 1987 Im Durchschnitt liefen 172 Flugzeuge per anno zu; 80% mehr als unter den Regierungen zuvor. Für den Zuwachs stehen v.a. die F/A-18 Hornisse und das AV-8 Flugzeug.

Die Luftwaffe mußte mit niedrigeren Produktionsraten ihrer Flugzeuge (v.a. F-15, F-16) auskommen. Allerdings stiegen die Stückkosten für die Flugzeuge in dieser Zeit beträchtlich. D.h. es wurde im wesentlichen die industrielle Basis alimentiert.

Der Verteidigungsetat 1988/89

Entsprechend einer Auflage des Kongresses hat das Department of Defense erstmalig einen Doppelhaushalt vorgelegt. Der Etat sollte um jeweils 3% steigen. Für 1988 sollte sich das Gesamtbudget auf 303,3 Mrd. Dollar belaufen, die aktuellen Bewilligungen auf 297,5. Für 1989 wurden 312,4 Milliarden gefordert (1987 = 294,4). Ein genauerer Blick ergab interessante Details. Die Hauptzuwächse sollten in zwei Bereiche gehen: Für den Titel Research, Development, Test & Evaluation waren etwa 17% für den Titel „military construction“ gar 24 Prozent mehr vorgesehen; „Beschaffung“ dagegen sollte um 4% fallen.

Mehr als 2/3 des gesamten Wachstums sollten auf das Konto der militärischen Forschung und Entwicklung (6,3 Mrd.) gehen. Darin waren eingeschlossen zwei Milliarden mehr für die SDI-Forschung, 1,6 Mrd. für drei strategische Programme – die kleine Interkontinentalrakete (Midgetman), die mobile MX und ihr Transportnetz, das Anti-Satelliten-Programm – und 2,4 Mrd. für ein weites Feld „taktischer“ Programme. Darunter werden gehandelt die Arbeiten an dem geheimen (Stealth-)Flugzeug, an Marschflugkörpern, an dem C-17 Transportflugzeug und an einem neuen Flugzeug der Luftwaffe.

Die Ausgaben für Beschaffung, die gegenüber 1987 um 3,9 Mrd. $ sinken sollten, konnten aufgrund des Auslaufens einiger größerer Programme zurückgestuft werden. Allein die Hälfte davon ging zurück auf die Beendigung der Auslieferung des C-5B Transportflugzeuges.

Die Beschaffungen bei der Luftwaffe fallen um 7 Prozentpunkte, bei der Marine um 2. Dort werden die Aufwendungen für die weiter zulaufenden Trident-II und die Tomahawk-Marschflugkörper durch Kürzungen in der Flugzeugbeschaffung und einen starken Rückgang der Ausgaben für das Equipment übertroffen. Nur die Army erreicht einen Anstieg um 2 Prozent; dennoch wird sich auch hier die Belieferung mit neuem Material etwas verlangsamen: M-1 Panzer von 815 auf 600 Stück; der AH-64-Hubschrauber von 101 auf 67 etc.

Inzwischen liegt der endgültige Haushalt – der ja zwischen Repräsentantenhaus und Präsident ausgehandelt werden muß – vor. Die Bewilligungen (outlays) betragen 291,4 Mrd. Dollar. Für den Haushalt 1989 beantragt die Regierung statt der ursprünglich geforderten 332,4 nunmehr 299,5 Mrd. (-32,9). Zahlreiche Einschnitte wurden vorgenommen. Die Personalstärke der Streitkräfte soll um 34.100 Personen von 2.172.400 auf 2.138.300 reduziert werden. Im Etattitel „Beschaffungen“ wurden gestrichen: 220 Kampfflugzeuge, 600 Hubschrauber,16 Fregatten und 1 U-Boot. Dennoch geht der Größere Anteil der Kürzungen auf bereitschaftsbezogene Posten (Personal, Wartung etc.). Für SDI sind beim Pentagon 3,5 Mrd. Dollar veranschlagt, insgesamt knapp 3,9 Mrd. Dies entspricht der Zielprojektion des Kongresses vom Nov. 198Z Für 1989 sind statt der ursprünglich geplanten 6,3 Mrd.4,6 beantragt.

Der Anteil der Rüstungsausgaben am Gesamtbudget beträgt 26,1 Prozent.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1988/1 Warten auf die „Modernisierung“, Seite