W&F 2010/1

Visions of Peace: The West and Asia

10.-12. Dezember 2009 - Otago Museum in Dunedin, Neuseeland

von Takashi Shogimen

Vom 10. bis 12. Dezember 2009 fand das international Symposium »Visions of Peace: The West and Asia« im Otago Museum im neuseeländischen Dunedin statt. Die Veranstaltung - finanziert von der Japan-Stiftung und der Fakultät für Geschichte und Kunstgeschichte der Universität von Otago - widmete sich als multi-disziplinäres Symposium der Untersuchung der verschiedenen traditionellen Konzeptionen des Friedens in den Geschichten der asiatischen und der westlichen Welt.

Angeregt durch 9/11 fokussiert die gegenwärtige Literatur auf die Rechtsvorschriften und die Ethik »gerechter Kriege«. Die Ideen und Ideale des Friedens wie sie in der Vergangenheit von asiatischen und westlichen Denkern konzeptualisiert worden waren, scheinen der Aufmerksamkeit der Wissenschaftler entrückt zu sein. Das Symposium beabsichtigte, diese Lücke zu füllen und bisher übersehene oder unterschätzte Friedensvisionen der historischen Betrachtung ins Licht zu rücken.

Die Veranstaltung orientierte sich an den folgenden kulturellen Einheiten und Traditionen: islamisch, jüdisch, indianisch, chinesisch, japanisch und europäisch. Dabei wurde die Mannigfaltigkeit der globalen Traditionen der Idee des Friedens an den Schnittstellen Religion, Philosophie und politische Ideenwelt betrachtet. Der zentrale, jedoch nicht exklusive zeitliche Fokus lag auf der Vormoderne. Zu den allgemeinen theoretischen und historischen Fragen, die aufgeworfen wurden, gehörten etwa: Was bedeutete »Frieden« in einer gegebenen Tradition? War er vor allem politisch bestimmt? War Frieden das Ziel oder das Mittel für etwas anderes? Ist Frieden in dieser Welt erreichbar? Was sind die Bedingungen für Frieden? Welches sind die Kontexte, in denen Frieden bewertet wird? Welche Beziehung besteht zwischen Krieg und Frieden? Wie wird die Legitimität von Gewaltanwendung in den verschiedenen Traditionen gesehen?

Dr. Takashi Shogimen, Senior Lecturer für die Geschichte des Mittelalters an der University von Otago, hatte die Veranstaltung organisiert und fünf Sprecher für die Plenarveranstaltungen und dreizehn Referenten aus verschiedenen Teilen der Erde einschließlich Jerusalem, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indien, China, Japan, Kanada, den USA und Neuseeland versammeln können. Den Eröffnungsbeitrag über die ghandische Synthese buddhistischer, hinduistischer, christlicher und liberaldemokratischer Friedensvorstellungen und ihren Einfluss auf westliche pazifistische Ideen und Bewegungen hielt Dr. David Cortright, Direktor des Kroc Institute for International Peace Studies, University of Notre Dame, USA. Einige der pazifistischen Ideen, die von der japanischen und anderen ostasiatischen Nationen geteilt werden, wurden von Professor Shin Chiba von der International Christian University in Tokio vorgestellt. Er verdeutlichte auch die aktuelle Bedeutung des konstitutionellen Pazifismus' Japans.

Dr. Kaushik Roy von der Visva-Bharati University in Indiaen und dem International Peace Research Centre (PRIO) stellte die Idee von Krieg und Frieden im Hinduismus vor der pazifistischen Reinterpretation durch Gandhi vor. Der an der Tufts University, Massachusetts, USA, lehrende Dr. Malik Mufti untersuchte die Gegensätze zwischen der »modernistischen« Schule islamischen Denkens zu internationalen Beziehungen - wie sie durch Autoren wie Muhammand Shaltut, Muhammad Abu Zahra und Wahaba al-Zuhayli repräsentiert werden - und der »klassischen« Doktrin vertreten durch die Juristen der Ära der Abbasiden. Dabei hob er die unterschätzte intellektuelle Tradition, wie sie vor allem durch Ibn Khaldun vertreten worden sei, hervor. Schließlich schloß die Veranstaltung mit einer fesselnden Analyse von Dr. Kamp-por Yu von der Hong Kong Polytechnic University, der sich der konfuzianischen Vorstellung des Friedens aus vergleichender Perspektive widmete und dabei die zentrale chinesische Art des Denkens über Konflikte und Konfliktregelungen hervorhob.

Neben diesen Plenarvorträgen gab es sechs Panels, in denen dreizehn Paper vorgestellt wurden: Dr. Patricia Hannah von der University of Otago befasste sich mit der Idee der eirene, während Associate Professor Murray Rae, ebenfalls von der Universität in Otago, frühen christlichen Pazifismus als dissidente Tradition zeigte. Dr. Vanessa Ward porträtierte Cho Takeda Kiyo (1917-) als eine japanische Friedensstifterin, die in einzigartiger Weise zum japanischen Pazifismus beigetragen habe. Dr. Erica Baffelli, auch sie aus Otago, befasste sich mit dem Pazifismus verschiedener Neuer Religionen, um den charakteristischen japanischen Traditionen nachzugehen, und Tadashi Iwami vom International Pacific College, Palmerston North, New Zealand, stellte - insbesondere im japanischen Kontext - die Zulässigkeit von Vokabeln wie »Zivilisation« und »zivilisatorischer Standard« in Frage, mit denen sich potentiell Antagonismen schaffen ließen. Dr. Vicki Spencer von der University of Otago analysierte Johann Gottfried Herders „eingebetteten Kosmopolitanismus als Alternative zu einem institutionalisierten staatlichen Kosmopolitanismus“ und kontrastierte so seine Vorstellung von Frieden mit der Kants. Dr. Katherine Smits von der University of Auckland stellte eine weitere Alternative zum Kant'schen Friedensplan vor, indem sie Jeremy Benthams unterschätzte Vision des Friedens darlegte und deren aktueller Relevanz nachging. Rajimohan Ramanathalillai vom Gettysburg College, USA, untersuchte anhand von Beispielen wie Al Qaida, den Tamil Tigers und weiteren , wie und warum die US-amerikanischen, indischen und sri-lankischen Regierungen damit scheiterten, eine Ursachenanalyse des Terrorismus vorzunehmen. Nalini Rewadikar vom Madhya Pradesh Institute of Social Sciences Research, Indien, und Uri Zur vom Ariel University Center of Samaria, Israel, stellten eine umfassende Bestandsaufnahme der antiken indianischen und jüdischen Vorstellungen des Friedens vor. Scott Morrison von der Zayed University, Dubai, UAE, bot eine empfindsame Analyse der Friedensidee bei Hasan al-Banna. Bernard Jervis von der Massey University, New Zealand, untersuchte den ethnischen Konflikt zwischen den serbischen, kroatischen und muslimischen Gemeinschaften im Zeitraum 1992 bis 1995 unter dem Gesichtspunkt, was getan wurde, um nach der Gewalt den Frieden wieder herzustellen. Schließlich war es Emily Spencer von der University of Northern British Columbia, die die Bedeutung kultureller Intelligenz (cultural intelligence = CQ) im Rahmen ihrer Untersuchung der neuen Rolle des Militärs in »friedenschaffenden Operationen« hervorhob.

Insgesamt gelang es dem Symposium erfolgreich, die historische und kulturelle Vielfalt der Konzeptualisierung von Frieden und friedensstiftendem Handeln aufzuzeigen und auf einige bisher übersehene traditionelle Friedenskonzeptionen hinzuweisen.

Die Veranstaltung war für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich und zog sowohl lokales als auch landesweites Interesse auf sich. David Cortright wurde von Radio New Zealand und der Otago Daily Times, der Zeitung Dunedins, interviewt. Takashi Shogimen und Vicki Spencer werden eine Sammlung von einschlägigen Aufsätzen herausgeben, die voraussichtlich in naher Zukunft bei einem führenden Wissenschaftsverlag erscheinen werden.

Takashi Shogimen

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2010/1 Intellektuelle und Krieg, Seite 69