W&F 1996/2

Von der Anerkennung zum Bundeswehreinsatz

Deutsche Politik und der Jugoslawienkonflikt

von Horst Grabert

Will man heute über die bisherige Rolle Deutschlands diskutieren, so soll dies offenbar der Erfahrungsverwertung dienen, die aber nur erfolgreich sein kann, wenn auf Schönfärberei und Rechtfertigungsversuche verzichtet wird. Das Thema macht es dann auch erforderlich, über den eigentlichen Konflikt zu sprechen und nicht nur über sein Abbild, wie es bei uns verbreitet ist.

Hier beginnt das Dilemma bereits, denn selten ist ein Konflikt so oberflächlich und am gewünschten Ergebnis orientiert behandelt worden, wie der in Ex-Jugoslawien. Das ist wohl auch deshalb der Fall, weil der eigentliche Konflikt nie mit hoher Priorität auf der Tagesordnung stand. Im Gegenteil, diente er doch häufig für Ambitionen, die mit Jugoslawien nur wenig, wenn überhaupt etwas zu tun hatten. Keiner der nichtjugoslawischen Beteiligten hatte und hat lebenswichtige Interessen in diesem Gebiet zu verteidigen, es sei denn in negativer Weise, nämlich, sich durch den Konflikt nicht verleiten zu lassen, sich gegeneinander zu stellen. Hier gibt es denn bisher auch einen gewissen Erfolg, denn weder die Interessen der USA und Rußlands, noch die der EU-Mitglieder an einer gemeinsamen Zusammenarbeit wurden, trotz aller Meinungsverschiedenheiten, jemals ernsthaft gefährdet. Ob das so bleibt, ist offen. Bislang folgte aber keine der außerjugoslawischen Parteien den Verlockungen der jugoslawischen Konfliktparteien. Der Konflikt hatte nicht das dazu erforderliche Gewicht. Dies ist, nebenbei bemerkt, ein grundsätzlicher Unterschied zu 1914.

Diese niedrige Priorität öffnete allerdings die Tür zum vielseitigen Gebrauch des Konflikts für andere Zwecke. Hier will ich mich auf die deutsche Seite beschränken, obgleich dieser Tatbestand natürlich für alle Beteiligten zutrifft. Für Deutschland werden nun eine ganze Reihe von Zwecken vermutet, die zum Teil in der Literatur ausführlich behandelt werden. Die Palette reicht von dem angeblich in Deutschland relevanten Bedürfnis, weitere Teile der Pariser Vorverträge von 1919 zu beseitigen, bis hin zur parteipolitisch motivierten Verhinderung eines außenpolitischen Schulterschlusses zwischen Union und SPD, der angeblich von Herrn Genscher befürchtet wurde, oder der Vermutung, daß der Bundeskanzler seinem Außenminister klar machen wollte, wer die Nummer »Eins« sei. Wir können heute nicht allen Thesen nachgehen, obwohl dies durchaus reizvoll sein könnte. Ganz unbestritten wichtig war aber die Rolle Deutschlands bei der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens, mit der wir uns weiter zu beschäftigen haben werden. Auch die Frage, warum von Deutschland die Auflösung der SFRJ (Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien) durch die Anerkennung der Sezessionsstaaten betrieben wurde, gehört dazu.

Zu der Problematik der niedrigen Prioritätsstufe kam noch der Zeitfaktor, denn als der Konflikt in Jugoslawien Ende der achtziger Jahre in seine heiße Phase eintrat, waren die wichtigen Staaten der Welt mit anderen Dingen voll beschäftigt. Die Auflösung der Sowjetunion, die deutsche Vereinigung, die Vorbereitung von Maastricht I, die Golf-Krise, die GATT-Verhandlungen, Kambodscha, Südafrika und vieles mehr standen im Vordergrund und ließen keine oder nur wenig Zeit, sich mit Jugoslawien zu beschäftigen. Wer sich an die Hektik erinnert, die allein die deutsche Vereinigung begleitete, wird verstehen, daß die EPZ (Europäische Politische Zusammenarbeit) keine Kapazität frei hatte.

Erst am 26.03.1991, nachdem die ersten Schüsse in Pakrac gefallen waren, reagierte die EPZ mit einer Erklärung: „Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten beobachten die Lage in Jugoslawien mit größter Sorge … Nach Auffassung der 12 hat ein geeintes Jugoslawien die besten Aussichten, sich harmonisch in das neue Europa einzugliedern.“ 1 Zur gleichen Zeit schrieb Präsident Bush, daß die USA „eine Sezession nicht belohnen“ 2 würden. Dieser Haltung lag die im Prinzip richtige Analyse zugrunde, die als Grund für die akute Krise von dem Sezessionsbegehren Sloweniens und Kroatiens ausging, und mit dieser Beurteilung stimmten die nichtjugoslawischen Regierungen und ihre Diplomaten bis zum 01.07.1991 auch weitgehend überein.

An diesem Tag löste sich jedoch die Gemeinsamkeit auf, da Helmut Kohl erklärte: „Wer, wie die Deutschen, auf der Basis der Selbstbestimmung seine nationale Einheit erreicht hat, kann Slowenien und Kroatien das Selbstbestimmungsrecht nicht verweigern. Deutschland soll die EG zur Anerkennung der beiden Republiken veranlassen.“ 3 Nur wenige Tage zuvor hatte die EPZ bekräftigt, eine einseitige Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien nicht anzuerkennen. Genscher war der Blamierte. Aber auch einige Sozialdemokraten äußerten sich gleichlautend wie Kohl und wollten, wie er, die EG »veranlassen«. Dieser Meinungsumschwung ist nicht ohne einen Blick auf die Medien zu verstehen, die unter Führung der FAZ immer stärker die öffentliche Meinung in dem von Kohl aufgenommenen Sinne beeinflußten. Deutschland, gerade vereint, wolle ein »normaler Staat« werden, und es schien ein Bedürfnis, mit der Last der Geschichte auf dem Rücken, diesmal moralisch auf der »richtigen Seite« zu stehen. Wieso also der Versuchung widerstehen, wenn das Problem Jugoslawien doch nicht als so wichtig eingestuft war.

Die politische Energie für diesen Meinungsumschwung kam nun nicht aus der Sorge, den Konflikt zu vermeiden, ganz im Gegenteil. Alte Ressentiments aus den Kreisen des alten Ustasa-Untergrundes, die seit Jahren gute Beziehungen zu rechten Gruppen einiger demokratischer Parteien unterhielten, meldeten sich zu Wort und wollten den 1945 verlorenen Kampf in neuer Form wieder aufleben lassen. Unter dem Ruf nach »Selbstbestimmung« vereinten sich diese Anhänger des Kampfes gegen den Kommunismus mit nationalistischen Elementen, die nur eine Korrektur ihrer Niederlage im Auge hatten. Diese Gruppe hatte als einzige von Anfang an ihr klares politisches Ziel, sie konnte daher auch erfolgreich an der Meinungsführerschaft teilhaben. Das Ziel war die Auflösung des Tito-Jugoslawiens.

Mit dem Meinungsumschwung setzte naturgemäß auch die Suche nach zweckdienlichen Begründungen ein. Als Codewort wurde der Begriff »Internationalisierung des Konflikts« gewählt. Aus der Sezession Sloweniens und Kroatiens wurde die Auflösung der Föderation gemacht. Widerstand gegen diese Politik wurde zur Aggression erklärt, was publizistisch leicht zu vermitteln war, da bei dem Widerstand unzulässige Mittel eingesetzt und Menschenrechtsverletzungen begangen wurden. Damit war dann auch der Aggressor gefunden, der zur Anwendung des Kap. VII der UN-Charta erforderlich war. Jetzt hatte man das gewünschte geschlossene System, in dem die Anerkennung der Nachfolgestaaten der SFRJ als neue souveräne Subjekte des Völkerrechts ihren logischen Platz hatte. Der Welt wurde erklärt, daß so der Balkan befriedet werden könnte, in Wahrheit war der Kurzschluß perfekt. Die inneren Widersprüche dieser Politik wurden verdrängt oder nicht bemerkt, man hatte ja auch keine Zeit für eine kritische Prüfung. Warnungen aller Art von Bush bis Izetbegovic wurden nicht beachtet, und das Zögern der Verbündeten in Deutschland und in Österreich als moralisches Versagen angeprangert.

Nachdem am 09./10. 12. 91 die Verhandlungen des Europäischen Rates zum EU-Vertrag in Maastricht abgeschlossen waren, also durch Titel V die Mitglieder eigentlich schon auf die GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) verpflichtet waren, wollte Deutschland seine angeblich auf die Menschenrechte orientierte Führungsqualität demonstrieren. So wurde dem Rat der Außenminister am 16.12.91 schlicht mitgeteilt, daß Deutschland die Republiken Slowenien und Kroatien noch vor Weihnachten anerkennen würde. Der Coup gelang. Widerwillig ging die EPZ bzw. nun die GASP (in Gründung) auf deutschen Kurs. Eine große Krise wollte man vermeiden. Selbst der Versuch einer gesichtswahrenden Kommission wurde von Deutschland zerschlagen, denn Deutschland erkannte an, ohne den Bericht der (von der EU eingesetzten) »Badinter-Kommission« abzuwarten. Die Prinzipien der GASP waren also schon überholt, noch bevor sie am 07.02.92 unterzeichnet wurden. Am 18.05.92 hatte Deutschland einen neuen Außenminister, der kurz nach seiner Amtsübernahme »Serbien in die Knie zwingen« wollte, ansonsten aber hauptsächlich mit der Schadensbegrenzung beschäftigt war, wollten doch die EU-Partner die Erpressung zur Jahreswende nicht einfach vergessen.

Für den Jugoslawien-Konflikt wurde die EU ab Mitte 1992 ständig bedeutungsloser. Die Gewichte verlagerten sich immer mehr zur UNO. Mit der Errichtung einer Kontaktgruppe, in der Vertreter der USA, Rußlands, Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands Lösungen versuchten, wurde die GASP völlig abgemeldet.

Wer die Anerkennung Kroatiens wollte, mußte in Bosnien mit Krieg rechnen. Die Politik der »Internationalisierung des Konflikts« führte aber nicht zum Erfolg. Das war keine Überraschung, denn wenn man unterstellte, daß es Slowenen und Kroaten nicht mehr zuzumuten war, im multinationalen Jugoslawien zusammen mit den Serben zu leben, wie konnte man dann annehmen, daß das Zusammenleben der Serben, Kroaten und Muslime in einem Teil Jugoslawiens, nämlich in Bosnien, aufrechterhalten werden kann. Daher hatte auch Izetbegovic dringend vor der Anerkennung Kroatiens gewarnt, wußte er doch, daß das Krieg in Bosnien bedeuten würde. Er selbst hatte sich denn auch vor der Anerkennungspolitik mit den Serben und Kroaten in Bosnien verständigt, daß man keine Unabhängigkeit anstreben sollte.

Wie konnte man weiter annehmen, daß die 700.000 Serben in Kroatien nicht das gleiche Recht gegenüber Kroatien verlangen würden, das den Kroaten gegenüber Jugoslawien zugebilligt werden sollte, und wie sollte das Selbstbestimmungsrecht der Albaner im Kosovo behandelt werden, wenn hier, wie im Gebiet Kroatiens, plötzlich das Grenzregime vor der Selbstbestimmung rangieren sollte. Präsident Bush wußte schon, warum er keine Sezession belohnen wollte.

Die »Politik der Internationalisierung« hatte, außer der Auflösung der SFRJ, auch kein klares politisches Ziel. Sie unterstützte ein Schwarz-Weiß-Bild, es gab Gut und Böse, zu Schützende und zu Bekämpfende. Die Parteinahme ging aber nicht so weit, eigene Opfer zur Durchsetzung der Ziele einer Seite zu riskieren. Die Parteinahme blieb rhetorisch. So kann natürlich keine Vermittlung aussehen, wie sie die UNO im Auge hatte. Es ist mehr das Bild einer Drohung. Ist man aber nicht zur Gewaltanwendung entschlossen, so sollte man nicht mit ihr drohen, denn nur selten gelingt so ein Bluff. Wird die angedrohte Gewalt schließlich doch, z.B. um das Gesicht zu wahren, angewandt, so besteht die große Gefahr einer Eskalation, mit der alle Verhandlungsbemühungen zunichte gemacht werden können.

Auch bleibt die Frage offen, ob Ziele, und sei es der »Frieden« oder die »Menschenrechte«, mit Gewalt oder mit ihrer Androhung verfolgt werden sollen oder können. Offensichtlich besteht über diese Frage unter den nicht-jugoslawischen Beteiligten keine einheitliche Meinung. Eine solche Politik ist auch nicht mit den Grundsätzen der UN vereinbar, und wie der Generalsekretär mit Recht festgestellt hat, führt die Vermischung beider Prinzipien zu einer gegenseitigen Blockade, die Fortschritte unmöglich macht. Hinzu kommt, daß viele Aktionen angelegt sind, um vielseitige innenpolitische Bedürfnisse zu befriedigen und sei es nur, um den Anschein von Tätigsein zu erwecken oder den von den Medien erzeugten Erwartungen entgegenzukommen. Insbesondere die innenpolitische Entwicklung in den USA hat hier größten Einfluß auf den Gang der Dinge.

Trotzdem ist es nach wie vor klar, daß im Falle des Jugoslawien-Konfliktes kein außerjugoslawischer Staat zu einer vollen militärischen Intervention zur Durchsetzung einer neuen Ordnung bereit ist. Diese Bereitschaft konnte und kann auch angesichts der niedrigen Priorität des Konflikts nicht weiter von interessierten Medien herbeigeredet werden. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß sich durch die Handhabung des Konflikts, sowohl im Krisengebiet als auch in den internationalen Beziehungen Veränderungen ergeben haben, die berücksichtigt werden müssen.

Um ein Beispiel zu nennen: Als im März 93 die kroatische Armee den ersten größeren Versuch unternahm, den Sektor Süd der »UN-protected area« in Kroatien an der Küste in Richtung auf die Stadt Knin einzudrücken, um die Trennung von den Gebieten südlich von Zadar zu beseitigen, wurde der Versuch international gestoppt und der Status quo ante wiederhergestellt. Als im Mai 95 die kroatische Armee den Sektor West der gleichen »protected area« in Westslawonien, quasi als Generalprobe, überrannte, erfolgte eine Verurteilung durch den Sicherheitsrat, aber sonst keine Gegenmaßnahme. Im Juli 95 überrannten dann die serbischen Bosnier die Schutzzonen Srebrenica und Zepa mit den bekannten Reaktionen. Im August 95 eroberten kroatische Truppen die Sektoren Nord und Süd der »UN-protected area«, die Krajina also, und diesmal scheiterte sogar die beantragte Verurteilung im Sicherheitsrat an dem Widerstand der USA und Deutschlands.

Zur Erreichung politischer Ziele wird militärische Gewalt wieder akzeptiert

Dieses Beispiel zeigt deutlich, daß militärische Gewalt zur Erreichung politischer Ziele, zumindest in ausgewählten Fällen, wieder akzeptiert wird. Mit welchen Folgen ist ungewiß, sicher aber nicht mit einer auf längere Sicht friedensfördernden Wirkung. Ähnliches gilt auch für die Handhabung der angedrohten Gewaltanwendung. Es ist höchst fraglich, ob mit dem jetzt geübten, sehr risikoreichen Verfahren ein Verhandlungsprozeß in Gang gesetzt werden kann, der die Aussicht auf eine, angeblich von allen für erforderlich gehaltene, politische Lösung bietet.

Das hat sich natürlich auch nicht mit dem Dayton-Vertrag geändert. Dieser Vertrag, nunmehr etwa ein halbes Jahr in Kraft, hat den heißen Bürgerkrieg zwar vorerst beendet, das ist ein wichtiger Erfolg, hat aber bisher keinen Verhandlungsprozeß der Konfliktparteien in Gang gesetzt, der die Hoffnung auf eine politische Lösung begründen könnte. Die Androhung von Gewalt hat bisher die Konfliktparteien nur zu Schritten veranlassen können, die mit ihren Zielen übereinstimmen oder mit ihnen vereinbar sind, nicht aber die Aufgabe oder Veränderung ihrer Kriegsziele bewirken können. Das IFOR-Mandat aber ist bis zum Jahresende 1996 befristet, und eine Verlängerung ist nicht zu erwarten. Die USA werden ihre Bodentruppen jedenfalls zügig nach Mandatsende zurückführen. Ob die im Vertrag vorgesehenen Wahlen noch im Herbst 1996 durchgeführt werden können, ist sehr fraglich, und die Rückkehr der Flüchtlinge wird bestenfalls mit kleinen Schritten gelungen sein.

Streng genommen ist vom Dayton-Vertrag auch nicht mehr zu verlangen, denn der eigentliche Kern des Vertrages besteht in dem Versuch, durch Herstellung eines militärischen Gleichgewichts mittels Aufrüstung der schwächeren Partei eine Lage zu schaffen, die die Konfliktparteien zwingen soll, ihre Probleme am Verhandlungstisch zu lösen. Dies ist, zugegeben, kein sehr neues Rezept. Wenn die bereits laufende Aufrüstung in Bosnien zwar stattgefunden hat, die erhofften Folgen aber nicht eintreten, wird die Grundfrage der Behandlung des Konflikts durch die Staatengemeinschaft erneut aufbrechen.

Nun ist sicher nicht zu erwarten, daß die Konfliktparteien sofort nach Abzug der IFOR die bewaffnete Auseinandersetzung voll wieder aufnehmen. Aber mit örtlicher Gewaltanwendung hier und da muß wohl in erster Linie innerhalb der moslemisch-kroatischen Föderation gerechnet werden.

Was, also, ist zu tun? Interessant ist, daß eine solche Debatte in der Öffentlichkeit überhaupt nicht stattfindet, obwohl die Frage ganz offenkundig ansteht. Soll vor der Wahl des US-Präsidenten am ersten Dienstag im November die Sache ruhen, um dann, unter Zeitdruck, die Öffentlichkeit vor einer tiefergehenden Debatte »zu bewahren«?

Soll in Deutschland erst dann die Überzeugung geweckt werden, daß eine Nachfolgetruppe für die IFOR-Einheiten, diesmal mit voller deutscher Beteiligung und nicht nur als Versorgungseinheit, zum Beispiel im Rahmen der ersten Aktion der wieder zum Leben erweckten WEU erfolgen soll? Wird sich also die öffentliche Debatte wieder nicht mit dem eigentlichen Problem, sondern mit der Frage der »Bündnisfähigkeit der Deutschen« oder der »Rangordnung der EU-Mitglieder« beschäftigen?

Das wäre dann eine Wiederholung der Debatte des letzten Jahres, in der Joschka Fischer in den »mainstream der deutschen Befindlichkeit« eintauchte, um Regierungsfähigkeit zu zeigen, weil sich „die Welt durch Srebrenica verändert“ habe.

Wer an einem Beitrag zur Lösung des Konfliktes interessiert ist, und dies sollte im deutschen Interesse liegen, der muß eine Entwicklung herbeiführen und unterstützen, in der der Frieden interessanter wird als der Krieg, nicht nur in Bosnien, sondern in der ganzen Region, von den Karawanken bis zur Ägäis.

Nur so kann die Konjunktur des Nationalismus beendet und eine Entwicklung in Richtung auf Frieden und Demokratie begonnen werden.

Anmerkungen

1) EPZ-Erklärung Luxemburg/Brüssel vom 26.03.91 (inoffizielle Übersetzung). Zurück

2) Dr. Christopher Cviic', Das Ende Jugoslawiens, Europa-Archiv 14/1991. Zurück

3) nach The Guardian vom 02.07.91. Zurück

Horst Grabert war von 1972 bis 1974 Chef des Bundeskanzleramtes, danach Botschafter der BRD: von 1974 – 1979 Wien, von 1979 – 1984 in Belgrad, von 1984 – 1987 in Dublin.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1996/2 Größer – Stärker – Lauter, Seite