W&F 2007/4

ZFD goes Europe

Das »European Network for Civil Peace Services« (EN.CPS)

von Jochen Schmidt

In deutschen Fachkreisen ist der Zivile Friedensdienst (ZFD) als professioneller Entsendedienst zur Arbeit an Konflikten inzwischen weitestgehend bekannt (siehe auch W&F 2-2006, Dossier 52). Was aber geschieht eigentlich im europäischen Ausland und auf der EU-Ebene?

Bereits in den frühen 1990er Jahren hatten sich Friedensorganisationen aus diversen Ländern an dem Freiwilligenprojekt »Balkan Peace Team« beteiligt (Müller 2004). Ebenfalls als Reaktion auf den Bosnienkrieg wurde auf Initiative des Südtiroler Grünen-Abgeordneten Alexander Langer ab 1994 im Europäischen Parlament die Einrichtung eines »European Civilian Peace Corps« diskutiert. Dieser Vorschlag ist zwar in seiner ursprünglichen Form durch die Fortentwicklung des EU-Krisenmanagements überholt, aber er zeigt, dass es in Europa bereits vor der Einrichtung des vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geförderten ZFD-Programms ähnliche Initiativen und Vorschläge gab. Eine umfassende Forschungsarbeit insbesondere zu den Entwicklungen in verschiedenen europäischen Ländern steht bislang aus. Ansätze finden sich bei Poort van-Eeden (2000) und Wallis & Junge (2001, Kap. 5).

Für die europäische Vernetzung zivilgesellschaftlicher Initiativen für eine konstruktive Konfliktbearbeitung in Krisenregionen engagieren sich in Deutschland vor allem das »Forum Ziviler Friedensdienst« (forumZFD / http://www.forumZFD.de) und der »Bund für Soziale Verteidigung« (BSV / http://www.soziale-verteidigung.de). Nach vorbereitenden Treffen kam es 1999 während des Haager Friedenskongresses zur Gründung des »European Network for Civil Peace Services« (EN.CPS). Bei seinem Jahrestreffen im Jahr 2000 in Berlin waren 16 TeilnehmerInnen aus sechs Ländern zugegen; dabei ging es vor allem um gegenseitiges Kennenlernen und Erfahrungsaustausch. In den Folgejahren stieg die Teilnehmerschaft stetig auf 19 Mitgliedsorganisationen aus 14 Ländern. Bei den Jahrestreffen 2001 bis 2003 in der Schweiz, in Italien und in Österreich wurden ein gemeinsames »Mission Statement« verabschiedet und Pläne für ein multinationales »Civil Peace Service« (CPS)-Projekt auf Zypern besprochen. Letztgenanntes Vorhaben kam trotz erheblicher Vorarbeiten nicht zustande, da nach dem Scheitern des Annan-Plans zur Lösung des Zypern-Problems die erhofften EU-Fördermittel zurückgestellt wurden. Bei weiteren EN.CPS Jahrestreffen 2004 bis 2006 in Schottland, Rumänien und Spanien wurden dennoch gemeinsame Leitprinzipien für CPS-Einsätze sowie vorläufige europäische Trainingsstandards beschlossen (http://www.en-cps.org).

Dieser Bestand an professionellem Know-how und an Vernetzung floss 2003 mit ein in die Gründung der weltweiten »Nonviolent Peaceforce« (NP), die sich größere Projekte gewaltfreier Drittpartei-Intervention zum Ziel setzt (http://www.nonviolentpeaceforce.org). Aufgrund der hohen Deckungsgleichheit zwischen den Akteuren von EN.CPS und den europäischen Mitgliedern von NP finden die Jahrestreffen seitdem zeitgleich als Doppeltreffen beider Organisationen statt. Ziel des EN.CPS ist weiterhin die „Förderung Ziviler Friedensdienste als Instrument gewaltfreier Konflikttransformation auf der nationalen Ebene wie auch in Europa“. Als loser Verbund ohne bezahlte Koordinatorenstelle dient das EN.CPS vor allem dem Informationsaustausch, der gegenseitigen Unterstützung und als »Partnerbörse« für gemeinsame Projekte. Beim letzten Jahrestreffen im April 2007 in Berlin wurden zudem ein internes Regelwerk verabschiedet und ein fünfköpfiger Lenkungsausschuss gewählt (vgl. Brües 2007). Das nächste Jahrestreffen soll im Frühjahr 2008 in der Slowakei stattfinden.

Gegenüber den EU-Institutionen in Brüssel vertritt das EN.CPS sein Anliegen für eine stärkere Anerkennung und Förderung von zivilen Friedensdiensten durch seine Mitgliedschaft beim »European Peacebuilding Liaison Office« (EPLO / http://www.eplo.org). Mitarbeiter und Ehrenamtliche aus verschiedenen EN.CPS-Organisationen beteiligen sich aktiv in EPLO-Arbeitsgruppen, wirken an der Erarbeitung von Lobby-Papieren mit und nehmen an europäischen Konferenzen teil. Um allerdings konkreter auf die Einführung eines ZFD/CPS-Programms im Rahmen der EU-Außenbeziehungen hinzuarbeiten, reichen die momentan zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht aus.

Erfreulich ist, dass durch die Initiative von EN.CPS-Mitgliedsorganisationen inzwischen auch in anderen europäischen Ländern die Einführung eines ZFD ernsthaft in Erwägung gezogen wird. So will die österreichische »Agentur für Entwicklungszusammenarbeit« (ADA) in Kooperation mit NGOs bis 2009 ein ZFD-Programm einrichten. In Spanien und Frankreich wurden Gesetzesentwürfe im Parlament eingebracht, die u.a. die Einrichtung von zivilgesellschaftlichen Friedensfachdiensten fordern. In Italien hat die Abteilung für Entwicklungszusammenarbeit des Außenministeriums eine Kommission mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie zum Thema »Corpi Civili di Pace« beauftragt und für 2008 sind erste Pilotprojekte geplant. Diese Entwicklungen sind nicht zuletzt deswegen begrüßenswert, weil dadurch auch bei deutschen Verantwortlichen für Friedensentwicklung und Krisenprävention die Möglichkeiten eines ZFD/CPS auf der europäischen Ebene an Bedeutung gewinnen werden.

Literatur

Brües, Stephan (2007): Vorfahrt für Zivil. Wissenschaft und Frieden, 25 (3), S.48.

Müller, Barbara (2004): Balkan Peace Team 1994-2001. Mit Freiwilligen-Teams im gewaltfreiem Einsatz in Krisenregionen. Braunschweig: Arbeit und Leben.

Poort van-Eeden, Janne (2000): Internationale Zusammenarbeit für Gewaltfreiheit. In Tilman Evers (Hrsg.), Ziviler Friedensdienst – Fachleute für den Frieden (S.165-172). Opladen: Leske + Budrich.

Wallis, Tim / Junge, Mareike (2002): Enhancing UK capacity for handling conflict (http://www.peaceworkers.org.uk/index.php?option=com_content&task=view&id=149&Itemid=165#enhancing) [14. September 2007]

Jochen Schmidt arbeitet für die Akademie für Konflikttransformation in Bonn und ist als Mitglied des forumZFD für das EN.CPS engagiert

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2007/4 Europäische Sicherheitspolitik, Seite