W&F 2010/4

Zivile Konfliktbearbeitung im Inland

Vom Umgang mit gesellschaftlichen Konflikten

von Bernd Rieche

Fachkräfte aus Deutschland gehen weltweit in ausländische Krisenregionen, um z.B. im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes lokale Partner bei der zivilen Bearbeitung von Konflikten zu unterstützen. Doch auch im deutschen Inland bestehen Konflikte, die gewaltsam zu eskalieren drohen, bspw. rechtsextreme Gewalt oder Auseinandersetzungen bei Demonstrationen. Bernd Rieche beleuchtet, welche Ansätze der Zivilen Konfliktbearbeitung im Inland in Deutschland existieren und welche inhaltlichen Fragen und Spannungsfelder sowie Probleme der Vernetzung und der politischen Einflussnahme aktuell bestehen und innerhalb der »Community« diskutiert werden. Der Autor skizziert die Werte, Ziele, Handlungsfelder und Grenzen der Zivilen Konfliktbearbeitung im Inland und plädiert dafür, das neue Konzept als Mittel einer konstruktiven Streitkultur im Rahmen einer lebendigen innergesellschaftlichen Demokratie weiter zu entwickeln.

Zivile Konfliktbearbeitung (ZKB) umfasst ein breites Spektrum zivilen Engagements, um gesellschaftliche Konflikte gewaltfrei, friedlich und konstruktiv auszutragen. Der Begriff tauchte Anfang der 1990er Jahre zum ersten Mal auf, als es nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation darum ging, gewaltsame, nun zunehmend innerstaatliche Konflikte friedlich zu regeln. Andere Begriffe wie Krisenprävention, friedliche Streitbeilegung, Konfliktregelung etc. beschreiben ähnliche Ansätze und werden meist unter Konfliktbearbeitung zusammengefasst. Dabei kann »zivil« dreierlei bedeuten – ohne dass dies in jedem Fall reflektiert und unterschieden wird: Erstens bedeutet »zivil« nicht-militärisch, zum Zweiten meint es zivilgesellschaftlich bzw. nicht-staatlich oder steht drittens für zivilisiert, z.B. im Sinne des zivilisatorischen Hexagons. Da der Begriff zunächst für Interventionen in gewaltsamen Konflikten im Ausland – wie die Arbeit von Friedendiensten im ehemaligen Jugoslawien oder der Schutz von bedrohten AktivistInnen durch Begleitung der Internationalen Friedensbrigaden – verwendet wurde, ist die mit dem Begriff »nicht-militärisch« vorgenommene Abgrenzung zunächst scharf genug, um auch eine Debatte mit staatlichen Akteuren zu führen und sie als potentielle Akteure der ZKB mit einzubeziehen.

Mitte der 1990er Jahre gründete sich die »Plattform Zivile Konfliktbearbeitung« (Plattform ZKB) und führte diverse zivilgesellschaftliche Milieus der Friedendienste, Entwicklungszusammenarbeit, Menschenrechtsarbeit und Wissenschaft zusammen. Gemeinsames Interesse waren vor allem Interventionen im Ausland. Die Plattform ZKB hat sich zur Aufgabe gemacht, fachlichen Austausch sowie gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit und Lobbyarbeit zu organisieren und die internationale Vernetzung zu fördern (vgl. Plattform ZKB, 1998). Zumindest für die Auslandsarbeit haben sich dabei in den letzten Jahren einige Erfolge eingestellt: Arbeitsstrukturen sind etabliert und staatliche Fördergelder stehen bspw. für den Zivilen Friedensdienst (ZFD) oder das Förderprogramm Zivile Konfliktbearbeitung (zivik) zur Verfügung. Darüber hinaus wurden spezifische Methoden entwickelt, Erfahrungen werden systematisch ausgewertet und auch im wissenschaftlichen Raum befassen sich einige – wenn auch noch wenige – mit Fragestellungen auf diesem Gebiet.

ZKB ist aber weder auf die Arbeit im Ausland noch auf Interventionen als Methode beschränkt. Eine grundlegende Erfahrung der Arbeit im Ausland ist, dass Friedensprozesse von den Akteuren vor Ort getragen werden müssen. Externe Akteure können solche Prozesse lediglich unterstützen und friedenswillige Kräfte im Inneren stärken. Entsprechend können und müssen Akteure auch in ihren eigenen Konfliktkonstellationen im Inland Methoden der ZKB anwenden. Grundlage der ZKB ist ein positives Konfliktverständnis, bei dem Konflikte nicht als etwas Negatives angesehen werden, sondern als zum Leben dazugehörig. Konflikte treiben Entwicklung voran. Ziel ist es daher nicht, Konflikte zu vermeiden, sondern Wege zu finden, wie mit ihnen gewaltfrei umgegangen werden kann.

Zivile Konfliktbearbeitung in Deutschland

Auch innerhalb Deutschlands gibt es viele Akteure, die Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung anwenden. Die Mediation, welche in den 1990er Jahren in Deutschland zunehmend Verbreitung fand, hat sich zu einer der profiliertesten Methoden in diesem Bereich entwickelt. Aber auch die Friedensdienste und Kirchen begannen in dieser Zeit, verstärkt Kurse für Friedensarbeit und Konfliktbearbeitung anzubieten. Es gründete sich bspw. der Ökumenische Dienst/Schalomdiakonat, welcher Menschen für die Friedensarbeit im In- und Ausland qualifiziert; die MultiplikatorInnenausbildung zur Bearbeitung innergesellschaftlicher Konflikte wurde von der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) initiiert; es entstand die TrainerInnenausbildung des Fränkischen Bildungswerkes usw. Alle diese Initiativen hatten auch die Arbeit im Inland im Blick.

Von Anfang an engagierten sich die genannten Akteure in der Plattform ZKB. Die Motive und Begründungen für die Arbeit in Deutschland bezogen sich dabei auf innergesellschaftliche Konfliktlagen, wie die Ausbreitung rechtsextremer Gedanken und Szenen (vor allem in Ostdeutschland), Amokläufe an Schulen oder gesellschaftliche Konflikte wie der alljährlich im Wendland vor allem durch gewaltfreie Aktionen eskalierte und in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Aufmerksamkeit gerückte Konflikt um Atomenergie.

Auch der Staat erkennt die Methoden der ZKB im Inland inzwischen an und fördert sie entsprechend. So wurde mit dem rot-grünen Regierungswechsel 1998 nicht nur der ZFD als staatlich finanziertes Programm eingeführt; mit dem Förderprogramm Civitas wurden darüber hinaus auch zivilgesellschaftliche Ansätze der Eindämmung von Rechtsextremismus gefördert. Im Rahmen von Civitas baute man Beratungsstellen mit mobilen Beratungsteams auf, wobei in den letzten Jahren eine Ausweitung dieser Struktur auf das gesamte Bundesgebiet erfolgte. Staatliche Förderung erhielten zudem einzelne Kurse in ziviler, gewaltfreier Konfliktbearbeitung.

Das Problem der Vernetzung

Die Begrifflichkeit der »Zivilen Konfliktbearbeitung im Inland« (ZKBI) scheint auf den ersten Blick wenig einleuchtend zu sein. ZKB im engen Sinne als Gegensatz zu einem militärischen Eingreifen kann in Deutschland glücklicherweise (noch!) ausgeschlossen werden, da letzteres durch das Grundgesetz verhindert wird. In einem weiteren Sinne – zivil als »zivilgesellschaftlich« verstanden – stellen sich die Fragen, wer in Deutschland wie und wo zivile Konfliktbearbeitung betreibt und wie entsprechende Ansätze staatlicher Akteure dem zuzuordnen sind.

Während die Szene der im Ausland aktiven deutschen Organisationen einigermaßen überschaubar ist, stellt sich die Situation im Inland um einiges komplexer dar. Hier existieren zahlreiche Akteure, die an und in gesellschaftlichen Konflikten arbeiten, welche (zumindest potentiell) auch gewaltsam ausgetragen werden.

In der Auslandsarbeit, wo sich die Akteure vor allem über Entwicklungs-, Menschenrechts- oder Friedensarbeit definieren, sind staatlicherseits vor allem die Bundesebene mit den Ressorts Entwicklungszusammenarbeit und Auswärtiges relevant. Im Inland dagegen definieren sich die Akteure über verschiedenste Arbeitsbereiche, wie Schule, Gemeinwesen, Gewaltprävention, Bildungsarbeit, Arbeit mit MigrantInnen etc. Diese Bereiche fallen staatlicherseits in so unterschiedliche Ressorts wie Inneres, Kultus, Familie/Jugend und Justiz – Zuständigkeitsbereiche also, die vor allem von den Ländern verantwortet werden. Eine bundesweite Vernetzung ist vor allem deshalb schwierig, weil die meisten Aufgabenfelder staatlicherseits dezentral in den Ländern oder Kommunen bearbeitet werden. Entsprechend sind viele fachliche Vernetzungen jeweils auf Landesebene organisiert, und es gibt regional sehr unterschiedliche Trägerstrukturen.

Da sich Lobbystrukturen meist parallel zu staatlichen Strukturen entwickeln, ergibt sich hier eine bisher nicht gelöste Herausforderung für die Vernetzung der ZKB auf Bundesebene. Es fehlt bislang sowohl an geeigneten fachlichen Vernetzungs- als auch an politisch wirksamen Vertretungsstrukturen. Entsprechend ist es bisher kaum gelungen, in geeigneter Weise auf staatliche Programme Einfluss zu nehmen.

Um diese Defizite an fachlicher und politischer Vernetzung zu beheben oder zumindest zu lindern, hat sich 2005 innerhalb der Plattform ZKB eine »Arbeitsgruppe Zivile Konfliktbearbeitung im Inland« gegründet. Diese will das Feld erkunden und zu einer fachlichen Vernetzung einladen sowie eine gemeinsame Lobbyarbeit aufbauen. Gemeinsames Ziel ist es, eine konstruktive Konfliktkultur in Deutschland zu fördern. Die Arbeitsgruppe hatte als einen ersten Arbeitsschritt und als Gesprächsgrundlage eine Arbeitsdefinition für ZKBI erarbeitet: „Zivile oder staatlich allparteiliche Akteure wenden Methoden der gewaltfreien konstruktiven Konfliktbearbeitung an. Im Mittelpunkt steht die nachhaltige Bearbeitung sozialer Konflikte, mit dem Ziel, unmittelbar Gewalt zu vermindern und langfristig den gewaltfreien Umgang mit Konflikten in Strukturen zu verankern.“ (Klußmann/Rieche, 2008)

Während diese Arbeitsgruppe zunächst noch von ZKB in Deutschland sprach, wurde bald deutlich, dass es generell um die Bearbeitung gesellschaftlicher Konflikte im Inland durch innergesellschaftliche Akteure geht und dass daher die Bezeichnung »Zivile Konfliktbearbeitung im Inland« (ZKBI) treffender ist.

Im Grundsatzpapier der AG wird zur Situation der ZKBI konstatiert: „Eine Vernetzung der vielfältigen Arbeitsfelder und unterschiedlichen Methodenansätze der ZKBI findet bisher allenfalls ansatzweise statt. Übergreifende Strukturen des konzeptionellen Austauschs, der Diskussion von Methoden und ihrer Anwendungspraxis sowie wissenschaftliche Forschung hierzu fehlen bisher weitestgehend. Ebenso fehlt bislang eine systematische Überprüfung, inwieweit Konzepte der Arbeit im Ausland im Inland hilfreich sind, und andersherum. In der Öffentlichkeit sind die Arbeitsfelder und ihre Chancen nicht angemessen repräsentiert, Strukturen für eine gemeinsame politische sowie gesellschaftliche Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit haben sich noch nicht herausgebildet.“ (Plattform ZKB 2009)

Spannungsfelder und Dilemmata

Nachdem 2006 in Bonn bereits eine erste Fachtagung zur ZKB in Deutschland abgehalten wurde (vgl. Klußmann/Rieche, 2008), findet aktuell eine Workshop-Reihe statt, welche die Arbeitsbereiche in einen fachlichen Austausch bringt und auf folgende allgemeine Fragen zu Spannungsfeldern oder Dilemmata der ZKB fokussiert, die auch für die Arbeit im Inland relevant sind:

Zielt der jeweilige Ansatz auf Veränderungen bei Schlüsselpersonen oder bei vielen Menschen ab?

Sind Veränderungen vor allem auf der individuellen/persönlichen Ebene oder auf der strukturellen/politischen Ebene beabsichtigt?

Ist der Ansatz allparteilich/neutral oder parteiisch/solidarisch?

Ist der Ansatz auf Deeskalation oder (konstruktive) Eskalation ausgelegt?

Handelt es sich um eine Intervention von außen oder ein Engagement von innen?

Geht die Arbeit auf eine Anfrage zurück oder eher auf ein aktives Angebot?

Auf welcher gesellschaftlichen Ebene setzt die Arbeit an – auf der Graswurzelebene, auf der mittleren oder auf der oberen Ebene?

Diese Fragen werden in Bezug auf unterschiedliche Felder wie Kampagnenarbeit, Moderation von kommunalen Prozessen gegen rechtsextreme Aufmärsche, Bildungsarbeit (Ausbildung in ZKB, Trainingsarbeit) oder Begleitung des Baues der Moschee in Köln, aber auch Sozialarbeit oder Traumatherapie betrachtet und diskutiert. Auch wenn der Prozess des gemeinsamen Lernens noch nicht abgeschlossen ist, so ist doch schon jetzt klar, dass diese Fragen für viele Bereiche der ZKB relevant sind und sich ein Austausch – auch zwischen zunächst nicht ähnlichen Arbeitsfeldern – lohnt, da er der Reflexion der eigenen Arbeit dient und das eigene Profil schärft.

Folgende Erkenntnisse ergab die bisherige Debatte mit Blick auf die oben skizzierten Fragen: Die Arbeit mit Individuen – bspw. mit Arbeitslosen in der Sozialarbeit oder PatientInnen in der Traumatherapie – ist zunächst keine ZKB, da sie in der Regel nur die individuellen Konfliktlinien im Blick hat und nicht auf gesellschaftliche Veränderung abzielt. Trotzdem ist eine solche Arbeit geboten, kann durchaus gewaltpräventiv wirken und auch eine Voraussetzung für ZKB sein, um Menschen (wieder) politisch handlungsfähig zu machen.

Ebenso ist Mediation zwar eine konfliktbearbeitende Methode, aber nicht per se ZKB. Auch hier ist entscheidend, ob die gesellschaftliche/strukturelle Ebene mit in den Blick genommen wird. Gemeinwesenmediation etwa ist eher ein der ZKB zuzuordnender Bereich der Mediation als Familienmediation.

In gleicher Weise ist auch Gewaltprävention differenziert einzuordnen. Diese wird auf kommunaler Ebene (besonders aus polizeilicher Sicht) oft auch als Kriminalprävention verstanden und setzt dann meist auf der individuellen Ebene potentieller Täter und Opfer oder an Symptomen der unmittelbaren Gewaltreduktion – wie der Gestaltung von öffentlichen Räumen, ggf. durch Überwachung – an. Die Bearbeitung zugrunde liegender gesellschaftlicher Konflikte bildet selten ein Ansatzpunkt. Hier könnte die Perspektive der ZKB einen Beitrag liefern.

Handlungsfelder

Im Verlauf des Diskussionsprozesses kristallisierten sich bisher drei idealtypische Handlungsfelder der ZKBI heraus:

1. Eine zunächst vor allem parteiische, solidarische Arbeit auf Seiten von Benachteiligten. Dies kann Empowerment, wie z.B. Bildungsarbeit oder Capacitybuilding sein. Auch eine politische Eskalation des Konfliktes kann angestrebt werden, um ihn politisch bearbeitbar zu machen. Diesem Ansatz können dann auch Bereiche der (politischen) Asylarbeit, der Beteiligung an sozialen Bewegungen – z.B. im Rahmen der Anti-Atom-Bewegung oder von Attac – zugerechnet werden, solange sie das Ziel haben, die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Konflikte gewaltfrei zu bearbeiten.

2. Die allparteiliche Moderation vor allem in kommunalen Konflikten. Das sind Angebote wie die Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus oder die Moderation kommunaler Prozesse bspw. in Bezug auf Moscheebauten.

3. Bildungsarbeit, Kompetenzvermittlung in ziviler, gewaltfreier Konfliktbearbeitung. Dabei werden allgemein Menschen befähigt, in ihren eigenen Konflikten, aber auch gegenüber Dritten handlungsfähig zu werden.

Werte und Grenzen

Deutlich wird, dass alle drei Handlungsfelder im engen Zusammenhang mit Demokratieentwicklung/-bildung stehen und eng mit diesem Ziel verbunden sind, da Demokratie vom Diskurs und der Handlungsfähigkeit der gesamten Gesellschaft inklusive benachteiligter Gruppen lebt.

ZKB ist – nicht nur im Inland – immer an Werte gebunden, die sich an den Menschenrechten orientieren. Hieraus leiten sich sowohl ihre Ziele als auch ihre Grenzen ab. Solche Grenzen werden auch in der Arbeit im Inland schnell erreicht: Wie verhalte ich mich in einem Beratungsprozess, wenn Benachteiligte für Gewaltanwendung plädieren? Wie gehe ich damit um, wenn in Beratungsprozessen gegen Rechts von »normalen« Akteuren rassistische Äußerungen kommen? In welchem Ausmaß gestehen wir Akteuren demokratische Rechte zu, wenn sie selbst für eine Einschränkung eben dieser Rechte eintreten (z.B. Demonstration gegen »Ausländer«)?

ZKB kann Methoden zum Umgang mit Grenzen bieten, z.B. indem sie diese explizit thematisiert. Akteure der ZKB stoßen ihrerseits an ihre Grenzen, wenn strukturelle und gesellschaftliche Rahmenbedingungen ihre Handlungsmöglichkeiten einschränken. Soziale Ungerechtigkeiten können nicht durch ZKB überwunden werden, aber Methoden der ZKB können in durch Konflikte hervorgerufenen gesellschaftlichen Prozessen angewandt werden, welche letztlich auch strukturelle und gesellschaftliche Rahmenbedingungen verändern können. Hierzu zählen, auch wenn zunächst nicht als ZKB bezeichnet, beispielsweise die Freiwilligendienste der Aktion Sühnezeichen, die zu einer Aussöhnung mit Polen mit beitrugen, oder die Moderation der Runden Tische am Ende der DDR. (Staffa, 2008; Rieche/Weingardt, 2008)

Der Erfahrungsaustausch mit Projekten der ZKB im Ausland, z.B. mit Fachkräften des ZFD, zeigt, dass sich die Herausforderungen und Fragen ähneln. Jedoch gibt es auch spezifische Herausforderungen der Arbeit im Ausland, da kulturelle Unterschiede in diesem Bereich von größerer Bedeutung sind. Aber schon die Unterscheidung von extern und intern ist immer relativ und situationsbezogen zu diskutieren. Eine inländische Beraterin aus einer anderen Kommune kann ebenso als extern wahrgenommen werden wie eine Fachkraft im Ausland. Und selbstverständlich ist eine Intervention im Ausland auch ein Eingriff in das bestehende soziale Gefüge, wodurch die Fachkraft als konfliktinterner Akteur wahrgenommen werden kann. Hier hilft der gegenseitige Austausch zwischen der Arbeit im Inland und im Ausland zur Klärung der eigenen Rollen und damit der weiteren Qualifizierung der Arbeit.

Letztlich bleibt die Begrifflichkeit der »ZKB im Inland« problematisch und ist weiterhin zu diskutieren. Die Verwendung des Begriffes »zivil« ist mit Bezug auf das Inland schwierig, da eine Abgrenzung zum Militärischen nicht notwendig ist und die Bedeutung »zivilgesellschaftlich« offen lässt, wieweit staatliche Akteure, inkl. Polizei, mitgemeint sind, da auch diese, z.B. unter dem Begriff der Gewaltprävention, Methoden der ZKB anwenden. Daher haben sich im kommunalen Kontext auch Begriffe wie »konstruktive Konfliktbearbeitung« oder »friedliche Konfliktbearbeitung« etabliert.

Die Verwendung eines neuen Begriffes ist immer auch eine strategische Entscheidung, abhängig davon, ob hierdurch neue gesellschaftliche Debatten gestartet werden und z.T. alte Anliegen neu ins Gespräch gebracht werden können. Somit bleibt offen, ob »ZKB im Inland« ein Unter- oder Überbegriff oder ein Querschnittsthema ist, ebenso bleibt die Zuordnung oder Abgrenzung zu »Gewaltprävention«, »Demokratiebildung« oder »politischer Arbeit« unscharf. In jedem Fall ist »ZKB im Inland« als Arbeitstitel zur Vernetzung, zum fachlichen Austausch und zum gemeinsamen politischen Wirken verschiedener Szenen hin zu einem Mehr an konstruktiver, d.h. gewaltfreier, Streitkultur in unserer Gesellschaft tauglich.

Literatur

Klußmann, Jörgen/Rieche, Bernd (Hrsg.) (2008): Zivile Konfliktbearbeitung in Deutschland. Dokumentation der gleich lautenden Tagung aus dem Jahr 2006. Bonn: Evang. Akademie im Rheinland.

Plattform ZKB (2009): Grundsatzpapier Zivile Konfliktbearbeitung im Inland. www.konfliktbearbeitung.net.

Plattform ZKB (1998): Charta Plattform Zivile Konfliktbearbeitung. www. konfliktbearbeitung.net.

Staffa, Christian (2008): Schuld, Verantwortung, Umkehr – Lernen im Angesicht der deutschen Geschichte. In: Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (Hrsg.): Gewaltfrei streiten für einen gerechten Frieden. Plädoyer für zivile Konflikttransformation. Oberursel: Publik-Forum, S.228-239.

Weingardt, Markus A./Rieche, Bernd (2008): Gewaltfreier Widerstand. Die evangelische Kirche in der DDR. In: Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (Hrsg.): Gewaltfrei streiten für einen gerechten Frieden. Plädoyer für zivile Konflikttransformation. Oberursel: Publik-Forum. S.100-109.

Bund für Soziale Verteidigung e.V. (Hrsg.) (2010): Neue Wege aus der Gewalt. Beiträge zur BSV-Jahrestagung 2010. Hintergrund- und Diskussionspapier Nr. 30. Minden.

Bernd Rieche ist Referent für zivile, gewaltfreie Konfliktbearbeitung der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) und koordiniert die AG Zivile Konfliktbearbeitung im Inland der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2010/4 Konflikte zivil bearbeiten, Seite 50–53