Abzug der Truppen 2021
Virtuelles Dossier zu Afghanistan
W&F hat in den vergangenen zwanzig Jahren viel zur Situation und dem Einsatz in Afghanistan publiziert. Im Angesicht der jüngsten Entwicklungen in Afghanistan soll dieses virtuelle Dossier zusammentragen, was in W&F zu lesen war – in der Hoffnung, dass es hilfreich sein möge. Das Dossier wird laufend ergänzt.
Schon 1998 ist Afghanistan Thema in W&F. In Ausgabe 2/1998 zum Thema „Kinder und Krieg“ blickt Jürgen Burggraf auf die damalige Lage im Bürgerkriegsland Afghanistan. Er schildert die verfahrene Lage und die Interessen und Einflüsse aller möglicher Akteure im Konflikt. Seine damalige Einschätzung: trotz internationaler Bemühungen, den Konflikt beizulegen, wird der Bürgerkrieg voraussichtlich noch eine Weile weiterlaufen. Damals war der 11. September noch in weiter Ferne.
Schon kurz nach Beginn der US-amerikanisch geführten Intervention in Afghanistan meldete sich Jörg Becker in Ausgabe 1/2002 zu „Terror – Krieg – Kriegsterror“ zu Wort und nahm die Kriegsrhetorik und -propaganda v.a. zum Afghanistan-Krieg auseinander
In der gleichen Ausgabe 1/2002 meldeten sich auch noch Gert Sommer und Jürgen Rose zu Wort. Gert Sommer thematisierte, wie das Feindbild in Afghanistan aufgebaut und mobilisiert wurde; Jürgen Rose gab eine erste Analyse der Begründung des Afghanistan-Einsatzes durch die Bundesregierung ab und meldete deutliche Zweifel an der Legitimität des Einsatzes. Aber vor allem prophezeite er damals: „Mit Bomben und Raketen lässt sich die Spaltung der Welt in Arm und Reich nicht überwinden, mit einem »Kreuzzug gegen den Terrorismus« kein gerechter Frieden schaffen, mit militärischer Gewalt der Kampf um die Köpfe und Herzen der Menschen in der islamischen Welt nicht gewinnen.“
In den folgenden Jahren meldete sich immer wieder Matin Baraki im Heft zu Wort mit je aktuelleren Einblicken in die Lage vor Ort und die Möglichkeiten und Aussichten auf Frieden in Afghanistan: so in den Ausgaben 1/2004 mit der Frage „Wird Deutschland am Hindukusch verteidigt?“; Anfang 2005 mit einer Analyse der Präsidentschaftswahlen“; in Ausgabe 4/2007 mit einer Kritik am Protektorat Afghanistan; bis hin zur jüngsten Ausgabe 3/2021 mit einer vorläufigen Bilanz des Desasters.
(U.S. Institute of Peace, via Wikimedia Commons)
Ab 2009 erscheinen in W&F zunehmend Texte, die sich mit der Logik des Einsatzes, der Militarisierung der Hilfsleistungen oder den Bodenschätzen Afghanistans auseinandersetzen. Die Konflikttreiber und die Verstetigungslogiken geraten zunehmend in den Blick. Dabei ist zentral, was Conrad Schetter in Ausgabe 4/2009 formuliert: Keinem geht es um Afghanistan.
Damit die Situation vor Ort nicht vollkommen aus dem Blick gerät publiziert W&F mit Ausgabe 3/2010 ein Heft zu Afghanistan (hier digital bestellen: Schwerpunkt Afghanistan. Darin schreiben Jürgen Wagner, Jürgen Nieth, Norman Paech, uva. zur Situation und Lage vor Ort. Ein wichtiges Heft – für eine Aufarbeitung dessen, was gewusst wurde, sicherlich unersetzlich.
Nachdem sich die Internationalen Truppen aber auch nach über 10 Jahren noch nicht aus dem Land zurückgezogen hatten, kritisierte Arne Seifert in Heft 2/2011 die Hinhaltetaktik und riet, die ökonomischen und strategischen Interessen v.a. der NATO-Staaten stärker in den Blick zu nehmen.
Auch Monika Hauser warf einen skeptischen Blick auf 10 Jahre Intervention in Afghanistan – gerade mit dem Blick auf die menschenrechtliche Legitimation des Einsatzes, Frauen und Mädchen helfen zu wollen. Sie schrieb: „In den vergangenen Wochen mussten afghanische Frauen sich immer wieder anhören, dass sie mit einem „negativen Frieden“ rechnen müssten, also damit, dass bestenfalls irgendwann die Waffen im Land endlich schweigen, Frauen- und Menschenrechte jedoch weiterhin mit Füssen getreten werden. Mit der „Übergabe in Verantwortung“ stiehlt sich die internationale Politik in einer Weise aus einer Affäre, die an Verantwortungslosigkeit nicht zu überbieten ist.“
(Public domain, via Wikimedia Commons)
Da sich viele Beobachter*innen fragten, weshalb Friedensverhandlungen in Afghanistan unmöglich zu sein schienen, fasste Thomas Ruttig schon in Heft 3/2015 zusammen: „Verhandeln mit den Taliban? Eine Geschichte von Hybris und Fehleinschätzungen“ (hier lesen). Diese Fehleinschätzungen und Hybris sind wohl mitunter dafür verantwortlich, dass die Situation nach dem Abzug der internationalen Truppen derart schnell eskalierte.
wird fortgesetzt