Call for Contributions
Klimawandel zwischen Gewalt und Frieden – Von der Eskalation zur Transformation
Seit Jahren warnt die Forschung vor Sicherheitsrisiken und Konfliktpotentialen der globalen Erwärmung. Eine wachsende Zahl von Publikationen befasst sich mit globalen und lokalen Umweltbelastungen des Klimawandels und ihren konfliktiven Auswirkungen, von Streitigkeiten um Wasser und andere Ressourcen bis hin zu klimabezogenen Naturkatastrophen und Vertreibungen. Die Folgen für menschliche Lebensbedingungen, soziale Beziehungen und die Wirtschaft können Krisen, Kipppunkte und Risikokaskaden auslösen oder verstärken. Trotz der existenziellen Herausforderungen und einer breiten Akzeptanz ihrer notwendigen Bewältigung in der Bevölkerung sind Fortschritte in der Klimapolitik bislang nur marginal und unzureichend. Während die Politik sich mit vermeintlichen Sachzwängen, Dilemmata und Entscheidungsnöten windet – von internationalen Klimakonflikten, über nationale Energiekrisen bis zu lokalen Widerständen gegen nachhaltige Produktionsweisen – stehen Proteste gegen Klima- und Umweltgerechtigkeit vor einer neuen Welle der Repression und Kriminalisierung.
Die Folgen der Klimakrise sind geographisch ungleich verteilt: Ärmere Regionen, infrastrukturschwache Gebiete und informelle Siedlungen sind schwerer betroffen als die Zentren. Kriege und andere Gewaltkonflikte haben Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima: durch Emissionen und Umweltbelastungen, Zerstörung und Wiederaufbau, Ressourcenverbrauch und Raubbau, aber auch Umweltkriegsverbrechen und Ökozide (Verminung, Brandrodungen durch Bombardierungen, Verseuchung durch Munition, usw.). Um innergesellschaftliche und transnationale Gewalteskalationen und Teufelskreise zu vermeiden, sind staatliche Akteure gefordert wie auch die Zivilgesellschaft – in den Verhandlungen der UN-Klimakonferenzen ebenso wie in der lokalen Umsetzung der Agrar-, Verkehrs- und Energiewende.
W&F fragt für die Ausgabe 2/2023 nicht nur nach den Krisen und Konflikten des Klimawandels, sondern auch nach den Handlungsoptionen, um diese in konstruktive und friedliche Bahnen zu lenken: Was kann jetzt getan werden? Können wir vor dem Hintergrund der fortschreitenden Klimakrise noch an eine Eindämmung der Folgen und daraus entstehender Konflkte denken? Wie lassen sich diese bearbeiten und in Zukunft vermeiden? Wie können die sozial-ökologische Transformation und eine Konflikt-Transformation für umweltgerechte Kooperation und nachhaltigen Frieden gemeinsam gelingen? Wie können die Ziele nachhaltiger Entwicklung sich wechselseitig verstärken? Welche Akteure spielen dabei eine Schlüsselrolle? In welchen Kontexten und regionalen Beispielen zeigen sich konfliktive und kooperative Auswirkungen des Klimawandels am eindrücklichsten? Welche Kontexte und Lernerfahrungen können auch hierzulande helfen, Klimakonflikte aktiv zu bearbeiten?
Mit diesem Heft 2/2023 wollen wir Autor*innen der Umwelt- und Friedenswissenschaft ebenso wie aus den Friedens-, Klima- und Gerechtigkeitsbewegungen einladen, sich eingehend mit einem der vielfältigen Aspekte zwischen »Klimakonflikten« und »Klimafrieden« (selbst-)kritisch und zukunftsorientiert zu beschäftigen. Dieses Heft soll aufrütteln, politische und gesellschaftliche Herausforderungen benennen und nicht zuletzt Lösungsperspektiven eröffnen!
Wir begrüßen Analysen und Impulse, die sich u.a. beschäftigen mit:
- Krisenhaften Wechselwirkungen (Nexus) von Klimawandel, Konflikt und Migration oder von Wasser, Nahrung und Energie,
- komplexen Dynamiken von Multiplen Stressoren, Kipppunkten und Kaskadeneffekten,
- der Aufarbeitung von Verlusten durch klimabezogene Ereignisse inkl. Wiedergutmachung oder Reparationen,
- Fragen der ungleichen globalen Betroffenheit und der Ungerechtigkeit zwischen dem Globalen Norden und Globalen Süden, zwischen Arm und Reich,
- Fragen der Gewaltdeeskalation und der Klimagerechtigkeit, der Kriminalisierung der Klimaproteste (weltweit) und der Bearbeitung innergesellschaftlicher Konflikte zu Klima(folgen)fragen,
- Ansätzen, Methoden und Ergebnissen des Environmental Peacebuilding und der nachhaltigen Konflikttransformation,
- Resilienz, Nachhaltigkeit und der Rolle der Entwicklungszusammenarbeit in der Schaffung nachhaltiger Strukturen für den Frieden,
- Kritischen Ansätzen der Mensch-Umwelt-Beziehungen, auch mit Blick auf Konzepte für die Prävention und Transformation klimabezogener Krisen.
W&F ist eine interdisziplinär orientierte friedenswissenschaftliche Vierteljahrszeitschrift. Wir begrüßen Beiträge aus allen Forschungsbereichen, der Friedensarbeit, Klima- und Umweltgerechtigkeitsarbeit und des Investigativjournalismus.
Bitte senden Sie uns ihr Abstract von max. 5.000 Zeichen bis zum 5. Februar 2023 an redaktion@wissenschaft-und-frieden.de.
Nach Zusage für die Publikation soll die Fertigstellung der Beiträge bis 31. März 2023 erfolgen.