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Öffentlicher Diskurs um Rüstungsforschung
Stellungnahme der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative vom 2. Dezember 2013
Die Süddeutsche Zeitung und der NDR haben die Kooperation von mindestens 22 deutschen Hochschulen und mindestens vier wissenschaftlichen Einrichtungen mit dem US Department of Defense oder dessen Unterorganisationen offen gelegt. Genannt werden Projekte in der Rüstungsforschung, in der Grundlagenforschung und in der zivil-militärischen Grauzone (Dual-use). Vier der kooperierenden Hochschulen haben eine Zivilklausel, d.h. eine Bindung der Forschung und Lehre an friedliche und zivile Zwecke. Der Vorstand der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e.V. begrüßt diese Veröffentlichungen. Wir sind über die zunehmende Militarisierung der öffentlichen wissenschaftlichen Forschung zutiefst besorgt und fordern eine breite öffentliche Diskussion über militärische Forschung an den Hochschulen.
Die meisten vom Pentagon finanzierten Projekte betreffen Grundlagen- oder Dual-use-Forschung, also jene Forschungsbereiche, in denen eine eindeutige Unterscheidung zwischen ziviler und militärischer Forschung anhand der bloßen Forschungsprojekte und -beschreibungen schwer oder gar nicht möglich ist. Zwar sind die finanziellen Mittel, die das Pentagon als Drittmittel vergibt, in den meisten Fällen relativ gering und bewegen sich unterhalb einer Millionen US-Dollar pro Projekt. Jedoch liegt die Vermutung nahe, dass es sich um eine gezielte Strategie handelt, um einen »Fuß in die Tür« der öffentlich finanzierten Hochschulen zu bekommen und eine Verstetigung der Kooperation zwischen Hochschulen und Militär zu erreichen. Entsprechend geht auch das deutsche Verteidigungsministerium vor. Im Ressortforschungsplan 2010 stellt das Verteidigungsministeriums fest, dass so genannte »wehrwissenschaftliche Forschung« auf den Erkenntnissen der zivilen Forschung aufsetzt (Add-on-Prinzip): Zivile Forschungsergebnisse werden militärisch genutzt und militärischen Interessen untergeordnet. Grundsätzlich dient die durch militärische Einrichtungen geförderte Forschung – ob nun Grundlagenforschung oder Dual-Use Forschung – dem Militär.
Dies ist insbesondere an Universitäten mit Zivilklauseln nicht hinnehmbar. Die vom Pentagon finanzierten Projekte an Hochschulen mit Zivilklauseln müssen umgehend eingestellt und offen gelegt werden. Ob diese Forschung gegen die Zivilklauseln verstößt oder nicht, muss in einem alle universitären Kräfte einbeziehenden Prozess geklärt werden. Dabei ist es wichtig, Verfahren über die Einhaltung und Beachtung von Zivilklauseln zu entwickeln. Ohne transparente Regeln ist die vom Pentagon finanzierte Forschung als Rüstungsforschung anzusehen.
Wir fordern, dass in einem breit geführten öffentlichen Diskurs erörtert wird, ob durch militärische Einrichtungen finanzierte Forschung an öffentlichen Hochschulen durchgeführt werden soll. Diesem gesellschaftlichen Diskurs müssen sich Wissenschaft und Politik stellen. In der Bewertung von Grundlagen- und Dual-use-Forschung geht es um die Klärung der grundsätzlichen Frage, ob diese von militärischen Einrichtungen oder Rüstungsunternehmen finanzierten Forschungen legitim sind. Wir halten es auch für nötig, in diesem Zusammenhang über die Bedeutung und Auslegung der Freiheit der Wissenschaft zu diskutieren. Dabei muss die Auslegung zweier Rechtsgrundsätze des Grundgesetzes abgewogen werden: Der Artikel 5 des Grundgesetzes (GG) zur Freiheit der Wissenschaft gegen das Friedensgebot, das in Artikel 24 und 26 GG sowie in der UN Charta verankert ist. Ein dogmatisches Beharren auf der Freiheit der Wissenschaft wird einem (wissenschaftlichen) Diskurs zu Rüstungsforschung an Hochschulen nicht gerecht.
Mehr zum Thema unter natwiss.de
»Faire Computer«
FIfF Kommunikation 4/2013
Die aktuelle Ausgabe der Vierteljahreszeitschrift des Forum Informatikerinnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. widmet sich mit ihrem Schwerpunkt der Frage, wie faire Computer Realität werden können. Während fair gehandelte Nahrungsmittel nicht nur in Bioläden fest zum Repertoire gehören, ist faire Elektronik trotz anhaltender Berichte über Selbstmorde in Fertigungswerken, Konfliktrohstoffe und die giftige Entsorgung von Elektroschrott in Afrika kaum in Sicht.
Im vorliegenden Heft 4/2013 befassen sich AutorInnen aus unterschiedlichen Organisationen sowie VertreterInnen aus der Wirtschaft mit dem breit gefächerten Thema und zeigen, dass eine sozial verträgliche Herstellung von Computern zwar nicht einfach umzusetzen, aber keinesfalls unmöglich ist. Die vorgestellten Wege zu ihrer Umsetzung reichen von Zertifikaten über Produktrankings, gesetzliche Regulierungen, Unternehmensverantwortung und Kämpfe der ArbeiterInnen bis hin zu ersten Versuchen, faire Geräte anzubieten. Komplementär dazu betonen verschiedene Beiträge die Notwendigkeit, Nutzerinnen besser über die Produktionsbedingungen in der Ist-Branche zu informieren und angehende TechnikerInnen an den Hochschulen für das Thema zu sensibilisieren.
Der aktuelle Teil der FIfF Kommunikation 4/2013 enthält Artikel und Berichte rund um das Thema weltweite Überwachung sowie zur Neubesetzung des Lehrstuhls für Informatik und Bildung an der HU Berlin. Weitere Themen sind die Fifa-Jahrestagung 2013, die Ende Oktober unter dem Motto »Cyberpeace – Frieden gestalten« mit Informatik« in Siegen stattfand, und die in diesem Rahmen erfolgte Verleihung des FIfF-Studienpreises (siehe dazu Tagungsbericht auf S. 40).
Bezogen werden kann das Heft zum Einzelpreis von 7 Euro in der Geschäftsstelle des FIfF e.V., Goetheplatz 4, 28203 Bremen, fiff@fiff.de.