W&F 2023/1

W&F e.V.: Neue Mitherausgeberorganisation

Die Friedensakademie Rheinland-Pfalz stellt sich vor

»Wissenschaft und Frieden« erhält weitere institutionelle Unterstützung: Die Friedensakademie Rheinland-Pfalz ist seit November 2022 Mitglied des Herausgebervereins. Die »Friedensakademie Rheinland-Pfalz – Akademie für Krisenprävention und zivile Konfliktbearbeitung« arbeitet an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft: Zum einen betreibt sie Friedens- und Konfliktforschung zu Umwelt- und Ressourcenkonflikten, Krisenprävention und ziviler Konfliktbearbeitung sowie Friedenspädagogik. Zum anderen erfüllt sie ihren gesellschaftspolitischen Auftrag als »Akademie«, indem sie Informationsveranstaltungen für ein breites Publikum anbietet, Diskurse anregt und kommunale Konfliktbearbeitung sowie friedenspädagogische Initiativen im Land Rheinland-Pfalz und darüber hinaus unterstützt. Mit diesem besonderen Auftrag wurde die Friedensakademie 2014 vom Land Rheinland-Pfalz gegründet.

Das Kernteam der Friedensakademie besteht aus aktuell sechs wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen. Geleitet wird die Akademie von der Geschäftsführerin, Dr. Charlotte Dany, und dem wissenschaftlichen Leiter, Jun. Prof. Dr. Janpeter Schilling.

Mit Sitz in Landau in der Pfalz gehörte die Friedensakademie von Beginn an zum Campus Landau der Universität Koblenz-Landau, zunächst als »besondere wissenschaftliche Einrichtung«, seit 2019 als »zentrale wissenschaftliche Einrichtung«. Seit Januar 2023 ist die Friedensakademie Teil der neu gegründeten Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), die aus der Fusion des Campus Landau der Universität Koblenz-Landau mit der Technischen Universität Kaiserslautern hervorgegangen ist. In dieser neuen Universität liegen neue Möglichkeiten und Wirkungsfelder. Die Friedensakademie kann dazu beitragen, Themen der Friedens- und Konfliktforschung an einer großen Universität mit technischer Prägung zu etablieren und deren gesellschaftliche Anbindung voranzubringen.

Die Friedensakademie setzt auch jetzt schon auf eine starke Kooperation und Vernetzung mit regionalen, nationalen und internationalen Partnern. So arbeitet sie beispielsweise im friedenspädagogischen Bereich mit der Universität Haifa und Givat Haviva zum Konzept der »Shared Society« zusammen.

Die Mitwirkung im Herausgeberteam von »Wissenschaft und Frieden« ermöglicht der Friedensakademie eine noch stärkere Präsenz und Vernetzung in der Friedens- und Konfliktforschung. Dabei teilt die Friedensakademie die Ziele der Zeitschrift: Im Zentrum der Arbeit der Akademie steht die Suche nach Wegen zur zivilen Konfliktbearbeitung und Krisenprävention, mit einem realistischen und kritischen Blick auf die Herausforderungen und Grenzen. Die Friedensakademie bekräftigt das übergeordnete Ziel der Zeitschrift, Brücken zwischen Friedensforschung, Friedenspolitik und Friedensbewegung zu schlagen. (Mehr Informationen auch unter: friedensakademie-rlp.de/)

Dem eigenen Gewissen folgen

Ein Nachruf auf Egbert Kankeleit

Am 23. Dezember 2022 verstarb Egbert Kankeleit, der wie kaum ein anderer den Mut und die Kraft hatte, die Ambivalenz des eigenen Fachs zu problematisieren.

Geboren wurde Kankeleit am 16. April 1929 in Hamburg, in München studierte er Physik, wo er im Jahre 1961 in der Gruppe von Heinz Maier-Leibnitz promoviert wurde. Über einen Umweg zum CalTech in Pasadena (USA) folgte er im Jahre 1966 einem Ruf an die TH Darmstadt (heute TU), wo er dann bis zu seiner Emeritierung 1997 blieb.

Als einer der Pioniere der Mößbauerspektroskopie und mit Studien zu myonischen Atomen, zur Paritätsverletzung beim Gammazerfall und zur Positronenforschung hatte er schon früh wissenschaftlichen Erfolg in den »normalen« Bahnen eines experimentell arbeitenden Kernphysikers. Dies gipfelte in der Analyse der chemischen Beschaffenheit der Marsoberfläche mittels eines in seiner Arbeitsgruppe entwickelten Spektrometers, das an einer NASA-Doppelmission zum Mars mitflog.

Kankeleit begnügte sich aber mit diesen Erfolgen nicht, sondern fragte auch nach den gesellschaftlichen Folgen. Könnte durch Wiederaufarbeitung abgetrenntes Reaktorplutonium in Atomwaffen verwendet werden? In den 1980er Jahren nutzte er seine kernphysikalische Expertise, um in einer viel beachteten Studie nachzuweisen, dass dies tatsächlich möglich ist. Was heute allgemein als Stand der Wissenschaft anerkannt ist, stand damals noch im Widerspruch zu Behauptungen aus der Industrie.

So sah sich Kankeleit zunehmend auch als Akteur der »Citizen Scientists«, die ihre persönliche und gesellschaftliche Verantwortung als Wissenschaftler*innen nach der Erfahrung mit der Atomwaffenforschung und den Bombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki durch öffentliche Aufklärung wahrnehmen wollten. Er engagierte sich in der internationalen Pugwash-Bewegung, der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und der Darmstädter Friedensinitiative, in der Studierende und Lehrende eng zusammenarbeiteten. Ihm wurde klar, dass die Forderung nach Verantwortbarkeit unseres wissenschaftlichen Tuns heute weit über das fachspezifische Korrektheitsethos hinausgehen müsse. Angesichts der lebensweltlichen Problemlagen müsste viel eher fachübergreifende Zusammenarbeit als gemeinsame Suche nach nachhaltigen Zukunftspfaden etabliert werden.

Ende der 1980er Jahre wagte er einen an deutschen Universitäten außergewöhnlichen Schritt: Stipendiat*innen der VW-Stiftung, die nach ihren Physikpromotionen zu naturwissenschaftlich-technischen Fragen der Rüstungskontrolle arbeiteten, gab er durch Aufnahme an sein Institut eine universitäre Heimstätte. Aus dieser Keimzelle und mit weiteren Lehrenden der Friedensinitiative entwickelte sich die »Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit« (IANUS). Kankeleits »schützende Hand« und sein Renommee ermöglichten die Etablierung als wissenschaftliche Einrichtung der TUD. Gegen erheblichen Widerstand engagierte er sich in den Folgejahren für die Anerkennung von interdisziplinär angelegten Promotionen mit physikalischem Kern, bei denen es vor allem um Fragen der Ambivalenz nuklearer Technologien und Materialien ging.

IANUS wurde zum Anziehungspunkt für junge engagierte Wissenschaftler*innen aus mehreren Disziplinen. Viele arbeiten heute national und international in angesehenen Positionen, universitär und außeruniversitär. Zusammen mit anderen Arbeitsgruppen wurde dann 1997 der »Forschungsverbund Naturwissenschaft, Abrüstung und internationale Sicherheit« (FONAS) gegründet. IANUS erhielt im Jahr 2000 den Göttinger Friedenspreis.

Egbert Kankeleits Wirken wird uns weiter anspornen, um so mancher Fehlentwicklung, die heute unter dem Emblem wertfreier Forschung getrieben wird, kompetent und mutig entgegenzutreten.

Franz Fujara, Jürgen Scheffran (im Namen der früheren IANUS-Mitglieder)

Die Siegener Friedenswochen 1981

Blick in die eigene Geschichte – ein Beitrag der PPF

Knapp 40 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs begründete die Siegerländer Friedensbewegung die Tradition eines Aktionstages für den Frieden, die bis heute – 40 Jahre lang – gehalten hat. Dieser Bericht nimmt nun im Spezifischen die beiden Siegener Friedenswochen 1981 und 1982 – jeweils von Oktober bis Dezember – in den Blick. Der Beitrag beruht auf den Friedenszeitungen 1981 und 1982, die von der Arbeitsgemeinschaft Siegener Friedenswochen (AGSF) herausgegeben wurden.

Angesichts der heutigen Gespaltenheit und tendenziellen Marginalisierung der Friedensbewegung wollte ich der Frage nachgehen, woher die Friedensbewegung damals die Kraft genommen hatte, zweimal ein beeindruckendes Aktionsprogramm für den Frieden auf die Beine stellen zu können.

Am entscheidendsten war, dass 1981 durch den »Krefelder Appell« und andere Friedensaufrufe eine bundesweite Bewegung entstanden war, die zur Bonner Zentraldemonstration am 10.10.1981 über 300.000 Teilnehmer*innen mobilisieren konnte. Auch aus Siegen fuhren mehrere Sonderbusse zur Bonner Demo.

Das Motto „Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen! Für Abrüstung und Entspannung in Europa!“ gibt die friedenspolitische Stimmung gut wieder. Die Friedensbewegung erwartete von den NATO-Staaten konkrete Abrüstungsschritte und friedens­politische Vorleistungen („Weg mit dem Nachrüstungsbeschluss!“), doch richteten sich die Abrüstungs- und Friedensappelle von 1981 an Ost und West gleichermaßen. Die mit der Entspannungspolitik Willy Brandts verbundenen Hoffnungen auf ein friedliches Europa standen zwar noch richtungsweisend im Raum, wurden aber in zunehmendem Maße von den atomaren Aufrüstungsinitiativen der NATO verdrängt, was zu massiven Kriegsängsten in der Bevölkerung führte.

Gegen die beschriebenen Entwicklungen wollten die Siegener Friedenswochen 1981 ein Zeichen setzen. Vierzig Organisationen und Gruppen nahmen ihre »Verantwortung für den Frieden« wahr. Denn: Wir dürfen das entscheidende Problem der Menschheit nicht einigen wenigen Politikern oder Militärs überlassen. […] Angesichts der Gefahr eines drohenden Atomkriegs müssen wir uns noch stärker für Abrüstung und Völkerverständigung einsetzen. Als Bürger eines Landes, das die Welt vor zweiundvierzig Jahren in den schlimmsten aller bisherigen Kriege stürzte, haben wir in diesem Bemühen eine besondere Verpflichtung.“ (Siegener Aufruf 1981) Daraus entstanden breit angelegte öffentliche Debatten, von der Einladung der Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) zum Gespräch mit dem sowjetischen Botschafter, über die Diskussion „Hunger gegen Frieden“ der damaligen »Ökumenischen Aktionsgruppe 3. Welt Laden« bis hin zur »Russell Peace Initiative«, die über alternative Verteidigungskonzepte diskutieren ließ.

Meinungsvielfalt und eine offene Art der Herangehensweise an strittige Themen und Probleme, die von gesellschaftlicher Bedeutung sind, waren typisch für die Siegener Friedenswochen der 1980er Jahre. Die Beteiligten empfanden divergierende Standpunkte und Ansichten als Bereicherung für die Friedensdiskussion. Staatliche Eingriffe in die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit wurden zurückgewiesen, weil sie den inneren Frieden stören würden.

Der organisatorische »Motor« der Friedenswochen 1981 waren die Menschen der Universität Siegen und Gruppen aus dem linken Spektrum. Zeitzeug*innen berichten, dass das Engagement für den Frieden die gesamte Hochschule erfasst hatte: Professor*innen, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, Verwaltungs- und technische Angestellte und vor allem Student*innen leisteten Beiträge zum Gelingen der Siegener Friedenswochen. Einer von ihnen war Professor Dr. Wolfgang Popp (Germanistik), der auch der »Initiative Krefelder Appell« angehörte und Kontakte zu den »Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden« (PPF) geknüpft hatte, deren Sprecher er wurde. In seinem friedenswissenschaftlichen Beitrag beschäftigte er sich mit der „Friedenserziehung in der Schule“, die schon bald zum Kampffeld der Kultusministerkonferenz werden sollte. In vielen Veranstaltungen zu den Siegener Friedenswochen kommen die Sorgen über die Zukunft der Kinder von damals zum Ausdruck.

Zusätzlich zu den Veranstaltungen in der Stadt Siegen fuhr während der Friedenswochen „zwar nicht der Friede selbst, aber ein Friedensauto“ die Dörfer in der Region und städtische Marktplätze an, um sie „mit Materialien und aktiven Gesprächspartnern“ zu versorgen.

Am Jahresende 1981 stellte die Siegerländer Friedensbewegung zufrieden fest, dass mehrere Tausend Menschen die Veranstaltungen der Siegener Friedenswochen besucht hatten. Ein großer Erfolg, der für heute inspirierend wirken kann.

Der Bericht ist eine Zusammenfassung eines Referats von Bernhard Nolz am 16.12.22, dem Siegener Friedensgedenktag, im Zentrum für Friedenskultur (ZFK). Ein Fortsetzungsbericht über die Siegener Friedenswochen 1982 folgt.

Bernhard Nolz

Neue Partnerschaft angebahnt

W&F und »Peace Science Digest«

Wissenschaft und Frieden und der »Peace Science Digest« kündigen eine neue Partnerschaft für 2023 an. Der Peace Science Digest ist ein Projekt der War Prevention Initiative (WPI) der Jubitz Family Foundation in Portland, Oregon, Vereinigte Staaten. Der ­Digest ist eine Online- und Print-Publikation, die die politischen und anderweitig praktischen Implikationen aktueller friedenswissenschaftlicher Literatur zusammenfasst und reflektiert. Wir veröffentlichen alle zwei Wochen eine neue Analyse und geben jedes Jahr eine Sonderausgabe zu einem bestimmten Thema heraus. Bisherige Sonderausgaben befassten sich unter anderem mit Atomwaffen, Geflüchteten und Migrant*innen, lokaler Friedenskonsolidierung, Klimawandel, Sicherheit und Konflikten, Gender und Konflikten sowie mit gewaltfreien Ansätzen für die Sicherheit (in Zusammenarbeit mit »Nonviolent Peaceforce«).

Der Digest ist ein Instrument zur Bekämpfung des Militarismus. Wir sind der Meinung, dass es eine Lücke zwischen den Erkenntnissen der Friedenswissenschaft und dem praktischen Wissen gibt, das politische Entscheidungsträger*innen und Praktiker*innen im Bereich des globalen Friedens und der Sicherheit nutzen. Das Ergebnis ist, dass Politik und Praxis militaristische Narrative über die Notwendigkeit der Anwendung von Gewalt, Zwang und Herrschaft zur Konfliktlösung widerspiegeln und verstärken. Indem der Digest die Sichtbarkeit und Anwendung akademischer Erkenntnisse aus der Friedenswissenschaft erhöht, stärkt er allgemein gesprochen »Frieden und Sicherheit« – er macht deutlich, wie Militarismus den Frieden auf der ganzen Welt untergräbt. Darüber hinaus wird der Militarismus durch andere Unterdrückungssysteme wie Rassismus, Sexismus, Patriarchat, weiße Vorherrschaft oder Fremdenfeindlichkeit unterstützt, die ebenfalls dazu beitragen, die Vielfalt in diesem Bereich zu unterdrücken. Als Reaktion darauf stützt sich der Digest aktiv auf eine Vielzahl von Wissenschaftler*innen und hebt Forschungsarbeiten hervor, die sich u.a. kritisch mit rassistischen und geschlechtsspezifischen Machtstrukturen auseinandersetzen.

Als Projekt der War Prevention Initiative veröffentlicht der Digest Arbeiten, die sich an den Schwerpunktbereichen – Entmilitarisierung der Sicherheit und gewaltfreie Konfliktbewältigung – und den Grundwerten der WPI orientieren: Empathie, Gewaltlosigkeit, planetare Loyalität und moralische Vorstellungskraft. Unser Redaktionsteam ist bestrebt, diese Werte in jeder im Digest veröffentlichten Analyse und Sonderausgabe hervorzuheben.

Wir freuen uns über die Partnerschaft mit Wissenschaft und Frieden. Unsere Partnerschaft wird damit beginnen, dass ausgewählte Analysen aus dem Digest in regelmäßigen Ausgaben von Wissenschaft und Frieden erscheinen werden. Im Laufe der Zeit hoffen wir, unsere Zusammenarbeit zu vertiefen, indem wir unter anderem Ausgaben von Wissenschaft und Frieden in den Digest einbinden.

Peace Science Digest findet sich online unter:
warpreventioninitiative.org/peace-science-­digest

Aus dem Redaktionskreis des PSD
Aktuelle Beiträge aus dem PSD werden in den folgenden Ausgaben in einer eigenen Forums-Rubrik erscheinen. In diesem Heft: siehe folgende Seite.

Friedenswissen praktisch – Neu bei »Peace Science Digest«


Lokaler Kontext als friedenserhaltende Einheit. PSD, November 2022.

  • Die Existenz von friedlichen Gesellschaften, Friedenszonen (ZoPs) und kriegsfreien Gemeinschaften zeigt, dass Gemeinschaften auch im größeren Kontext von Kriegsgewalt Optionen und Handlungsmöglichkeiten haben, dass es gewaltfreie Ansätze zum Schutz gibt und dass es nicht unvermeidlich ist, dass sie trotz ihrer starken Anziehungskraft in Gewaltkreisläufe hineingezogen werden.
  • Die Wahrnehmung lokaler Friedenspotenziale offenbart die Existenz lokaler Akteure – jenseits von Tätern oder Opfern – mit neuartigen Strategien zur Konfliktprävention und bereichert das Repertoire der verfügbaren Konfliktpräventionsmaßnahmen.
  • Externe Konfliktverhütungsakteure können von einer stärkeren Sensibilisierung für Nicht-Kriegsgemeinschaften oder ZoPs in vom Krieg betroffenen Regionen profitieren, indem sie sicherstellen, dass sie diesen Initiativen durch ihre Interventionen „keinen Schaden zufügen“, da sie sie andernfalls verdrängen oder schwächen könnten.
  • Strategien von Nicht-Kriegsgemeinschaften können in die Konfliktverhütungspolitik einfließen, wie etwa die Stärkung kollektiver Identitäten, die über polarisierte Kriegsidentitäten hinausgehen, die proaktive Auseinandersetzung mit bewaffneten Akteuren oder die Stärkung des Vertrauens der Gemeinschaften in ihre eigenen Fähigkeiten, die Beteiligung an bewaffneten Konflikten zu verhindern oder abzulehnen.
  • Die Verbreitung von Wissen über erfolgreiche Nicht-Kriegsgemeinschaften kann bei der Friedenskonsolidierung nach Konflikten helfen, indem es zur Nachahmung inspiriert und die Region als Ganzes konfliktresistenter macht.
Schlüsselerkenntnis für die Praxis
  • Obwohl Nicht-Kriegsgemeinschaften in der Regel im Kontext aktiver Kriegsgebiete diskutiert werden, sollten derartige Strategien in Konfliktpräventionsbemühungen mehr beachtet werden. Dies gilt insbesondere dem Aufbau und der Aufrechterhaltung von Beziehungen über polarisierte Identitäten hinweg und der Stärkung übergreifender sozialer Identitäten, die Gewalt ablehnen.

Zusammenfassung von Saulich/Werthes (2020): Exploring local potentials for peace: Strategies to sustain peace in times of war. ­Peacebuilding 8(1), S. 32-53.

Wenn schon, dann eine Polizei. PSD, Dezember 2022.

  • In vielen Ländern gibt es verschiedene Polizeikräfte, wie z. B. „Nationale Polizei, Provinzpolizei, Grenzpolizei, Verkehrspolizei, Gendarmerie und andere“. Die Fragmentierung der Polizei, gemessen an der Anzahl der autonomen Polizeikräfte in einem Land, führt zu einem höheren Risiko eines erneuten Gewaltausbruchs in Ländern nach einem gewaltsamen Konflikt.
  • Die Fragmentierung der Polizei ist außerdem „durchweg mit einer schlechteren Menschenrechtssituation und mehr staatlicher Gewalt gegen Zivilist*innen verbunden“.
  • Politische Leitfiguren in Post-Konflikt-Ländern zersplittern möglicherweise die Polizeiinstitutionen, um die Gefahr eines Regierungssturzes zu minimieren, was zu einer schlechten Koordination und einem schlechten Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Polizeikräften führt.
  • Der Mangel an Koordination und staatlicher Aufsicht bietet der Polizei die Möglichkeit, „die Zwangsgewalt des Staates für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen“, was zu „mehr Ermessensspielraum bei der Anwendung von Gewalt […] gegen die Zivilbevölkerung“ führt.
Schlüsselerkenntnis für die Praxis

Die stillschweigende Annahme, dass die Polizei der bevorzugte nicht-militärische Sicherheitsakteur ist, führt dazu, dass der Schwerpunkt auf konventionelle militarisierte Sicherheit gelegt wird, anstatt (1) das Verständnis dessen, was uns sicher macht, zu erweitern und (2) die Wirksamkeit unbewaffneter, gewaltfreier Sicherheitsansätze zu erkennen, um Gewaltkreisläufe zu beenden.

Zusammenfassung von Arriola et al. (2021): Policing institutions and post-conflict peace. Journal of Conflict Resolution 65(10), S. 1738-1763.

Mehr unter: warpreventioninitiative.org/peace-science-digest

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2023/1 Jenseits der Eskalation, Seite 53–56