Der Wissenschaftler@Inter.net
von Bodo Wegmann
Aktuelle Zeitungen, Fachpresse, die Post – ein ganz selbstverständliches Bild auf unserem Schreibtisch. Der aktuelle Newsgroup-Report, das Online-Magazin, e-mail – ganz selbstverständlich auf den Bildschirmen unserer Computer? Immer öfter werden einem Visitenkarten in die Hand gedrückt, auf denen neben den üblichen Angaben so etwas steht wie »glOi@alf.zfn.uni-bremen.de«, und immer öfter tauchen Begriffe auf wie Datenhighway und weltweites Computernetz. So manch einer, der sich gerade mühevoll mit seiner Textverarbeitung oder Datenbank zurechtgefunden hat, schaut mißtrauisch auf das, was als nächstes auf ihn zuzukommen droht: das Internet. Doch Vorbehalte sind hier fehl am Platz, im Gegenteil: das Internet ist eine großartige Hilfe für die wissenschaftliche Arbeit, spart Zeit und Geld, macht Spaß und ist einfacher zu handhaben als fast alle Programme in Ihrem Computer. Ein Großteil des Internet bildet das World Wide Web (WWW), und dazu brauchen Sie sogar nur Ihre Maus.
Was ist das Internet überhaupt? Seit Jahrzehnten wird immer mehr Wissen in Computern er- und verarbeitet. Der Austausch erfolgt meistens darüber, daß Mensch A etwas aus seinem Computer ausdruckt und einen Stapel Papier an Mensch B schickt, der diesen Haufen wiederum in seinen Computer einarbeitet. Auch das Hin- und Herschicken von Disketten ist mittlerweile gang und gäbe. Das Internet kürzt diesen Prozeß ab, indem es die Computer von Mensch A und Mensch B (und ca. 35 Millionen anderer Menschen) miteinander verbindet.
Dadurch haben Sie von Ihrem Rechner aus Zugang zu Datenbanken, Informationsdiensten, offiziellen Stellen usw. von Aachen bis Zypern. Alles, was Sie benötigen, ist ein Zugang zum Internet, z.B. über das Rechenzentrum der nächsten Universität oder über kommerzielle Anbieter wie Compuserve.
E-mail (engl. electronic mailing, dt. elektronische Post) ist mit dem Briefeschreiben vergleichbar. Sie schreiben einen Text auf Ihrem Computer, z.B. ein Buchkapitel von 80 Seiten. Doch anstatt alles auszudrucken und für ein horrendes Porto zu Ihrem Bekannten in die USA zu senden, »mailen« Sie den Text ganz einfach von Ihrem in seinen Rechner. In wenigen Minuten ist die Datenmenge bei Ihrem Bekannten, der nun seine Korrekturen direkt an seinem Computer vornehmen kann. Dann schickt er den Text als e-mail an Sie zurück, in Ihren Rechner, wo Sie ihn gleich weiter bearbeiten können. Wollen Sie wissen, aus welcher Quelle er die tolle Einfügung hat und bei der Gelegenheit gleich „Thank's for your help“ sagen? Dann können Sie entweder eine mail schicken, oder direkt mit ihm »chatten« (von engl. to chat, dt. klönen). Ihr „Thank's“ erscheint auf seinem Bildschirm, während Sie es tippen, und Sie sehen, wie er „my pleasure“ tippt: man klönt über die Tastatur. Wenn Sie gerne mal Bill Clinton eine Mail schicken oder mit ihm chatten wollen, erreichen Sie ihn unter »president@whitehouse.gov« (alle im folgenden vorgestellten Adressen erscheinen in » », die bei der Eingabe aber nicht mitgeschrieben werden dürfen).
Bleiben wir bei Ihrer Forschungsarbeit und nehmen an, Sie suchen korrekte bibliographische Angaben. Sie könnten jetzt mit Ihrer Quellenliste in die Bücherei fahren und alles nachschlagen. Oder: Sie schauen im Online-Katalog der Library of Congress in Washington, D. C. nach. Mit »locis.loc.gov« sind Sie mit einer der größten Bibliotheken der Welt verbunden, rund um die Uhr. Falls Sie militärische Fachliteratur suchen, können Sie auch bei der US Military Academy nachschauen (»library.usma.edu«). Für Geheimdienstliteratur können Sie eine Anfrage an das National Intelligence Book Center (»70346 .1166@compuserve.com«) schicken.
Wer neues erforscht, muß oft bereits Erforschtes nachschlagen: entweder in Nachschlagewerken oder in Datenbanken. Das bietet Ihnen das Internet natürlich ebenfalls. Man kann auf allgemeine und Fachlexika zugreifen, auf Fremdsprachen- und Rechenprogramme, meteorologische Daten aus Nahost und allerlei Spezialdatenbanken: über Personen aus Osteuropa informiert »http://galaxy.einet.net/ hytelnet/FUL053.htm«, über amerikanische statistische Daten »capaccess.org« und über Nuklearwaffen-Themen das Archiv von Paul McGinnis sowie über Human Radiation Experiments »http://www. eh.doe.gov/ohre/home.htm«. Der Friedensforscher möchte vielleicht gerne auf Daten von SIPRI, Schweden, zugreifen (»http://www.sipri.se«) oder auf den renomierten Verlag Jane's, GB, (»http://www. btg.com/janes«).
Sollen es statt Informationen über Geheimdienste, die gibt es zu jedem Land bei IWR unter »http://www.awpi.com/IntelWeb/« – lieber Informationen von Geheimdiensten sein? Dann adressieren Sie »http://www.odci.gov/« für die CIA, »http: //www.ustreas.gov/treasury/bureaus/usss/usss.htm« für den Secret Service oder »http://edcwww.cr.usgs.gov/dclass/dclass.htm« für Satellitenaufklärungs-Bilder, z.B. einer sowjetischen Luftwaffenbasis.
Natürlich sind Bilder genauso einfach zugänglich wie Texte und können einfach in Grafikprogramme Ihres Computers geladen werden (Haben Sie Windows? Dann können Sie Bilder in »Paintbrush« bearbeiten, oder mit »CorelDraw«). Die CIA stellt sich Ihnen unter vorgenannter Adresse sogar mit einem kleinen Filmprogramm vor. Und die National Security Agency (NSA) nimmt sie mit in eine bunte KGB-Ausstellung: »http://www.nsa.gov:8080/«.
Da fast jede Zeitung heute am Computer erstellt wird, liegt es nur nahe, sie auch gleich via Computer zu verbreiten. Was steht denn diese Woche im Spiegel (»http://spiegel.nda.net/nda/spiegel«)? Was schreiben Welt (»http://www.welt. de/«), TAZ (»http://www.prz.tu-berlin.de/ ~taz/«) oder der Standard aus Wien <>(»http://www.Austria.EU.net/DerStandard/«)?<> Artikel, die gut in Ihre Forschungsarbeit passen, können natürlich problemlos übernommen werden. Wer regelmäßig Internet-Zeitungen erhalten möchte, kann sie durch Aufnahme in einen sog. Listserver einfach abonieren, z.B. die Tagesberichte von Radio Free Europe/Radio Liberty. Auf solchem Wege sind auch die Pressemitteilungen aus dem Weißen Haus zu beziehen, von der NATO und der WEU.
Möchten Sie über Ihre Arbeit mit anderen Menschen diskutieren, die sich sehr für das Thema interessieren und meistens recht kenntnisreich sind? Bei der Gelegenheit lassen sich gute Tips austauschen und interessante Details erfahren. Dann sind Sie in den sog. Newsgroups richtig. Das sind Diskussionsforen, in denen alle miteinander kommunizieren, die sich für eines der zigtausend angebotenen Themen interessieren. Mit einfachen Suchbefehlen finden Sie die Gruppe(n), in der es genau um Ihr Thema geht, egal ob das nun Bonsai-Bäumchen sind, Religionsfreiheit in Tibet, Nationalismus-, Sozialismus- oder Verschwörungstheorien, Literatur, Friedenspolitik, Geheimdienste oder Raumschiff Enterprise. Und wenn Sie selbst eine neue Newsgroup einrichten wollen, ist auch das gar nicht so schwer.
Das weltweite Computernetz verbindet über den Datenhighway Menschen und Informationen. Es wird sich zu einem immer wichtigeren Instrument für die Forschungsarbeit entwickeln, das diese unglaublich erleichtert.
Ich hoffe, ich habe Ihnen die vielen Möglichkeiten, das Internet nutzen zu können, näher gebracht und Sie neugierig gemacht, es selbst einmal zu versuchen. Vielleicht mit einer e-mail an »glOi@alfzfn. uni-bremen.de«?
Bodo Wegmann, Berlin