W&F 2012/3

DESERTEC

Zwischen Heilsanspruch und neokolonialen Befürchtungen

von Boris Schinke, Jens Klawitter und Christof Kögler

Dieser Artikel lotet Chancen und Risiken solarthermischer Großkraftwerke im Mittleren Osten und Nordafrika aus, wie sie u.a. im Rahmen des DESERTEC-Konzepts vorgesehen sind. Er stellt zudem die Idee eines Nachhaltigkeitsrahmenwerks für die interkontinentale Nutzung des nordafrikanischen erneuerbaren Energienpotenzials vor, durch das sich DESERTEC zu weit mehr als einem reinen Energieinfrastrukturkonzept entwickeln und seinem entwicklungspolitischen Nachhaltigkeitsanspruch und damit auch seiner möglichen konfliktpräventiven Wirkung gerecht werden könnte.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben die Herausforderungen im Nahen- und Mittleren Osten (Middle East, ME) und Nordafrika (NA) ein kritisches Ausmaß erreicht. Steigende Preise endlicher Energieträger, fehlender Zugang zu und Verteilungskonflikte um Wasser und Nahrung, wachsende Bevölkerungs- und Arbeitslosenzahlen sowie die Auswirkungen des Klimawandels sind allesamt Zeichen dafür, dass ein Festhalten am Status quo und an nicht-nachhaltigen Entwicklungspfaden in der südlichen Mittelmeerregion keine zukunftsfähige Strategie darstellt.

Zusätzlich zeigen die Unruhen im Zuge des »Arabischen Frühlings«, in denen sich die Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung mit den lange vorherrschenden autokratischen Machtverhältnissen, der ökonomischen Perspektivlosigkeit und fehlenden Mitspracherechten bei politischen Entscheidungen artikulierten, die Defizite eines auf Eliten ausgerichteten Entwicklungsmodells auf.

Angesichts der sich in der MENA-Region konzentrierenden Krisenphänomene und der politischen Umbrüche stehen zahlreiche Länder der arabischen Welt gegenwärtig vor einem historischen Scheideweg. Um in der MENA-Region eine vom Verbrauch fossiler Ressourcen entkoppelte Energieversorgung zu erreichen, der drohenden Wasser- und Ernährungskrise entgegen zu steuern sowie die Region vor den Folgen eines gefährlichen Klimawandels zu bewahren und gleichzeitig sozio-ökonomische Entwicklungsperspektiven aufzubauen, bedarf es eines tiefgreifenden Paradigmenwechsels. Es gilt, mit existierenden Pfadabhängigkeiten in technologischen und sozio-politischen Bereichen zu brechen und neue Lösungsansätze zu entwickeln, die den interdependenten Krisenphänomenen und den Forderungen des »Arabischen Frühlings« gerecht werden. Der Erzeugung von und dem Zugang zu nachhaltiger Energie kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.

Das DESERTEC-Konzept

Einen wichtigen Ansatz, durch den ein neuer Ordnungsrahmen zur Modernisierung der südlichen Mittelmeeranrainer und deren Befreiung von nicht-nachhaltigen Pfadabhängigkeiten erreicht werden könnte, stellt DESERTEC dar.

Das Konzept sieht vor, im Rahmen einer EUMENA-Energiepartnerschaft (Europa und MENA-Region) verschiedene Formen erneuerbarer Energieerzeugung zu vernetzten und dadurch beide Regionen dabei zu unterstützen, ihr fossiles Energiesystem strukturell umzubauen und in ein kohlenstoffarmes System zu überführen. Dabei soll das große Einzugsgebiet dazu dienen, lokale Schwankungen aufzufangen und eine stabile Stromversorgung bei minimaler Nutzung fossiler Energieträger zu garantieren. Da ein erheblicher Anteil des erzeugten Stroms mittels einer Vielzahl solarthermischer Großkraftwerke in Nordafrika gewonnen werden soll, konzentriert sich die nachfolgende Analyse auf diese Form der Energieerzeugung.

Die bevorzugten Standorte für solarthermische Kraftwerke befinden sich aufgrund der hohen Sonnenintensität in den Wüsten der MENA-Region. Von dort aus soll ein Teil des Stroms verlustarm über noch zu errichtende Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ) u.a. in die Verbraucherzentren Europas exportiert werden, um ab dem Jahr 2050 einen signifikanten Anteil1 des europäischen Strombedarfs mit Solarstromimporten decken zu können.

Auch wenn es zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zahlreiche Hürden für eine zeitnahe Realisierung des DESERTEC-Konzepts zu nehmen gilt, so stellt sich das Vorhaben nicht mehr als reine Utopie dar. Im Zusammenhang mit verschiedenen transnationalen Initiativen, z.B. der Dii,2 der Medgrid3 oder des »MENA-CSP Scale-up Investment«-Plans der Weltbank,4 wie auch mit ambitionierten nationalen Plänen zur Förderung erneuerbarer Energien, bspw. in Marokko, knüpft DESERTEC unmittelbar an das im Rahmen des Mittelmeer-Solarplans verfolgte Ziel an, die Partnerschaft der afrikanischen Mittelmeeranrainer mit der EU durch die gemeinsame Nutzung des nordafrikanischen erneuerbaren Energienpotenzials auszubauen.

Chancen und Risiken

Obgleich die Realisierung des DESERTEC-Konzepts mit großen Chancen verbunden ist, ist es derzeit noch zu früh, um zu beurteilen, ob das ambitionierte Zukunftsprojekt so umgesetzt werden kann, dass es seinem visionären Anspruch gerecht wird. Eine erste Annäherung und Bewertung des DESERTEC-Konzepts sollte daher – nicht trotz, sondern gerade wegen all der damit verbundenen euphorischen Assoziationen und entwicklungspolitischen Bedenken – vorsichtig geschehen. Zwar ist das Konzept nach technischen Maßstäben umsetzbar – die Technologien, die eingesetzt werden sollen, sind erprobt und weltweit bereits erfolgreich im Einsatz –, jedoch gibt es erhebliche Unsicherheiten. Diese betreffen vor allem die immer wieder diskutierten Chancen und Risiken von DESERTEC.

Mit Fokus auf solarthermische Großkraftwerke könnte DESERTEC grundsätzlich

durch die Nutzung erneuerbarer Energien erheblich zum Klimaschutz beitragen,

im Zuge neuer grundlastfähiger Energieinfrastrukturen einen Beitrag zur Energiesicherheit in der MENA-Region, in Europa wie in anderen Regionen der Welt5 leisten,

durch die Kombination mit Entsalzungsanlagen der drohenden Wasser- bzw. Nahrungskrise in der MENA-Region entgegenwirken und

ein Motor für den Aufbau neuer Industrien und damit einhergehend für den Transfer technischen Know-hows und die Entstehung von Arbeitsplätzen in den beteiligten arabischen Staaten sein.

Das DESERTEC-Konzept bietet somit für den EUMENA-Raum Möglichkeiten, Antworten auf Fragestellungen von Klima-, Energie-, Wasser- und Ernährungssicherheit sowie sozio-ökomische Entwicklungsperspektiven im Kontext solarthermischer Großkraftwerke in Nordafrika zu geben (siehe auch Abbildung). Hinzu kommt, dass durch den regionenübergreifenden Energieverbund, der die jeweiligen Bedürfnissen und Stärken berücksichtigt, ein wichtiger Beitrag zur Vertrauensbildung und Friedenssicherung in beiden beteiligten Regionen geleistet werden könnte.

Optimal-Szenario des DESERTEC-Konzepts aus entwicklungspolitischer Sicht
(aus Schinke und Klawitter, 2010)

Optimal-Szenario des DESERTEC-Konzepts aus entwicklungspolitischer Sicht

Große (Energie-) Infrastrukturprojekte waren in der Vergangenheit gerade in Entwicklungsländern immer wieder Auslöser für Probleme, bis hin zu gewalttätigen Konflikten, wobei der versprochene Nutzen für die lokale Bevölkerung oftmals in keinem Verhältnis zu den entstandenen Schäden stand (Lustgarten 2009). Auch um solarthermische Großanlagen wurden schon Konflikte zwischen Betreibern und Anwohnern ausgetragen, z.B. im Fall des spanischen Kraftwerks Andasol, wo enteignete Bauern mit der Entschädigung äußerst unzufrieden waren. Unter dem Motto „Das Land gehört unseren Vorfahren“ und mit Verweis auf Wassernutzungsrechte führten Protestaktionen, der öffentliche Druck und die Kompromissbereitschaft auf Seiten der Betreiber schlussendlich zu einer einvernehmlichen Lösung, bei der die Bauern mit alternativen Landflächen bzw. Kompensationszahlungen entschädigt wurden (Perez 2008).

Vor diesem Hintergrund sind immer wieder kritische Stimmen zu vernehmen, die das DESERTEC-Konzept als eine imperialistische und neokoloniale Erscheinung interpretieren, mit einem gewissen Potenzial, Spannungen eher zu verstärken als abzubauen. Aus Sicht der Autoren besitzt DESERTEC durchaus das Potenzial, die Problemkaskaden, die sich in der MENA-Region ergeben, zu verstärken, wenn der Fokus zu einseitig auf die technische und ökonomische Machbarkeit gelegt wird und lokale Menschenrechte und Bedürfnisse missachtet werden.

Risiken, die im Kontext von DESERTEC entstehen könnten, sind z.B.

Konflikte aufgrund der Standortwahl und fehlender Beteiligungs- bzw. Mitbestimmungsmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung,

Umsiedlungen der lokalen Bevölkerung ohne gerechte Entschädigung,

keine adäquate Beteiligung der lokalen Bevölkerung an erwirtschafteten Gewinnen (benefit sharing) durch ungenügende Einbeziehung und Unterstützung lokaler Kapazitäten (local content) im Rahmen eines einseitigen Technologietransfers,

Nichtbeachtung lokaler Begebenheiten, z.B. Landnutzungs- und Wasserrechte, und nativer Lebenszusammenhänge bei Planung, Bau und Betrieb,

exzessiver Stromexport nach Europa bei gleichzeitigem Mangel an Elektrifizierung in der MENA-Region.

Da solarthermische Kraftwerke einen hohen Flächenbedarf 6 und, besonders bei Wasserkühlung, einen hohen Wasserbedarf 7 haben, sind negative Auswirkungen dieser Kraftwerke im lokalen Kontext zumindest denkbar. Werden solarthermische Kraftwerke nicht in Kombination mit Entsalzungsanlagen geplant und gebaut, könnten diese also nicht zur Wassersicherheit, sondern im Gegenteil lokal zu einer Verschärfung der Wasserproblematik beitragen und ebenso regionale Spannungen wie Verstimmungen zwischen der MENA-Region und Europa erzeugen.

Die Beachtung der lokalen Gegebenheiten bei der Umsetzung konkreter Projekte ist also entscheidend dafür, ob das DESERTEC-Konzept bezüglich der Konkurrenz um Wasser- und Landnutzung, der Einbindung lokaler Wertschöpfungsketten sowie des Stromexports nach Europa die versprochenen Nachhaltigkeitskriterien einhält. Die Chancen und Risiken von DESERTEC sind daher eng mit der konkreten Umsetzung der einzelnen Projekte verknüpft.

Die soziale Dimension in der Konfliktprävention

Bisher wurde in der Diskussion über DESERTEC der Fokus vorwiegend auf die technische und ökonomische Machbarkeit des Konzepts gelegt (siehe z.B. Trieb et al. 2012; Dii 2012). Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz, da erneuerbare Energien nicht per se, also allein durch die Bereitstellung klimafreundlichen Stroms, als nachhaltig gelten dürfen. Die Sicherstellung des Nutzens, der sich im Rahmen von DESERTEC für die lokale Bevölkerung im MENA-Raum ergeben soll, und der gerechte Umgang mit Fragen des Eigentums und der Beteiligung sind daher unabdingbare Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung des Konzepts. Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen in der MENA-Region muss es bei DESERTEC neben Wirtschaftlichkeit, langfristiger Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit daher auch um Verteilungsgerechtigkeit, Sozialverträglichkeit und Beteiligungs- bzw. Mitbestimmungsmöglichkeiten – also um soziale und entwicklungspolitische Dimensionen – im lokalen Kontext gehen.

Den Forderungen des »Arabischen Frühlings« – „Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit“ – und dem neuen sozio-politischen Milieu in der Region müssen auch Investitionen in neue Energie-Infrastrukturprojekte gerecht werden. Welche Entwicklungsperspektiven DESERTEC für die MENA-Region bietet, entscheidet am Ende über seine Akzeptanz in der Bevölkerung diesseits und jenseits des Mittelmeers und damit auch über den Erfolg des Konzepts insgesamt. Bislang jedoch besitzt DESERTEC kaum eine entwicklungspolitische Dimension. Was DESERTEC für die menschliche Entwicklung in Nordafrika zu leisten vermag, bleibt unklar und ist abgesehen von einigen makro-ökonomischen Studien (siehe World Bank 2011) kaum erforscht.

Um so wichtiger ist es zu analysieren, wie solarthermische Großkraftwerke gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung geplant, gebaut und betrieben werden könnten, um die Entwicklungsperspektiven in den Mittelmeerstaaten Afrikas und des Mittleren Ostens zu maximieren bzw. negative Auswirkungen für Menschen und Umwelt zu minimieren. Für eine sichtbare Verbesserung der Lebensqualität für die Menschen vor Ort müssen folgende Faktoren gewährleistet sein: eine gesteigerte lokale Wertschöpfung, die Einbindung der betroffenen Bevölkerung durch klare Beteiligungsmechanismen, die Förderung lokaler Firmen bei Planung, Bau und Betrieb der Kraftwerke, der Transfer von Technologien und Know-how sowie ein gesicherter Zugang zu entsalztem Wasser.

Ein Nachhaltigkeitsrahmenwerk für DESERTEC-Projekte?

Ein viel versprechender Ansatz, die Risiken, die sich aus dem DESERTEC-Konzept ergeben, zu vermindern und die Chancen für die lokale Bevölkerung im MENA-Raum, zu fördern, ist die Formulierung von Nachhaltigkeitsanforderungen an solarthermische Kraftwerke. Dabei können DESERTEC-Projekte auf die Erfahrungen mit der Anwendung von Nachhaltigkeitsanforderungen in ähnlichen Bereichen, z.B. dem Clean Development Mechanism (CDM),8 zurückgreifen.

Eine Basis dafür ist mit Studien zu makro-ökonomischen Fragen sowie dem Entwurf eines ersten Kriterienkatalogs durch die DESERTEC-Stiftung schon gelegt. Die sozio-ökonomischen Bedürfnisse und Stärken der lokalen Anwohner von Solarthermie-Kraftwerken allerdings sind bislang nicht in die Überlegungen zu Nachhaltigkeitsanforderungen an solche Kraftwerke eingeflossen. Solange lokale Akteure – vor allem solche, die gesellschaftlich marginalisiert und unzureichend durch staatliche Institutionen vertreten sind – nicht in die Diskussion einbezogen werden, sind die entwicklungspolitischen Potentiale nicht ausgeschöpft, und es werden Möglichkeiten zur Konfliktprävention im Rahmen von DESERTEC durch eine zu einseitige Betrachtung des Energieerzeugungsaspektes verbaut.

Vor diesem Hintergrund erforscht ein Konsortium aus drei verschiedenen regierungsunabhängigen Institutionen9 momentan in einer empirischen Feldstudie die potenziellen Auswirkungen des DESERTEC-Konzepts auf die Lebensbedingungen, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung der betroffenen lokalen Bevölkerung anhand konkreter, in der Umsetzung begriffener Projekte. Die Untersuchung zielt darauf ab, einen ersten empirisch erarbeiteten Vorschlag geeigneter Leitlinien auszuarbeiten, gepaart mit sozialen Nachhaltigkeitsanforderungen für die Umsetzung von Solarthermie-Projekten in der MENA-Region.

Die Ergebnisse der Studie sollen einen empirisch basierten Diskussionsanstoß für eine faire und inklusive interregionale Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure aus Politik, Industrie, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Bevölkerung in Europa und der MENA-Region geben – einer Zusammenarbeit, wie sie aus Sicht der Autoren zukünftig im Rahmen eines Multistakeholder-Dialogs zur Erstellung eines übergeordneten Nachhaltigkeitsrahmens für DESERTEC stattfinden könnte. Dann könnte sich DESERTEC auch zu weit mehr als einem reinen Energieinfrastrukturkonzept entwickeln und seinem entwicklungspolitischen Nachhaltigkeitsanspruch – ökonomisch, ökologisch und sozial – und damit auch seiner möglichen konfliktpräventiven Wirkung gerecht werden.

Literatur

Damerau, K., Williges, K., Patt, A. G. und Gauché, P. (2011): Costs of reducing water use of concentrating solar power to sustainable levels: Scenarios for North Africa. Energy Policy, 39:4391-4398.

DESERTEC Foundation (2009): Clean Power from Deserts. The DESERTEC Concept for Energy, Water and Climate Security. WhiteBook, 4th Edition. Bonn: Desertec Foundation.

Dii GmbH (2012): Desert Power 2050. Perspectives on a Sustainable Power System for EUMENA. München: Dii GmbH.

Lustgarten, A. (2009): Conrad’s Nightmare: The World’s Biggest Dam and Development’s Heart of Darkness. Brüssel: Counter Balance.

Pérez, J. J. (2008): Andasol ofrece tierra a los agricultores de Aldeire como salida al conflicto; online unter ideal.es.

Schinke, B., Klawitter, J. (2010): DESERTEC – Baustein einer neuen Sicherheitsarchitektur innerhalb des MENA-EU-Raums? Bonn: Germanwatch.

Trieb, F., Schillings, C., Pregger, T. und O’Sullivan, M. (2012): Solar electricity imports from the Middle East and North Africa to Europe. Energy Policy, 42:341-353.

The World Bank (2011): Middle East and North Africa Region Assessment of the Local Manufacturing Potential of Concentrated Solar Power (CSP) Projects. Washington, DC: The World Bank.

Anmerkungen

1) Die Angaben darüber, wieviel Strom über Importe aus der MENA-Region nach Europa fließen sollen, unterscheiden sich: Während die DESERTEC-Stiftung ca. 15% des europäischen Strombedarfs nennt (DESERTEC Foundation 2009, S.36), gibt die Dii in ihrer jüngsten Publikation 19% an (Dii 2012, S.54). Dabei ist zu beachten, dass diese Zahl nichts über die Aufteilung des erzeugten Stroms zwischen Europa und der MENA-Region aussagt.

2) Die Dii GmbH (Sitz München, gegründet im Oktober 2009) ist ein internationales Konsortium, das von Unternehmen, Forschungsgesellschaften und Organisationen getragen wird, darunter die DESERTEC Foundation.

3) Medgird (Sitz Paris, gegründet im Juli 2010) ist ein Konsortium von Industriefirmen, die in der Energieerzeugung, -übertragung und –verteilung engagiert sind.

4) CSP steht für Concentrated Solar Power, dt. Solarthermie.

5) Das DESERTEC-Konzept ist grundsätzlich auch auf andere Teile der Welt übertragbar. Dieser Artikel konzentriert sich jedoch ausschließlich auf die MENA-Region.

6) Der Flächenbedarf des spanischen Parabolrinnenkraftwerk Andasol 1 bspw. liegt bei ca. 1,95 km2 bei einer Höchstleistung von 50 MW. Der Flächenverbrauch von solarthermischen Kraftwerken ist abhängig von der verwendeten Technologie und ob ein Wärmespeicher verwendet wird oder nicht.

7) Der geringere Teil des benötigten Wasser wird für die Säuberung der Spiegel verwendet. Der wesentlich größere Teil des Wasserbedarfs ergibt sich aus der Kühlung der Kraftwerke. Hier sind ebenfalls Unterschiede bei der verwendeten Technologie festzustellen. Als Durchschnittswerte geben Damerau et al. (2011, S.4293) 3.000m3/GWh für Parabolrinnenkraftwerke und 2.100m3/GWh für Solarturmkraftwerke bei Benutzung des »wet cooling«-Verfahrens an. Wird das »dry cooling«-Verfahren angewendet, kann der Wasserverbrauch auf ungefähr 300-340m3/GWh reduziert werden.

8) Der Clean Development Mechanism (CEDM, dt. Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung) ist einer der Marktmechanismen des Kyoto-Protokolls. Er ermöglicht es Ländern mit Emissionszielen nach dem Kyoto-Protokoll, Emissionsreduktionsprojekte in »Entwicklungsländern« durchzuführen und die Emissionsreduktionsgutschriften aus diesen Projekten für die Erfüllung ihrer Kyoto-Verpflichtungen einzusetzen. Mehr unter dem Stichwort »Clean Development Mechanism« beim Bundesumweltamt bzw. unter dehst.de.

9) Beteiligt an der genannten Studie sind Germanwatch (Bonn), The League of Independent Activists (IndyAct, Libanon) und das Internationale Konversionszentrum Bonn (BICC).

Boris Schinke ist Referent für Klima und Sicherheit bei Germanwatch mit Schwerpunkt erneuerbare Energien und nachhaltige Entwicklung in der MENA-Region. Jens Klawitter ist freier Wissenschaftler und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit erneuerbaren Energien und der nachhaltigen Entwicklung der MENA-Region. Christof Kögler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC).

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2012/3 Klimawandel und Sicherheit, Seite 39–42