W&F 1993/1

EG-Exportkodex

EG-Exporte von Waffen und Gütern mit doppeltem Verwendungszweck

von Saferworld

Dies ist die Zusammenfassung der wichtigsten Punkte eines Berichtes über „Arms and Dual-Use Exports from the EC. A Common Policy for Regulation and Control“. Der Bericht wurde von Harald Bauer (Saferworld), Owen Greene (Fakultät für Friedensstudien, Universität Bradford), Dr. Vaughan Lowe (Forschungszentrumm für Internationales Recht, Universität Cambridge), Dr. Nathalie Prouvez (Forschungszentrum für europäische Gesetzesstudien, Universität Cambridge) Marc Weller (Forschungszentrum für Internationales Recht, Universität Cambridge), verfaßt und von Paul Eavis, Forschungsdirektor von Saferworld, koordiniert und bearbeitet.

Der 1. Januar 1993 steht für einen unwiderruflichen Schritt der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in eine neue Ära. Der Binnenmarkt erlaubt den grenzenlosen Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskraft auf dem Gebiet der Zwölf. Doch sind mit dieser wichtigen politischen Entwicklung einige Risiken verbunden, von denen eine die Unterminierung der nationalen Exportkontrollen für Waffen- und Güter mit doppeltem Verwendungszweck – oder dual-use Gütern – ist.

Der Zweite Golfkrieg hat eine nützliche Überprüfung der Exportkontrollen nach sich gezogen. Das Bewußtsein über die Tatsache, daß die Truppen der Koalition sich Waffen gegenüber gesehen hatten, die von ihren eigenen Regierungen an den Gegner geliefert worden waren, führte zu Forderungen nach strengeren Kontrollen. Im Oktober 1991 verpflichteten sich die fünf Ständigen Mitglieder des UN Sicherheitsrates, selbst für 85% aller Waffenexporte weltweit verantwortlich, im Prinzip, die Belieferung der Region zu verringern. Viele glaubten, diese Bemühungen könnten zu einer umfassenden Übereinkunft zur Einschränkung des internationalen Waffenhandels führen.

Im Mai 1992 schien der Initiative jedoch der Dampf auszugehen, es gab Schwierigkeiten, sich lediglich auf Konsultationsprozeduren zu einigen. In der Zwischenzeit stiegen die Exporte in den Mittleren Osten. Seit dem Zweiten Golfkrieg wurden Verträge über 35 bis 45 Mrd. Dollar abgeschlossen, verglichen mit 6,8 Mrd. 1990. Auf der Jagd nach Devisen hat Rußland an Regierungen im Mittleren Osten hochwertige Waffensysteme verkauft, darunter Kampfpanzer, -flugzeuge und U-Boote. Kürzlich hat China sich aus den Beratungen der fünf ständigen Mitglieder des UN Sicherheitsrates zurückgezogen, in Reaktion auf eine us-amerikanische Entscheidung, nach dreizehn Jahren seine Politik zu ändern und Taiwan 150 Kampfflugzeuge vom Typ F-16 zu verkaufen. Die Aussichten für schnelle Fortschritte weltweit sind entsprechend geringer geworden.

Für eine Initiative der Europäischen Gemeinschaft

Die Europäische Gemeinschaft (EG) hat gute Gründe, eine führende Rolle bei den Bestrebungen für ein internationales Kontrollsystem des Rüstungshandels zu übernehmen. Zu allererst sind Mitgliedstaaten, insbesondere Großbritannien, Frankreich und Deutschland, stark in das internationale Waffengeschäft verwickelt. Die fünf größten Waffenexporteure der EG zeichnen gegenwärtig für 19% des weltweiten Handels mit Großwaffen verantwortlich und für 17% der Verkäufe an Länder der Dritten Welt.

Zweitens wird die EG von der Außenwelt zunehmend als beträchtlich mehr als die Summe ihrer Bestandteile wahrgenommen. Ein koordiniertes Herangehen der EG an andere wichtige Waffenexporteure erbrächte weit größere internationale Glaubwürdigkeit als die Initiative eines einzelnen Mitgliedstaates. Dieser Faktor hat angesichts eines immer wiederkehrenden Problems bei Verhandlungen über Rüstungsexportkontrollen besondere Bedeutung. Größere Lieferstaaten können Aufforderungen zur Zurückhaltung, die ihren Konkurrenten leichteren Zugang zu lukrativen Märkten gäben, wenig Anreiz abgewinnen. Solche Argumente wurden oft von Regierungen angeführt, um ihre Legislative und die Öffentlichkeit von der Erwünschtheit eines speziellen Exports zu überzeugen.

Ein dritter und drängender Grund zum Handeln auf Gemeinschaftsebene ist der Binnenmarkt. Die Wirksamkeit bestehender Kontrollvereinbarungen ist an Grenzkontrollen gebunden. Solche Kontrollen werden nun aber an die Außengrenzen der EG verlagert. Für Hersteller in der EG, die verbotene Märkte beliefern wollen, scheint der Weg weit offen, ihre Produkte ungehindert durch die Gemeinschaft zu einem genehmen Ausfuhrpunkt zu transportieren, an dem die Kontrollen als weniger effizient angesehen werden.

Um glaubhaft und effizient zu sein, müßte eine Initiative der EG zwei Bestandteile umfassen. Der erste wäre ein Versuch, die Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates davon zu überzeugen, sich der Gemeinschaft bei der rationalen Handhabung und dem stufenweisen Abbau des internationalen Waffenhandels anzuschließen. Der zweite, in vielerlei Hinsicht eine Voraussetzung für den ersten, würde im Erweis des grundsätzlichen Willens der Mitgliedstaaten zur Verbesserung der eigenen Praktiken bestehen. Dies umfaßt insbesondere die Definition unzweideutiger Exportrichtlinien und die Anwendung einheitlich hoher Standards bei den Kontrollen an den Außengrenzen.

EG-Kontrollen im Aufbau

Um geeignete Maßnahmen für eine effiziente Exportkontrolle einzuführen und durchzusetzen, muß die Gemeinschaft schnell handeln und einen hohen Grad an Harmonisierung erzielen.

In einer ordnungsgemäß verwalteten Welt wäre es am sinnvollsten, ein einziges Kontrollsystem für Waffen und dual-use Güter aufzubauen. Unglücklicherweise ist diese Möglichkeit der EG gegenwärtig versperrt. Die Römischen Verträge schließen Waffenexportkontrollen explizit von den Kompetenzen der Institutionen der Gemeinschaft aus und eine Revision der Verträge (wobei die Annullierung des relevanten Artikels 223 keineswegs beschlossene Sache ist) ist nicht vor 1996 vorgesehen. Es ist kaum vorstellbar, wie in der Zwischenzeit eine gemeinsame Regelung für Waffenexporte anders als durch gemeinsame Erklärungen der Mitgliedstaaten zustande kommen könnte.

Die Entwicklung einer gemeinsamen Politik für dual-use Güter

Im Januar 1992 präsentierte die Kommission eine Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament, um die lizenzfreie Zone mit effektiven Kontrollen an den Außengrenzen der EG zu ergänzen. Als Kernelemente für die effektive Kontrolle von Exporten wurden bezeichnet: eine gemeinsame Liste von dual-use Gütern und Technologien; eine gemeinsame Liste von Bestimmungsorten; gemeinsame Kriterien für die Ausstellung von Exportlizenzen; ein Forum oder Einrichtung zur Koordinierung der Genehmigungspolitik und der Durchführungsverfahren; festgelegte Verfahren für die administrative Zusammenarbeit von Zoll und Genehmigungsbehörden. Zur Unterstützung dieser Anforderungen forderte die Kommission die Stärkung der Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten. Dies soll die Einrichtung eines Informationssystems zwischen den Mitgliedstaaten und die Untersuchung der zollrechtlichen Aspekte von Exporten über andere Mitgliedstaaten umfassen.

Der Europäische Rat beauftragte die Kommission dann mit der Ausarbeitung eines Kontrollsystems für dual-use Exporte. Im August 1992 veröffentlichte die Kommission einen vollständigen „Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Kontrolle bei der Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck und bestimmter Nuklearerzeugnisse und Technologien“.

Gegenwärtig erscheint es unwahrscheinlich, daß das Ziel der Kommission, eine lizenzfreie Zone zu schaffen, erreicht wird. Das Kontrollsystem für dual-use Technologien wird nicht eher inkraft gesetzt werden als bis alle Mitgliedstaaten mit den Regelungen der Verordnung übereinstimmen. Der gegenwärtige Stand ist der folgende:

Zu kontrollierende Güter: Die Zwölf werden sich wahrscheinlich auf eine einzige Produktliste einigen, die der deutschen Ausfuhrliste vom Oktober 1992 ähnlich sein wird und die Listen der Nichtweiterverbreitungsregime einschließt. Für einen Übergangszeitraum wird eine Ausschlußliste bestehen, die vier Technologien mit besonders sensitivem Charakter umfaßt (Supercomputer, Unterwasserakustik, Verschlüsselungstechnologie und Materialien zur Absorption von Hochfrequenzen).

Zollkontrollen: Im Rahmen von CoCom wurde vor einiger Zeit festgestellt, die Kontrollen aller Mitglieder seien ausreichend. Der Vorschlag der Kommission, Programme zur Unterstützung einiger Mitgliedstaaten bei der Fortentwicklung ihrer Praktiken einzurichten, scheint dem in gewisser Weise zu widersprechen. Es bleiben Fragen hinsichtlich des Umfangs der Programme. Werden sie ausreichen, um in Ländern mit bekanntermaßen unterbesetzten und schlecht bezahlten Zollbehörden, wie etwa Griechenland, schnelle Verbesserungen zu bewirken? Wird das Computernetz, das die Zolldienste verbinden soll, rechtzeitig fertig sein?

Kriterien und Länderlisten: Neuere Informationen besagen, die sieben von der Kommission in ihrem Vorschlag aufgeführten Kriterien sollen auf vier bis fünf verringert werden. Eine Konsequenz davon ist, daß die Zwölf sich wahrscheinlich nicht auf eine Liste von untersagten Bestimmungsländern einigen können werden. In erster Linie Frankreich und Großbritannien sind gegen solche gemeinsamen Listen. Bis sich das ändert besteht das Problem, Hersteller von Exporten über andere Mitgliedstaaten abzuschrecken, die nicht dieselben Embargos beachten. Es scheint wahrscheinlich, daß sich die Kommission in einer Situation wiederfindet, in der sie ein Kontrollsystem einzurichten hat, ohne über eine gemeinsame Liste untersagter Empfängerländer zu verfügen und mit nicht ausreichenden Kontrollen in einigen Mitgliedstaaten. Das würde bedeuten, das Kontrollsystem für dual-use Exporte der Gemeinschaft nähert sich dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

Die Entwicklung einer gemeinsamen Politik für Waffenexporte

Die EPZ gab den Rahmen für die Diskussion bestimmter Embargos ab, zum Beispiel gegen Argentinien 1982, gegen Syrien und Libyen 1985, gegen Südafrika 1986 und gegen Irak 1990.

Während der Regierungskonferenz war eine gemeinsame Politik bei Waffenexporten zum ersten Mal auf der Tagesordnung der EG. Die Streichung des Artikels 223 hätte daraus eine Gemeinschaftsaufgabe gemacht. Aber einige Mitgliedstaaten haben sich dem widersetzt. Der Vertrag erlaubt jedoch die mögliche Entwicklung einer engeren Koordination der Politiken zur Waffenexportkontrolle im Rahmen der zukünftigen Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EG. Großbritannien wurde die Verantwortung für die Ausarbeitung der Themenbereiche übertragen, die Gegenstand „gemeinsamer Aktionen“ werden sollen, und soll diesbezüglich beim Gipfel in Edinburgh Vorschläge unterbreiten.

1991 hat der Politische Ausschuß der EPZ eine ad-hoc Arbeitsgruppe gebildet, die sich getroffen hat, um Vorschläge hinsichtlich der Stärkung einer gemeinschaftlichen Herangehensweise und eine gemeinsame Liste konventioneller Waffen zu entwickeln. Darauf aufbauend, hat der Europäische Rat im Juni 1992 sieben Kriterien veröffentlicht, die in bezug auf Waffenexporte in den Mitgliedstaaten angewendet werden. Ein achtes Kriterium wurde beim Gipfel in Lissabon im Juni 1992 hinzugefügt. Schritte zur Definition der genauen Bedeutung der Kriterien wurden eingeleitet. Jedoch konnte sich die Arbeitsgruppe der EPZ bislang noch nicht auf eine gemeinsame Interpretation einigen. Bis zur Erzielung von Fortschritten können die Mitgliedstaaten weiterhin frei entscheiden, an wen sie exportieren und die Aussichten für die Harmonisierung der Kontrollen für Waffenexporte sind somit beschränkt.

Kriterien für Waffen- und dual-use-Exporte

Die Kriterien des Europäischen Rates für Exporte von Waffen und dual-use Gütern werden im Bericht im Detail definiert, um sie so konkret wie möglich zu gestalten und damit die Grundlage für ihre Anwendung im Rahmen einer gemeinsamen EG Exportpolitik zu legen.

Zusammengefaßt ergibt der Report, daß die Kriterien des Europäischen Rates gegenwärtig alle Situationen abdecken, in denen Exportbeschränkungen im Rahmen des Völkerrechts zwingend vorgeschrieben sind. Es handelt sich um Situationen, in denen ein internationales Staatsverbrechen vorliegt (insbesondere der illegitime Einsatz von bewaffneter Gewalt, die Unterdrückung des Rechts auf Selbstbestimmung, Völkermord, etc.) und/oder im Fall der Annahme von bindenden Sanktionen durch den UN Sicherheitsrat. Es ist möglich, das Vorliegen solcher Umstände weiter zu klären, indem international anerkannte Definitionen als Indiz für die Notwendigkeit eines vollständigen Embargos, das Waffen und dual-use Güter umfasst, herangezogen werden.

Eine zweite Gruppe von Kriterien bezieht sich auf Umstände, in denen ein potentielles Importland eine Verletzung internationaler Verpflichtungen begangen hat oder zwischen Staaten eine Situation der Unsicherheit besteht. Es gibt eine Debatte darum, ob in diesen Fällen automatisch die Einschränkung von Waffenexporten erforderlich wird oder nicht. Diese Umstände umfassen Situationen, die von nicht bindenden Sanktionen abgedeckt werden, wie schwere oder fortgesetzte Verletzungen der Menschenrechte oder des humanitären Völkerrechts, Verwicklung in Terrorismus oder Drogenhandel, Situationen des internen Aufruhrs und Nichtanerkennung oder -befolgung von Nonproliferationsverpflichtungen.

Die Reaktion auf solche Verletzungen würde unter allen Umständen Beschränkungen bei schweren oder »offensiven« Waffen erfordern, also jenen Waffensystemen, die in dem neu eingerichteten UN Waffenregister erfaßt werden sollen. Zusätzliche Maßnahmen wären erforderlich, um den Erfordernissen einer besonderen Situation gerecht zu werden. Beispielsweise im Fall von groben Verletzungen der Menschenrechte durch ein diktatorisches Regime, das seinen Zugriff auf die Macht mit Unterdrückung und Einschüchterung aufrecht erhält, müßte ein Exportverbot auch Güter umfassen, die diese Regierung bei der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung benutzen könnte. Im Fall von Nichtanerkennung oder -befolgung von Vorkehrungen zur Nichtweiterverbreitung müßte der Export von strategischen Gütern, Materialien und Technologien untersagt werden.

Schließlich sind Situationen möglich, in denen Beschränkungen von Waffenexporten politisch angeraten oder moralisch wünschenswert erscheinen, aber in denen die Anwendung davon weit über das hinaus geht, was nach dem Völkerrecht erforderlich wäre. Zum Beispiel in einem Fall, in dem die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten hoffen, einen Staat zur Aufgabe der Absicht des Kaufs von Waffen zu bewegen, die ein regionales Gleichgewicht stören könnten, oder sich den Maßstäben verantwortlichen Regierens anzuschließen. Hier könnte die Auferlegung selektiver Exportbeschränkungen genutzt werden, um Druck auf die fragliche Regierung auszuüben.

Liste der betroffenen Länder

Die wirkungsvolle Umsetzung der Kriterien für Waffen- und dual-use Exportkontrollen würde erfordern, daß alle Mitgliedstaaten detaillierte Länderlisten beibehalten, in denen die Richtlinien für Exportgenehmigungen an jeden Staat außerhalb der EG festgelegt werden. Im Detail werden die Richtlinien für jeden Staat sich unterscheiden. Die Kategorien werden sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Es ist dennoch möglich, die Länder in vier verschiedene Gruppen einzuteilen.

Gruppe 1: Staaten, für die alle Arten von Waffen- und dual-use Exporten von den EG Mitgliedstaaten genehmigt würden, wie die Mitglieder von CoCom und Länder wie Neuseeland und die Schweiz.

Gruppe 2: Staaten, für die Exporte einiger Kategorien militärischer und dual-use Güter genehmigt würden, unter strengen Anforderungen an den Endverbleib und Bedingungen für den Wiederexport. Diese Gruppe würde beispielsweise Singapur oder Hong Kong umfassen.

Gruppe 3: Staaten, denen Genehmigungen für bestimmte Kategorien von Waffen und dual-use Gütern verweigert würden. Beispielsweise Staaten in Spannungsgebieten, wie dem Mittleren Osten und Südostasien, würden offensive Waffen verweigert. Staaten, die Verpflichtungen aus Nichtweiterverbreitungsverträgen gebrochen haben (wie Indien, Israel und Pakistan), würden alle »sensitiven« dual-use Güter verweigert.

Gruppe 4: Staaten, an die Waffenexporte und die Lieferung von dual-use Technologien vollständig untersagt würden. Beispielsweise Staaten, die Krieg führen (wie Serbien und Kroatien) oder Staaten im Bürgerkrieg (wie Sudan), ausgenommen diejenigen, die sich nach UN Einschätzung gegen einen Angriff verteidigen; Staaten, die systematisch oder vorsätzlich Endverbleibserklärungen verletzen oder versuchen, von der EG verhängte oder unterstützte Embargos zu umgehen; Staaten in Spannungsgebieten, die sich weigern, an von der UNO eingeleiteten regionalen Sicherheitsverhandlungen oder Vermittlungsbemühungen teilzunehmen (wie Irak und Nordkorea); Staaten, die Terrorismus unterstützen oder dulden (wie Libyen); Staaten, die der groben Mißachtung der Menschenrechte für schuldig erachtet werden (wie Burma und Iran).

Alles in allem würde die strikte Durchsetzung dieser Kriterien den Export einiger Kategorien von Waffen und dual-use Technologien an eine ganze Reihe von Staaten außerhalb der EG zulassen. Exporte von offensiven Waffensystemen würden jedoch für fast alle der zehn größten Waffenimporteure in der Dritten Welt untersagt.

Überprüfung und Durchsetzung

Die Annahme gemeinsamer Waren- und Länderlisten hat wenig Zweck, insofern sie nicht von der Harmonisierung der Durchführungsmaßnahmen begleitet wird. Die Mitgliedstaaten müssen eine gemeinsame Herangehensweise nicht nur bei der Entwicklung der Politik, sondern auch bei deren Durchführung anwenden. In dieser Hinsicht empfiehlt der Bericht:

  • Die Mitgliedstaaten sollten ihre Genehmigungsprozeduren harmonisieren, um der bestehenden großen Bandbreite ein Ende zu setzen. Ohne standardisierte Lizenzen werden Diskrepanzen in der Umsetzung von politischen Entscheidungen auf Gemeinschaftsebene die Effizienz von Kontrollen beeinträchtigen.
  • Die Mitgliedstaaten sollten ihre Bemühungen zur Überprüfung des Endverbleibs verstärken, vermittels der Überprüfung der Ankunft der Waren durch die Zollbehörden des Einfuhrlandes und der Kontrolle der Verwendung von Gütern durch Botschafts- oder Konsulatsangehörige.
  • Einen hohen Ausbildungsstand für das gesamte Personal der mit der Überwachung und Genehmigung befaßten Behörden, mit ausreichend Mitteln, Austauschprogrammen und Koordinierung der Genehmigungsinstanzen durch die zwölf Mitgliedstaaten.
  • Hersteller von Waffen und dual-use Gütern sollten einen ihrer Direktoren als verantwortliche Person für die Befolgung der Exportregeln benennen.
  • Eine EG Exportagentur zur Überwachung des Funktionierens des harmonisierten Exportkontrollsystems sollte eingerichtet werden, die gleichzeitig Expertise und technische Hilfestellung für die Mitgliedstaaten bereitstellt.
  • Die Mitgliedstaaten sollten ihre Strafen, die widerrechtliche Exporte wirtschaftlich unrentabel machen sollten, harmonisieren. Strafen, wie Geldbußen bis zum fünffachen des fraglichen Warenwertes, sollten angesetzt, der gesamte Umsatz einer Transaktion sollte beschlagnahmt werden; eine Mindestdauer für Gefängnisstrafen, entsprechend den gegenwärtig in Deutschland angedrohten, sollte eingeführt werden.
  • Die nationalen Parlamente und das Europaparlament sollten verstärkt in die Beobachtung des Exportkontrollsystems einbezogen werden, inklusive einer Vorabbenachrichtigung und einem parlamentarischen Vetorecht bei Exporten über einem gewissen Schwellenwert. Eine solchermaßen erhöhte Transparenz würde auf Waffenhersteller und Regierungsbeamte auf Abwegen abschreckend wirken.

Zusammenfassung

Zur Erzielung bestmöglicher Ergebnisse müßten die Exportkontrollen der EG, wo immer möglich, mit denen anderer Exporteure harmonisiert werden. Einige multilaterale Regime zur Begrenzung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Raketen und destabilisierenden dual-use Technologien bestehen bereits. Diese Regime müssen verstärkt und ausgedehnt werden. Insbesondere müßte ein wirkungsvolles multilaterales Regime in der Art entwickelt werden, daß es die Verbreitung sensibler und destabilisierender Technologien in Teile der Dritten Welt begrenzt, ohne zivile Entwicklungsprogramme zu behindern. Dies würde »höhere Zäune um weniger Güter« erfordern, bei stärkerer Betonung der Überprüfung des Endverbleibs. Die Verordnung der Kommission könnte, falls sie erheblich verbessert wird, hierzu beitragen.

In Hinsicht auf Rüstungsexportkontrollen ist klar, daß die EG kurzfristig mit anderen großen Lieferstaaten zusammenarbeiten muß. Die NATO und die Bemühungen der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates verbindet Mitgliedstaaten der EG mit den USA, Kanada und China, und CoCom bringt Japan in den konsultativen Prozeß. Darüber hinaus wurden Treffen der G7 1991 und '92 dazu genutzt, um Deutschland, Japan, Kanada und Italien lose in die Bemühungen der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates einzubinden. Das Forum für Sicherheitskooperation der KSZE könnte den Rahmen für die wichtige Zusammenarbeit der EG mit Staaten Mittel- und Osteuropas, sowie GUS-Staaten, abgeben. Wegen ihrer besonderen Verbindungen mit den und Einflußmöglichkeiten auf die Staaten Osteuropas und der GUS ist die EG in einer idealen Position, in diesen Foren eine Führungsrolle zu übernehmen.

Der vollständige Bericht kann bei Saferworld, 82 Colston Street, Bristol BS1 5BB, Tel. 00-44-272-276 435, bezogen werden. Preis: £ 60 für Institutionen, £ 15 für Privatpersonen.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1993/1 Zivil und militärisch, Seite