W&F 1990/3

Exkurs zum Friedensbegriff in der Friedenswissenschaft

von Karlheinz Koppe

Die Debatte über die Spannweite des Friedensbegriffes (und analog dazu des Sicherheitsbegriffes) ist so alt, wie es Friedens- und Konfliktforschung gibt. Unbeschadet oder trotz umgangssprachlicher Begriffsbildungen wie »innerer Friede« und »soziale Sicherheit« wird von vielen Friedensforscherlnnen der Begriff Frieden mehr oder weniger eng auf den Zustand der internationalen Beziehungen bezogen und die damit <->zusammenhängende Sicherheitsproblematik ebenfalls mehr oder weniger eng militärisch/territorial interpretiert. Dies wird nur scheinbar durch den Verweis auf den Gegenbegriff von Frieden, nämlich Krieg, bestätigt, denn schon beim Begriff »Bürgerkrieg« zögern wir, den entsprechenden Gegenbegriff zu benutzen: »Bürgerfrieden«, was in der Tat innerem Frieden und sozialer (innerer) Sicherheit sehr nahe käme. Hilfsbegriffe wie »negativer Frieden«, »positiver Frieden« und »Gerechtigkeit« geben das, was zum Ausdruck gebracht werden soll, nur unvollkommen wider.

Die Wissenschaftlerlnnen, die sich seit Mitte der sechziger Jahre kritisch mit diesem »engen« Friedens- und Sicherheitsverständnis auseinandersetzen und deshalb sich zur »kritischen Friedensforschung« rechnen, haben stets die innere, gesellschaftliche Dimension des Friedens in ihre Analysen und theoretische Reflektionen einbezogen. Ihr Gegenbegriff ist nicht allein Krieg, sondern Gewalt in allen ihren internationalen und innergesellschaftlichen Erscheinungsformen. Galtungs Arbeiten zur »strukturellen Gewalt« haben freilich die Auseinandersetzung enger versus weiter Friedensbegriff nicht beendet, wohl aber – wie ich meine – zu einer fruchtbaren Auseinandersetzung geführt.1 Mit der Zeit haben Friedensforscherlnnnen beide Ansätze bestenfalls als komplementär gelten lassen oder einfach ihren jeweiligen eigenen Ansatz verfolgt, ohne weiter auf diese Auseinandersetzung einzugehen. Nicht zuletzt aufgrund der politischen Rahmenbedingungen und der staatlichen Forschungsförderungspraxis konnten sich die »traditionellen« Ansätze mit einer Fülle empirisch angelegter Untersuchungen durchsetzen.2 Ich habe dies stets für eine Verarmung der Friedensforschung gehalten, die zu einer Vernachlässigung theoretischer Reflektion geführt hat.

Forschung über Ursachen und Bedingungen von Gewalt

Für mich hat es Symbolwert, daß das erste wirklich deutsche friedenswissenschaftliche Kolloquium vom 17. – 19. Juli 1990 in Berlin just in dem Haus am Kleinen Wannsee tagte, in dem 19 Jahre zuvor eine Erklärung verabschiedet wurde, die als eines der Grunddokumente der kritischen Friedensforschung in der Bundesrepublik bezeichnet werden kann. Dort heißt es: „Friedensforschung ist Forschung über Ursachen und Bedingungen von Gewaltanwendung. Sie fragt nach den Möglichkeiten und Grenzen friedfertigen Konfliktverhaltens. Ihre Forschungsstrategie, die die strukturelle Dimension kollektiver Gewalt berücksichtigen muß, ist auf die Verminderung organisierter Gewaltpotentiale sowie kollektiver und individueller Gewaltanwendung gerichtet.“ 3 Auch der Wissenschaftsrat, der zur Gründung der inzwischen wieder aufgelösten Deutschen Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung gutachterlich Stellung nahm, hatte sich ähnlich geäußert: „Sie (Friedensforschung) ist »engagierte Wissenschaft«, die auf Veränderung der bestehenden Verhältnisse gerichtet ist, soweit diese durch Unfrieden und die Austragung von Konflikten mit Gewalt gekennzeichnet sind… Da das Verhältnis der Staaten zueinander mit den inneren Verhältnissen in den Staaten zusammenhängt, und der gesellschaftliche Friede wiederum von der Einstellung der Individuen zueinander und zu ihrem eigenen Leben beeinflußt wird, kann der Frieden nicht nur als ein Phänomen zwischenstaatlicher Beziehungen verstanden werden. Vielmehr muß die wissenschaftliche Erforschung des Friedens einschließlich der sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Strukturen sowie der psychologischen Faktoren erfolgen.“ 4 Bemerkenswert ist, daß der eher traditionellen Denkschemata verpflichtete Wissenschaftsrat die Kategorie »Krieg« und »Bürgerkrieg« durch den weiteren Begriff »Unfrieden« erweitert, um damit gewaltträchtige innergesellschaftliche Konflikte zu bezeichnen, und analog dazu die Kategorie »Frieden« durch den Begriff »gesellschaftlicher Friede«.

Daraus leite ich ab, daß die Auseinandersetzung über den Friedensbegriff für die Friedenswissenschaft unverzichtbar ist. Der Streit um ein enges oder weites Verständnis ist notwendig und darf nicht zugunsten des engen Verständnisses beendet oder auch nur verkürzt werden. Er ist in den letzten Monaten erneut virulent geworden, unter anderem weil – wie ich vermute – die inzwischen schon »klassisch« zu nennende Friedensforschung (in den achtziger Jahren weitgehend synonym mit Rüstungskontrollforschung und Ost-West-Konfliktforschung) durch die politischen Ereignisse obsolet geworden ist, und zwar nicht erst seit dem 3. Oktober oder 9. November 1990.

Friedensforschung und globale Probleme

Die Friedenswissenschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada, aber auch in Finnland und teilweise in Norwegen und Schweden, hat übrigens zu keinem Zeitpunkt eine Entscheidung für einen engen oder weiten Friedensbegriff gesucht. Rund die Hälfte aller friedenswissenschaftlichen Curricula (peace studies) in diesen Ländern rangieren unter dem Begriff der conflict resolution, die nach Lösungsmodalitäten für äussere und innere Konflikte sowie Überwindung von Gewalt (wiederum in allen ihren Erscheinungsformen) sucht. Vor allem werden in diesen Ländern die neuen Bedrohungen in den Bereichen der Wirtschaft und der Umwelt ausdrücklich und intensiv in die Friedensforschung einbezogen. Die Eigenprojekte und Drittmittelbewilligungen des United States Institute for Peace (USJP), das vom Kongreß unterhalten wird (und von dem bei Gründung – zu Unrecht – befürchtet wurde, daß es sich eher in Richtung eines traditionellen Strategieforschungsinstituts entwickeln könnte) beziehen sich auf Konflikte unterschiedlichster Art. Ähnliches gilt für die großen US-amerikanischen Stiftungen (Ford, Rockefeller, Carnegie, MacArthur). Bemühungen, wie sie bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der VW-Stiftung zu erkennen sind, nämlich Friedensforschung auf einen sehr engen Friedens- und Sicherheitsbegriff festzulegen (andere Fragestellungen werden natürlich auch gefördert, dann aber unter Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Ökologie usw.), sind dort unvorstellbar. Das von der kanadischen Regierung in Ottawa unterhaltene Canadian Institute for International Peace and Security (CJJPS) hat in den letzten zwei Jahren den ökonomischen und ökologischen Bedrohungen einen gleichen friedens- und sicherheitspolitischen Rang, wenn nicht sogar einen Vorrang gegenüber militärisch-sicherheitspolitischen Untersuchungen eingeräumt. Schließlich und endlich hat das jüngste Friedensgutachten der drei (bundesrepublikanischen Friedensforschungsinstitute (HSFK, IFSH, FES) ebenfalls die neuen Bedrohungen deutlicher als bisher hervorgehoben. Rüstungskontrolle ist nur noch eins von vier Kapiteln und überdies das letzte. An erster Stelle stehen »Globale Probleme«, eingeleitet mit einer Studie zur »Internationalen Klimakonvention«. Gert Krell schreibt in seinem einführenden Essay: „Die klassische Friedens- und Sicherheitspolitik muß von der Ökologie- und der Entwicklungsproblematik her neu definiert werden.“ 5 Das gilt für die Friedensforschung gleichermaßen, denn sonst entsteht die absurde Situation, daß die Politik zum Vorreiter eines neuen Friedensverständnisses wird und die Wissenschaft nur noch empirisch die politischen Vorgaben nachbereitet. Wer sollte unter solchen Umständen noch Friedensforschung fördern wollen?

Ein denkbares und nach meiner Ansicht notwendiges Einvernehmen darüber, daß der Friedensbegriff nicht enggeführt werden, sondern Gegenstand des wissenschaftlichen Diskurses bleiben sollte, beantwortet freilich nicht einen anderen, pragmatischen Einwand gegen einen allzu ausufernden Friedens- und Sicherheitsbegriff: die Sorge, daß ein weiter Friedensbegriff kaum überschaubar und noch weniger handhabbar sei. Ein(e) Friedensforscherln könne nicht die Fülle aller denkbaren friedensrelevanten Faktoren im Blick haben. Empirische Untersuchungen würden wenn nicht unmöglich, so doch erheblich erschwert. Ein weites Friedensverständnis schließt jedoch nicht aus, daß der/die einzelne Wissenschaftlerln sich einem bestimmten Forschungsbereich zuwendet, um diesen zu analysieren und zu bearbeiten. Andere werden die Verknüpfungen der verschiedenen Ebenen und Felder zum Gegenstand ihrer Untersuchungen machen. Beide können aus ihren jeweiligen Erkenntnissen Schlüsse ziehen und in die theoretische Reflektion einbringen.

Schnittstellenforschung

Das wiederum bedeutet nicht, daß sich Friedensforschung zur Wirtschafts- oder Umweltforschung entwickeln muß. Der Beitrag der Friedensforschung sollte vielmehr darin bestehen, die Schnittstellen zu erkunden, wo beispielsweise wirtschaftliche, ökologische oder gesellschaftliche Erscheinungen und Vorgänge beginnen, den äußeren und/oder inneren Frieden zu gefährden. Das sind vor allem jene Gefährdungen, die grenzüberschreitende Wirkung haben und damit die Interessen von Nachbarstaaten beeinträchtigen. Oft genanntes Beispiel ist neben der Luftverschmutzung (saurer Regen, Treibhauseffekt, Ozonlöcher), die grenzüberschreitende Nutzung von Wasser und Ressourcen (Nil, Euphrat, Jordan, Niger, Ostsee, Nordsee, Tropenwälder, Erdöl – die Besetzung Kuweits durch den Irak wurde – zumindest formaljuristisch – mit dem Anzapfen irakischer Ölfelder durch die Kuweitis begründet). Auch der Rechtsextremismus kann eine friedensgefährdende Dimension annehmen, wenn er durch eine Bedrohung demokratischer Ordnungen oder territoriale Forderungen die internationalen Beziehungen gefährdet. Das gleiche gilt für linksextreme Aktivitäten ebenso wie für ethnisch oder fundamentalreligiös determinierte Spannungen. Der Umgang mit Muslimen oder Staatsangehörigen von Dritte-Welt-Ländern in den Industriestaaten kann unter Umständen die sowieso schon latent gespannten Nord-Süd-Beziehungen verschärfen. In allen diesen Fällen kann die Friedenswissenschaft auf Expertisen der relevanten Disziplinen zurückgreifen oder sich um Kooperation mit diesen bemühen, um die friedenspolitische (in den meisten Fällen potentiell friedens- und sicherheitsgefährdende) Dimension solcher Vorgänge zu untersuchen und in vielen Fällen überhaupt erst sichtbar zu machen. So erscheint mir beispielsweise eine kritische Überprüfung der Europäischen Gemeinschaft auf ihre internationale (und vielleicht sogar europäische) Friedensverträglichkeit hin überfällig, nachdem über Jahrzehnte hinweg die friedensstiftende Wirkung der Integration einfach unterstellt und nie hinterfragt wurde.

Verträglichkeitsforschung

Damit komme ich neben dem, was ich mit Schnittstellenforschung als einer wichtigen Aufgabe der Friedenswissenschaft bezeichne, zu einem weiteren Begriff, der helfen kann, sich dem Friedens- und Sicherheitsbegriff zu nähern: Verträglichkeitsforschung. Den Begriff der Verträglichkeit als friedensrelevantes Kriterium haben Christine und Ernst Ulrich von Weizsäcker eingeführt, als sie über die „Irrtumsverträglichkeit“ (Fehlerfreundlichkeit) technologischer Systeme schrieben. 6 Dies gilt in allererster Linie sowohl für Atomwaffen wie auch für die Atomkraft als solche, aber ebenso für jeden Eingriff in die natürliche Umwelt. Danach muß ein System so gestaltet werden, daß auch ein Irrtum oder ein Fehler keine irreversiblen Folgen auslöst, etwa einen »GAU« wie in Tschernobyl oder im Extremfall die Zerstörung der Zivilisation oder der Schöpfung überhaupt. Ich habe zu diesem Zweck ein Raster von »Verträglichkeiten« entworfen, das bei der wissenschaftlichen Bewertung der Friedensrelevanz von Verhaltensweisen und Vorgängen helfen kann.

Bedingungen für eine friedensverträgliche Sicherheitspolitik

Das Friedens- und Sicherheitsverständnis in den neunziger Jahren muß anderen Kriterien als das herkömmliche Sicherheitsverständnis standhalten. Es muß unter anderem folgendes leisten:

  1. Es muß friedensverträglich sein. Das heißt: es muß auf der Ebene der allgemeinen Wahrmehmung mindestens die gleiche, tatsächlich aber mehr Sicherheit gewährleisten; die Bevölkerung muß die Gewißheit haben, daß selbst einschneidende Abrüstungsmaßnahmen ihre Sicherheit nicht mindern, sondern erhöhen.
  2. Es muß international verträglich (partnerverträglich) sein. Das heißt: es muß allen Gliedern des internationalen Systems gleiche Sicherheit gewährleisten; der in Europa entwickelte Ansatz der gemeinsamen Sicherheit muß auf die Nord-Süd-Beziehungen und die Süd-Süd-Beziehungen ausgeweitet werden. Gleiche Sicherheit ist nicht quantitativ mit Blick auf Truppenstärken und Bewaffnung zu verstehen, sondern im Hinblick auf die Wahrnehmung von Sicherheit, auf das Sich-sicher-Fühlen.
  3. Es muß irrtumsverträglich (fehlerfreundlich) sein. Das heißt: die Risiken der derzeitig praktizierten Sicherheitspolitik müssen erkennbar gemindert werden; Verzicht auf atomare (bakteriologisch-biologische und chemische) Abschreckung, Reduzierung konventioneller Streitkräfte und Rüstung, sowie Verzicht auf die Militarisierung des Weltraums, auf weitere atomare Testexplosionen und auf Rüstungsexporte.
  4. Es muß wirtschafts- und sozialverträglich sein. Das heißt: Ressourcen für den Abbau asymmetrischer Beziehungen in der Weltwirtschaftsordnung und die Schaffung weltweiter und innerstaatlicher sozialer Gerechtigkeit müssen freigesetzt werden; Maßnahmen zur Überwindung der weltweiten Arbeitslosigkeit, der Verelendung in der Zweidrittelwelt, der Verschuldung der Entwicklungsländer, der neuen Armut in den Wohlstandsregionen.
  5. Es muß umwelt- und zukunftsverträglich sein. Das heißt: Verzicht auf weiteren Raubbau und weitere Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung zu Lasten kommender Generationen und Einsatz aller Ressourcen für die Erhaltung und in vielen Fällen Wiederherstellung der natürlichen Lebensbedingungen (Vorrang umweltschonender und risikoarmer Energieformen, umweltgerechter und ausreichender Nahrungsproduktion).
  6. Es muß zivilisationsverträglich sein. Das heißt: es muß der zunehmenden gewalt- und technologiebedingten Entfremdung (Stress) des Menschen entgegensteuern, die Menschenrechte achten sowie der Lage der Frauen, der Kinder, der Alten, der Behinderten und der Minderheiten jeder Art gerecht werden.
  7. Es muß konfliktverträglich sein. Das heißt: es muß Raum für den gewaltfreien Austrag von Konflikten schaffen, die durch unterschiedliche Prioritätensetzungen und Interessenwahrnehmungen sowie wirtschaftliche, soziale, ethnische, religiöse und kulturelle Spannungen immer wieder entstehen.
  8. Es muß global ordnungsverträglich sein. Das heißt: es muß die sicherheitswahrenden Funktionen und Kompetenzen internationaler und regionaler Organisationen verstärken und ausbauen (System der Vereinten Nationen u.a.).
  9. Es muß transitionsverträglich sein. Das heißt: es muß den Übergang von der herkömmlichen Sicherheitspolitik mit vorrangig militärischen Mitteln zu einer Sicherheitspolitik deutlich machen, die sich auf weitgehend gewaltfreie und kontrollierte politische Macht stützt, die wiederum auf internationale Verteilungsgerechtigkeit und Bewahrung der Umwelt ausgerichtet ist.

Anmerkungen

1) Ein Beispiel für die Hilflosigkeit bei der Begriffsbestimmung liefert E.0. Czempiel: „Wie beispielsweise die Diskussion um die Neue Weltwirtschaftsordnung zeigt, wird von einigen Ländern der Dritten Welt sogar als 'Gewalt' der Industriestaaten empfunden, was aus deren Perspektive sich so überhaupt nicht darstellt. Ein industriell hochentwickelter Staat, der im internationalen Wirtschaftssystem seine Standortvorteile wahrnimmt, übt sicher keine Gewalt aus, wenn er durch die Ausnutzung seiner Vorteile anderen Ländern wirtschaftliche Möglichkeiten nimmt und dadurch Hunger und Armut bewirkt. Hier hat also ein Verhalten, das beim besten Willen nicht als Gewalt bezeichnet werden kann, Folgen, die auf der Adressatenseite zu Recht als gewaltsam angesehen werden. Das herkömmliche Friedensverständnis endet hier sowieso; wahrscheinlich wird deswegen die internationale Politik der Gegenwart, vor allem im Nord-Süd-Bereich, nicht als Friedensproblem angesehen.“ Czempiel, Ernst-Otto, Friedensstrategien – Systemwandel durch Internationale Organisationen, Demokratisierung und Wirtschaft, Paderborn 1986, Seite 49 f. Inzwischen wird solches Verhalten tatsächlich als eine Form von Gewalt interpretiert, die Frieden und Sicherheit international und innerstaatlich gefährdet. Zurück

2) Hierzu hat Dieter Senghaas eine einleuchtende Deutung gefunden: „Rüstungen – so lautet der Befund am Ende des Kapitels zur Abschreckungsproblematik – verschlingen nicht nur finanzielle Mittel; sie sind auch zum Nachteil der politischen Debatte über die Möglichkeiten und Grenzen einer politischen Friedensgestaltung 'aufmerksamkeitsfressend'. Mit dem vorliegenden Buch möchte ich nicht von der Abschreckungs- und Rüstungsanalyse ablenken … aber seine Absicht ist es sehr wohl, die Aufmerksamkeit auf Probleme umzulenken, die – wenigstens nach meiner Beurteilung – zur Zeit die wesentlichen sind: auf die langfristigen politischen Probleme der Friedensgestaltung, bei denen es sich auch um weltordnungspolitische handelt. Mit ihnen sich zu beschäftigen scheint mir wichtiger zu sein, als – wie in der Friedensdiskussion üblich geworden – hinter den immer wieder neuesten Rüstungsrunden herzuhecheln.“ Senghaas, Dieter, Die Zukunft Europas – Probleme der Friedensgestaltung, Frankfurt 1986, Seite 17 f. Die Feststellung von Senghaas trifft leider nicht nur auf die Friedensdiskussion zu, sondern im gleichen Maße auch auf die (bundesrepublikanische) Friedensforschung. Zurück

3) Erklärung zur Friedensforschung, in: Senghaas, Dieter (Hg), Kritische Friedensforschung Frankfurt 1971, Seite 416 ff. Zurück

4) Gutachten des Wissenschaftsrates vom Mai 1970, Auszüge in: Dokumentation zur Tätigkeit der Deutschen GeseUschaft für Friedens- und Konfliktforschung 1970-1983, Eigenveröffentlichung der DGFK, Bonn 1983, Seite 13 ff. Zurück

5) Gert Krell, Egon Bahr und Johannes Schwerdtfeger (Hrsg.), Friedensgutachten 1990. Münster 1990. Die Bemerkung von Krell findet sich auf Seite 24. Zurück

6) Christine und Ernst Ulrich von Weizsäcker, Fehlerfreundlichkeit, in: Klaus Kornwachs (Hg.), Offenheit, Zeitlichkeit, Komplexität. Zur Theorie offener Systeme. Frankfurt am Main 1984. Zurück

Karlheinz Koppe ist Leiter der Arbeitsstelle Friedensforschung in Bonn (AFB).

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1990/3 Die Krise am Golf, Seite