Ein hoffnungsvoller Trend
Friedensverhandlungen
von Manuela Nilsson
Friedensverhandlungen, also Dialoge zwischen Akteuren als Alternative zur fortgesetzten gewaltsamen Lösung ihrer Probleme miteinander, kommen als Konfliktlösungsmechanismus immer häufiger zum Einsatz. Im 19. und noch bis ins späte 20. Jahrhundert endeten bewaffnete Auseinandersetzungen überwiegend mit dem Sieg einer Seite, nur 15-20% durch Friedensverhandlungen. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurden aber schon mehr als 50% aller Bürgerkriege, die häufigste Form gewaltsamer Konflikte, am Verhandlungstisch beendet (Bell 2006), und Zweidrittel dieser Verhandlungen führten auch wirklich zum Frieden (Joshi und Quinn 2015). Die Forschung und vor allem Praxis der Friedensverhandlungen haben aber noch einen langen Weg vor sich, denn bisher bringen Friedensverhandlungen im Vergleich immer noch einen weniger haltbaren Frieden als militärische Siege (DeRouen et al. 2010). Der längerfristige Trend berechtigt aber zur Hoffnung, dass Verhandlungen in Zukunft eine immer größere Rolle spielen werden.
Friedensverhandlungen spielen seit Jahrzehnten eine immer prominentere Rolle bei der Beendigung von Kriegen, obwohl der Kalte Krieg eigentlich keine günstige Kulisse für den Akt des Dialoges bot: Eine Welt, die auf der Vorstellung eines »Nullsummenspiels« basierte und in gegensätzliche und als unvereinbar aufgefasste Narrative der Vergangenheit, Vorstellungen der Gegenwart und Hoffnungen für die Zukunft aufgeteilt war, ließ für Dialog wenig Raum. Im Lichte der Erfahrung mit Verhandlungen vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden Kompromisse außerdem als »appeasement« abgelehnt.
Friedensverhandlungen können zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen und münden bei weitem nicht immer in einen Friedensvertrag, der – so zumindest die Erwartung – einen gewaltsamen Konflikt beendet. Die Akteure halten schriftlich einen Konsensus fest, der die zwischen ihnen bestehenden Konfliktpunkte konstruktiv analysiert und Lösungen bereitstellt, die für die Kontrahenten akzeptabel sind. Das gilt auch, wenn nicht allen Interessen, Wünschen und Vorstellungen, die an den Verhandlungstisch gebracht wurden, entsprochen werden konnte. Wird in den Verhandlungen nicht für alle wesentlichen Streitpunkte eine Lösung gefunden, welche die Kosten des Friedens gegen die der bewaffneten Auseinandersetzung aufwiegen, dann ist dieser Frieden oft auf lange Sicht nicht haltbar, und es kommt zu erneuten gewaltsamen Auseinandersetzungen.
Struktur und Phasen
Friedensverträge können verschiedene Formen annehmen, je nachdem, welche Zwecke sie erfüllen sollen – solange sie die Bewegung zum Frieden hin in Gang halten. Häufig ist eine Waffenruhe Teil des Friedensvertrages, obwohl diese oft erst in der letzten Verhandlungsphase vereinbart wird, weil die Konfliktakteure nicht bereit sind, ihren Anspruch auf Gewaltanwendung aus der Hand zu geben, bevor sie ihre Ziele am Verhandlungstisch erreicht haben.
Eine Waffenruhe ist eine wichtige Teilbestimmung eines Friedensvertrages, aber sie stellt noch keine Lösung für die eigentlichen Probleme dar, die den Konflikt gewaltförmig werden ließen. Nur in sehr wenigen Fällen, wie im Krieg zwischen Iran und Irak in den 1980er Jahren, brachte eine Waffenruhe Frieden oder wenigstens die Abwesenheit von Gewaltakten zwischen den Akteuren. Wie das Beispiel Kolumbien vor Augen führt, sind Waffenruhen Gespinste, deren Fragilität die Akteure in laufenden Friedensverhandlungen oft harten Prüfungen aussetzt (siehe dazu »Den Frieden verhandeln im Krieg – Der Fall Kolumbien« von José Armando Cárdenas Sarrias in diesem Heft). Heutzutage werden die meisten Friedensverhandlungen konstant von Gewaltakten begleitet, wodurch sich das Misstrauen zwischen den Verhandlungsparteien noch erhöht. Allerdings können Gewaltakte die Friedensverhandlungen auch vorantreiben, indem sie die Gegner an die Kosten und Risiken eines fortgesetzten Konfliktes erinnern (Höglund 2008). Das Gewaltniveau steigt häufig in der schwierigen Implementationsphase von Friedensverträgen sogar noch weiter an (Darby 2006).
Friedensverhandlungen beginnen in den meisten Fällen mit einer Vorverhandlungsphase, in der Bedingungen, Akteure, Verhandlungspunkte, Tagesordnung und technische Details des Dialoges bestimmt werden. Diese Vorverhandlungsphase kann eine lange Zeit in Anspruch nehmen, wie an dem Beispiel Israel-Ägypten in den 1970er Jahren gut zu beobachten war, und ist oft eine erste Fühlungnahme zwischen den Konfliktakteuren. Gibt es bereits Schwierigkeiten im Verlauf der Vorverhandlungen, sind die eigentlichen Verhandlungen problembehaftet und finden oft gar nicht mehr statt. Drittparteien mit einem starken Interesse an einer friedlichen Beilegung des Konfliktes sind oftmals notwendig, um Vorverhandlungen überhaupt zustande zu bringen.
Normalerweise gehen auch die eigentlichen Friedensverhandlungen durch verschiedene Phasen; in Übergangsabkommen werden die zu unterschiedlichen Zeiten erreichten Lösungen festgehalten. Selbst wenn diese Teilabkommen oft nur einen Konsensus über den eigentlichen Verhandlungsprozess dokumentieren oder einfach nur das Vertrauen aller Beteiligten in die Friedensverhandlungen als Methode der Konfliktlösung unterstreichen, so sind sie für einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen oft grundlegend. Nur wenige Friedensverhandlungen enden mit einem einzigen, alle Punkte umfassenden Dokument. Häufig sind vielmehr die Ergebnisse der Übergangsabkommen in einem abschließenden Gesamtvertrag zusammengefasst. Diesem folgt meist noch ein Vollzugsvertrag, der die im Friedensvertrag festgelegten Bestimmungen in ihrer Ausführung detailliert fixiert. Unzählige Beispiele haben gezeigt, dass die Sorgfalt, die auf diese Ausführungsbestimmungen verwandt wird, wesentlich zum Gelingen des Friedens beiträgt.
Alle Friedensverträge sind Teil des Völkerrechts und müssen von allen Beteiligten, den Konfliktakteuren sowie den internationalen und nationalen Beobachtern (unter denen heutzutage oft auch nicht-staatliche Organisationen sind), unterzeichnet werden. Manchmal, wie im Friedensvertrag von 2005 zwischen den damals noch zu einem Staat gehörenden Teilen Sudans, sichert der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einen Friedensvertrag durch Kapitel VII der UN-Charta ab, um die Basis des vereinbarten Friedens noch zu verstärken.
Haben Friedensverhandlungen ein erfolgreiches Ende genommen, so heißt das dennoch bei weitem nicht immer, dass die Vereinbarungen auch sofort – oder in allen Teilen – umgesetzt werden, selbst wenn die so lange geplagte Bevölkerung das fordert und erwartet. Oft führt Frustration über nicht umgesetzte Verhandlungspunkte zu erneuten gewaltsamen Auseinandersetzungen.
Den Verhandlungen über die substantiellen Konfliktpunkte folgt oft noch eine Runde interner Verhandlung mit den staatlichen Institutionen, z.B. dem Parlament, damit eine Ratifizierung des Vertrages diesen auch auf nationaler Ebene absichert oder damit die im Vertrag festgesetzten Bestimmungen auch in die Verfassung miteinbezogen werden. Außerdem muss die Bevölkerung des betroffenen Landes mit von der Partie sein, weshalb im Fall des nordirischen Karfreitagsabkommens Ende der 1990er Jahre die Zustimmung des Volkes über eine Volksabstimmung eingeholt wurde. Sind Parteien, Teile der Bevölkerung oder organisierte innerstaatliche Akteure nicht mit dem Vertrag einverstanden, so kann der Frieden nicht gesichert werden, wie das Beispiel der Mindanao-Verhandlungen auf den Philippinen in den 1990er Jahren zeigt (siehe dazu »Ein nachhaltiger Friedensprozess? Innovatives Potential in den Mindanao-Friedensverhandlungen« von Jan Pospisil und Johanna Rodehau-Noack in diesem Heft).
Selbst wenn der Friedensvertrag endlich durch Ratifikation und Konsensus gesichert scheint, ist sein Vollzug durch die nachfolgenden Regierungen nicht garantiert, wie die erfolglosen Verhandlungen im Nahen und Mittleren Osten oft genug unterstreichen.
Verhandlungsformen
Konfliktakteure sind meist nur dann zu Friedensverhandlungen bereit, wenn sie einsehen, dass sie ihre Ziele ohne eine Übereinkunft mit der anderen Seite nicht erreichen können und dass die derzeitige Situation auf Dauer nicht zu halten ist. Dieser Zeitpunkt der Verhandlungsreife wird selten von allen Gegnern zur gleichen Zeit erreicht und deshalb manchmal von Drittparteien durch eine Mischung von »Zuckerbrot und Peitsche« herbeigeführt, die auch in militärischen Interventionen münden kann. Allerdings haben solche Eingriffe bisher wenig dazu beigetragen, nachhaltig Frieden und Demokratie zu sichern (Pickering und Peceny 2006). Manche Konflikte überleben lange in einem von sporadischen Gewaltakten durchsetzten Limbus-Stadium, das nur dadurch nicht zu einer manifesten Auseinandersetzung eskaliert, weil die Konfliktakteure, wie im Kaschmirkonflikt zwischen Indien und Pakistan, gelegentlich Maßnahmen ergreifen, die die Kooperation und Kommunikation miteinander und das Vertrauen zueinander fördern, auch wenn die Wurzeln des Konfliktes selbst unangetastet bleiben.
Sind in einem Konflikt direkte Verhandlungen zwischen Gegnern möglich, dann sind sie oft die beste Methode zu einem schnellen Erfolg. Meist finden direkte Verhandlungen allerdings zwischen Gegnern statt, die ein recht unterschiedliches Machtniveau haben, und können deshalb zu Verhandlungsergebnissen führen, die zumindest auf lange Sicht erfolglos bleiben, weil nicht alle Akteure ihre Hauptinteressen berücksichtigt sehen. Direkten Verhandlungen geht oft die militärische Niederlage einer Seite voraus, wie im Fall des Bürgerkrieges in Angola im Jahr 2002. Eine Einmischung von Drittparteien wird bei direkten Friedensverhandlungen nicht geduldet, da diese häufig – und oft zu Recht – unter dem Verdacht stehen, hauptsächlich ihre eigenen Interessen zu verfolgen.
Nicht immer sind direkte Verhandlungen zwischen Konfliktakteuren die beste oder überhaupt eine mögliche Form des Dialoges. In bis zu 50% aller Krisen werden daher heutzutage die Dienste einer Drittpartei in Anspruch genommen. Im Vergleich zu Verhandlungen ohne Drittpartei ist die Wahrscheinlichkeit fünfmal höher, ein Abkommen abzuschließen, und die Chancen sind fast zweieinhalbmal größer, die Spannungen langfristig abzubauen (Squaitamatti und Hellmüller 2012).
Der Einfluss von Drittparteien auf Friedensverhandlungen variiert sehr. Drittparteien können Verhandlungen einleiten, indem sie Botengänge zwischen den Konfliktparteien erledigen (shuttle diplomacy) und die nötigen Voraussetzungen für die eigentlichen Verhandlungen auf neutralem Gebiet schaffen, sie können als Vermittler fungieren oder den Schiedsrichter darstellen. Solche Rollen werden vorwiegend von den Vereinten Nationen oder regionalen Organisationen übernommen. Manchmal aber greifen auch prominente Privatpersonen oder Vertreter religiöser Gruppen als Mediatoren in Konflikte ein, und oft mit größerem Erfolg als die erstgenannten. Oft versucht man auch Konflikte, die ganze Regionen bedrohen, z.B. den Syrienkonflikt, durch internationale Friedenskonferenzen zu beenden. Allerdings ist hier die Erfolgsquote nicht sehr hoch, wie die Afghanistankonferenzen der letzten Jahre gezeigt haben.
Oft werden Verhandlungen zwischen den primären Konfliktakteuren von weiteren Verhandlungen auf unterschiedlichen Ebenen begleitet. Bei dieser so genannten »citizen« oder »multi-track diplomacy« handelt es sich um Verhandlungen zwischen Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen der Konfliktparteien, die entweder in Workshops ihre Feindbilder aufarbeiten, um Spannungen abzubauen, Verständnis für die andere Seite aufzubauen und den Versöhnungsprozess anzutreiben, oder konkrete Konfliktlösungen finden, die in den Hauptverhandlungen übersehen wurden, wie das Beispiel der Oslo-Verhandlungen zur Krise im Nahen und Mittleren Osten in den 1990er Jahren zeigt.
Akteure
Wer am Verhandlungstisch sitzt, ist für den zu verhandelnden Frieden ausschlaggebend. Oft werden die direkten Konfliktakteure – in den meisten Bürgerkriegen sind das Vertreter der Staatsmacht und bewaffnete Gruppen, die politische, wirtschaftliche, religiöse, soziale oder kulturelle Veränderungen fordern – von »stakeholder« und Drittparteien begleitet. Stakeholder sind Akteure, die zwar nicht als bewaffnete Gegner in die Auseinandersetzung eingreifen, deren Interessen aber durch die Auswirkungen des Konfliktes direkt berührt werden. Diese Gruppe kann z.B. multinationale Konzerne, Umweltschutzgruppen, Fachvereinigungen oder auch andere Länder, besonders Nachbarländer, umfassen. Nicht immer sind alle Stakeholder an einem friedlichen Ende des Konfliktes interessiert, weil manche ihre Interessen in einer Kriegssituation besser verfolgen können. Eine negative Konfliktumgebung dieser Art kann für Friedensverhandlungen katastrophale Auswirkungen haben (Stedman 2002).
Die Auswahl der Verhandlungsparteien ist deshalb von besonderer Bedeutung, und Friedensforscher sind sich bisher nicht einig, ob exklusive oder inklusive Verhandlungen einen größeren Erfolg versprechen (Paffenholz 2014; Zanker 2014). Vertreter der inklusiven Seite argumentieren, die Einbeziehung aller von einem Konflikt betroffenen Gruppen sei eine Grundvoraussetzung für das Engagement aller für die Implementierung der Vertragspunkte und damit für einen haltbaren Frieden. Sie plädieren besonders dafür, Frauen und Vertreter von Bürgervereinigungen in die Verhandlungen einzubeziehen, und beklagen, dass oft nur die Akteure am Tisch sitzen, welche die Macht und den Einfluss haben, die verhandelten Punkte in die Tat umzusetzen oder, im Fall so genannter »spoiler«, selbige zu boykottieren (Anderlini 2007; Nilsson 2012). Andererseits führten exklusive Verhandlungen, die meist auch wesentlich weniger öffentlich durchgeführt werden, besonders in Lateinamerika oft zu erfolgreicheren Resultaten (Kurtenbach 2012).
Drittparteien sind in fast allen Friedensverhandlungen vertreten. Sie fungieren nicht nur als Vermittler, sondern sind in den meisten Konflikten auch hilfreich, um den Frieden zu garantieren, indem sie den Vollzug der Vertragsbestimmungen überwachen und wichtige Teile davon entscheidend mitfinanzieren. Drittparteien werden vor allem dann zu einem unvermeidlichen Bestandteil von Friedensverhandlungen, wenn die Verhandlungsparteien kulturell so unterschiedlich sind, dass ihre politisierten Gruppenidentitäten zur Dämonisierung der anderen Seite führen (cultural othering) und so den konstruktiven Dialog blockieren. Hier müssen Drittparteien oft als kulturelle Vermittler fungieren. In der Regel sind Verhandlungen zwischen Akteuren ähnlicher Kulturen einfacher und erfolgreicher. »Cultural othering« kann dazu führen, dass Friedensverhandlungen in einem Teufelskreis des Missverständnisses enden. Eine bewusst durchgeführte Suche nach der Erfüllung gemeinsamer Interessen kann »cultural othering« übertönen und aus Gegnern Kooperationspartner machen (Starkey, Boyer und Wilkenfeld 2010).
Ziele
Wie lange Drittparteien, besonders wenn es sich um hoch entwickelte, westliche Länder handelt, nach dem Friedensprozess im Land bleiben sollten, wie sehr sie in den Entwicklungsprozess der Nachkriegszeit eingreifen sollten und welche Art Frieden am Ende im Land herrscht, sind heiß diskutierte Themen der Friedensforschung (Richmond 2005; Paris 2004; Duffield 2001). Auf der einen Seite werden Drittparteien oft angeklagt, ihre im Friedensvertrag als Garanten übernommenen Verpflichtungen nicht bis zum Ende durchzuführen; auf der anderen wird ihnen vorgeworfen, anderen Völkern ihre eigene Art von Frieden, den liberalen Frieden der westlichen Welt, aufzuzwingen, um demokratische Systeme nach westlichem Vorbild und Wirtschaftsstrukturen zu schaffen, die besonders ihnen selbst zu Gute kommen. Neuerdings sprechen Forscher von einem »hybrid peace«, einem Kompromiss zwischen internationalen und lokalen Friedensvorstellungen und -durchführungen (MacGinty 2010).
Letztendlich ist die Frage, ob Friedensverhandlungen erfolgreich waren, ob sie also wirklich Frieden geschaffen haben, nur von der betroffenen Bevölkerung zu beantworten. In vielen langwierigen Konflikten sind die Gründe für die gewaltsamen Auseinandersetzungen da zu finden, wo der norwegische Soziologe Johan Galtung, einer der Väter der heutigen Friedensforschung, von »struktureller Gewalt« spricht: in den unterdrückenden und diskriminierenden politischen, religiösen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen, die in einer Gesellschaft vorherrschen. Bekennen sich alle Verhandlungsparteien zur Notwendigkeit von Reformen, können Friedensverhandlungen eine wichtige Basis für eine bessere Zukunft bringen.
Viele der heutigen Konfliktakteure, wie Boko Haram in Nigeria und ISIS im Nahen und Mittleren Osten und im Norden Afrikas, stellen die Friedensforschung allerdings vor neue Herausforderungen. Sie werfen die Frage auf, ob sich Friedensverhandlungen mit Gruppen, die eine völlig neue, mit der in der westlichen Welt vorherrschenden Vorstellung von Demokratie und Menschenrechten nicht zu vereinbarende staatliche Ordnung einfordern und zudem zu einem Kompromiss nicht bereit zu sein scheinen, überhaupt lohnen (siehe dazu »Verhandeln nicht immer eine Option« von Jochen Hippler in diesem Heft). Solchen Akteuren Gewalt entgegenzusetzen, scheint in diesen Situationen des Zwiespaltes zwischen Prinzipien und Moral auf der einen und Pragmatismus auf der anderen Seite manchmal die einzig denkbare Reaktion zu sein.
Gewaltsame Interventionen brachten allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg nur in den allerwenigsten Fällen eine nachhaltige Verbesserung der Situation, wie die Interventionen in Afghanistan, Irak und Libyen zeigen. Die grundliegenden Konflikte werden durch solche Eingriffe nicht gelöst, daher kann der Frieden auf Dauer nicht gesichert werden. Beispiele wie Liberia, Angola, Afghanistan und Sierra Leone zeigen vielmehr, dass Dialoge und Abkommen mit so genannten schwierigen Akteuren heutzutage sogar recht häufig vorkommen. Obwohl risikoreich, sind sie doch eher Zeichen realistischer Machteinschätzung aller Beteiligten und können den Frieden schrittweise näherbringen, auch wenn sie nicht allen Idealvorstellungen entsprechen (Wennmann 2014). Friedensverhandlungen sind deshalb immer noch der pragmatischste Weg zu haltbarem Frieden.
Literatur
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Franzsika Zanker (2014): Legitimate Representation – Civil Society Actors in Peace Negotiations Revisited. International Negotiation 19(1), S.62-88.
Dr. Manuela Nilsson ist Assistant Professor im Department of Peace and Development Studies der Linnaeus University in Vaxjö, Schweden. Sie lehrt und erforscht insbesondere Peacebuilding nach gewaltsamen Konflikten mit Schwerpunkt auf der Nachhaltigkeit von Friedensabkommen und Versöhnungsprozessen in Lateinamerika.