• Archiv
  • Alle Ausgaben
  • 1988/1
  • Artikel: Japanische Wissenschaftlerbewegung gegen SDI und Militärforschung (I)
W&F 1988/1

Japanische Wissenschaftlerbewegung gegen SDI und Militärforschung (I)

Militärforschung und die japanischen Wissenschaftler

von Zenshiro Hara

1. Wissenschaftler und Zweiter Weltkrieg

In Japan wurden zahlreiche akademische Gesellschaften in den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften auf autonomer Grundlage seit den zwanziger Jahren gegründet und trugen zur Erreichung eines hohen Niveaus der Ausbildung in kurzer Zeit bei. Nach der Gründung des Forschungsinstituts für Nationalkultur durch das Erziehungsministerium 1929 jedoch wurden viele Richter, Wirtschaftswissenschaftler und Historiker von den Universitäten wegen ihrer wissenschaftlichen Methode vertrieben, und nicht wenige der führenden Wissenschaftler wurden unterdrückt, weil sie als Kommunisten angesehen wurden. Seit 1940 wurde der wissenschaftliche Charakter der Sozial- und Humanwissenschaften selber verneint. In solch politischem Klima mußten die vertriebenen Wissenschaftler ihre Arbeit im Untergrund fortsetzen.

In den Naturwissenschaften wurde andererseits der große Zuwachs der Finanzmittel von der Militärforschung und den großen Labors in den Universitäten und Forschungsinstituten verbraucht. Daneben hatte das Erziehungsministerium einen Forschungspool und eine Institution -„Wissenschaftlicher Forschungsrat“ genannt -, die ermächtigt war, Themen auszuwählen, die durch den Pool gefördert werden sollten. Die Mitglieder des Rates wurden nominiert durch den Erziehungsminister entsprechend den Empfehlungen des Rates selber. In den Dokumenten des Rates 1945 können wir folgende Namen für Spezialkommissionen des Rates finden: Tropenmedizin, akustische Waffen, Treibstoffe für die Luftfahrt, Waffen für die generelle Zivile Bewaffnung, magnetische Waffen, Röntgen etc. All diese Themen waren auf den Krieg bezogen. Sogar eine Studie über Atombomben wurde durchgeführt; davon später mehr.

Während eine große Mehrheit der Naturwissenschaftler in solcher Militärforschung engagiert war, begann eine kleine Gruppe von Physikern, wie Prof. Sakata bspw., auf dem Feld der Elementarteilchen-Physik, wo der internationale Austausch vor dem Krieg in Blüte stand, über die soziale Verantwortung der Wissenschaftler unter dem Einfluß der antifaschistischen Bewegung unter europäischen Wissenschaftlern nachzudenken. Mit der Niederlage des japanischen Militarismus, besonders durch die Aufhebung des Gesetzes über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, erlangte das japanische Volk die Freiheit der Rede und des Geistes. Besonders durch die „Friedenskonstitution“ wurden die notwendigen Bedingungen für die freie wissenschaftliche Forschung geschaffen. 1946, direkt nach der Niederlage, wurde die Vereinigung Demokratischer Wissenschaftler gegründet, die einen Beitrag zur demokratischen Umwälzung Japans durch die Wissenschaftler leisten wollte. Sie trug sehr viel zur Wiederherstellung der Wissenschaften bei, die während des Krieges zerstört oder in Stagnation gehalten wurden, zur Demokratisierung der akademischen Gesellschaften und zur Gründung des Wissenschaftsrates.

Die Vereinigung schloß sich der Weltföderation der Wissenschaftler 1954 an und machte Anstrengungen, um die Idee der sozialen Verantwortung der Wissenschaftler unter den japanischen Wissenschaftlern und Ingenieuren auszubreiten. Währenddessen wandelte sich die US-Politik bezüglich Japans. Sie richtete sich darauf, Japan als untergeordneten militärischen Verbündeten wiederaufzubauen und Japan in eine konfrontative Rolle zu den sozialistischen Ländern zu bringen. Als ein Resultat davon, besonders nach 1950, wurden die Bewegungen für eine demokratische Revolution scharf unterdrückt. Dies war der Hauptgrund, weshalb die Vereinigung Demokratischer Wissenschaftler ihre Mitglieder rasch verlor und schließlich ihre Funktion als nationale Wissenschaftlerorganisation einbüßte.

2. Die Weigerung, an Militärforschung mitzuwirken

Der Wissenschaftsrat Japans wurde 1949 gegründet als eine halbstaatliche Einrichtung, so daß sich der Gesamtwille der japanischen Wissenschaftler in der Politik der Regierung widerspiegeln konnte. Die Art, in der insgesamt 210 Mitglieder des Rates durch das Votum der ausgewiesenen Wissenschaftler gewählt wurden, war wirklich demokratisch, möglicherweise ohne Vorläufer in der Weltgemeinschaft der Wissenschaftler.

Am dritten Tag seiner Gründungsversammlung (22.1.1949) wurde „was und wie Wissenschaft und Wissenschaftler sein sollten“ ernsthaft diskutiert. Nahezu alle Mitglieder stimmten darin überein, daß die japanischen Wissenschaftler die kriegerische Aggression nicht verhindern konnten, besonders weil sie an der Freiheit der Rede gehindert wurden. Auf der anderen Seite – was die Kooperation der Wissenschaftler im Kriege anbetrifft – hatten einige Mitglieder die Auffassung, daß im Falle eines Krieges es für die Wissenschaftler nur natürlich wäre, die Regierung in ihren Anstrengungen zu unterstützen. Möglicherweise deshalb wurde ein Statement bei der Mehrheit akzeptiert, das folgende Sätze enthielt: „Wir nutzen die Gelegenheit, nach eingehender Betrachtung der Verhaltensweisen unserer Wissenschaftler in der Vergangenheit, zu schwören, daß unsere zukünftigen Anstrengungen auf Beiträge zur friedlichen Rehabilitierung unseres Landes und zum Fortschritt der Wohlfahrt der Menschen gerichtet sein werden … Wir sind daher fest entschlossen, unser Äußerstes für die Verteidigung der Freiheit des Geistes und der Rede zu leisten (…)“ Eine Erklärung, die klarere Reflexionen über die Kooperation während des Krieges enthielt, wurde zurückgewiesen.

Seit seiner Gründung diskutierte der Wissenschaftsrat mehrfach über eine grundsätzliche Verhaltensmaxime der Wissenschaftler in der Frage des Krieges und des Friedens. Auf der 6. Generalversammlung im April 1950 wurde das Problem erneut beraten. Im Juni dieses Jahres brach der Korea-Krieg aus. Keiner der japanischen Wissenschaftler hatte diesen Ausbruch vorhergesehen. Tatsächlich hatten einige Eisenbahnunglücke, deren Gründe nebulös blieben, den nationalen Eisenbahngewerkschaften schwere Schläge versetzt; die Universitätsvorträge von Dr. Eeels ermutigten die staatlichen Autoritäten, kommunistische Professoren aus den Universitäten zu drängen. So fühlten einige Wissenschaftler die Rückkehr mächtiger Kräfte, die die Freiheit der Gedanken, der Erziehung und der Rede verletzten.

In solch einer Situation forderten die wissenschaftlich Arbeitenden und die Gewerkschaften von 21 nationalen und privaten Forschungsinstituten gemeinsam den Rat zu einer Friedenserklärung im Februar 1950 auf. Auf dieses Ansinnen reagierend, unterbreiteten zwei Mitglieder der 6. Generalversammlung den Entwurf einer Erklärung, die besagte, „daß japanische Wissenschaft sich niemals in Forschungen engagieren würden, die den Krieg zu begünstigen erscheinen und die dem Krieg nützen“. Ein Mitglied, das gegen den Vorschlag war, sagte, daß ein einseitiger Verzicht auf Krieg Suizid bedeuten würde, und regte die internationale Kontrolle der Militärforschung an. Die Worte Prof. Sakatas, daß „es nur natürlich für die Wissenschaftler Japans – eines Landes, mit einer Friedensverfassung, die Krieg verwirft – ist, vor der Weltgemeinschaft der Wissenschaftler zu erklären, daß sie Forschung für den Krieg ablehnen“, hinterließen tiefen Eindruck; das vorgeschlagene Statement, in dem japanische Wissenschaftler ihren Entschluß erklärten, sich nicht an wissenschaftlicher Forschung für den Krieg zu beteiligen, wurde mit einem kleinen Zusatz von einer überwältigenden Mehrheit angenommen.

Dies war eine deutliche Erklärung. Die Wendung „sich nicht zu beteiligen“, bedeutete, selbst im Falle einer Regierungsanweisung zur Durchführung von Militärforschung die Beteiligung abzulehnen, da die Order selbst die Verfassung verletzen würde. Die generelle Furcht vor einer Wiederbewaffnung Japans und die Initiative, die von den wissenschaftlich Arbeitenden in den Forschungsinstituten ergriffen worden war, schien die Ratsmitglieder ermutigt zu haben, die Linie der Erklärung der zurückliegenden Gründungsversammlung zu überschreiten.

Die Bedeutung und der Einfluß der Deklaration des Wissenschaftsrates waren bemerkenswert. Seither ist die Remilitarisierung Japans, die die Verfassung klar verletzt – insbesondere das Prinzip der Verneinung des Krieges -, vorangeschritten. Später wurde der Sicherheitsvertrag zwischen den USA und Japan vereinbart und die „Selbstverteidigungskräfte“ wurden ins Leben gerufen und expandierten. Dennoch wurde Militärforschung noch nicht offen und in großem Umfang in die Universitäten und die nationalen Forschungsinstitute des Landes eingeführt. Der Hauptgrund dafür ist die Entscheidung der japanischen Wissenschaftler, die in dem o.g. Statement der 6. Generalversammlung des Wissenschaftsrates zum Ausdruck kam.

3. Militärisch-akademische Zusammenarbeit während des Vietnam-Krieges

Es gab während der frühen Stadien des Vietnam-Krieges einige Versuche, militärische Forschung in die japanische Wissenschaftlergemeinschaft einzuführen. 1965 wurde die Japanische Wissenschaftler-Vereinigung gegründet als eine nationale Wissenschaftlerorganisation, um jene zu bekämpfen, die eine gesunde Entwicklung der Wissenschaften stören, und um die Verantwortlichkeit der Wissenschaftler zu praktizieren. Im Januarheft 1967 des „Journal of Japanese Scientists“, dem Organ der Vereinigung, enthüllte Prof. Kamiyama die Tatsache, daß einigen Universitäten und Forschungseinrichtungen Forschungsmittel der US-Army zugeflossen waren. Dies (370 Mio. Yen für 96 Aufträge) wurde im Mai durch das Erziehungsministerium bestätigt. Im selben Monat nahm die Generalversammlung der Japanischen Wissenschaftler-Vereinigung eine Resolution gegen die militärisch-akademische Zusammenarbeit an.

Diese brachte die Bewegung gegen die Rüstungsforschung voran. In einigen Universitäten wurde die Verbindung mit dem Militär untersucht; es wurde aufgedeckt, daß einige, im Dienst befindliche Offiziere der Streitkräfte, als Studenten der Universitäten Nagoya und Kyoto eingeschrieben waren. Es wuchs die Bewegung der Studenten und der Mitarbeiter, die forderte, daß Armeeoffiziere als Studenten nicht akzeptiert werden sollten. Unter dem Druck der Bewegung verkündete die Leitung der Universität von Kyoto daß es Offizieren künftig nicht mehr erlaubt sei, an die Universität zu gelangen.

Währenddessen bestätigte die Physikalische Gesellschaft, daß einer von ihr geförderten Konferenz über Halbleiter Geldbeträge der US-Army angeboten worden waren. Eine außerordentliche Generalversammlung im September nahm eine Resolution an, in der festgelegt wurde, daß die Gesellschaft zukünftig keinerlei Beziehungen zum Militär haben sollte.

Zusammen mit den anwachsenden Bewegungen gegen militärisch-akademische Kollaboration tat der Präsident des Nationalen Universitätsrates, der sich aus den Präsidenten aller Universitäten zusammensetzt, öffentlich die Ansicht kund, daß die staatlichen Universitäten sich an militärischer Forschung – einheimischer wie auswärtiger – nicht beteiligen sollten. Die Verfassung Japans müsse beachtet werden sowie die bitteren Erfahrungen der Universitäten während des 2. Weltkrieges. Auch der Wissenschaftsrat nahm eine Erklärung auf seiner 49. Generalversammlung (10. Okt. 1967) an, in der man sich verpflichtete, sich in der Rüstungsforschung nicht zu engagieren. Von Beginn des Jahres 1969 an waren nahezu alle Universitäten in die Debatte über die einseitige Professoren-Herrschaft im Namen der Universitätsautonomie involviert. Die Diskussionen waren bisweilen von gewalttätigen Aktionen begleitet. An der Universität Tokio wurde zwischen dem Präsidenten und der Gewerkschaft eine schriftliche Vereinbarung erzielt, in welcher die Universitätsleitung versprach, das bisherige Herangehen, weder Rüstungsforschung durchzuführen noch Forschungsgelder vom Militär anzunehmen, fortzusetzen. Es sollten keinerlei Kooperationsbeziehungen zum Militär unterhalten werden.

4. Die Unterdrückung des Wissenschaftsrates

In der zweiten Hälfte der 70er Jahre begannen die japanische Regierung und die Liberaldemokratische Partei mit ihrem Bemühen, das sogenannte umfassende System der nationalen Sicherheit zu bauen. Es sollte aus drei Elementen bestehen:

1) technologische Entwicklung, 2) Ausbau der Streitkräfte und 3) internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit, um die Strukturen der Subordination unter die USA zu konsolidieren und um sich den Anstrengungen der entwickelten kapitalistischen Staaten, zur Oberwindung der bei den alljährlichen Gipfelgesprächen erwähnten Krisen, anzuschließen.

Gegenwärtig (Sommer 1987 – d. Red.) ist Premierminister Nakasone eifrig bemüht, das „umfassende nationale Sicherheitssystem“ zu vervollständigen mit der Unterstützung der verschiedenen politischen Körperschaften, wie der Kommission zur Reform der Administration, der ad-hoc-Kommission zur Reform des Erziehungswesens. Gelegentlich wird dabei Demagogie benutzt.

Es ist nicht notwendig zu erklären, daß für Nakasone, der die technologische Entwicklung zusammen mit der Ausweitung des Militärapparats voranbringen will, die Erklärung des Wissenschaftsrates, sich nicht an militärischer Forschung zu beteiligen, ein großes Hindernis darstellt. Die LDP-Regierung hatte seit den 70er Jahren damit begonnen, die Mittel für den Rat einzufrieren. Seit 1981 kritisierte die Regierung den Rat in unfairer Weise, indem sie vorbrachte, der Rat sei in Angelegenheiten auswärtiger Politik unwissend. Der Rat wurde unter Druck gesetzt, den Wahlmodus seiner Mitglieder zu ändern – statt der Wahl durch die Wissenschaftler die Ernennung durch die akademischen Vereinigungen.

Der Rat widersetzte sich dem Druck der Regierung, veranstaltete wiederholt Generalversammlungen und wechselte seinen Präsidenten und Vizepräsidenten mehrere Male. Die Japanische Wissenschaftler-Vereinigung und eine Reihe akademischer Gesellschaften opponierten, indem sie Versammlungen und Unterschriftensammlungen organisierten. In der 98. Session des japanischen Parlaments im Mai 1983 wurde ein Gesetz zur Änderung des Wahlsystems des Wissenschaftsrates blockiert, aber in der 100. Sitzung (Sept.1983) passierte das Gesetz, einen Tag vor der Beendigung der Sitzungsperiode, mit der Zustimmung der Liberaldemokraten, der demokratischen Sozialisten und der Komei-(„saubere Regierung“-) Parteien. Sozialistische und kommunistische Parteien stimmten dagegen.

Es ist ein offenes Problem, welche Haltung zur Militärforschung ein neu organisierter Wissenschaftsrat einnehmen wird. Er ist aus Mitgliedern zusammengesetzt, die durch die akademischen Vereinigungen ernannt werden. Es ist unklar, wie sie über die soziale Verantwortung der Wissenschaftler denken und wie sie sie wahrnehmen wollen. Es ist notwendig für jeden Wissenschaftler, die Idee der sozialen Verantwortung unter den Kollegen/Kolleginnen in den akademischen Gesellschaften zu verbreiten und zu versuchen, verantwortungsbewußte Wissenschaftler in den Rat zu bekommen. Es kann auch wichtig für jeden Wissenschaftler oder jede Wissenschaftlergruppe sein, in den Rat alle Probleme, die mit der sozialen Verantwortung der Wissenschaftler zu tun haben, zu tragen.

5. Die Bemühungen, sich der Rüstungspolitik zu widersetzen

Infolge der oben erwähnten Oppositionsbewegungen gegen die Militärforschung während der 60er Jahre gingen die Fälle militärisch-akademischer Zusammenarbeit in den 70ern auffallend zurück. Zur gleichen Zeit begannen die Regierungen und die LDP diese Sache erneut zu propagieren als ein bedeutendes Element der „umfassenden nationalen Sicherheit“. Heute wehren sich Wissenschaftler und die in der Forschung Tätigen beharrlich dagegen und arbeiten, um einen wissenschaftlichen Beitrag zum Frieden und zur Wohlfahrt der Menschen zu leisten.

1972 wurde der Fakt enthüllt, daß das Institut für physikalische und Chemische Forschung elektromagnetische Strömungsmesser dem Verteidigungsministerium verkauft hatte. Dies stand im Widerspruch zu dem festen Prinzip des Instituts, sich nicht an Rüstungsforschung zu beteiligen. Die Gewerkschaft opponierte gegen die Geschäfte und verhandelte mit dem Direktor. Der Direktor erwiderte, daß er ggf. die Geschäfte stoppen würde. 1984, als Offiziere des Technikforschungs- und Entwicklungsinstituts der Verteidigungsagentur das Institut besuchten, erklärte die Gewerkschaft, daß die technologische Kooperation im Keim erstickt werden sollte, um der Ablehnung der Rüstungsforschung zu genügen.

In den siebziger Jahren wurden 44 Hochschulen und Forschungsinstitute in der Gegend südlich des Tsukuba-Gebirges zusammengeführt, um – einer gesetzlichen Anordnung entsprechend – Tsukuba Science City aufzubauen. Heute arbeiten dort 6000 Wissenschaftler. Am 8. Dezember 1982 erklärten Bürger und Forscher ihre Stadt zur Friedensstadt und verpflichteten sich, sich weder an Militärforschungen zu beteiligen noch den Bau von Militäreinrichtungen in der Stadt zuzulassen. Im gleichen Jahr bot das Verteidigungsministerium dem Ministerium für internationalen Handel und Industrie ein gemeinsames Forschungsprojekt für ein optisches Fiber-Autogyroskop an.

Aber die gewerkschaftliche Vertretung des zuständigen, dem Ministerium angeschlossenen Forschungsinstituts verhandelte mit dem Institutsdirektor und erreichte, daß das Institut das Forschungsprojekt mit dem Verteidigungsministerium nicht durchführte.

1983 verhandelte die gewerkschaftliche Vertretung der Ingenieur-Fakultät an der Universität von Tokio mit dem Rektor über ein gemeinsames Forschungsprojekt zwischen Fakultätsangehörigen und den Verteidigungskräften; im Ergebnis wurde der Inhalt der oben erwähnten schriftlichen Versicherung zwischen der Leitung und der gewerkschaftlichen Vertretung der Universität von 1969 bestätigt, der einschloß, daß die Universität keinerlei Zusammenarbeit mit dem Militär anstrebe.

Im gleichen Jahr wurde an der Universität von Kumamoto folgende Geschichte enthüllt: In einem Seminarplan für Doktoranden, der von einem Universitätsausschuß erarbeitet und dem Bildungsministerium vorgelegt worden war, wurde stolz berichtet, daß das Magister-Seminar der Universität Offiziere aufgenommen habe, die von anderen Universitäten zurückgewiesen worden seien, und daß das geplante Doktoranden-Seminar die militärisch-akademische Zusammenarbeit fördern wolle. Mitglieder der Japanischen Wissenschaftler Vereinigung an der Universität warnten inneruniversitär und öffentlich, daß die Förderung militärisch-akademischer Zusammenarbeit eine Gefahr für die Hochschulautonomie darstelle. In der Folge strich die Hochschulleitung die entsprechenden Passagen und entließ den verantwortlichen Ausschuß. Trotzdem nahm die Universität weiter Offiziere als Studenten auf. Im japanischen Parlament (Diet) wurde 1969 eine Resolution über die Entwicklung der Raumfahrt angenommen, die besagte, daß sie auf friedliche Zwecke begrenzt sein müsse. Im selben Jahr wurde die Nationale Weltraumbehörde mit der gesetzlichen Maßgabe gegründet, zur ausschließlich friedlichen Entwicklung und Nutzung des Weltraums beizutragen. 1983 warnte die Gewerkschaftsvertretung am Institut für Weltraum und der aeronautische Forschung, der Einsatz des Kommunikationssatelliten „Sakura 2a“ durch die Verteidigungsbehörde in Iojima und die US-Army und die geplante gemeinsame Erforschung bemannter Weltraumstationen durch die Raumfahrt-Kommission Japans und der NASA würden den oben erwähnten Prinzipien der friedlichen Nutzung des Alls widersprechen.

Im Februar 1985 veranstalteten die vier Organisationen der Forscher und Ingenieure an Universitäten und Forschungseinrichtungen (Japanische Wissenschaftler-Vereinigung, Japanische Lehrer-Union, Rat der Gewerkschaften in Wissenschaft und technologischer Industrie und der Rat der Gewerkschaften der Universitäten und Forschungsinstitute in „Tsukuba Science City“) ein Symposium mit dem Thema „Wissenschaft und Militärforschung in Japan“. Sie waren tief besorgt, daß der Tag, an dem ihnen Wissenschaft für den Krieg auferlegt würde, nicht mehr fern sei. Auf dem Symposium wurde über verschiedene Bewegungen gegen Rüstungsforschung berichtet. Einige von ihnen wurden oben angeführt. Zum Abschluß gelobten Die Teilnehmer, alle Anstrengungen zu unternehmen für die Einhaltung des Beschlusses der 6. Generalversammlung des Wissenschaftsrates von Japan aus dem Jahre 1950.

Sind japanische Wissenschaftler gegen Militärforschung allergisch?

Jede Macht – die USA wie die UdSSR gleichermaßen – gründet nationale Sicherheit auf Waffen, einschließlich nuklearer Waffen und militärischer Bündnisse. Sogar neutrale Länder, wie Schweden oder die Schweiz, vertrauen auf neutrale Politik und nationale Streitkräfte. In diesen Ländern ist Rüstungsforschung Forschung für die Bewahrung ihrer Sicherheit und erscheint somit obligatorisch. Besonders in den USA machen die Forschungsmittel des Department of Defense den größten Teil der Finanzen an den Universitäten aus. Die Themenliste enthält eine Reihe von Aufgaben der Grundlagenforschung, die keinen direkten Bezug zum Krieg haben. Deshalb scheinen Wissenschaftlervereinigungen vieler Länder bezüglich der Forschungskontrakte mit dem Militär bzw. der militärisch-akademischen Kooperation ziemlich tolerant zu sein – mit Ausnahme der japanischen. Japanische Nachwuchswissenschaftler, die in jenen Ländern sich aufgehalten haben, sind geneigt zu denken, diese Situation sei ziemlich normal und die japanischen Forscher seien zu nervös, was Militärforschung anbetrifft.

Ich möchte jedoch ihre Aufmerksamkeit auf die besondere Stellung Japans in der Weltgeschichte lenken. Japan ist das Land, das erstmalig in der Menschheitsgeschichte mit Atombomben attackiert wurde. Wir, das japanische Volk, haben unter der Atombombe gelitten und uns entschlossen, unsere Sicherheit nicht auf militärische Macht zu bauen, sondern auf Gerechtigkeit und auf das Vertrauen in die Friedensliebe der Menschen. Solange das atomare Wettrüsten andauert, können eines Tages Menschen die selbe Erfahrung eines nuklearen Angriffs machen; sie werden sich darüber klar werden, daß es falsch ist, von Atomaffen abhängig zu sein.

Aber es würde zu spät sein, heute bedeutet Atomkrieg das Ende der Menschheit. Heute ist die Vernichtung der nuklearen Waffen notwendig, nicht nur für die Sicherheit Japans, auch für die Sicherheit und das Überleben der gesamten Menschheit. Die Besonderheit Japans in der Geschichte erlegt uns – den japanischen Wissenschaftlern auf, strikt Stellung gegen Militärforschung zu beziehen. Ich glaube, wenn die Wissenschaftler der Welt sich ihres gemeinsamen Schicksals gewahr werden, würden sie unseren Standpunkt teilen. Die Anzeichen dafür scheinen in der gegenwärtigen Bewegung der Wissenschaftler gegen SDI auf wie ich in den nächsten Abschnitten zeigen werde.

    Der zweite Teil des Beitrags von Dr. Hara befaßt sich mit folgenden Themen:

  • die Entwicklung der Atombombe in Japan
  • die Bewegung gegen Nuklearwaffen
  • SDI und die japanischen Wissenschaftler.

Dr. Zenshiro Hara ist Mitglied des Präsidialkomitees der Japanischen Wissenschaftlervereinigung. Kontaktadresse: 1-9-16 Yushima, Bunkyo-ku, Tokyo 113, Japan.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1988/1 Warten auf die „Modernisierung“, Seite