Kein spektakulärer Erfolg, aber Spannungen reduziert
Die OSZE in der Republik Moldova
von Stefan Troebst
Die sich mit der politischen Wende von 1989 von der »Konferenz« zur »Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa« wandelnde KSZE/OSZE hat sich seitdem verstärkt den neu aufbrechenden Mehrheiten-Minderheiten-Konflikten in Osteuropa zugewandt. Stefan Troebst schildert die Instrumentarien und Bemühungen, Erfolge und Enttäuschungen, Möglichkeiten und Grenzen des internationalen Engagements zur Verhütung bzw. Beilegung dieser Konflikte am Beispiel der OSZE-Mission in Moldova.
Bei den Bemühungen der KSZE/ OSZE um eine Entschärfung ethnopolitischen Konfliktpotentials in der Osthälfte Europas kommen auf unterschiedlichen Ebenen unterschiedliche Vorgehensweisen zur Anwendung. Im Bereich der Normsetzung auf zwischen- und binnenstaatlicher Ebene versucht die KSZE/OSZE, mit politischen Mitteln einer Durchsetzung minderheitenrechtlicher Mindeststandards den Weg zu ebnen. Im Rahmen ihrer ständigen Gremien sowie spezieller Foren ist die KSZE/OSZE bestrebt, latente wie akute interethnische Konflikte in den Mitgliedsstaaten sowie deren Nachbarländern öffentlich zu verhandeln sowie nach Möglichkeit einvernehmliche Regelungen herbeizuführen. Mit dem Amt eines Hochkommissars für Nationale Minderheiten hat die KSZE/OSZE 1992 ein bislang einzigartiges politisches Instrument eigens zur konfliktmindernden Intervention in interethnischen Spannungslagen geschaffen. Das Mandat des Hochkommissars beinhaltet weitreichende Vollmachten. Ebenfalls operativ, jedoch permanent vor Ort tätig, ist das Dutzend von Langzeitmissionen, das die KSZE/OSZE seit dem Sommer 1992 in zahlreiche, von ethnopolitischer Hochspannung gekennzeichnete Staaten und Regionen Osteuropas entsandt hat. (Die von langer Gewalttradition gekennzeichneten Mehrheiten-Minderheiten-Konflikte in Westeuropa – Ulster, Baskenland, Korsika – und in Zypern sind für die KSZE/OSZE und ihr Instrumentarium zur Konfliktminderung bislang noch tabu.) Die Mandate der Missionen variieren stark gemäß örtlichen Konfliktlagen. Sie reichen von bloßer Beobachtung zu Frühwarnzwecken über präventive bzw. nachsorgende Diplomatie und Vermittlungsangebote bis zur friedlichen Konfliktbeilegung.
Zusätzlich zu diesen Hauptaufgaben sollen die Missionen aus KSZE/OSZE-Sicht folgende Funktionen erfüllen:
- als Ombudsmann für Gekränkte fungieren, Annahmestelle sein, wenn Konfliktparteien ihre Beschwerden über diejenigen, die örtlich oder landesweit die Macht ausüben, loswerden wollen,
- <~>als die politischen Antennen der KSZE fungieren, die das leiseste Beben eines drohenden politischen Umsturzes oder einer militärischen Konfrontation registrieren,
- <~>als Mittelsmann beim Herstellen von Kontakten zwischen den betroffenen Parteien sowie als Berater in verschiedenen Angelegenheiten wirken,
- <~>Vermittler sein, die Konfliktparteien von den Vorteilen, dem Rahmen und den Details einer auf dem Verhandlungswege erreichten Konfliktregelung überzeugen. (Ugglas, 1994).
Mittlerweile liegen etliche Beschreibungen und Analysen zu Aufgabenstellung und Aktionsformen der KSZE/OSZE-Missionen in den ethnopolitischen Brennpunkten Osteuropas vor (vgl. Troebst 1997). Ihnen kann man entnehmen, daß die sehr hohen Erwartungen, die mit der Entsendung der ersten Missionen 1992/93 nach Serbien, Makedonien, Estland und Moldova verknüpft wurden, aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Gänze erfüllt wurden. Aber auch die pessimistischen Prognosen, mit der seinerzeit diese Unternehmungen begleitet wurden, haben sich nicht bewahrheitet. Einen spektakulären Erfolg hat die KSZE/OSZE in keinem der ethnopolitischen Brennpunkte im Osten Europas vorzuweisen, doch ist gleichzeitig nirgendwo, wo eine ihrer Langzeitmissionen vor Ort ist, ein ethnischer Konflikt ausgebrochen oder weiter eskaliert.
Ganz besonders gut läßt sich dieses ambivalente Ergebnis anhand der Moldova-Mission demonstrieren: Hier zeichnet sich im Konflikt zwischen der Zentralregierung in der Hauptstadt Chisianau und der transnistrischen separatistischen Führung in Tiraspol auf dem östlichen Dnjestr-Ufer eine Lösung ab, die nicht zuletzt durch die Ko-Vermittlung der KSZE/OSZE-Mission in Moldova herbeigeführt wurde; aber gleichzeitig läßt der eben dadurch in greifbare Nähe gerückte entscheidende Durchbruch seit nunmehr drei Jahren auf sich warten.
Das Moldova-Engagement der KSZE/OSZE geht zurück auf das Frühjahr 1992, als die Spannungen zwischen der moldauischen Republiksführung und der selbsternannten Transnistrischen Moldavischen Republik« immer gewalttätigere Formen annahmen (vgl. Büscher, 1996). Eine Fact-finding-Mission der KSZE kam zu alarmierenden Ergebnissen (Rotfeld, 1994), was wiederum den Konfliktverhütungsmechanismus dieser internationalen Organisation auslöste. Sonderlich gut geölt war dieser Mechanismus damals noch nicht, so daß der Gang der Ereignisse, namentlich die militärische Eskalation im Dnjestr-Tal im Juni 1992, den noch im Beratungsstadium befindlichen Wiener Areopag der Diplomaten gleichsam überrollte. Erst nachdem die in Transnistrien stationierte 14. Rußländische Armee unter Generalleutnant Aleksandr Lebed im Juli den Konflikt mit Waffengewalt eingefroren hatte, konnte die KSZE wieder tätig werden. Am 4. Februar 1993 beschloß ihr »Ausschuß Hoher Beamter« (heute: »Hoher Rat«) die Entsendung einer achtköpfigen Langzeitmission nach Chisinau, Tiraspol und in den rechtsufrigen, aber von Transnistrien kontrollierten Spannungsschwerpunkt Bendery/Tighina. Am 25. April traf die aus Diplomaten, Militärs und Regionalfachleuten bestehende zivile »CSCE Mission to Moldova« in ihrer Einsatzregion ein.
Das bis heute gültige und formal unveränderte Mandat der Mission lautet in der durch die KSZE autorisierten deutschen Übersetzung wie folgt: „Die Mission (verfolgt) das Ziel, das Zustandekommen einer dauerhaften und umfassenden politischen Lösung des Konflikts … in all seinen Aspekten auf der Grundlage der KSZE-Prinzipien und -Verpflichtungen zu erleichtern…
Zu diesem Zweck wird die Mission …
- den Konfliktparteien bei der Weiterführung von Verhandlungen über eine dauerhafte politische Lösung des Konflikts, der Festigung der Unabhängigkeit und Souveränität der Republik Moldau begleitet von einem Übereinkommen über einen Sonderstatus für die Region jenseits des Dnjestr behilflich sein,
- <~>Informationen über die Lage in der Region, einschließlich der militärischen Situation, einholen und weitergeben, konkrete Zwischenfälle untersuchen und deren politische Auswirkungen beurteilen,
- <~>die betroffenen Teilnehmerstaaten zur Weiterführung von Verhandlungen über ein Abkommen betreffend den Status und den ehestmöglichen geordneten und vollständigen Rückzug ausländischer Truppen ermutigen,
- <~>in Teilaspekten einer politischen Lösung wie etwa der gewissenhaften Einhaltung internationaler Verpflichtungen betreffend Menschen- und Minderheitenrechte, dem demokratischen Wandel, der Rückführung von Flüchtlingen, der Festlegung eines Sonderstatus für die Region jenseits des Dnjestr Ratschläge erteilen und ihr Fachwissen einbringen sowie den Rahmen für anderweitige Beiträge bieten,
- <~>in der Region für eine sichtbare KSZE-Präsenz sorgen und Kontakte zu allen Konfliktparteien, zu örtlichen Behörden und zur örtlichen Bevölkerung herstellen“. (Wiener AHB-Gruppe, 1993).
OSZE-Mandat setzt drei Schwerpunkte: Konfliktregelung, Truppenabzug, Menschenrechte und demokratische Reforme<14>n
Der Kölner Politologe und Osteuropafachmann Klemens Büscher hat die Möglichkeiten und Grenzen des OSZE-Konfliktmanagements in Moldova aufgrund dieses Mandates folgendermaßen interpretiert: „Inhaltlich setzt das Mandat drei Schwerpunkte: die Regelung des Transnistrienkonflikts, die Verhandlungen über den Abzug der russischen 14. Armee (auch wenn diese nicht explizit erwähnt wird) sowie Fragen der Menschenrechte und der demokratischen Reformen in Moldova. Die Aufgabenstellung hinsichtlich des Truppenabzugs wurde auch nach dem Abschluß des moldauisch-russischen Abkommens über den Rückzug der russischen Truppen (Oktober 1994) nicht modifiziert. Allerdings heißt es im Beschluß des Budapester KSZE-Gipfels vom Dezember 1994, die KSZE wird ‚die Dienste ihrer Mission in Moldova anbieten, um die Durchführung dieses Abkommens durch beide Seiten genau zu verfolgen‘, was einer bedingten Ergänzung des ursprünglichen Mandats nahekommt. Der dritte Schwerpunkt zielt auf die Aspekte der ,menschlichen Dimension`, die im OSZE-Rahmen insbesondere in den Aufgabengebieten des Hochkommissars für Nationale Minderheiten und des Warschauer Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) zum Ausdruck kommen. Explizit wird hier die Einhaltung von Verpflichtungen im Bereich der ‚menschlichen Dimension‘ als Bestandteil der Konfliktregelung im konkreten Fall Transnistriens definiert.“ (Büscher, 1995)
Derselbe Autor moniert als eine zentrale Lücke im Mandat, daß „die Mission … zur politischen Beilegung des Konflikts beitragen, nicht jedoch die Konfliktursachen ermitteln oder beseitigen (soll). Die Zurückhaltung in dieser heiklen Frage ist dadurch motiviert, daß die Position eines unabhängigen Vermittlers durch Schuldzuweisungen an die Konfliktparteien, insbesondere an die aktuellen Verhandlungspartner, ernsthaft gefährdet wird. Eine auf Vertrauensbildung und guten Willen beider Seiten basierende Konfliktmediation kann sich kein öffentliches Aufrechnen vergangener und gegenwärtiger Fehlleistungen aller Beteiligten leisten. Hinzu kommt, daß auch aktuelle OSZE-Mitgliedsländer (außer Moldova vor allem Rußland und Rumänien) selbst kein Interesse am Aufdecken ihrer Verantwortung für die Entstehung und Eskalation des Transnistrienkonflikts haben.“ (Büscher, 1995)
K. Büschers Resümee lautet: „Bei der Umsetzung des Mandates durch die bisherigen Missionsleiter und -mitglieder ergaben sich naturgemäß unterschiedliche Schwerpunkte. Dennoch lassen sich fünf Elemente des OSZE-Konfliktmanagements in Moldova zusammenfassen:
- Mediation bei den Verhandlungen um den Status Transnistrien in Moldova;
- Diplomatie des Runden Tisches;
- <~>Aktivitäten im Bereich der ,menschlichen Dimension`;
- <~>Aufgaben im militärischen Bereich;
- <~>Information und Berichterstattung.“ (Büscher, 1995)
Wie die Mission seit dem Frühjahr 1993 bestrebt ist, diese fünf Hauptelemente in ihrem Mandat praktisch umzusetzen, geht detailliert aus ihrer informellen Berichttätigkeit und überblicksartig aus einigen Erfahrungsberichten neueren Datums hervor (vgl. Büscher, 1995/Welberts, 1995/Troebst, 1995, 1997/Mark, 1995) Die Zwischenbilanz zum Jahresende 1996 sieht dabei, wie gesagt, teils ermutigend, teils enttäuschend aus:
- In Sachen Mediation bei den Verhandlungen um den Status Transnistriens innerhalb Moldovas hat die Mission zwei unbestreitbare Erfolge vorzuweisen: Ihr (ausnahmsweise veröffentlichter) Entwurf eines Autonomiestatus (Missionsbericht Nr. 13, 1993) ist nicht zuletzt auf den Druck des zweiten Vermittlers, der Rußländischen Föderation, von Chisinau wie von Tiraspol im Dezember 1993 als Grundlage akzeptiert worden; und am 28. April 1994 kündigten der moldavische Präsident M. Snegur und sein selbsternannter transnistrischer Kollege I. Smirnov in Anwesenheit des KSZE-Missionsleiters die Einsetzung einer gemeinsamen Expertengruppe an, die informelle bilaterale Gespräche über den künftigen Status Transnistriens innerhalb Moldovas aufnehmen sollte. Seit ihrem ersten Treffen am 27. Juli 1994 hat diese Gruppe einschließlich verschiedener Untergruppen zu Bereichen wie Verkehr, Wirtschaft, Währungspolitik und Finanzen in mehr oder weniger größeren Abständen getagt (vgl. Welberts, 1995 und Büscher, 1995) und eine Übereinkunft über Transnistrien als »staatliches Gebilde in Form einer Republik innerhalb der Grenzen Moldovas« erzielt, die am 20. Juni 1996 von M. Snegur und I. Smirnov gebilligt wurde (FAZ, 1996). Jedoch wurde weder dieses Dokument unterzeichnet noch kam es zur Unterzeichnung eines flankierenden moldavisch-rußländisch-ukrainischen Abkommens am 1. Juli (FAZ, 1996b und Ionescu, 1996).
Wohl zur Erleichterung der Hardliner in Tiraspol verschob der damals im Wahlkampf befindliche B. El'cin die Unterzeichnung, gefolgt von einem taktischen Rückzieher seines transnistrischen Kollegen (Rüb, 1996). Die Abwahl des moldavischen Präsidenten am 1. Dezember 1996 und der Sieg seines stark auf die GUS orientierten Rivalen P. Lucinschi haben die Chancen für einen moldavisch-transnistrischen Ausgleich zwar wieder verbessert, doch ist in Tiraspol aus der mit großer Wahrscheinlichkeit manipulierten Präsidenschaftswahl vom 23. Dezember 1996 der Hardliner und Amtsinhaber I. Smirnov mit 71,9 Prozent der Stimmen als Sieger hervorgegangen (Hoischen, 1996b). Die höchst unübersichtliche Machtverteilung in Transnistrien (vgl. Ionescu, 1996b und Büscher, 1996) sowie das aus der katastrophalen wirtschaftlichen Lage resultierende soziale Konfliktpotential dort (vgl. Ionescu, 1996c) machen Prognosen über den Kurs der Führung Transnistriens so gut wie unmöglich. Ob es in absehbarer Zukunft zu einer moldavisch-transnistrischen Übereinkunft kommt, die die Außengrenzen der ehemaligen Sowjetrepublik Moldavien wiederherstellt, muß daher offen bleiben.
Diplomatie des »Runden Tisches« erbrachte gemischte Resultat<16>e
- Der von der OSZE-Mission stipulierte Versuch des Herbeiführens eines direkten Dialoges zwischen Chisinau und Tiraspol auf mehreren hierarchischen und thematischen Ebenen, also die sogenannte Diplomatie des »Runden Tisches«, hat gleichfalls gemischte Resultate erbracht. Zwar beteiligte sich die transnistrische Führung an einer von der OSZE organisierten Chisinauer Konferenz über Dezentralisierung, Autonomie und Föderalismus im November 1994, doch die angestrebte Einbeziehung breiterer Berufsgruppen in den bilateralen Dialog wurde von Tiraspol torpediert. (vgl. Büscher, 1996) Vor allem der Versuch, die unter der wirtschaftlichen Selbstisolation leidende transnistrische Geschäftswelt in den politischen Diskurs mit einzubeziehen, stieß auf Mißtrauen und Ablehnung seitens I. Smirnovs. Folglich ist es noch immer ausschließlich die separatistische Führungsriege Transnistriens, die OSZE, Moskau und Chisinau als Dialogpartner zur Verfügung steht, und dementsprechend existiert als Grunddilemma fort, daß jeder Dialog eine politische Aufwertung eben dieser Gruppe bewirkt.
- Was die Aktivitäten im Bereich der »menschlichen Dimension« betrifft, so hat die OSZE-Mission in Moldova Fortschritte, in Transnistrien eindeutig Rückschläge zu verzeichnen (zur Ausgangssituation von 1993-1994 siehe Welberts, 1996): In Moldova hat sich sowohl die Menschenrechtssituation insgesamt wie gerade auch der Stand der Minderheitenrechte positiv verändert. Dies trifft vor allem für die Sprachgesetzgebung, aber auch für den Minderheitenschutz im allgemeinen und für die Lage einzelner Minderheitengruppen zu (Hausleitner, 1995 und Troebst, 1995a). Zum einen hat Chisinau die Europäische Rahmenkonvention zum Schutz von Minderheiten nicht nur unterzeichnet, sondern als einer von ganz wenigen Mitgliedsstaaten des Europarates am 20. November 1996 auch ratifiziert, und zum anderen ist der 1990 aufgebrochene Konflikt mit der militanten Minorität der Gagausen im Süden des Landes mittels eines Status über eine überaus weitreichende Territorialautonomie für Gagausien Ende 1994 erfolgreich und gleichsam im Stillen gelöst worden (vgl. Mark, 1995b und King, 1994). Ganz anders die Lage in Transnistrien, wo ein demokratisch kaum legitimiertes Regime die Bevölkerung insgesamt unter Druck setzt und besonders die Rechte der romanischsprachigen Moldavier verletzt. Der noch zu Sowjetzeiten 1989 erfolgte landesweite Übergang von der Kyrilliza zur Lateinschrift ist von Tiraspol 1992 rückgängig gemacht worden; seitdem sind zahlreiche Schulen geschlossen worden, in denen Moldavisch weiterhin mit lateinischen Buchstaben gelehrt wurde. Massenproteste moldavischer Eltern im Herbst 1994 wurden zwar durch geringfügige Konzessionen beendet, doch ist das Problem keineswegs gelöst. Zugleich ist auch die politische Opposition in Transnistrien Fememaßnahmen des Regimes ausgesetzt, das überdies keine freie Berichterstattung durch Print- oder andere Medien duldet.
- Fortschritte wurden bezüglich der Aufgaben im militärischen Bereich erzielt, doch ist man auch hier noch weit entfernt von einer erfolgreichen Umsetzung des Mandates (vgl. zu den Ausgangsbedingungen von 1993-1994 Welberts, 1995): Die noch ca. 7.000 Mann starke 14. Rußländische Armee, inzwischen wohl aus kosmetischen Gründen in »Operativgruppe der Bewaffneten Streitkräfte der Rußländischen Föderation« umbenannt, ist weiterhin in Transnistrien stationiert; die Gemeinsame Kontrollkommission über die im Sommer 1992 entlang des Dnjestr-Tals errichtete trilaterale moldavisch-rußländisch-transnistrische Sicherheitszone gewährt der OSZE-Mission auch weiterhin keine uneingeschränkte Teilnahme an ihrer Arbeit; die transnistrische Armee unterhält weiterhin illegale Stütz- und Kontrollpunkte innerhalb der Sicherheitszone; und die aus osmanischer Zeit stammende und weiterhin genutzte Festung im transnistrisch kontrollierten rechtsufrigen Bendery/Tighina, das eine »Zone erhöhter Sicherheit« innerhalb der Sicherheitszone darstellt, ist für die OSZE noch immer unzugänglich.
- In den Bereichen Information und Berichterstattung hat die KSZE/OSZE-Mission von 1994 an eine insofern größere Breitenwirkung entfaltet, als seitdem die Zweiwochenberichte des Missionsleiters zwar nicht veröffentlicht, aber doch allen interessierten Instanzen in der Einsatzregion zugänglich gemacht werden. Nahezu gänzlich gescheitert ist die Mission indes mit ihrem Ziel, auch die Bevölkerung Transnistriens regelmäßig über ihre Aufgaben und Tätigkeit zu informieren. Die strikte transnistrische Zensur hat dem einen Riegel vorgeschoben.
Insgesamt muß die Zwischenbilanz von knapp vier Jahren KSZE/OSZE-Missionstätigkeit rechts und links des Dnjestr also durchwachsen ausfallen: Vieles, möglicherweise gar deutlich mehr als 1993 mit Fug und Recht zu erwarten war, ist erreicht worden; doch liegt das Endziel, nämlich die abschließende Beilegung des transnistrisch-moldavischen Konflikts, in mehr oder weniger weiter Ferne. Die sämtlich verhalten positiven Resultate, zu denen die drei Verfasser detaillierterer Untersuchungen zur Tätigkeit der »CSCE/OSCE Mission to Moldova« gekommen sind, sind aufgrund ihrer persönlichen Beteiligung an eben dieser Mission nur eingeschränkt aussagekräftig (Welberts, 1995, Büscher, 1995, Troebst, 1995). »Neutrale« Einschätzungen liegen bedauerlicherweise bisher nicht vor.
Nur partiell besser steht es um das Gesamturteil zum Instrument der Langzeitmission an sich. Immerhin ist mittlerweile nicht nur in Diplomatenzirkeln, sondern auch unter Politologen unbestritten, daß die OSZE durch hohe Bodenhaftung und Visibilität vor Ort, durch ungewöhnliche Flexibilität, innovative Methoden sowie moralisches Prestige in zahlreichen Nachfolgestaaten der UdSSR und der SFR Jugoslawien zur Reduzierung interethnischer Spannungen – oder doch zumindest zum Verhindern eines weiteren Anwachsens – beigetragen hat (vgl. OSZE-Jahrbuch, 1995, Lucas, 1993 und Troebst, 1997 sowie als zusätzliches Fallbeispiel Troebst: Präventive Friedenssicherung durch internationale Beobachtermissionen? Das Beispiel der KSZE-Spillover-Monitormission in Makedonien 1992-1993, in: Seewann, 1995). Mehr ist möglicherweise im immer noch starken Kräftefeld des Epochenjahrs 1989 auch gar nicht zu erwarten.
Literatur
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Dr. Stefan Troebst ist Privatdozent für Ost- und Südosteuropäische Geschichte an der FU Berlin sowie Gründungsdirektor des »European Centre for Minority Issues« in Flensburg. 1994-1995 war er im Auftrag des Auswärtigen Amtes deutsches Mitglied der CSCE Mission to Moldova.