Kernwaffen in Südasien
Arsenale, Doktrinen und Rüstungskontrolle
von Jens Heinrich
Indien und Pakistan bewiesen spätestens mit ihren Atomtests von 1998, dass sie in der Lage sind, nukleare Sprengsätze herzustellen. Seitdem haben beide Länder in den Ausbau und die Modernisierung ihrer Kernwaffenarsenale investiert. Ein Ende der Aufrüstungsdynamik der beiden verfeindeten Nuklearmächte ist bisher nicht abzusehen – mit weitreichenden Konsequenzen für Sicherheit und Frieden in der Region.
Nach aktuellen Schätzungen verfügen die zwei Länder über ca. 150-160 (Pakistan) bzw. 130-140 (Indien) Sprengköpfe (SIPRI 2019, S. 11), die von Flugzeugen, ballistischen Raketen und zukünftig auch von Marschflugkörpern getragen werden. Der Schwerpunkt der Modernisierung liegt bisher eindeutig auf landgestützten Raketen (Krepon und Thompson 2013, S. 13).
Indien fokussiert sich auf die Erhöhung der Reichweite der Trägerraketen. Das Arsenal umfasst aktuell nicht nur ältere Systeme, wie Prithvi II (350 km) und Agni I und II (>700 km bzw. >2.000 km), die im ersten Jahrzehnt der 2000er Jahre in Dienst gestellt wurden, sondern auch neuere und noch in der Testphase befindliche Typen, wie Agni IV und Agni V. Besonders mit der Agni V könnte Neu-Delhi in Zukunft über eine Rakete mit (fast) interkontinentaler Reichweite (>5.200 km) verfügen (Kristensen und Korda 2018, S. 364). Der Wunsch nach größeren Reichweiten kommt nicht überraschend, hatte doch schon die Regierung unter Atal Behari Vajpayee die Tests von 1998 mit der Bedrohung durch China legitimiert (Perkovich 1999, S. 417). Dazu kommen weitere Faktoren, wie das Streben nach Status und Prestige und das Interesse der Forschungseinrichtungen am Bau immer weiterreichender Raketen (Narang 2009).
Pakistans sicherheitspolitischer Blick hingegen ist nach wie vor deutlich auf Indien gerichtet (Auswärtiges Amt 2019, S. 123). Die 2015 zum ersten (und letzten) Mal getestete Mittelstreckenrakete Shaheen 3 (2.750 km) soll einen möglichst großen Teil Indiens abdecken. Aus Sicht Pakistans wären Interkontinentalraketen erst dann notwendig, wenn auch Ziele im Indischen Ozean erreicht werden sollen (Kristensen, Norris und Diamond 2018, S. 354). Die Konzentration auf Indien zeigt sich besonders bei der Einführung von Raketen mit einer Reichweite von 50-60 km in Pakistan (National Air and Space Intelligence Center 2017, S. 17). Offizielle pakistanische Stellen rechtfertigten die Entwicklung von Hatf 1 (50 km) und Hatf 9/Nasr (60 km) mit der indischen Militärstrategie, die u.a. begrenzte konventionelle Schläge vorsieht (Kidwai 2015). Die pakistanische Nuklearpolitik ist demgemäß darauf ausgelegt, nicht nur einen indischen Kernwaffeneinsatz, sondern auch einen konventionellen Krieg abzuschrecken, wobei der Hatf 9 eine wichtige Rolle zukommt.
Drei weitere Trends werden die regionale Sicherheitsstruktur zukünftig prägen: erstens die Entwicklung von Mehrfachsprengköpfen, zweitens die Einführung atombetriebener U-Boote und U-Boot-gestützter Atomwaffen und drittens das indische Bestreben, Raketenabwehr aufzubauen.
Mehrfachsprengköpfe
Die MIRV-Technologie1 ermöglicht es, mit einer Rakete mehrere Sprengköpfe individuell gegen ein oder mehrere Ziele zu richten. Die USA, Russland, Frankreich und Großbritannien haben MIRV schon lange in ihre Atomarsenale integriert. Auch China hat Teile seines Arsenals mit dieser Technologie ausgestattet (Department of Defense 2019, S. 44). Indische Wissenschaftler, wie der Direktor der Forschungseinrichtung Defence Research and Development Organization (DRDO), kündigten wiederholt an, MIRV solle auch für das indische Arsenal entwickelt werden (Times of India 2015). Wann dies gelingt, ist offen; schon das Streben nach MIRV könnte allerdings negative Folgen für Sicherheit und Frieden in der Region haben. Zum einen könnte Pakistan darin den Versuch Indiens sehen, langfristig eine Erstschlagoption zu entwickeln, um pakistanische Kernwaffen zu zerstören. Während des Kalten Krieges galten MIRV-Sprengköpfe aufgrund ihrer erhöhten Treffwahrscheinlichkeit als potentielles Instrument für solche Optionen (Müller und Schörnig 2006, S. 81). Diese Befürchtungen werden durch die jüngsten Äußerungen indischer Generäle und Politiker bestätigt, der Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen (»no first use«) sei abhängig von zukünftigen Umständen. Als Reaktion auf die Entwicklung von MIRV könnte Pakistan die Alarmbereitschaft des eigenen Arsenals erhöhen, was in Krisen- und Spannungssituationen eskalierend wirken könnte. Zum anderen kann MIRV zur Verstärkung der bestehenden Aufrüstungsdynamik führen. Pakistan könnte dazu übergehen, eigene Mehrfachsprengköpfe zu entwickeln oder sein Kernwaffenarsenal weiter auszubauen.
U-Boot-gestützte Kernwaffen
Der zweite Trend ist der Aufbau einer nuklear angetriebenen und nuklear bewaffneten U-Boot-Flotte. Hier ist Indien deutlich weiter als Pakistan, das allerdings ebenfalls Interesse an diesen Systemen bekundete (Kidwai 2015). Das erste von insgesamt vier geplanten atombetriebenen U-Booten, die INS Arihant, absolvierte 2018 eine erste Fahrt, die vom indischen Premierminister Narendra Modi öffentlich als »Abschreckungspatrouille« bezeichnet wurde. Während des Kalten Krieges wurden auf U-Booten stationierte Atomraketen als stabilisierend betrachtet, da sie die nukleare Abschreckung stärken würden. Allerdings besteht bei U-Booten und darauf stationierten Atomraketen ein erhöhtes Risiko für Reaktorunfälle an Bord, für einen Atomwaffeneinsatz »aus Versehen«2 und für gravierende Folgen im Falle von Einsätzen zur U-Boot-Bekämpfung (Mian et al. 2019, S. 194). Ein weiteres Problem liegt darin, die Kommunikation zwischen dem U-Boot und der politischen und militärischen Entscheidungsebene auch in Krisensituationen und Kriegen zu sichern.
Raketenabwehr
Den dritten Trend stellen Pläne Indiens zum Aufbau von Raketenabwehr dar. Die Regierung in Neu-Delhi verfolgt diesbezüglich eine Doppelstrategie. Zum einen wird an eigenen Abwehrsystemen, wie dem Prithvi Air Defense System, gearbeitet. Gleichzeitig sucht die indische Regierung nach internationalen Partnern, vor allem in Israel, den USA und Russland, um die Raketenabwehr voranzubringen (Joshi und O’Donnell 2019, S. 35-37). Die erforderliche Technologie ist noch nicht sehr ausgereift, jedoch ist alleine das Streben nach Raketenabwehr problematisch, da Pakistan so zur Vergrößerung des eigenen Atomwaffenarsenals gereizt werden bzw. die eigene Aufrüstung legitimieren kann. Pakistans UN-Botschafter, Farukh Amil, wies jüngst auf die destabilisierenden Auswirkungen einer Raketenabwehr hin und stellte diese in einen Zusammenhang mit nuklearer Rüstungskontrolle und Abrüstung (Amil 2018, S. 3). Zusätzlich könnte Raketenabwehr ein falsches Gefühl von »Unverwundbarkeit« vermitteln, zu riskantem Verhalten in Konfliktsituationen verleiten und eine Eskalation befördern.
Ersteinsatz und massive Vergeltung
Neben Waffensystemen liefert ein Blick in die jeweiligen Nukleardoktrinen Antworten darauf, welchen Stellenwert Kernwaffen für beide Länder haben und unter welchen Bedingungen der Einsatz erwogen würde. Dabei zeigt sich, dass Indien und Pakistan vor Dilemmata und Paradoxien stehen.
Indien veröffentlichte bereits 1999 eine nichtoffizielle Nukleardoktrin. Dabei handelte es sich um einen »Entwurf« des National Security Advisory Board, einem beratenden Gremium.3 Ein wesentliches Element dieser Doktrin war der Verzicht auf den Ersteinsatz, d.h., Kernwaffen würden ausschließlich als Antwort auf einen gegnerischen nuklearen Angriff eingesetzt (Ministry of External Affairs 1999).
Im Januar 2003 veröffentlichte das Büro des indischen Premierministers eine Pressemitteilung, die die zentralen Punkte einer Neufassung der Doktrin auflistete (Prime Minister’s Office 2003). Das Dokument, das vor dem Hintergrund des indisch-pakistanischen Kargil-Krieges (1999) und der so genannten »Doppelkrise« von 2001/2002 zu sehen ist, weist zwei wesentliche Veränderungen im Vergleich zum Entwurf auf.
Erstens wurde die geographische Eingrenzung aufgehoben. Im Entwurf von 1999 wurde eine nukleare Vergeltung als Reaktion auf einen Nuklearwaffeneinsatz gegen Indien und indische Streitkräfte genannt. In der Version von 2003 blieb der Verzicht auf den Ersteinsatz zwar erhalten, gilt seither aber nicht für den Fall, dass indische Streitkräfte mit Kernwaffen angegriffen werden – und zwar „egal wo“ (Prime Minister’s Office 2003), also auch außerhalb des indischen Hoheitsgebiets. Die indische Regierung versuchte so eine Art Schutzschild für die eigene Armee aufzubauen, damit diese in pakistanischem Staatsgebiet aktiv werden kann.
Eine zweite Erweiterung war inhaltlicher Natur. Anders als der Entwurf verweist die Pressemitteilung von 2003 explizit darauf, ein Einsatz biologischer und chemischer Waffen gegen Indien oder indische Truppen könnte eine nukleare Vergeltung auslösen. Da die Staaten, die Neu-Delhi als Hauptbedrohung wahrnimmt (China und Pakistan), vermutlich nicht im Besitz von B- oder C-Waffen sind (Arms Control Association 2018), dürfte sich dieser Punkt auf terroristische Gruppen beziehen. Die indische Regierung könnte somit bei einem von nichtstaatlichen Gruppen verübten Anschlag mit biologischen oder chemischen Waffen auch einen Kernwaffeneinsatz in Pakistan in Betracht ziehen.
Ein weiterer Pfeiler der indischen Doktrin ist die massive Vergeltung als Reaktion auf einen Kernwaffeneinsatz. In dem Entwurf von 1999 war noch von einer „punitive retaliation“, also bestrafender Vergeltung, die Rede (National Security Advisory Board 1999). Seit 2003 gilt offiziell die »massive Vergeltung« – ein Begriff, der an die Debatte in den 1950er Jahren in der NATO erinnert, die allerdings unter anderen Vorzeichen geführt wurde. Massive Vergeltung führt in Verbindung mit den oben erwähnten Doktrinerweiterungen zu einem Glaubwürdigkeitsproblem für die indische Regierung, mit potentiell gravierenden Folgen.
Ein Szenario soll dies kurz illustrieren: In einem Krieg zwischen Indien und Pakistan könnte die pakistanische Seite Atomwaffen einsetzen, um vorrückende indische Streitkräfte zu stoppen. Denkbar wären auch ein »demonstrativer« oder nicht-autorisierter Einsatz durch untere Kommandoebenen. Sollten dadurch indische Streitkräfte auf irgendeine Weise betroffen sein, wäre die indische Seite unter Zugzwang, da ein Nichthandeln der eigenen Doktrin widersprechen und somit die Glaubwürdigkeit schwächen würde. In einem solchen Szenario würden also nicht unbedingt militärische Argumentationen und Rechtfertigungen, sondern vielmehr psychologische Faktoren greifen.
In jüngster Zeit steht zudem der Nicht-Ersteinsatz zur Diskussion. Hohe indische Offizielle, wie z.B. der amtierende Verteidigungsminister Rajnath Singh, haben den Verzicht auf den nuklearen Ersteinsatz jüngst relativiert und von zukünftigen (und somit vagen und interpretierbaren) Bedingungen abhängig gemacht (The Hindu 2019).
Die Auswirkungen der indischen Doktrin werden erst vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Pakistan deutlich. Islamabad (bzw. Rawalpindi)4 hat bisher keine Nukleardoktrin veröffentlicht, lässt die indische Regierung über einen potentiellen Einsatz von Atomwaffen also im Unklaren. Dennoch gibt es einige Anhaltspunkte, die helfen, Pakistans Nuklearstrategie zu verstehen. Wesentliches Merkmal ist die Option des Ersteinsatzes von Kernwaffen unter Bedingungen, welche General Khalid Kidwai formulierte. Darunter fallen 1. die Zerstörung großer Teile der pakistanischen Armee, 2. die Besetzung großer Teile pakistanischen Territoriums, 3. eine Wirtschaftsblockade gegen Pakistan durch Indien und 4. die Destabilisierung durch einen externen Akteur, womit Indien gemeint ist (Khan 2012, S. 351). Das Problem dieser roten Linien ist ihre Ungenauigkeit und Mehrdeutigkeit (Joshi und O’Donnell 2019, S. 7), die von pakistanischer Seite durchaus gewollt ist. In einer Krise oder einem Krieg könnte Indien eine oder mehrere dieser Grenzen bewusst oder unbewusst übertreten, sodass eine nukleare Eskalation wahrscheinlicher würde. Auf der anderen Seite erlaubt die Mehrdeutigkeit Freiräume bei der Reaktion, die bei strikteren Bedingungen kaum denkbar wären. Die politischen und militärischen Entscheidungsträger Pakistans wären somit nicht automatisch unter nuklearem Zugzwang.
Der Ersteinsatz von Kernwaffen wurde von der politischen und militärischen Führung Pakistans wiederholt diskutiert. Es gab in der Vergangenheit mehrere Versuche der Regierung, die Atomwaffenpolitik des Landes zu ändern bzw. zu relativieren. Im Jahr 2008 erklärte der damalige pakistanische Präsident Zardari, die Politik des Ersteinsatzes solle aufgehoben werden, was zu einer prompten Reaktion des Armeechefs Asfaq Kayani führte (Sagan 2009, S. 253). Die dominante Rolle der Armee in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zeigte sich auch, als der jetzige Ministerpräsident Imran Khan nach seinem Amtsantritt 2018 die Politik des Ersteinsatzes öffentlich in Frage stellte. Auch diese Aussage wurde später relativiert (Shahzad 2019).
Rüstungskontrolle in Südasien
Rüstungskontrolle als Strategie zur Kriegsverhinderung und Abrüstung hat in Südasien einen schweren Stand. Zwar gab es in der Vergangenheit Initiativen zur Vertrauensbildung, diese konnten die regionale Rüstungsdynamik jedoch nicht begrenzen. Besonders Verträge und verbindliche Abkommen gelten „eher als Problem […] denn als Lösung“ (Norddeutscher Rundfunk 2012). Konkret wirft Rüstungskontrolle in Südasien die folgenden Herausforderungen auf:
1. Eine regional beschränkte Rüstungskontrolle wird abgelehnt. Vor allem die indische Regierung verdeutlichte immer wieder, Rüstungskontrolle dürfe nicht auf Indien und Pakistan begrenzt sein, sondern müsse China einbeziehen. Da sich Chinas Sicherheitspolitik jedoch stärker an den USA5 (und zum Teil an Russland) orientiert, wird regionale mit globaler Rüstungskontrolle verknüpft und somit verkompliziert und erschwert.
2. Rüstungskontrolle setzt voraus, die Sicherheit der anderen Seite mitzudenken, zu akzeptieren und durch eigenes Handeln zu fördern. Die Realität in Südasien sieht anders aus. Von den politischen, militärischen und nuklear-wissenschaftlichen Eliten beider Länder wird Rüstungskontrolle nicht als Teil der eigenen Sicherheitspolitik, sondern als Gegensatz zu dieser betrachtet. Es geht führenden Politiker*innen und großen Teilen der Armeeführung beider Länder um Sicherheit durch Dominanz, rüstungstechnologische Überlegenheit und Abschreckung auf allen Ebenen. Die der Rüstungskontrolle zugrundeliegende Kooperation kann so kaum greifen.
3. Rüstungskontrollverträge leben von einer gewissen Vergleichbarkeit und Symmetrie. In Südasien spielen aber nicht nur Nuklearraketen eine Rolle, sondern auch die konventionelle Rüstung und »asymmetrische Bedrohungen«, also nichtstaatliche Gewaltgruppen. Für Indien sind terroristische Anschläge die zentrale Herausforderung, für Pakistan hingegen steht trotz Anschlägen im eigenen Land die indische Armee im Zentrum. Dieses Dreieck aus Terrorismus, konventioneller und nuklearer Rüstung lässt sich nur schwer in Verträge und verbindliche Abkommen übertragen.
4. Ein viertes Hindernis für Rüstungskontrolle zwischen beiden Ländern ist das Fehlen einer nennenswerten »community«, die sich mit dem Thema befasst. Die Chancen (und Grenzen) von Rüstungskontrolle hängen nicht nur von sicherheitspolitischen, technologischen und internationalen Faktoren ab, sondern werden auch von innenpolitischen und innergesellschaftlichen Rahmenbedingungen bestimmt. In Indien und Pakistan gelten Verteidigungsfragen als Kernbereich exklusiver politischer und militärischer Kreise. Es gibt kaum intensive parlamentarische Debatten oder breite gesellschaftliche Diskursräume für Kritik und Kontroversen mit Blick auf die Atomwaffenpolitik beider Länder.
Ausblick
Atomwaffen werden in Südasien auch in Zukunft Teil der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sein, denn zu stark sind die Beharrungskräfte in beiden Ländern. Ob es sich dabei um einen »Schrecken ohne Ende« handelt oder ob ein Ende abzusehen ist bzw. der Schreck zumindest verkleinert werden kann, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall gibt es Möglichkeiten, die Gefahren zu mindern. Zum einen streben sowohl Indien als auch Pakistan die Mitgliedschaft in internationalen Foren an, insbesondere in der »Nuclear Supplier Group« (Gruppe der Nuklearlieferländer), die den Handel mit Nukleartechnologie koordiniert und kontrolliert. Eine Mitgliedschaft sollte an Bedingungen geknüpft sein. Wichtige Partner beider Länder könnten versuchen, Zugeständnisse in bestimmten Bereichen zu verlangen. Leider blieben solche Versuche in der Vergangenheit ungenutzt. Zum anderen könnte die Unterstützung der rüstungskontroll- und abrüstungsfreundlichen Kräfte in Indien und Pakistan erhöht werden. Auch der Austausch mit Regierungsvertretern könnte darauf ausgerichtet sein, den skeptischen Blick auf Rüstungskontrolle und Abrüstung in beiden Ländern positiv zu verändern und die Vorteile einer solchen Politik für die Sicherheit aller zu verdeutlichen.
Anmerkungen
1) MIRV steht für Multiple Independently Targetable Reentry Vehicles.
2) Siehe dazu »Atomkrieg – aus Versehen?« von Karl-Heinz Bläsius auf S. 9 in diesem Heft.
3) Es darf jedoch bezweifelt werden, dass es nicht doch einen starken Einfluss offizieller Regierungsstellen gab. Die Doktrin kann durchaus auch als ein »Testballon« verstanden werden.
4) Die Chiffre »Rawalpindi« dient hier dem Hinweis auf die dominante Rolle des Militärs in sicherheitspolitischen Fragen. In Rawalpindi befindet sich das Hauptquartier der pakistanischen Armee.
5) Siehe dazu »Ein eigener Ansatz – Die Atomwaffendoktrin Chinas« von Gregory Kulacki auf S. 26 in diesem Heft.
Literatur
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Jens Heinrich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Internationale Politik und Entwicklungszusammenarbeit an der Universität Rostock.